Dienstag, 12. Juni 2007

Intelligent Design-Anhänger haben - ausnahmsweise einmal - recht

Ein schwerer Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit
- Der Fall des Astrophysikers Guillermo Gonzalez

Das Buch des Astrophysikers Guillermo Gonzalez "The Privileged Planet - How our place in the Cosmos is designed for discovery" (2004) kann man ganz außerordentlich lieben. Ich jedenfalls tue das. Und ich wurde auf das Buch aufmerksam durch eine Rezension des bekannten Paläontologen Simon Conway Morris, dessen Buch "Life's Solution - Inevitable Humans in a Lonely Universe" (2003) von Richard Dawkins im letzten Kapitel seines Buches "An Ancestor's Tale" (2004) sehr anerkennend behandelt wird.

Guillermo Gonzalez steht dem amerikanischen "Discovery Institut" nahe, also dem Think Tank der amerikanischen Kreationisten und der amerikanischen Anhänger des Intelligent Design. Ich fand das nicht tragisch, denn die rein wissenschaftlichen Ausführungen in seinem Buch werden davon offensichtlich nicht beeinflußt. Ja, dieses Buch ist eines der besten Zeugnisse dafür, daß der moderne Kreationismus, daß eine Evolutionsforschung im Sinne von Kardinal Christoph Schönborn nicht nur Unsinn hervorbringen muß, sondern im Gegenteil manchmal ganz hervorragende Forschungsergebnisse.

Gonzalez erweitert in dem Buch - wie schon aus dem präzisen Titel hervorgeht - praktisch das Anthropische Prinzip, das in der Astrophysik längst anerkannt ist, um noch eine ganze Reihe weiterer Aspekte, die den "Design" unseres Weltalls und unseres Platzes im Kosmos nur noch immer um so erstaunlicher und erstaunlicher machen. Beispielsweise schon allein die Tatsache der "Paßgenauheit" von Sonnenfinsternissen, die Gonzalez am Anfang behandelt, lädt zu großem Erstaunen ein. Daß man es hier tatsächlich mit sehr viel "Intelligent Design" zu tun haben könnte, dafür referiert Guillermo Gonzalez jedenfalls eine ganze Fülle von eigenen, sehr originalen astronomischen Forschungs-Arbeiten.

Guillermo Gonzalez wurde 1963 in Kuba geboren, von wo aus seine Familie 1967 in die Vereinigten Staaten flüchtete. (Evolutionnews.org 1, 2) Er ist Autor von 68 wissenschaftlich begutachteten Zeitschriften- Artikeln, über die in "Nature", "Science" und im "Scientific American" berichtet worden ist. Um so erstaunlicher ist es, daß sich so wenige Fachkollegen gegenwärtig für ihn einsetzen.

Sind wir Menschen der Sinn des Universums?

Denn man muß ja keineswegs zwangsläufig der Meinung sein, daß dieses von Gonzalez erforschte "Design" durch einen supernaturalen Gott oder Schöpfer hervorgebracht worden ist. Das wäre ja ganz unwissenschaftlich und wäre eine theologische, keine philosophische Deutung naturwissenschaftlicher Tatsachen. Aber das unübersehbare "Design" überall in der Natur, das ist nun einmal nicht wegzuleugnen und das läßt es auch sehr zweifelhaft erscheinen, ob - zum Beispiel - Michael Schmidt-Salomon recht hat, wenn er so selbstverständlich von einem "sinnleeren Universum" spricht. Dies steht übrigens auch in klarem Widerspruch zu der Anschauung des naturalistischen Philosophen Giordano Bruno, nach dem die Organisation benannt ist, der Michael Schmidt-Salomon vorsteht. Das Universum scheint voll von Sinn zu sein, wenn man sich alles ansieht, was man da vorfindet. Das hat nicht nur Giordano Bruno so gesehen, sondern nun auch - neben zahlreichen anderen Physikern und Philosophen - Guillermo Gonzalez. Und dieser Sinn scheinen wir Menschen zu sein.

Jedoch ist ganz und gar nicht einzusehen, warum dieser Sinn ausgerechnet auf eine vor 2.500 Jahre unter bestimmten geschichtlichen Umständen entstandenen Gott-Vorstellung zurückgeführt werden soll, die zu keinerlei naturwissenschaftlichem Weltbild auch nur irgendwie paßt.

Simon Conway Morris vertritt ja eine ähnliche Gott-Vorstellung wie Guillermo Gonzalez, grenzt sich aber energisch von Vertretern des Intelligent Design ab. Guillermo Gonzalez nun tut das nicht. Das kommt schon schon darin zum Ausdruck, daß er für sein Buch einen Theologen des Discovery Instituts zum Koautoren gewählt hat. Auch dessen Ausführungen finde ich übrigens meistenteils gar nicht so dumm. Jedenfalls sind sie wesentlich klüger als das, was man sonst so von Theologen zu hören und zu lesen bekommt. Das liegt wahrscheinlich daran, daß dieser im Grunde gar nicht vorwiegend theologisch argumentiert, sondern vor allem rational philosophisch. Bibel-Zitate tauchen so gut wie gar nicht auf in dem Buch. Für mich ist dieses Buch also ein durch und durch wissenschaftliches Buch. Und zwar sogar: eine Wissenschaft vom Allerfeinsten. Weil sie auf faszinierenste Dinge im Weltall aufmerksam macht.

Die Vernunft gegen zu radikale Atheisten in Schutz nehmen

Schade, daß es - ebenso wie das Buch von Simon Conway Morris - noch nicht ins Deutsche übersetzt worden ist. Es ist eine Wissenschaft, die aufzeigt, daß es sinnvoll sein kann, daß die Vernunft gegen gar zu radikale Atheisten in Schutz genommen werden muß, wie ja neuerdings ganz überraschend sogar von Kardinal Schönborn verlangt worden ist. Er sagte, die katholische Kirche befinde sich heute in der merkwürdigen Lage, die Vernunft gegen jene in Schutz nehmen zu müssen und verteidigen zu müssen, die sich immer so besonders stark als Vertreter derselben gesehen haben. Das zielte natürlich insbesondere auf alles das, was Simon Conway Morris und Guillermo Gonzalez erforschen.

Nun ist aber einer Pressemeldung des "Discovery-Instituts" (Evolutionnews.org) zu entnehmen, daß dem Astrophysiker Guillermo Gonzales Forschungsgelder verweigert wurden, weil er mit dem Discovery-Insitut zusammen arbeitet. Da sieht man, zu welch einer ideologischen Verranntheit auch atheistische Forscher befähigt sind, die diese Verweigerung von Forschungsgeldern befürworten:

"In a weekend essay in the Des Moines Register, Iowa State Physics Professor John Hauptman explains that ISU astronomer Guillermo Gonzalez was denied tenure because Gonzalez argued that a purposive cause is the best explanation for certain features of our cosmic habitat."

Ein schwerer Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit

"Hauptman equates Gonzalez's design inference with the ancient pagan habit of attributing every mysterious natural phenomenon to the direct activity of some god, concluding that Gonzalez was denied tenure because the astronomer failed to understand that scientists aren't allowed to draw such conclusions."

Das ist in meinen Augen ein schwerer Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit. Jedem Astronomen und Physiker stand es bislang frei, aus seinen Forschungen jene philosophischen oder theologischen Schlußfolgerungen zu ziehen, die ihm als die angemessensten erschienen. Diese Schlußfolgerungen haben bisher nie Rückwirkungen gehabt auf die Beurteilung der Forschungen selbst. Abgesehen von den anfänglichen Durchsetzungskämpfen bestimmter neuer Wissenschaftsrichtungen wie dem Darwinismus, der Soziobiologie und zahlreichen anderen. Wird jetzt auch die Erforschung des Design's des Kosmos und unseres Platzes in ihm zu solch einem "Politikum"?

Daß dies ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit ist, wird auch der bekannte atheistische britische Biochemiker Peter Atkins so sehen, der ebensowohl hervorragende Lehrbücher verfaßt hat wie populärwissenschaftliche Bücher. Sein bekanntestes ist das kleine, außerordentlich lesenswerte Buch "Schöpfung ohne Schöpfer", auf das mich vor vielen Jahren schon erstmals mein Onkel hingewiesen hatte. In den weiteren Ausführungen wird nämlich auch Atkins neben dem bekannten Physiker John Barrow zitiert, die die Forschungen von Guillermo Gonzalez schon vorher zustimmend beurteilt hatten:

"... And never mind that ISU tacitly endorsed Gonzalez's work on The Privileged Planet by administering his Templeton grant for the book project while he was writing it. And never mind that the Templeton proposal was persuasive enough to convince prominent researchers to select it for funding, including Max Tegmark, John Barrow, and atheists Peter Atkins and Michael Ruse. And never mind that several other prominent scientists endorsed or favorably reviewed the book, including Cambridge's Simon Conway Morris, Harvard's Owen Gingerich, and a vice president of the Royal Astronomical Society, David Hughes."

Und dann heißt es weiter: "Many world renowned contemporary scientists from various points on the spectrum of belief, including George Ellis, Owen Gingerich, John Polkinghorne, John Barrow, Frank Tipler, Allen Sandage, Paul Davies, and Nobel Laureates George Smoot and Arno Penzias have pointed to a creative intelligence as the most reasonable explanation for things like the Big Bang and the fine tuning of the laws and constants of physics." Man könnte noch viele weitere Wissenschaftler und Wissenschaftsautoren hinzufügen, etwa den Deutschen Hoimar von Ditfurth.

Eine außergewöhnlich spannende Diskussion! (Weitere Informationen im "Chronicle of Higher Education", allerdings nicht freigeschaltet.)

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