Aus Sicht der koreanischen Archäogenetik
Der Archäogenetiker Choongwon Jeong von der Universität Seoul in Korea hat einige Lehrjahre in dem Archäogenetik-Labor von Johannes Krause in Leipzig verbracht. Inzwischen hat er in Korea offenbar ein eigenes Archäogenetik-Labor aufgebaut. In dem hier eingestellten, ganz neu öffentlich zugänglich gewordenen, nur 20-minütigen Vortrag (1) gibt er einen sauberen, kurzen, groben Überblick über die Völkergeschichte der eurasischen Steppen.
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| Abb. 1: Streitwagen in den Felsbildern der Andronowo-Kultur in Sibirien (aus Kuzima 1994) (Acad) |
Wir wollen einiges heraus greifen, was uns so noch nicht bewußt war - oder noch nicht in der Schärfe bewußt war:
Die Jäger- und Sammler-Völker leben nur am Rande der Steppe. Erst mit domestizierten Tierherden, mit Schaf- und Rinderherden konnte der Mensch die Steppe selbst für sich als Lebensraum gewinnen. Erst mit ihnen also konnten in diesem Lebensraum große Völker heranwachsen, die die Völkergeschichte maßgeblich mitbestimmt haben.
Ab etwa 3.500 v. Ztr. nutzten die Völker auch in der Steppe den vierrädrigen Rinderwagen, das ist das Spätneolithikum und die Frühe Bronzezeit mit der berühmten Jamnaja-Kultur, die dann sogar in Nordchina als Afanasiewo-Kultur auftritt.
Ab 2.200 v. Ztr. nutzten die Steppenvölker zusätzlich den zweirädrigen, von Pferden gezogenen Streitwagen. Das ist dann die Mittlere bis Späte Bronzezeit mit der Sintashta- und der Andronowo-Kultur (Abb. 1). Es ist das ist übrigens auch die Hochzeit der Aunjetitzer Kultur, sowie nachfolgend der Urnenfelderkultur in Deutschland und Mitteleuropa.
In der Eisenzeit gingen die Völker dann zum Reiten von Pferden über, als Steppenvölker haben wir nun Skythen und Sarmaten vor uns, die sich in unterschiedlichen Anteilen mit der einheimischen Bevölkerung vermischt haben.
Die Untergruppen der westsibirischen Herkunftsgruppe werden ab Minute 8 aufgeführt. Sie gruppieren sich jeweils um Flußsysteme:
- Tobol-Ishim-Jäger-Sammler
- Irtytsch-Jäger-Sammler
- Jäger und Sammler vom Oberen Ob
- Jäger und Sammler vom Oberen Jennissei
Diese Völker haben sich jeweils von Norden nach Süden über viel weitere Strecken ausgebreitet als nach Westen oder Osten. Denn dort folgte ja das nächste Flußsystem. Sie waren also zunächst lediglich an ihre eigenen Flußsysteme gebunden. Da es einen genetischen Gradienten von "Ancient North East Asian" (Vorfahren der Mongolen) bis zu den osteuropäischen Jägern und Sammlern in Westen gab, muß man offenbar sagen, daß Sibirien zu dieser Zeit genetisch (und kulturell?) zu dieser Zeit eine größere Vielfalt aufwies als Europa.
Es wird dann verdeutlicht, daß die spätbronzezeitlichen Gruppen in der Mongolei die Lebensweise von Pferdehirten angenommen haben, ohne daß es genetischen Zufluß von westlichen, indogermanischen Andronowo-, bzw. deren Nachfolge-Kulturen gegeben habe.
Choongwon Jeong weist auf eine scharfe genetische Abgrenzung dieser mongolischen Gruppen hin entlang eines Grenzverlaufes, der sehr willkürlich anmutet. Er meint, er wisse den Grund für diese scharfe Abgrenzung nicht. Nun - wir möchten den starken Ethnozentrismus der Ostasiaten hier in Anschlag bringen.
Ab 200 v. Ztr. kommt es dann mit den Hunnen (in den chinesischen Quellen "Xiongnu" genannt) zur Vermischung sämtlicher, zuvor reich geographisch, genetisch und kulturell gegliederter Völker in der Steppe über die gesamte West-Ost-Ausdehnung hinweg. Dies geht soweit, daß die Archäogenetiker an einem einzelnen Ausgrabungsort die genetische Vielfalt des gesamten Großreichs der Hunnen finden (Minute 15).
Auf die Entstehung der finno-ugrischen Völkergruppe oder der Völkergruppe der Turkvölker wird in diesem Vortrag nicht eingegangen.
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- Choongwon Jeong: Human Population History in North and East Asia. CARTA-Serie, University of California Television (UCTV), 27.12.2025 (Yt2025)

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