Im letzten Beitrag wurde darauf hingewiesen, daß die genetische Vielfalt jenes Teils des menschlichen Genoms, das die Hautfarbe kodiert, zu 88 % unterschiedlich auf die menschlichen Populationen verteilt ist. Heute findet sich in der "Zeit" dazu ein schöner neuer Bericht. (Zeit) Ob die europäischen Eiszeit-Jäger allerdings - wie durch den Bericht nahegelegt - so "rabenschwarz" waren wie die heutigen Menschen im Kongo oder eher mild braunhäutig wie etwa heutige amerikanischen Ureinwohner, das scheint wohl noch nicht definitiv entschieden zu sein (weshalb die Bebilderung in der "Zeit" auch sehr irreführend sein könnte).
... ein Gen namens SLC24A5, das die Bauanleitung für ein Eiweiß in den Melaninkörperchen der Pigmentzellen der Haut enthält. Bei Menschen gibt es zwei Varianten dieses Gens und daher auch zwei Formen des entsprechenden Pigmentzellen-Proteins. Die eine Form findet sich bei praktisch allen Afrikanern, allen Ostasiaten und bei den Indianern Süd- und Nordamerikas. Die andere Variante besitzen alle Europäer. Und sie funktioniert nicht gut. Sie enthält Threonin, eine ganz normale Aminosäure. Dieser Baustein kommt in vielen Proteinen vor, doch an dieser Stelle, auf Platz 111 im SLC-Eiweiß, hat er nichts zu suchen. Wo Threonin sitzt, gehörte Alanin hin, eine ganz andere Aminosäure. Die Folge dieses Defekts ist die helle Haut, denn die Pigmentzellen enthalten erheblich weniger Melanin. Bis zu einem Drittel des Unterschieds zwischen Europäern und Afrikanern sind auf diese SLC24A5-Mutation zurückzuführen, verkündete ein Forscherteam um Cheng und Norton vor zwei Jahren im Magazin Science.
Das bedeutet allerdings auch, dass weitere, noch nicht sicher identifizierte Gene an der Hautfarbe werkeln. Ein Kandidat dafür ist jenes Gen, das für die sehr weiße Haut von Rothaarigen verantwortlich ist. Dass die Hautfarbe von einem ganzen Ensemble von Genen gesteuert wird, zeigt sich auch bei den Menschen Ostasiens, die vergleichsweise helle Haut besitzen, aber dennoch die normale SLC-Variante aus Afrika im Erbgut tragen. Daraus folgert Cheng, die Hellhäutigkeit in Asien habe sich unabhängig von der europäischen entwickelt, durch Veränderungen anderer Gene – und nachdem sich beide Gruppen auf ihrem Weg aus Afrika heraus voneinander getrennt hatten.
Erst jetzt hat Norton herausgefunden, wann genau die Europäer ihre braune Hautfarbe verloren haben dürften. Die gesamte Region um das SLC-Gen herum ist bei allen Europäern nahezu identisch, stellte sie fest.
Einschub I.B.: Das heißt in der Fachsprache, es liegt hier ein großes Koppelungs-Ungleichgewicht ("Linkage Disequilibrium") vor. Seit dem dieses Gen wichtig geworden ist für die Selektion in Europa haben sich in seiner Umgebung wenige von den Veränderungen eingestellt, die sich einstellen würden (aufgrund von molekularer Uhr und Crossing over bei der Meiose), wenn es schon viel länger wichtig gewesen wäre über die Generationen hinweg in der Humanevolution. Im Text heißt es demensprechend weiter:
Daher muss deren Variante ungewöhnlich jung sein, andernfalls hätten sich mit der Zeit zufällige Mutationen in der Nachbarschaft des Gens eingeschlichen.
Mit einem raffinierten statistischen Verfahren lässt sich anhand solcher Gendaten recht präzise feststellen, wann sich die veränderte Genvariante in der europäischen Bevölkerung zu verbreiten begann. Älter als 12000 Jahre kann die Hellhäutigkeit der Europäer nach Nortons Erkenntnissen keinesfalls sein. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist sie jünger als 6000 Jahre.
Ein enormer Überlebensvorteil muss daher für Menschen in Europa mit dem mutierten Gen verbunden gewesen sein. Vielleicht dauerte es nicht einmal hundert Generationen, bis der Kontinent erbleicht war.
Es handelt sich also um ein Gen, das sich ungefähr zur gleichen Zeit und in gleicher Geschwindigkeit in der europäischen Bevölkerung durchsetzte wie das Milchverdauungs-Gen. Es gibt auch Vermutungen, daß beide Vorgänge ursächlich miteinander verbunden waren und daß beides auch auf den Konsum von Getreide abgestimmt war (mehr Vitamin D-Produktion in den hell pigmentierten Hautzellen). Andere Vermutungen gehen in die Richtung, daß lokale kinderreiche Bevölkerungsgruppen ab einem bestimmten Zeitpunkt hellerhäutige Menschen als Ehepartner deutlich bevorzugten und dadurch einen Selektionsprozeß in Gang setzten.
Außerdem kann auch vermutet werden, daß Aussterbe-Ereignisse größere Selektionsvorgänge in Gang setzten. Zum Beispiel der weiträumige Bevölkerungs-Zusammenbruch in Mitteleuropa am Ende der Bandkeramik, der durch Zuwanderungen aus nördlichen oder anderen Regionen ersetzt worden sein könnte. Dunkelhäutigere Menschengruppen wären dann ausgestorben, hellhäutigere, die zuvor nur in einer kleinen lokalen Region gelebt hatten, könnten kinderreich gewesen sein und sich ausgebreitet haben, was einen sogenannten "Gründereffekt" bewirkt hätte.
Ich vermute, daß es keine monokausale Erklärung gibt, sondern daß alle genannten Faktoren je eine gewissen Rolle gespielt haben und ebenso auch noch zahlreiche weitere, nicht genannte. Auch die Verhaltens-Hormon- und Intelligenz-Evolution wird oder kann dazu in Beziehung gesetzt werden. Körper, natürliche, kulturelle, geschichtliche Lebensumstände, sowie die psychischen Eigenschaften bilden beim Menschen eine Einheit und evoluieren gemeinsam weiter, nicht getrennt und isoliert voneinander. Bei den aschkenasischen Juden wird ja auch vermutet, daß das Ausbreiten gewisser Erbkrankheiten und die gleichzeitige Intelligenz-Evolution ein gemeinsamer Vorgang war. Hier deuten sich überall viele Perspektiven an und man wird auf eine künftige "große", gut dargestellte Zusammenschau dieser vielen einzelnen Details mit großer Spannung warten. - Könnte das Thema für einen sich gut verkaufenden Bestseller sein.
... ein Gen namens SLC24A5, das die Bauanleitung für ein Eiweiß in den Melaninkörperchen der Pigmentzellen der Haut enthält. Bei Menschen gibt es zwei Varianten dieses Gens und daher auch zwei Formen des entsprechenden Pigmentzellen-Proteins. Die eine Form findet sich bei praktisch allen Afrikanern, allen Ostasiaten und bei den Indianern Süd- und Nordamerikas. Die andere Variante besitzen alle Europäer. Und sie funktioniert nicht gut. Sie enthält Threonin, eine ganz normale Aminosäure. Dieser Baustein kommt in vielen Proteinen vor, doch an dieser Stelle, auf Platz 111 im SLC-Eiweiß, hat er nichts zu suchen. Wo Threonin sitzt, gehörte Alanin hin, eine ganz andere Aminosäure. Die Folge dieses Defekts ist die helle Haut, denn die Pigmentzellen enthalten erheblich weniger Melanin. Bis zu einem Drittel des Unterschieds zwischen Europäern und Afrikanern sind auf diese SLC24A5-Mutation zurückzuführen, verkündete ein Forscherteam um Cheng und Norton vor zwei Jahren im Magazin Science.
Das bedeutet allerdings auch, dass weitere, noch nicht sicher identifizierte Gene an der Hautfarbe werkeln. Ein Kandidat dafür ist jenes Gen, das für die sehr weiße Haut von Rothaarigen verantwortlich ist. Dass die Hautfarbe von einem ganzen Ensemble von Genen gesteuert wird, zeigt sich auch bei den Menschen Ostasiens, die vergleichsweise helle Haut besitzen, aber dennoch die normale SLC-Variante aus Afrika im Erbgut tragen. Daraus folgert Cheng, die Hellhäutigkeit in Asien habe sich unabhängig von der europäischen entwickelt, durch Veränderungen anderer Gene – und nachdem sich beide Gruppen auf ihrem Weg aus Afrika heraus voneinander getrennt hatten.
Erst jetzt hat Norton herausgefunden, wann genau die Europäer ihre braune Hautfarbe verloren haben dürften. Die gesamte Region um das SLC-Gen herum ist bei allen Europäern nahezu identisch, stellte sie fest.
Einschub I.B.: Das heißt in der Fachsprache, es liegt hier ein großes Koppelungs-Ungleichgewicht ("Linkage Disequilibrium") vor. Seit dem dieses Gen wichtig geworden ist für die Selektion in Europa haben sich in seiner Umgebung wenige von den Veränderungen eingestellt, die sich einstellen würden (aufgrund von molekularer Uhr und Crossing over bei der Meiose), wenn es schon viel länger wichtig gewesen wäre über die Generationen hinweg in der Humanevolution. Im Text heißt es demensprechend weiter:
Daher muss deren Variante ungewöhnlich jung sein, andernfalls hätten sich mit der Zeit zufällige Mutationen in der Nachbarschaft des Gens eingeschlichen.
Mit einem raffinierten statistischen Verfahren lässt sich anhand solcher Gendaten recht präzise feststellen, wann sich die veränderte Genvariante in der europäischen Bevölkerung zu verbreiten begann. Älter als 12000 Jahre kann die Hellhäutigkeit der Europäer nach Nortons Erkenntnissen keinesfalls sein. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist sie jünger als 6000 Jahre.
Ein enormer Überlebensvorteil muss daher für Menschen in Europa mit dem mutierten Gen verbunden gewesen sein. Vielleicht dauerte es nicht einmal hundert Generationen, bis der Kontinent erbleicht war.
Es handelt sich also um ein Gen, das sich ungefähr zur gleichen Zeit und in gleicher Geschwindigkeit in der europäischen Bevölkerung durchsetzte wie das Milchverdauungs-Gen. Es gibt auch Vermutungen, daß beide Vorgänge ursächlich miteinander verbunden waren und daß beides auch auf den Konsum von Getreide abgestimmt war (mehr Vitamin D-Produktion in den hell pigmentierten Hautzellen). Andere Vermutungen gehen in die Richtung, daß lokale kinderreiche Bevölkerungsgruppen ab einem bestimmten Zeitpunkt hellerhäutige Menschen als Ehepartner deutlich bevorzugten und dadurch einen Selektionsprozeß in Gang setzten.
Außerdem kann auch vermutet werden, daß Aussterbe-Ereignisse größere Selektionsvorgänge in Gang setzten. Zum Beispiel der weiträumige Bevölkerungs-Zusammenbruch in Mitteleuropa am Ende der Bandkeramik, der durch Zuwanderungen aus nördlichen oder anderen Regionen ersetzt worden sein könnte. Dunkelhäutigere Menschengruppen wären dann ausgestorben, hellhäutigere, die zuvor nur in einer kleinen lokalen Region gelebt hatten, könnten kinderreich gewesen sein und sich ausgebreitet haben, was einen sogenannten "Gründereffekt" bewirkt hätte.
Ich vermute, daß es keine monokausale Erklärung gibt, sondern daß alle genannten Faktoren je eine gewissen Rolle gespielt haben und ebenso auch noch zahlreiche weitere, nicht genannte. Auch die Verhaltens-Hormon- und Intelligenz-Evolution wird oder kann dazu in Beziehung gesetzt werden. Körper, natürliche, kulturelle, geschichtliche Lebensumstände, sowie die psychischen Eigenschaften bilden beim Menschen eine Einheit und evoluieren gemeinsam weiter, nicht getrennt und isoliert voneinander. Bei den aschkenasischen Juden wird ja auch vermutet, daß das Ausbreiten gewisser Erbkrankheiten und die gleichzeitige Intelligenz-Evolution ein gemeinsamer Vorgang war. Hier deuten sich überall viele Perspektiven an und man wird auf eine künftige "große", gut dargestellte Zusammenschau dieser vielen einzelnen Details mit großer Spannung warten. - Könnte das Thema für einen sich gut verkaufenden Bestseller sein.
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