Sonntag, 15. Juli 2007

Der Löwe und die Löwin

Die FAZ hat einen schönen neuen Artikel zur sexuellen - nein, nicht R-, sondern: Evolution bei Tier und Mensch. (FAZ) Einige Kernsätze:
... Der Löwe sieht dann am Ende gewissermaßen genauso aus, wie die stärksten Löwinnen ihn „gewollt“ haben.
Ja ja! :-) Oder:

... Je größer darum die Schönheitsdifferenz zwischen den Geschlechtern, schlussfolgern Evolutionstheoretiker, desto stärker die biologische Arbeitsteilung.
Ja! - Oder:

... Solange die Paarbildung von der Norm des Zusammenlebens bestimmt ist, scheint es immerhin wahrscheinlich, dass noch ganz andere Kriterien als körperliche oder sogar genetische Aspekte eine Rolle für die Reproduktion spielen. Die Abkopplung der Sexualität von der Reproduktion - und zuletzt medizinisch sogar die der Reproduktion von der Sexualität - führt überdies im Bereich der Körpertechniken durch, was vom Schönen auch kulturell schon immer als seine Ambivalenz behauptet wurde: Vermehrung wünschbar zu machen und zugleich Schein, dekadent, lebensabgewandt zu sein.
(Hervorhebung durch mich, I.B.) Das weist schon in tiefere philosophische Überlegungen zum Menschsein an sich hinein: "Vermehrung wünschbar zu machen und zugleich den Schein bewahren, dekadent, lebensabgewandt zu sein". Das sind zwei gegensätzliche Pole, Skylla und Caryptis, zwischen denen menschliches Verhalten seinen Weg hindurch finden muß, zumal bei der Partnerfindung: Die Höhenwege neben dem Abgrund - bzw.: der Abgrund neben den Höhenwegen. Wohl dem, der da keine größeren Neigungen zur Dekadenz verspürt! :-)
Die Vorstellung, die Paarbildung folge vor allem ästhetischen Präferenzen, hinter denen genetische Ahnungen stecken, ist ohnehin eine moderne. Die bei Tieren nachweisbare Schönheitswahl war sozialhistorisch lange Zeit von ganz anderen Gesichtspunkten überlagert. Stamm, Stand, Konfession, regionale Herkunft, Einkommen, Beruf - worauf wurde nicht alles Rücksicht genommen, wenn die Frage anstand, wer für wen in Betracht kommt.
Na, es wird immer schon auf alles zugleich angekommen sein. Als Faustregel kann wohl gelten: Die reichsten Bauern heirateten früh die jüngsten und schönsten Töchter im Dorf, da kam es dann oft nicht so darauf an, ob sie arm oder reich waren. Die ärmsten Bauern und Tagelöhner heirateten spät - und meistens wahrscheinlich nicht die Schönheitskönigin des Dorfes. Aber all das ist auch wieder von Region zu Region ganz unterschiedlich gewesen, abhängig von dem jeweils vorherrschende Erbrecht, von der vorherrschenden Religion usw.. All die Bauernromane um 1900 eines Peter Rosegger, eines Ludwig Thoma, eines Ludwig Ganghofer, die Gemälde eines Franz Defregger etc. pp. sind dazu ja übrigens eine ganz hervorragende sozialgeschichtliche und evolutionspsychologische Quelle. Und zuverlässige Quelle, denn Peter Rosegger war ja selbst Bauernsohn, Ludwig Thoma kannte seine Bauern als Rechtsanwalt. Es waren also keine ästhetisierenden, verklärenden "Stadt-Literaten".

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