Siebter und - vorerst - letzter Beitrag der Reihe "Warum Erziehungsgehalt?"
In der Reihe "Warum Erziehungsgehalt?" ist in sieben Beiträgen aus dem Mai und Juni 2007 der Weg aufgezeichnet, auf dem der Autor dieser Zeilen sich in Auseinandersetzung mit einigen wichtigeren Neuerscheinungen in der Fachliteratur von der offensichtlichen Notwendigkeit eines Erziehungsgehaltes überzeugte. Jeder, der sich von dieser Notwendigkeit überzeugt, sieht so in etwa die gleichen Zusammenhänge. Aber jeder mag auch auf leicht unterschiedlichem Wege zu dieser Einsicht gekommen sein. - Bei Zeit und Gelegenheit muß der Faden dieser Beiträge anhand neuerer Fachliteratur auch wieder aufgenommen werden. (Letzte Überarbeitung 11.7.09)
In den unserer Zeit angemessenen familienpolitischen Zusammenhängen zu denken, ist heute so schwierig, weil unser gesamtes Sozial- und Wirtschaftssystem nach allen möglichen Rationalitäten ausgerichtet und strukturiert ist, nur nicht nach der Rationalität, die heute für die langfristige Stabilität dieses Sozial- und Wirtschaftssystems die wichtigste ist, nämlich: daß Menschen Kinder haben. Diese Fehlentwicklung begann - das wurde hier auf dem Blog schon ausgeführt - spätestens mit der Rentenreform von Konrad Adenauer und dessen Mißachtung der Mackenroth-Thesen von 1952. Und dieser grundlegende Fehler ist bis heute von keiner deutschen Regierung jemals auch nur ansatzweise angemessen korrigiert worden.
Aber allein diese Rationalität muß im Mittelpunkt stehen. Doch stattdessen gibt es - wie es beschönigend genannt wird - einen "ausgeprägten Instrumenten-Pluralismus" auf dem Gebiet der Familienpolitik (1, S. 12, 20), also einen heillosen, hilflosen Wirrwarr von einzelnen Maßnahmen, den nur Volkswirtschafts-Doktoranden nach zwei Jahren Arbeit einigermaßen überblicken und durchschauen, und wo immer noch zweifelhaft bleiben muß, ob sie nicht grundlegendste Prinzipien übersehen oder mißachtet haben.
Dieser "Pluralismus", bzw. Wirrwarr erstreckt sich über zehn Politikbereiche (also über die Steuerpolitik, die Sozialpolitik, die Bildungspolitik und weitere Politikfelder), in denen im Laufe der Jahre nach Selbstdarstellung der Bundesregierung (d.h. im Jahr 2002) 109 unterschiedliche Maßnahmen zur Familienpolitik ergriffen worden sind, die bei heutigen Berechnungen berücksichtigt werden müssen. (1, S. 13f)
Allzu leicht kann es da passieren, daß der eigentliche Elefant im Raum übersehen wird, daß man den Wald vor lauter Bäumen völlig aus den Augen verliert.
"Ausgeprägter Instrumenten-Pluralismus"
Beim genaueren Studium kann einem zweifelhaft werden, ob die in einem früheren Beitrag (St. gen.) behandelte Volkswirtschafts-Dissertation von Frank Kupferschmidt, die eigentlich - auf den ersten Blick - eine sehr ordentliche Arbeit zu sein scheint, ob auch sie überhaupt den zu stellenden Ansprüchen genügt.
Der vorige Beitrag enthielt einen logischen Fehler, der so stehen bleiben soll, weil er aufzeigt, wie schwierig es ist, zu Klarheit auf diesen Gebieten durchzudringen. Offenbar ist das auch nicht im wesentlichen der Fehler des Autors dieser Zeilen, sondern der Fehler der benutzten Studie von Frank Kupferschmidt. Bei der Auflistung der Leistungen, die für das Aufziehen von Kindern erbracht wurden, sind in den dort angeführten Berechnungen die Leistungen, die die Familien selbst von sich aus direkt vor Ort für die Kinder erbringen, nicht enthalten. Also im Punkt 1 ist vor allem der Faktor Betreuung nicht enthalten.
Über diesen Sachverhalt geht das Buch offenbar nur in einem Nebensatz (1, S. 16) hinweg, wo es heißt:
Argumentation ohne Einberechnung eines Elterngehaltes nutzlos?
Das ganze Buch will also nur zur Darstellung bringen, daß Familien alle jene Leistungen, die vom Staat zum Aufziehen von Kindern geleistet werden - entweder direkt an die Eltern oder durch die Finanzierung staatlicher Schulen usw. -, sowieso schon zu 43 % selbst zuvor an den Staat abgeführt haben, da die Familien wie alle anderen auch Steuern zahlen. Dies ist der in der Studie so genannte "Eigenfinanzierungsanteil der Familien".
Aber was sagt dieser Anteil eigentlich aus? Soweit erkennbar wird, keineswegs genug, um zu einer abschließenden und gültigen Beurteilung von Leistungsgerechtigkeit oder -ungerechtigkeit zu kommen.
Die ganze Rechnung wird erst dann komplett und folgerichtig - soweit erkennbar -, wenn der im vorigen Beitrag genannte Punkt 1 mit in die Rechnung hineingenommen wird. Man ist aber zu optimistisch, wenn man annimmt, das sei in der behandelten Dissertation von Frank Kupferschmidt schon (*irgendwie*) geschehen. An dieser entscheidenden Stelle wird deutlich: Die Rechnung wird erst dann komplett, kann erst dann komplett werden, wenn man den Eltern ein Erziehungsgehalt bezahlt, das ebenso versteuert wird wie alle anderen Gehälter. So auch das Gehalt der Kindergärtnerin, die die Kinder außerhäuslich betreut, und die ja auch dafür bezahlt wird, bzw. bezahlt werden muß. Und die Rechnung wird außerdem auch erst dann vollständig, wenn mit einbezogen wird, was die Eltern für ihre Kinder für Essen, Unterkunft, Spielzeug, Reisekosten (usw.) monatlich ausgeben. Auch das muß von allen bezahlt werden, weil alle davon profitieren.
Kinder sind volkswirtschaftlich gesehen kein "Vergnügen"
Wenn das Prinzip gilt, daß die grundlegende Versorgung (Essen, Unterkunft, Kleidung, Spielzeug ...) der Kinder vom Staat (das heißt von allen) bezahlt wird (und nicht nur von den Familien selbst), weil ja auch alle davon profitieren, dann braucht es auch nichts geben, was vom häuslich verdienten Elterngehalt oder vom außerfamiliär verdienten Gehalt für die Steuerzahlung freigestellt wird. Häuslich und außerhäuslich verdientes Geld können dann gleich besteuert werden - unabhängig von familienpolitischen Erwägungen. Genauso wie ja auch das Gehalt der Kindergärtnerin nicht (per se) freigestellt wird. Es könnte sein, daß dieses letztere Prinzip größtenteils schon durch die gegenwärtigen Maßnahmen (Kindergeld, Steuerfreistellung) einigermaßen sichergestellt ist, wenn auch die Zusammenhänge für den Normalbürger völlig undurchschaubar sind. Besser durchschaubar und einfach auch sachlich richtig wäre es, wenn die Dinge so strukturiert würden, wie soeben ausgeführt.
Denn undurchschaubar bleibt es letztlich auch für die Fachleute. Das Problem ist nämlich jetzt vor allem, daß die genannte Berechnung von 43 % "Eigenfinanzierungsanteil der Familien", soweit erkennbar, im Grunde genommen gar nichts aussagt. Denn jetzt müßte man ja wieder fragen, wie gerecht oder ungerecht diese 43 % sind. Und welche Maßstäbe will man dafür heranziehen? Die Lasten für das Aufziehen von Kindern sind nur dann gerecht verteilt, wenn jeder für die Arbeit, die er - auch - in diesem Zusammenhang erbringt, ein Gehalt bekommt. Die einzigen, die keines bekommen, sind die Eltern.
Somit ergibt sich zwanglos die Forderung nach einem Erziehungsgehalt, allein schon, um überhaupt alles richtig berechnen zu können und um überhaupt sinnvoll politisch entscheiden zu können. Und dieses wird sich staffeln nach dem Alter und nach der Anzahl der Kinder. So lange es also ein Kind vor dem dritten Lebensjahr in der Familie gibt, wird auf jeden Fall das volle Gehalt einer mindestens acht Stunden arbeitenden Kindergärtnerin zu zahlen sein. Für die Betreuung eines Kindes zwischen dem dritten und dem sechsten Lebensjahr sicherlich immer noch 80 % eines solchen Erziehungsgehaltes, bei zwei und mehr Kindern 100 %, insofern beide Kinder ganztags zu Hause betreut werden. Dieses Elterngehalt können sich übrigens Vater und Mutter ganz flexibel untereinander aufteilen. (Um so flexibler übrigens, um so flexibler außerhäusliche Arbeitgeber in diesen Punkten sind.) Und natürlich kann das Elterngehalt auch dazu verwendet werden, um eine Kindergärtnerin oder eine Haushaltshilfe, ein Kindermädchen für die Kinder zu finanzieren.
Erst wenn die Sache so aufgezogen wird, kommt doch Vernunft in diese ganzen Angelegenheiten hinein und dann kann doch überhaupt erst beurteilt werden, wie gerecht oder ungerecht ein System ist. Diese Freistellungen von Steuerzahlungen waren doch nur eine ganz hilflose erste Maßnahme, auf die, soweit erkennbar wird, das Bundesverfassungsgericht gedrängt hat. Es ist nur ein Provisorium, ein Notbehelf.
Darum noch einmal grundsätzlich: Kinder sind volkswirtschaftlich gesehen kein "Vergnügen", bei dem man dafür, daß man dieses Vergnügen haben darf, bezahlen muß. Sondern Kinderbetreuung ist eine Arbeitsleistung wie jede andere auf dieser Welt. Sie muß bezahlt, das heißt entlohnt werden: durch ein Erziehungsgehalt.
Versteht man es richtig, wenn man sagt, daß Frank Kupferschmidt zur Zeit nur berechnet, daß Familien im Jahr 60 Milliarden Euro für das "Vergnügen" bezahlen, Kinder haben zu dürfen? So war der Eindruck bisher. Das wäre aber nicht richtig. Denn Familien sollen nicht mehr und nicht weniger als Kinderlose dafür bezahlen, daß es Kinder gibt, und daß Kinder großgezogen werden, sondern schlicht: gleichviel. Ob sie das tun oder nicht, kann aus dieser bisherigen Berechnung des "Eigenfinanzierungsanteils" nicht abgeleitet werden. Es sei denn, hier liegt immer noch ein großer logischer Fehlschluß vor. Wozu hat Kupferschmidt dann aber seine großartigen Berechnungen aufgestellt?
- Über eine Bekannte wird man in diesem Zusammenhang auf folgenden Netzverweis hingewiesen: "Verband der Familienfrauen und -männer e.V." Auch da macht man sich über diese Dinge Gedanken und stellt Forderungen auf wie in vielen ähnlichen Vereinigungen.
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1. Kupferschmidt, Frank: Umverteilung und Familienpolitik. Eine empirische Analyse der Verteilungs- und Umverteilungswirkungen familienpolitischer Leistungen in Deutschland. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2007 (Diss. Nürnberg 2007)
In der Reihe "Warum Erziehungsgehalt?" ist in sieben Beiträgen aus dem Mai und Juni 2007 der Weg aufgezeichnet, auf dem der Autor dieser Zeilen sich in Auseinandersetzung mit einigen wichtigeren Neuerscheinungen in der Fachliteratur von der offensichtlichen Notwendigkeit eines Erziehungsgehaltes überzeugte. Jeder, der sich von dieser Notwendigkeit überzeugt, sieht so in etwa die gleichen Zusammenhänge. Aber jeder mag auch auf leicht unterschiedlichem Wege zu dieser Einsicht gekommen sein. - Bei Zeit und Gelegenheit muß der Faden dieser Beiträge anhand neuerer Fachliteratur auch wieder aufgenommen werden. (Letzte Überarbeitung 11.7.09)
In den unserer Zeit angemessenen familienpolitischen Zusammenhängen zu denken, ist heute so schwierig, weil unser gesamtes Sozial- und Wirtschaftssystem nach allen möglichen Rationalitäten ausgerichtet und strukturiert ist, nur nicht nach der Rationalität, die heute für die langfristige Stabilität dieses Sozial- und Wirtschaftssystems die wichtigste ist, nämlich: daß Menschen Kinder haben. Diese Fehlentwicklung begann - das wurde hier auf dem Blog schon ausgeführt - spätestens mit der Rentenreform von Konrad Adenauer und dessen Mißachtung der Mackenroth-Thesen von 1952. Und dieser grundlegende Fehler ist bis heute von keiner deutschen Regierung jemals auch nur ansatzweise angemessen korrigiert worden.
Aber allein diese Rationalität muß im Mittelpunkt stehen. Doch stattdessen gibt es - wie es beschönigend genannt wird - einen "ausgeprägten Instrumenten-Pluralismus" auf dem Gebiet der Familienpolitik (1, S. 12, 20), also einen heillosen, hilflosen Wirrwarr von einzelnen Maßnahmen, den nur Volkswirtschafts-Doktoranden nach zwei Jahren Arbeit einigermaßen überblicken und durchschauen, und wo immer noch zweifelhaft bleiben muß, ob sie nicht grundlegendste Prinzipien übersehen oder mißachtet haben.
Dieser "Pluralismus", bzw. Wirrwarr erstreckt sich über zehn Politikbereiche (also über die Steuerpolitik, die Sozialpolitik, die Bildungspolitik und weitere Politikfelder), in denen im Laufe der Jahre nach Selbstdarstellung der Bundesregierung (d.h. im Jahr 2002) 109 unterschiedliche Maßnahmen zur Familienpolitik ergriffen worden sind, die bei heutigen Berechnungen berücksichtigt werden müssen. (1, S. 13f)
Allzu leicht kann es da passieren, daß der eigentliche Elefant im Raum übersehen wird, daß man den Wald vor lauter Bäumen völlig aus den Augen verliert.
"Ausgeprägter Instrumenten-Pluralismus"
Beim genaueren Studium kann einem zweifelhaft werden, ob die in einem früheren Beitrag (St. gen.) behandelte Volkswirtschafts-Dissertation von Frank Kupferschmidt, die eigentlich - auf den ersten Blick - eine sehr ordentliche Arbeit zu sein scheint, ob auch sie überhaupt den zu stellenden Ansprüchen genügt.
Der vorige Beitrag enthielt einen logischen Fehler, der so stehen bleiben soll, weil er aufzeigt, wie schwierig es ist, zu Klarheit auf diesen Gebieten durchzudringen. Offenbar ist das auch nicht im wesentlichen der Fehler des Autors dieser Zeilen, sondern der Fehler der benutzten Studie von Frank Kupferschmidt. Bei der Auflistung der Leistungen, die für das Aufziehen von Kindern erbracht wurden, sind in den dort angeführten Berechnungen die Leistungen, die die Familien selbst von sich aus direkt vor Ort für die Kinder erbringen, nicht enthalten. Also im Punkt 1 ist vor allem der Faktor Betreuung nicht enthalten.
Über diesen Sachverhalt geht das Buch offenbar nur in einem Nebensatz (1, S. 16) hinweg, wo es heißt:
"Die Auflistung der gesamten Aufwendungen ist jedoch nicht nur wegen der (noch) nicht ausreichenden Daten zu familiären Zeitbudgets schwierig ..."Das heißt, mit diesen Zeitbudgets befaßt sich das Buch gar nicht. Da wird deutlich, in was für eine Schieflage die ganze Argumentation von vornherein kommt. Ja, möglicherweise wird diese Studie durch diese Nichtberücksichtigung in weiten Teilen sogar nutzlos.
Argumentation ohne Einberechnung eines Elterngehaltes nutzlos?
Das ganze Buch will also nur zur Darstellung bringen, daß Familien alle jene Leistungen, die vom Staat zum Aufziehen von Kindern geleistet werden - entweder direkt an die Eltern oder durch die Finanzierung staatlicher Schulen usw. -, sowieso schon zu 43 % selbst zuvor an den Staat abgeführt haben, da die Familien wie alle anderen auch Steuern zahlen. Dies ist der in der Studie so genannte "Eigenfinanzierungsanteil der Familien".
Aber was sagt dieser Anteil eigentlich aus? Soweit erkennbar wird, keineswegs genug, um zu einer abschließenden und gültigen Beurteilung von Leistungsgerechtigkeit oder -ungerechtigkeit zu kommen.
Die ganze Rechnung wird erst dann komplett und folgerichtig - soweit erkennbar -, wenn der im vorigen Beitrag genannte Punkt 1 mit in die Rechnung hineingenommen wird. Man ist aber zu optimistisch, wenn man annimmt, das sei in der behandelten Dissertation von Frank Kupferschmidt schon (*irgendwie*) geschehen. An dieser entscheidenden Stelle wird deutlich: Die Rechnung wird erst dann komplett, kann erst dann komplett werden, wenn man den Eltern ein Erziehungsgehalt bezahlt, das ebenso versteuert wird wie alle anderen Gehälter. So auch das Gehalt der Kindergärtnerin, die die Kinder außerhäuslich betreut, und die ja auch dafür bezahlt wird, bzw. bezahlt werden muß. Und die Rechnung wird außerdem auch erst dann vollständig, wenn mit einbezogen wird, was die Eltern für ihre Kinder für Essen, Unterkunft, Spielzeug, Reisekosten (usw.) monatlich ausgeben. Auch das muß von allen bezahlt werden, weil alle davon profitieren.
Kinder sind volkswirtschaftlich gesehen kein "Vergnügen"
Wenn das Prinzip gilt, daß die grundlegende Versorgung (Essen, Unterkunft, Kleidung, Spielzeug ...) der Kinder vom Staat (das heißt von allen) bezahlt wird (und nicht nur von den Familien selbst), weil ja auch alle davon profitieren, dann braucht es auch nichts geben, was vom häuslich verdienten Elterngehalt oder vom außerfamiliär verdienten Gehalt für die Steuerzahlung freigestellt wird. Häuslich und außerhäuslich verdientes Geld können dann gleich besteuert werden - unabhängig von familienpolitischen Erwägungen. Genauso wie ja auch das Gehalt der Kindergärtnerin nicht (per se) freigestellt wird. Es könnte sein, daß dieses letztere Prinzip größtenteils schon durch die gegenwärtigen Maßnahmen (Kindergeld, Steuerfreistellung) einigermaßen sichergestellt ist, wenn auch die Zusammenhänge für den Normalbürger völlig undurchschaubar sind. Besser durchschaubar und einfach auch sachlich richtig wäre es, wenn die Dinge so strukturiert würden, wie soeben ausgeführt.
Denn undurchschaubar bleibt es letztlich auch für die Fachleute. Das Problem ist nämlich jetzt vor allem, daß die genannte Berechnung von 43 % "Eigenfinanzierungsanteil der Familien", soweit erkennbar, im Grunde genommen gar nichts aussagt. Denn jetzt müßte man ja wieder fragen, wie gerecht oder ungerecht diese 43 % sind. Und welche Maßstäbe will man dafür heranziehen? Die Lasten für das Aufziehen von Kindern sind nur dann gerecht verteilt, wenn jeder für die Arbeit, die er - auch - in diesem Zusammenhang erbringt, ein Gehalt bekommt. Die einzigen, die keines bekommen, sind die Eltern.
Somit ergibt sich zwanglos die Forderung nach einem Erziehungsgehalt, allein schon, um überhaupt alles richtig berechnen zu können und um überhaupt sinnvoll politisch entscheiden zu können. Und dieses wird sich staffeln nach dem Alter und nach der Anzahl der Kinder. So lange es also ein Kind vor dem dritten Lebensjahr in der Familie gibt, wird auf jeden Fall das volle Gehalt einer mindestens acht Stunden arbeitenden Kindergärtnerin zu zahlen sein. Für die Betreuung eines Kindes zwischen dem dritten und dem sechsten Lebensjahr sicherlich immer noch 80 % eines solchen Erziehungsgehaltes, bei zwei und mehr Kindern 100 %, insofern beide Kinder ganztags zu Hause betreut werden. Dieses Elterngehalt können sich übrigens Vater und Mutter ganz flexibel untereinander aufteilen. (Um so flexibler übrigens, um so flexibler außerhäusliche Arbeitgeber in diesen Punkten sind.) Und natürlich kann das Elterngehalt auch dazu verwendet werden, um eine Kindergärtnerin oder eine Haushaltshilfe, ein Kindermädchen für die Kinder zu finanzieren.
Erst wenn die Sache so aufgezogen wird, kommt doch Vernunft in diese ganzen Angelegenheiten hinein und dann kann doch überhaupt erst beurteilt werden, wie gerecht oder ungerecht ein System ist. Diese Freistellungen von Steuerzahlungen waren doch nur eine ganz hilflose erste Maßnahme, auf die, soweit erkennbar wird, das Bundesverfassungsgericht gedrängt hat. Es ist nur ein Provisorium, ein Notbehelf.
Darum noch einmal grundsätzlich: Kinder sind volkswirtschaftlich gesehen kein "Vergnügen", bei dem man dafür, daß man dieses Vergnügen haben darf, bezahlen muß. Sondern Kinderbetreuung ist eine Arbeitsleistung wie jede andere auf dieser Welt. Sie muß bezahlt, das heißt entlohnt werden: durch ein Erziehungsgehalt.
Versteht man es richtig, wenn man sagt, daß Frank Kupferschmidt zur Zeit nur berechnet, daß Familien im Jahr 60 Milliarden Euro für das "Vergnügen" bezahlen, Kinder haben zu dürfen? So war der Eindruck bisher. Das wäre aber nicht richtig. Denn Familien sollen nicht mehr und nicht weniger als Kinderlose dafür bezahlen, daß es Kinder gibt, und daß Kinder großgezogen werden, sondern schlicht: gleichviel. Ob sie das tun oder nicht, kann aus dieser bisherigen Berechnung des "Eigenfinanzierungsanteils" nicht abgeleitet werden. Es sei denn, hier liegt immer noch ein großer logischer Fehlschluß vor. Wozu hat Kupferschmidt dann aber seine großartigen Berechnungen aufgestellt?
- Über eine Bekannte wird man in diesem Zusammenhang auf folgenden Netzverweis hingewiesen: "Verband der Familienfrauen und -männer e.V." Auch da macht man sich über diese Dinge Gedanken und stellt Forderungen auf wie in vielen ähnlichen Vereinigungen.
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1. Kupferschmidt, Frank: Umverteilung und Familienpolitik. Eine empirische Analyse der Verteilungs- und Umverteilungswirkungen familienpolitischer Leistungen in Deutschland. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2007 (Diss. Nürnberg 2007)
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