Es geht unwahrscheinlich spannend und Schlag auf Schlag in der Forschung voran. Gemeint ist die genetische und humangenetische Forschung. (Gene Expression) - Wir berichteten von den neuesten Trends in der Humangenetik in den letzten Wochen, und zwar über Projekte, die von der Volkswagenstiftung gefördert werden und das menschliche Genom auf jüngstselektierte Gene überprüfen, dabei auch Vergleiche anstellen bezüglich jüngstselektierter Gene bei anderen Tierarten (Studium generale). Wir berichteten über die jüngste Rezension von Nicholas Wade's Buch "Before the Dawn" in "Nature Genetics" (Studium generale) und über die neueste These von Gregory Cochran, daß die genetische (!) Evolution des Menschen in den letzten Jahrtausenden und Jahrhunderten nicht nur nicht zum Stoppen gekommen sei (wie bislang zumeist vorausgesetzt worden war), ja, noch nicht einmal nur ungefähr in dem Tempo weiter gegangen sei wie es bis zur Menschwerdung selbst bestanden hat (so war es während des letzten Jahres vorausgesetzt worden), sondern daß sich die genetische Evolution des Menschen nach der "Menschwerdung" selbst sogar noch beschleunigt habe bis heute. (Studium generale)
- Nun - - - geht ein neuer "Schuß" los und - offenbar - (wieder einmal) völlig in eine andere Richtung, bzw. bestätigt die Dringlichkeit des Vergleichs der jüngstselektierten Gene beim Menschen mit denen bei anderen Tierarten, um ihre Bedeutung besser erkennen zu können. Jedenfalls fanden Genetiker zunächst bei Schimpansen mehr jüngstselektierte Gene als beim Menschen!!! (Gene Expression) Außerordentlich frappierend. Jüngstselektierte Gene sind solche Gene, die die Hautfarbe, die Augenfarbe bestimmen, die Verdauungsenzyme (Erwachsenen-Milchverdauung) bestimmen, Neigung zu Fettleibigkeit und unzähligen anderen körperlichen und psychischen Krankheiten, die also natürlich auch Verhaltensneigungen bestimmen (ADHS), ja, die - höchstwahrscheinlich (natürlich!) - auch Intelligenz bestimmen. Also alle jene Eigenschaften, in denen sich heute Menschen, Menschengruppen (Völker, Rassen) und die Menschheit als ganzes von anderen Tierarten unterscheiden. Und nun finden Forscher beim ersten Vergleich bei den Schimpansen mehr von solchen "jüngstselektierten" Genen als beim Menschen! Wahnsinn kann man da nur sagen. Einfach nur: Wahnsinn.
Das ähnelt dem frappierenden Forschungsergebnis von vor einigen Jahren von der Gruppe um Svaante Pääbo in Leipzig, die herausfand, daß mehr unterschiedliche Gene in Hoden von Schimpansen und Menschen abgelesen werden, als in ihrem Gehirn! Die Biologie hält immer wieder aufs Neue Überraschungen bereit. Wahrscheinlich werden also die genetischen Unterschiede zwischen Schimpansen und Menschen viel subtiler hervorgerufen und gesteuert, als das jetzt schon in seinem ganzen Umfang mit den bisherigen Methoden der Genetiker ("Koppelungsungleichgewicht-Analyse") erkannt werden könnte. Die entscheidenden Genmutationen oder Gen-Ablese-Mutationen, die die Schimpansen-Mensch-Unterschiede hervorrufen, scheinen sich noch gut bis bestens im Genom zu verstecken!!!!
In der Diskussion bei Gene Expression wird auf "einen riesigen Elefanten im Raum" hingewiesen, der von den meisten übersehen würde, nämlich wenn gesagt wird, daß rein zahlenmäßig umfangreiche Populationen der Selektion mehr genetische Vielfalt zur Verfügung stellen würden als kleine Populationen. Das war einer der Ausgangspunkt von Gregory Cochran's neuer These, die oben genannt worden war. Und sie wird jetzt auch auf die Schimpansen angewendet, indem man sagt (vermutet!!!), es gäbe deshalb bei den Schimpansen heute noch mehr jüngstselektierte Gene, weil sie die längste Zeit seit der Trennung von den Vorfahren der heutigen Menschen in größeren Populationen gelebt hätten als die Vorfahren der heutigen Menschen. Das ist doch im Grunde bloße Spekulation, oder? Was ist denn mit Homo erectus? Der war über ganz Eurasien verbreitet. Die Schimpansen niemals!
Das scheint also in Bezug auf die Schimpansen kein besonders starkes Argument zu sein. Aber "der übersehene Elefant im Raum" ist, daß dies für die großen Populationszahlen von arbeitsteiligen menschlichen Gesellschaften sehr wohl ein nicht leicht vom Tisch zu fegendes Argument ist. Hier scheint der Evolution viel größere genetische Vielfalt zur Verfügung gestellt worden zu sein - und derzeit immer noch gestellt zu werden!!! -, was die Humanevolution beschleunigt haben könnte und weiter beschleunigt. Und nach dieser Richtung hin drückt sich dann Gregory Cochran bei "Gene Expression" auch aus.
Was mir noch zu wenig berücksichtigt wird in der Diskussion, ist die Tatsache, daß nicht nur große Populationen mehr Selektionsvorteile ansammeln können in der Evolution, sondern auch sehr kleine Gründerpopulationen. Bei letzteren kann ja de facto (wenn sie durch Zusammenbruch zuvor großer Populationen zustande kommen) viel stärker selektiert werden und auch die dort dann vorkommende Inzucht kann nicht nur zur Häufung von (für den Fortpflanzungserfolg) negativen, sondern eben auch zur Häufung von (für den Fortpflanzungserfolg) positiven genetischen Merkmalen führen. Das mag zum Beispiel für die aschkenasischen Juden zutreffen. Ob das auch für die Schimpansen gültig ist, möchte ich allerdings - zumindest derzeit noch - stark bezweifeln.
Ergänzung: Inzwischen gibt es von vielen wichtigen Zeitschriften (Nature, Science, New Scientist, Spiegel) Artikel zum Thema. Aber dieser Kommentar zum "Nature"-Artikel ist meiner Meinung nach bisher der klügste von allen:
It's a big jump from observing the number of genes which have a high proportion of non-synonymous mutations, to taking this to be a measure of how much the species has changed, how 'highly evolved' they are, or who is winning the evolutionary race - to use three phrases from the article in question. As many writers have beautifully and eloquently described (eg Gary Marcus' wonderful book The Birth of the Mind - How a Tiny Number of Genes Creates the Complexities of Human Thought) there are generally no simple correspondences between genes and phenotype properties. The genotype-phenotype map is complex, highly-structured and poorly understood. A more perceptive and thoughtful discussion of the possible interpretations of the reported data would be more welcome than the cheap pseudo-controversial headlines.
Also interesting: what is the possible impact of cultural evolution as a selective force?
- Nun - - - geht ein neuer "Schuß" los und - offenbar - (wieder einmal) völlig in eine andere Richtung, bzw. bestätigt die Dringlichkeit des Vergleichs der jüngstselektierten Gene beim Menschen mit denen bei anderen Tierarten, um ihre Bedeutung besser erkennen zu können. Jedenfalls fanden Genetiker zunächst bei Schimpansen mehr jüngstselektierte Gene als beim Menschen!!! (Gene Expression) Außerordentlich frappierend. Jüngstselektierte Gene sind solche Gene, die die Hautfarbe, die Augenfarbe bestimmen, die Verdauungsenzyme (Erwachsenen-Milchverdauung) bestimmen, Neigung zu Fettleibigkeit und unzähligen anderen körperlichen und psychischen Krankheiten, die also natürlich auch Verhaltensneigungen bestimmen (ADHS), ja, die - höchstwahrscheinlich (natürlich!) - auch Intelligenz bestimmen. Also alle jene Eigenschaften, in denen sich heute Menschen, Menschengruppen (Völker, Rassen) und die Menschheit als ganzes von anderen Tierarten unterscheiden. Und nun finden Forscher beim ersten Vergleich bei den Schimpansen mehr von solchen "jüngstselektierten" Genen als beim Menschen! Wahnsinn kann man da nur sagen. Einfach nur: Wahnsinn.
Das ähnelt dem frappierenden Forschungsergebnis von vor einigen Jahren von der Gruppe um Svaante Pääbo in Leipzig, die herausfand, daß mehr unterschiedliche Gene in Hoden von Schimpansen und Menschen abgelesen werden, als in ihrem Gehirn! Die Biologie hält immer wieder aufs Neue Überraschungen bereit. Wahrscheinlich werden also die genetischen Unterschiede zwischen Schimpansen und Menschen viel subtiler hervorgerufen und gesteuert, als das jetzt schon in seinem ganzen Umfang mit den bisherigen Methoden der Genetiker ("Koppelungsungleichgewicht-Analyse") erkannt werden könnte. Die entscheidenden Genmutationen oder Gen-Ablese-Mutationen, die die Schimpansen-Mensch-Unterschiede hervorrufen, scheinen sich noch gut bis bestens im Genom zu verstecken!!!!
In der Diskussion bei Gene Expression wird auf "einen riesigen Elefanten im Raum" hingewiesen, der von den meisten übersehen würde, nämlich wenn gesagt wird, daß rein zahlenmäßig umfangreiche Populationen der Selektion mehr genetische Vielfalt zur Verfügung stellen würden als kleine Populationen. Das war einer der Ausgangspunkt von Gregory Cochran's neuer These, die oben genannt worden war. Und sie wird jetzt auch auf die Schimpansen angewendet, indem man sagt (vermutet!!!), es gäbe deshalb bei den Schimpansen heute noch mehr jüngstselektierte Gene, weil sie die längste Zeit seit der Trennung von den Vorfahren der heutigen Menschen in größeren Populationen gelebt hätten als die Vorfahren der heutigen Menschen. Das ist doch im Grunde bloße Spekulation, oder? Was ist denn mit Homo erectus? Der war über ganz Eurasien verbreitet. Die Schimpansen niemals!
Das scheint also in Bezug auf die Schimpansen kein besonders starkes Argument zu sein. Aber "der übersehene Elefant im Raum" ist, daß dies für die großen Populationszahlen von arbeitsteiligen menschlichen Gesellschaften sehr wohl ein nicht leicht vom Tisch zu fegendes Argument ist. Hier scheint der Evolution viel größere genetische Vielfalt zur Verfügung gestellt worden zu sein - und derzeit immer noch gestellt zu werden!!! -, was die Humanevolution beschleunigt haben könnte und weiter beschleunigt. Und nach dieser Richtung hin drückt sich dann Gregory Cochran bei "Gene Expression" auch aus.
Was mir noch zu wenig berücksichtigt wird in der Diskussion, ist die Tatsache, daß nicht nur große Populationen mehr Selektionsvorteile ansammeln können in der Evolution, sondern auch sehr kleine Gründerpopulationen. Bei letzteren kann ja de facto (wenn sie durch Zusammenbruch zuvor großer Populationen zustande kommen) viel stärker selektiert werden und auch die dort dann vorkommende Inzucht kann nicht nur zur Häufung von (für den Fortpflanzungserfolg) negativen, sondern eben auch zur Häufung von (für den Fortpflanzungserfolg) positiven genetischen Merkmalen führen. Das mag zum Beispiel für die aschkenasischen Juden zutreffen. Ob das auch für die Schimpansen gültig ist, möchte ich allerdings - zumindest derzeit noch - stark bezweifeln.
Ergänzung: Inzwischen gibt es von vielen wichtigen Zeitschriften (Nature, Science, New Scientist, Spiegel) Artikel zum Thema. Aber dieser Kommentar zum "Nature"-Artikel ist meiner Meinung nach bisher der klügste von allen:
It's a big jump from observing the number of genes which have a high proportion of non-synonymous mutations, to taking this to be a measure of how much the species has changed, how 'highly evolved' they are, or who is winning the evolutionary race - to use three phrases from the article in question. As many writers have beautifully and eloquently described (eg Gary Marcus' wonderful book The Birth of the Mind - How a Tiny Number of Genes Creates the Complexities of Human Thought) there are generally no simple correspondences between genes and phenotype properties. The genotype-phenotype map is complex, highly-structured and poorly understood. A more perceptive and thoughtful discussion of the possible interpretations of the reported data would be more welcome than the cheap pseudo-controversial headlines.
Also interesting: what is the possible impact of cultural evolution as a selective force?
Anne-Marie Grisogono
(Aha, Grisogono ist eine australische Physikerin mit einem weiten Forschungsspektrum- auch was komplexe, nichtlineare Systeme betrifft [!!!].)
(Aha, Grisogono ist eine australische Physikerin mit einem weiten Forschungsspektrum- auch was komplexe, nichtlineare Systeme betrifft [!!!].)
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