Montag, 28. Mai 2007

Psychosen bei Männern mit afrikanischer Herkunft neun mal häufiger

In Großbritannien werden schwarze Männer bis zu 18 mal häufiger als "psychotisch" diagnostiziert als weiße Männer (BBC [über gnxp-forum]). Und sie werden vier mal häufiger in geschlossene Anstalten eingewiesen. Dies hat zu massiven Vorwürfen von Seiten einer offziellen Untersuchungskommission geführt dahingehend, das britische Gesundheitssystem wäre durchtränkt von "institutionellem Rassismus". "Aber in den letzten Monaten hat das Institut für Psychiatrie in London das Argument auf den Kopf gestellt" bzw. richtiger wohl: vom Kopf auf die Füße. In einer Untersuchungen wurden Psychiatern Diagnose-Aufzeichnungen vorgelegt ohne ethnische Kennzeichnung und hierbei stellte sich heraus, daß schwarze Männer immer noch neun mal häufiger als psychotisch diagnostiziert wurden als weiße Männer. Nach Aussage eines Professors Robin Murray legen die Ergebnisse dieser Untersuchungen das Gegenteil des Erwarteten nahe: "Psychiater in Großbritannien neigen bei gleichen Symptomen weniger dazu, einen Menschen mit schwarzer Hautfarbe als psychotisch zu diagnostizieren als einen Menschen mit weißer Hautfarbe."

Es würde sich also tatsächlich um "institutionelle Diskriminierung" (Benachteilung) handeln, aber im umgekehrten Sinne als der Vorwurf lautete. Nämlich durch die zögerliche Diagnose gegenüber schwarzen Menschen werden deren Probleme eher vertuscht. Genau diese Zurückhaltung in der Diagnose wird jetzt als falsch beurteilt, denn sie würde dazu führen, daß man nicht genug auf die Beseitigung der Ursachen drängen würde. So sehen das auch Psychiater, die selbst karibischer oder afrikanischer Herkunft sind.

Im weiteren werden genetische (Mit-)Ursachen für Psychosen (noch) nicht diskutiert oder in Erwägung gezogen, sondern es wird davon ausgegangen, daß die Ursachen sozialer Art seien: "Geringer Familienzusammenhalt, mangelnde Integration, geringe Schulbildung, Arbeitslosigkeit und Cannabis-Konsum".

Aber angesichts so vieler inzwischen schon entdeckter ethnischer Unterschiede in der medizinischen Genetik, in der Verhaltensgenetik und in der IQ-Genetik sollte es eigentlich auch nicht gar so fernliegend sein, genetische Populations-Unterschiede bei Psychosen anzunehmen.

Wie in jedem anderen Fall auch würde die Feststellung einer besonderen genetischen Veranlagung nicht heißen, daß damit die Gesellschaft von ihrer Verantwortung für das Auftreten solcher Krankheiten entlastet wäre. Dies ist mir in Diskussionen hier auf dem Blog und privat inzwischen zum Beispiel bezüglich von ADHS klar geworden: Mit solchen Veranlagungen haben Menschen über Jahrhunderte leben und sich fortpflanzen können, warum sollte es dann heute nicht möglich sein, damit ein normales Leben zu führen? Das heißt, die gesellschaftlichen und sozialen Ursachen müssen auch, wenn genetische (Mit-)Verursachungen bekannt sind, genauso ernsthaft in Rechnung gestellt und abgestellt werden wie wenn keine genetischen (Mit-)Verursachungen bekannt sind. Das Wissen um eine genetische Veranlagung entlastet niemanden. Im Gegenteil, ich würde meinen, für ADHS gilt: Wenn man die genetischen Zusammenhänge genauer kennt, würde man die Details der Ursachen der Krankheit und ihre vielen Spielarten genauer kennen und noch viel "spezifischer" und an den Einzelfall angepaßter reagieren können.

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