Samstag, 16. Juni 2007

Kindergeschichten ...

"Kindergeschichten" in deutschen Tages- und Wochenzeitungen werden "trendy". Und sie werden auch immer realistischer. Und dadurch wird erkennbar, daß man für Kinder und für das Kinder-Betreuen Humor braucht. Viel Humor. Man muß vor allem über sich selbst lachen können. Und dadurch auch - automatisch - noch mehr über die Eitelkeiten anderer Leute. - Das alles ist im Grunde eine gute Entwicklung. Hier also jetzt einmal die "Zeit", in der eine kinderlose Studentin darüber berichtet, wie sie einen Tag lang das Kind ihrer Kommilitonin (einen zweieinhalb Jahre alten Jungen) einen Tag lang mit in die Uni nimmt und sich als dessen Mutter ausgibt - im "Selbstversuch". Das sollten mal andere Studentinnen und Studenten auch tun! Der Augenöffner pur. Hier nur ein paar Ausschnitte:

(...) "Uni gehen", ruft er laut, legt den kleinen blonden Kopf in den Nacken und strahlt die Professorin, Anfang 50, mit seinen roten Kinderbäckchen an. Die gibt sich unbeeindruckt von dem Kind mit den großen, blauen Augen. (...) Nur zwei Prozent der studierenden Eltern nehmen ihre Kinder regelmäßig in Vorlesungen mit. Mir wird jetzt klar, warum. Es ist total anstrengend. (...) Später beim Mittagessen in der Mensa ist es ähnlich. Einigen steht das Mitleid für mich, die junge Mutter, ins Gesicht geschrieben, andere wiederum versuchen politisch korrekt zu sein nach dem Motto: "Bloß nicht hingucken, ist doch nichts Besonderes." Da kann Keno noch so renitent die Nahrungsaufnahme verweigern und jeden Versuch dazu mit einem durchdringenden Schrei quittieren. (...)

Das Fazit des Tages: Noch nie habe ich so wenig vom Unterrichtsstoff mitbekommen, noch nie in der Mensa so wenig gegessen, noch nie habe ich vor lauter Stress vergessen, einen Kaffee zu trinken. Mit den Kommilitonen habe ich kaum gesprochen, weil die entweder das Mutter-Kind-Gespann nicht stören wollten oder nur mit dem blonden Keno geflirtet haben. Und von all den Gleichaltrigen nur noch als Mutter wahrgenommen zu werden, ist auch etwas gewöhnungsbedürftig. Selbst wenn ich sonst zusammen mit Keno auf dem Spielplatz oder beim Bauklötzestapeln schon mal an ein eigenes Kind denke - heute in der Uni überkam mich dieser Wunsch nicht. Im Gegenteil, ich bin, zugegeben, erleichtert, dass auf den langen Tag nicht noch ein kinderreicher Abend folgt. Gegen sechs Uhr entlasse ich Keno in die Arme seiner Eltern. Gegen halb zehn piept mein Handy. Eine SMS von Bianca: "Keno ist noch im Buggy eingeschlafen. War ein harter Tag für ihn." Ich sehe die Nachricht erst am nächsten Morgen. Ich schlafe zu diesem Zeitpunkt schon.

Daß alles in unserer Gesellschaft bezahlt wird, aber solche Heldentaten, nämlich das Aufziehen von Kinder nicht, seit über 50 Jahren nicht, wie so etwas möglich gewesen ist, das wird man künftigen Generationen nur schwer erklären können - wenn es sie noch geben sollte. Gibt es sie aber, dann ist ihnen ein Elterngehalt sicherlich das Allerselbstverständlichste von der Welt.

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