Fast regelmäßig rufen Beiträge zu "Deutschland", zu "Patriotismus", zu Vaterlands- und Heimatliebe oder ähnliche Themen hier auf dem Blog lebhaftere Diskussionen hervor. Zumindest lebhaftere als "sonst so" im allgemeinen. Vielleicht hilft einem bei diesem Thema auch Matthias Matussek's Buch vom letzten Jahr weiter. Und deshalb hab ich mal rein geschaut:
Freilich: Der fröhliche Nationalismus des Herrn Matussek wirkt über weite Strecken leicht überdreht. Matussek kann fast zu gut schreiben, als daß man diesen prickelnden Champagner über 350 Seiten hinweg durchhält. Aber schon der Anfang ist toll. Wie er da mit einer britischen Aristokratin zusammen sitzt und diese arrogant auf ihn als Deutschen herabschaut. Und wie er sich im Nachhinein denkt: "... Hatte die Dame Recht? Sind wir wirklich erst gestern aus dem Eichenwald gekrochen?" etc. pp.. (S. 12)
Fröhlicher Nationalismus
Es ist wohl wirklich so: Matussek hat tatsächlich ein - offenbar - gar nicht so unwichtiges Thema entdeckt: den Patriotismus. Den Nationalismus. Den Nationalstolz. Nicht von irgend einer anderen Nation. Sondern den von uns Deutschen. Das ist schon ein etwas ungewöhnliches Thema. Ähm, ich meine: Für einen leitenden Spiegel-Redakteur ...
Aber wird dadurch, daß man Altbekanntes (zumindest für mich Altbekanntes) zur deutschen Geschichte und zur deutschen Lage zum 375. mal durchkaut, irgend etwas anders?
- Hm! Ein bischen vielleicht schon. Es ist gut, es tut gut, von Matthias Mattusek zu wissen. Und von seinem Buch. Es tut gut, mit ihm in einem Land zu leben, mit jemandem, der nicht ständig in ätzender Häme, nicht ständig in ätzendem Spott und mit ätzender Gehässigkeit auf seinem eigenen Land herumreitet, mit gerunzelten Stirnfalten auf sein Land blickt, sondern der mal sagt: Bleibt fröhlich, Leute. Wenn wir anfangen, uns alles mießmachen zu lassen, schaffen wir die geradezu ungeheuerlichen Aufgaben, die vor uns liegen, als Kultur, als Nation ganz gewiß nicht.
Das Schöne ist: Mattusek spielt mit der "Unpopularität". I wo. Er würde es gar nicht aushalten, wirklich unpopulär zu sein. Und deshalb ist damit abgesteckt, inwieweit sein Buch überzeugt und inwieweit nicht. Alles nur Spielerei. Aber er läßt sich zumindest die Hintertür offen für Unpopularität. Er sieht, daß Ehrlichkeit (auch in Fragen des Nationalismus) - heute - eigentlich immer nur unpopulär enden kann. Und das ist schön, daß er das wenigstens weiß, erkennt. Daß er das wenigstens anerkennt.
"Uns ist die Familie heilig"
Da redet einer von Kriemhild und Gunther und Siegfried und Arminius und Heinrich Heine und Beethoven und Mozart und Schiller, als wären die gestern erst gestorben. Das ist erholsam. Das tut gut. Bitte mehr "Matussek's" in unserer Gesellschaft und unter unseren Gebildeten.
Zum Thema Unpopularität z.B.: Da stellt er sich in einer Art Traum vor, wie einer wie er selbst oder wie sein Vater als Politiker eine (unpopuläre) "Rede ans Vaterland" hält. Und in dieser Rede heißt es dann unter anderem:
"Wir werden die Mütter in diesen Land mit Kindergeld überschütten ..."
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Ergänzung:
Übrigens gibt es beim "Spiegel" eine Video-Sammlung "Matussek's Kulturtipp", die sehenswert ist, und durch die man einen persönlicheren Eindruck von diesem Mann bekommt. Im letzten Video ist Sloterdijk's 60. Geburtstag Thema - - - und der 13. Geburtstag von Matussek's Sohn, um dessentwillen der Vater nicht zu Sloterdijk's Geburtstag fahren konnte wie er wollte. (... Seine Frau setzte sich durch ...) ;-)
Wir Deutschen. Warum uns die anderen gern haben können.Ich glaube, es lohnt sich, dieses Buch zu kennen.
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006
Freilich: Der fröhliche Nationalismus des Herrn Matussek wirkt über weite Strecken leicht überdreht. Matussek kann fast zu gut schreiben, als daß man diesen prickelnden Champagner über 350 Seiten hinweg durchhält. Aber schon der Anfang ist toll. Wie er da mit einer britischen Aristokratin zusammen sitzt und diese arrogant auf ihn als Deutschen herabschaut. Und wie er sich im Nachhinein denkt: "... Hatte die Dame Recht? Sind wir wirklich erst gestern aus dem Eichenwald gekrochen?" etc. pp.. (S. 12)
Fröhlicher Nationalismus
Es ist wohl wirklich so: Matussek hat tatsächlich ein - offenbar - gar nicht so unwichtiges Thema entdeckt: den Patriotismus. Den Nationalismus. Den Nationalstolz. Nicht von irgend einer anderen Nation. Sondern den von uns Deutschen. Das ist schon ein etwas ungewöhnliches Thema. Ähm, ich meine: Für einen leitenden Spiegel-Redakteur ...
Aber wird dadurch, daß man Altbekanntes (zumindest für mich Altbekanntes) zur deutschen Geschichte und zur deutschen Lage zum 375. mal durchkaut, irgend etwas anders?
- Hm! Ein bischen vielleicht schon. Es ist gut, es tut gut, von Matthias Mattusek zu wissen. Und von seinem Buch. Es tut gut, mit ihm in einem Land zu leben, mit jemandem, der nicht ständig in ätzender Häme, nicht ständig in ätzendem Spott und mit ätzender Gehässigkeit auf seinem eigenen Land herumreitet, mit gerunzelten Stirnfalten auf sein Land blickt, sondern der mal sagt: Bleibt fröhlich, Leute. Wenn wir anfangen, uns alles mießmachen zu lassen, schaffen wir die geradezu ungeheuerlichen Aufgaben, die vor uns liegen, als Kultur, als Nation ganz gewiß nicht.
Das Schöne ist: Mattusek spielt mit der "Unpopularität". I wo. Er würde es gar nicht aushalten, wirklich unpopulär zu sein. Und deshalb ist damit abgesteckt, inwieweit sein Buch überzeugt und inwieweit nicht. Alles nur Spielerei. Aber er läßt sich zumindest die Hintertür offen für Unpopularität. Er sieht, daß Ehrlichkeit (auch in Fragen des Nationalismus) - heute - eigentlich immer nur unpopulär enden kann. Und das ist schön, daß er das wenigstens weiß, erkennt. Daß er das wenigstens anerkennt.
"Uns ist die Familie heilig"
Da redet einer von Kriemhild und Gunther und Siegfried und Arminius und Heinrich Heine und Beethoven und Mozart und Schiller, als wären die gestern erst gestorben. Das ist erholsam. Das tut gut. Bitte mehr "Matussek's" in unserer Gesellschaft und unter unseren Gebildeten.
Zum Thema Unpopularität z.B.: Da stellt er sich in einer Art Traum vor, wie einer wie er selbst oder wie sein Vater als Politiker eine (unpopuläre) "Rede ans Vaterland" hält. Und in dieser Rede heißt es dann unter anderem:
"... Nein, meine Damen und Herren, uns ist die Familie heilig, und wir werden als Erstes die Frauenrolle aufwerten. Ja, wir werden jene Frauen aufwerten, die von Feministinnen verachtet werden: die Mütter und die Hausfrauen. Sie sind die Heldinnen inmitten unserer demographischen und pädagogischen Katastrophe.(Meiner Meinung nach hätte Matussek an dieser Stelle ruhig von "Eltern", statt nur von Müttern sprechen können - schon gar als Autor eines sehr bitteren Buches über die "vaterlose Gesellschaft" - aber sei's drum - es geht ihm hier wohl mehr um die "Rhetorik". Um den "Effekt". Um den Pathos, die Gefühle. Also weiter.)
Sie sind unendlich viel wichtiger als unser egoistischer kinderloser Lifestyle-Betrieb, weil sie Mitgefühl, Aufopferung, Hingabe verkörpern in einer zunehmend verrohenden Welt. Und weil sie erziehen und damit unsere Zukunft gestalten."
"Wir werden die Mütter in diesen Land mit Kindergeld überschütten ..."
"Und der Kandidat ruft, hingerissen von sich selbst, in den Tumult hinein: 'Wir werden die Mütter in diesem Land mit Kindergeld überschütten, und wir werden ihnen Denkmäler setzen. Wir werden aber auch die Vaterrolle wieder stärken, und wir werden Eltern ermuntern zusammenzubleiben. Wir werden ihnen Hymnen dichten, wir werden ihnen Lieder singen. Wir Deutschen sind ein aussterbendes Volk. Unser Schicksal liegt in Ihren Händen.' " (S. 143f)Diese Sätze kann man auswendig lernen. Sie tragen "Zukunft" in sich. Oder doch nicht? Matussek's Traum geht noch weiter:
"... Und dann endet der junge Konservative, erschöpft, zitternd am ganzen Leibe, und Beifall rauscht auf, Hüte fliegen in die Luft, und wie nach der Mannheimer Uraufführung der 'Räuber' werden sich die Zuhörer tränenüberströmt um den Hals fallen, und unser romantischer Jüngling wird schweißnaß vom Podium getragen und im Triumphzug durchs Städtchen geführt ..." (S. 146)Irgend so etwas muß ja wohl doch geschehen. Aber Matthias Matussek gräbt was all diese Dinge betrifft, noch lange nicht tief genug. Aber er gibt Anregung, tiefer zu graben.
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Ergänzung:
Übrigens gibt es beim "Spiegel" eine Video-Sammlung "Matussek's Kulturtipp", die sehenswert ist, und durch die man einen persönlicheren Eindruck von diesem Mann bekommt. Im letzten Video ist Sloterdijk's 60. Geburtstag Thema - - - und der 13. Geburtstag von Matussek's Sohn, um dessentwillen der Vater nicht zu Sloterdijk's Geburtstag fahren konnte wie er wollte. (... Seine Frau setzte sich durch ...) ;-)
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