Mittwoch, 27. Juni 2007

Fehlende Ehepartner, nicht fehlende Kinderkrippen sind das Problem

Wer es wissen wollte, wußte es schon länger. Und für alle anderen hat das Institut Allensbach jetzt eine Umfrage gemacht. Ergebnis: Nicht fehlende Kinderkrippen, sondern fehlende Ehepartner sind der Hauptgrund dafür, daß in den letzten Jahrzehnten etwa 12 Millionen gewünschte Kinder nicht geboren worden sind. So im neuesten Rundbrief des Berlin-Instituts. (Zusammenfassende Grafik: Draufklicken für größere Ansicht.) (Auch die Süddeutsche berichtet.)


Wir lesen: 

Rund 70 Prozent der 25- bis 59-jährigen Bevölkerung in Deutschland haben Kinder, 30 Prozent sind kinderlos. Nur acht Prozent in dieser Altersgruppe bleiben jedoch freiwillig ohne Nachwuchs. Fast ein Viertel der befragten Altersgruppe wünscht sich aktuell ein Kind, genau 22 Prozent. Darunter fallen 13 Prozent bisher Kinderlose und neun Prozent, die bereits Eltern sind und ihre Familie vergrößern möchten. Hinzu kommen weitere 14 Prozent, die früher einmal ein erstes oder ein zusätzliches Kind wollten. Zusammengenommen sind das 36 Prozent. Das heißt, bei 12,8 Millionen Frauen und Männer zwischen 25 und 59 Jahren blieb der Wunsch nach einem Kind (bis jetzt) unerfüllt.
Das sind die Ergebnisse mehrerer repräsentativer Umfragen, die das Institut für Demoskopie Allensbach für die neue Studie "Ungewollt kinderlos" des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung durchgeführt hat.

Man bedenke: 13 Millionen Kinder, die geboren werden könnten - und nicht geboren werden.

Die Gründe für ungewollte Kinderlosigkeit

Und weiter heißt es:

Bei den bisher Kinderlosen mit aktuellem unerfülltem Kinderwunsch wird das Fehlen des richtigen Partners als Hauptgrund genannt. (...)
Die Ursachen für unerfüllte Kinderwünsche sind vielfältig und haben bei Kinderlosen und Eltern, die mehr Nachwuchs wollen oder früher gewollt hätten, unterschiedliches Gewicht. Bei den Kinderlosen gibt fast die Hälfte an, es habe (bisher oder damals) am richtigen Partner gefehlt. Erst danach kommen finanzielle Erwägungen oder Befürchtungen, Kinder seien mit den beruflichen Ambitionen nicht vereinbar. Eltern, die sich zusätzliche Kinder wünschen, nennen hingegen finanzielle Gründe und den mangelnden Willen des Partners am häufigsten.

Also auch für die Menschen, die schon Eltern sind, sind fehlende Kinderkrippen keineswegs der Hauptgrund dafür, daß sie gewollte weitere Kinder nicht bekommen.

Aber auch medizinische Ursachen spielen eine beträchtliche Rolle: "Es hat mit dem Schwangerwerden nicht geklappt", das sagen 34 Prozent der Kinderlosen mit früherem unerfülltem Kinderwunsch und 13 Prozent jener, die zurzeit vergeblich ein Baby zu bekommen versuchen. Bei denen, die bereits Eltern sind und sich früher weitere Kinder wünschten, sind es zwölf Prozent, und bei den Eltern mit aktuellem Wunsch nach weiteren Sprösslingen 15 Prozent. Das bedeutet, dass insgesamt 1,4 Millionen Frauen und Männer in Deutschland gerne Kinder oder mehr Kinder hätten, aber aus medizinischen Gründen keine (mehr) bekommen können. (...)
Wie die Allensbach-Befragung zeigt, unterschätzen die 25- bis 59-Jährigen die Abnahme der Fruchtbarkeit der Frauen mit zunehmendem Lebensalter massiv: 40 Prozent nehmen an, dass die natürliche Fruchtbarkeit erst ab 40 zurückgehe, weitere 14 Prozent sind sogar der Meinung, dies sei erst ab etwa 45 Jahren der Fall. Tatsächlich geht die natürliche Fruchtbarkeit bereits vom 30. Geburtstag an allmählich zurück, und auch bei reproduktionsmedizinischen Behandlungen wird bei über 30-Jährigen die Wahrscheinlichkeit geringer, dass es zu einer Schwangerschaft kommt.

Das Berlin-Institut leistet - nach Einschätzung von "Studium generale" - zum Teil ganz hervorragende Arbeit. 

Reizüberflutet und ohne Seele?

Es hat ja auch schon Anfang des Jahres darauf hingewiesen, daß die Pille ein "Klima seelischer Verhütung" schafft. Dieser Hinweis, daß späte erste Schwangerschaften biologisch ungünstig sind, ist von der Politik noch nicht aufgegriffen worden. Daraus folgt jedoch, daß insbesondere frühes Heiraten erleichtert werden muß und den Frauen für eine spätere berufliche Ausbildung und den beruflichen Wiedereinstieg praktisch rote Teppiche ausgelegt werden müssen. Auch müssen Partnerschafts-Kompetenzen und Verantwortungsbewußtsein im frühen Lebensalter (also mit Eintritt der Volljährigkeit) schon gestärkt werden und dürfen nicht durch schlechte mediale Beeinflussung ständig in die gegenteilige Richtung abgeschwächt werden.

Die Kinderlosigkeit hat also ganz offensichtlich im wesentlichen etwas mit Problemen in den Paarbeziehungen in Deutschland zu tun. - Ein Land ohne Liebe?

Neue abschließende Gedanken hierzu (hinzugefügt am 8.7.): Wahrscheinlich ist - wie schon von Frank Schirrmacher und Matthias Matussek im "Spiegel" letztes Jahr vermutet - auch Patriotismus eine seelische Kraft, die eine größere (seelische) Übereinstimmung zwischen Männern und Frauen in einem Land herbeiführen könnte, so daß Ehen leichter geschlossen werden und stabiler bleiben. Denn die Menschen gewinnen auf diese Weise mehr Vertrauen in die größere, sie umgebende Gemeinschaft und bekommen überhaupt von allen Seiten mehr Zustimmung zu einem Handeln, das dem langfristigen Überleben der eigenen Kultur, des eigenen Volkes dient. Und eben nicht nur zur persönlichen Glücksbefriedigung.

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