Zu den bigottesten, christlich-konservativen Gruppierungen in Nordamerika gehören die Amish-People (in den USA) und die Hutterer (in Kanada). Es ist aber nicht ihre stock-konservative chistliche Bigotterie, die diese religiösen Gruppierungen schon seit vielen Jahrzehnten zu intensiv untersuchten Forschungsgegenständen von Soziologen, Wirtschaftswissenschaftlern, Religionssoziologen, Demographen, Humangenetikern, Religionswissenschaftlern, Volkskundlern, Germanisten, Dialektforschern, Anthropologen und so vielen anderen mehr gemacht haben.
Diese Gruppierungen können als einzigartig betrachtet werden, was den evolutionsbiologischen Erfolg ihrer gruppenevolutionären Strategien (GES) in der modernen Welt betrifft. OBWOHL (oder auch: weil?) sie die letzten Minderheiten in Nordamerika darstellen, die Deutsch als Muttersprache sprechen, sind sie jene Bevölkerungsgruppen in der Welt mit der höchsten Geburtenrate (Hutterer knapp 11 bis 12 Kinder pro Frau, Amische 7 bis 8 Kinder pro Frau). Ihre Populationen verdoppeln sich gegenwärtig etwa alle 15 bis 25 Jahre. Es ist sinnlos, an dieser Stelle auch nur den Versuch eines kurzen Überblicks über all die vielen lehrreichen Aspekte ihres Gemeinschafts-Lebens zu geben, aus denen sich ihren gruppenevolutionären Strategien zusammensetzen. (Wie immer ist für so etwas Wikipedia der erste Anlaufpunkt: hier und hier.)
Als deutscher Leser kann man die Hutterer und ihre gruppenevolutionären Strategien kennenlernen durch das Buch von Michael Holzach "Das vergessene Volk". Michael Holzach, ein später durch Unfall ums Leben gekommener Journalist der "Zeit", lebte in Jahr lang bei den Hutterern und liefert in seinem Buch den - sozusagen - "intimsten" Einblick in das Leben einer solchen Gemeischaft und bringt dabei auch einigermaßen gleichmäßig alle wesentlicheren Aspekte ihres ("kommunistischen") Gemeinschafts-Lebens zur Sprache.
Für die ("privat-wirtschaftlichen") Amischen konnte man bislang ein vergleichbar umfassend beschreibendes Buch ihres Gemeinschaftslebens in deutscher Sprache nicht nennen. Hier mußte derjenige, der wirklich einen guten Überblick gewinnen wollte, zu Standard-Werken in englischer Sprache zurückgreifen. Die Autoren dieser Werke heißen insbesondere John A. Hostetler ("Amish Society") (er ist selbst Nachkomme von Amischen) und neuerdings David B. Kraybill ("The Riddle of Amish Culture" und "Amish Enterprise"). Der letztere Buchtitel handelt von den zunehmend nicht-agrarischen Kleinunternehmen der Amischen, zu denen sie infolge von Landnot gezwungen sind.
Eine der wenigen umfangreicheren deutschsprachigen Darstellungen stammt von Bernd C. Längin ("Die Amischen - Vom Geheimnis des einfachen Lebens"), ein Buch, das zwar sehr verdienstvoll viele wesentliche Aspekte der Amish-Kultur darstellt, insbesondere auch ihre geschichtliche Entstehung und ihren geschichtlichen Werdegang von der Schweiz, dem Elsaß und den Niederlanden ausgehend, das aber vielleicht doch nicht genügend die vielen einzelwissenschaftlichen Anknüpfungspunkte aufzuzeigen in der Lage ist wie die bisher schon genannte Literatur.
Im deutschen Sprachraum hat sich dieser Umstand nun geändert durch die ins Deutsche übersetzte Veröffentlichung des niederländischen Kultursoziologen Peter Ester "Die Amish-People - Überlebenskünstler in der modernen Gesellschaft" (2005). Auch Religionswissenschaftler Michael Blume zeigte sich in seiner Amazon-Rezension (siehe dort) hochgradig angetan von diesem Buch. Da es aufgrund umfassender Kenntnis der modernsten Forschungsliteratur und zugleich aufgrund von zahlreichen Interviews in Pennsylvannia vor Ort erarbeitet ist, kann es als eine hervorragende Ausgangsbasis dienen, um sich mit dem Gemeinschaftsleben der Amish-People vertraut zu machen.
Als neue Tatsachen (für jemanden, der die ältere Literatur schon kennt) nennt er zum Beispiel den Umstand, daß heute nicht mehr 20 Prozent der nachwachsenden Jugendlichen der Amischen von ihrer Gemeinschaft "abfallen", sondern nur noch fünf, höchstens 10 Prozent! (S. 62 - 63) Das hat natürlich auch Folgen für ihre Demographie. Bislang hatte immer gegolten, daß die Hutterer kaum Mitglieder kennen, die "abtrünnig" werden, daß aber die neuesten Entwicklungen bei den Amischen zu einer ähnlichen Situation führen, kann als überraschend bezeichnet werden. Sollte man nicht in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft genau das Gegenteil erwarten?
Die für das Gemeinschafts-Leben als bedrohlich empfundenen Kontakte zur andersartigen Außenwelt und die Überlebensprobleme der Amischen als Gruppe sind ja nicht geringer geworden, wie Ester auch gut herausarbeitet. Aber der Laienprediger und Gemeindevorsteher "Levi Miller erklärt mir diese sinkende Tendenz" (zum Abfällig-Werden) "mit dem Hinweis auf die flexiblere Politik der" (amischen) "Kirche im Vergleich zu früher, auf die Tatsache, daß zahlreiche technische Neuerungen inzwischen erlaubt sind und daß sich die Amish einen positiven Platz in der öffentlichen Meinung erobert haben." (S. 62)
Offenbar trägt der Umstand, daß die Amischen inzwischen zu einer bevorzugten Touristen-Attraktion in den USA avanciert sind - und ihre Bigotterie von der Öffentlichkeit demgegenüber inzwischen viel weniger beachtet und bewertet wird - auch zu einem zum Teil entspannteren Verhältnis der Amischen zu sich selbst bei. Dieser Umstand ist sicherlich bedeutsam.
Ester zitiert eine Studie von 1988, in der auch der Intelligenz-Quotient der Amish-Kinder gemessen worden ist. (S. 95) "Smucker stellte in seiner Studie fest, daß (ältere) Amish-Kinder (...) im Durchschnitt einen niedrigeren Intelligenzquotienten haben". In der Anmerkung fügt Ester hinzu: "Die IQ-Werte von Amish-Kindern lagen jedoch nur leicht unter dem nationalen Durchschnitt." - Sollte es bei den gruppenevolutionären Selektionsprozessen, die zu der heutigen Old-Order-Amish-Population geführt haben, Mechanismen gegeben haben, die leicht gegen überdurchschnittlichen IQ selektierten?
Man könnte sich vorstellen, daß zu den früheren 20 Prozent "Abgefallenen" häufig auch überdurchschnittlich Intelligente zählten. - Aber das ist natürlich nur eine Hypothese. Natürlich könnten die Mechanismen auch schon vor 400 Jahren in der Schweiz wirksam gewesen sein.
Noch eine hübsche Stelle (S. 149), in der von einer Amish-Familie folgendes berichtet wird: "... Benjamin Hostetler (...): 'Ich habe meinen drei Söhnen geraten, Lancaster County zu verlassen und an einem anderen Ort als Bauer anzufangen. In Kentucky sind die Bodenpreise fünfmal niedriger als hier. Es ist für junge Amish-Familien fast unmöglich geworden, in Lancaster einen bezahlbaren Bauernhof zu finden.' Seine Frau, Barbara, sagt halb im Scherz: 'Vielleicht sollen die Amish zurück nach Deutschland emigrieren.' " - Ob der Eindruck hier richtig wiedergegeben worden ist? War hier wirklich nur halb im Scherz von solchen Erwägungen die Rede? Dann hätte Deutschland künftig (zumindest) mit einer neuen Touristen-Attraktion aufzuwarten ... Aber die Amischen werden schon ihre Gründe gehabt haben, als sie vor 300 Jahren Mitteleuropa verließen. Ob sich an denen so viel verändert hat?
Der Unterschied zu der englischen Muttersprache der umgebenden Bevölkerung scheint doch wichtig gewesen zu sein für die gruppenevolutionären Strategien und ihre Aufrecht-Erhaltung. Alle deutschsprachigen Amisch-Gemeinden, die nicht nach Nordamerika ausgewandert sind, sind jedenfalls in Mitteleuropa längst in der übrigen Umgebung aufgegangen.
Diese Gruppierungen können als einzigartig betrachtet werden, was den evolutionsbiologischen Erfolg ihrer gruppenevolutionären Strategien (GES) in der modernen Welt betrifft. OBWOHL (oder auch: weil?) sie die letzten Minderheiten in Nordamerika darstellen, die Deutsch als Muttersprache sprechen, sind sie jene Bevölkerungsgruppen in der Welt mit der höchsten Geburtenrate (Hutterer knapp 11 bis 12 Kinder pro Frau, Amische 7 bis 8 Kinder pro Frau). Ihre Populationen verdoppeln sich gegenwärtig etwa alle 15 bis 25 Jahre. Es ist sinnlos, an dieser Stelle auch nur den Versuch eines kurzen Überblicks über all die vielen lehrreichen Aspekte ihres Gemeinschafts-Lebens zu geben, aus denen sich ihren gruppenevolutionären Strategien zusammensetzen. (Wie immer ist für so etwas Wikipedia der erste Anlaufpunkt: hier und hier.)
Als deutscher Leser kann man die Hutterer und ihre gruppenevolutionären Strategien kennenlernen durch das Buch von Michael Holzach "Das vergessene Volk". Michael Holzach, ein später durch Unfall ums Leben gekommener Journalist der "Zeit", lebte in Jahr lang bei den Hutterern und liefert in seinem Buch den - sozusagen - "intimsten" Einblick in das Leben einer solchen Gemeischaft und bringt dabei auch einigermaßen gleichmäßig alle wesentlicheren Aspekte ihres ("kommunistischen") Gemeinschafts-Lebens zur Sprache.
Für die ("privat-wirtschaftlichen") Amischen konnte man bislang ein vergleichbar umfassend beschreibendes Buch ihres Gemeinschaftslebens in deutscher Sprache nicht nennen. Hier mußte derjenige, der wirklich einen guten Überblick gewinnen wollte, zu Standard-Werken in englischer Sprache zurückgreifen. Die Autoren dieser Werke heißen insbesondere John A. Hostetler ("Amish Society") (er ist selbst Nachkomme von Amischen) und neuerdings David B. Kraybill ("The Riddle of Amish Culture" und "Amish Enterprise"). Der letztere Buchtitel handelt von den zunehmend nicht-agrarischen Kleinunternehmen der Amischen, zu denen sie infolge von Landnot gezwungen sind.
Eine der wenigen umfangreicheren deutschsprachigen Darstellungen stammt von Bernd C. Längin ("Die Amischen - Vom Geheimnis des einfachen Lebens"), ein Buch, das zwar sehr verdienstvoll viele wesentliche Aspekte der Amish-Kultur darstellt, insbesondere auch ihre geschichtliche Entstehung und ihren geschichtlichen Werdegang von der Schweiz, dem Elsaß und den Niederlanden ausgehend, das aber vielleicht doch nicht genügend die vielen einzelwissenschaftlichen Anknüpfungspunkte aufzuzeigen in der Lage ist wie die bisher schon genannte Literatur.
Im deutschen Sprachraum hat sich dieser Umstand nun geändert durch die ins Deutsche übersetzte Veröffentlichung des niederländischen Kultursoziologen Peter Ester "Die Amish-People - Überlebenskünstler in der modernen Gesellschaft" (2005). Auch Religionswissenschaftler Michael Blume zeigte sich in seiner Amazon-Rezension (siehe dort) hochgradig angetan von diesem Buch. Da es aufgrund umfassender Kenntnis der modernsten Forschungsliteratur und zugleich aufgrund von zahlreichen Interviews in Pennsylvannia vor Ort erarbeitet ist, kann es als eine hervorragende Ausgangsbasis dienen, um sich mit dem Gemeinschaftsleben der Amish-People vertraut zu machen.
Als neue Tatsachen (für jemanden, der die ältere Literatur schon kennt) nennt er zum Beispiel den Umstand, daß heute nicht mehr 20 Prozent der nachwachsenden Jugendlichen der Amischen von ihrer Gemeinschaft "abfallen", sondern nur noch fünf, höchstens 10 Prozent! (S. 62 - 63) Das hat natürlich auch Folgen für ihre Demographie. Bislang hatte immer gegolten, daß die Hutterer kaum Mitglieder kennen, die "abtrünnig" werden, daß aber die neuesten Entwicklungen bei den Amischen zu einer ähnlichen Situation führen, kann als überraschend bezeichnet werden. Sollte man nicht in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft genau das Gegenteil erwarten?
Die für das Gemeinschafts-Leben als bedrohlich empfundenen Kontakte zur andersartigen Außenwelt und die Überlebensprobleme der Amischen als Gruppe sind ja nicht geringer geworden, wie Ester auch gut herausarbeitet. Aber der Laienprediger und Gemeindevorsteher "Levi Miller erklärt mir diese sinkende Tendenz" (zum Abfällig-Werden) "mit dem Hinweis auf die flexiblere Politik der" (amischen) "Kirche im Vergleich zu früher, auf die Tatsache, daß zahlreiche technische Neuerungen inzwischen erlaubt sind und daß sich die Amish einen positiven Platz in der öffentlichen Meinung erobert haben." (S. 62)
Offenbar trägt der Umstand, daß die Amischen inzwischen zu einer bevorzugten Touristen-Attraktion in den USA avanciert sind - und ihre Bigotterie von der Öffentlichkeit demgegenüber inzwischen viel weniger beachtet und bewertet wird - auch zu einem zum Teil entspannteren Verhältnis der Amischen zu sich selbst bei. Dieser Umstand ist sicherlich bedeutsam.
Ester zitiert eine Studie von 1988, in der auch der Intelligenz-Quotient der Amish-Kinder gemessen worden ist. (S. 95) "Smucker stellte in seiner Studie fest, daß (ältere) Amish-Kinder (...) im Durchschnitt einen niedrigeren Intelligenzquotienten haben". In der Anmerkung fügt Ester hinzu: "Die IQ-Werte von Amish-Kindern lagen jedoch nur leicht unter dem nationalen Durchschnitt." - Sollte es bei den gruppenevolutionären Selektionsprozessen, die zu der heutigen Old-Order-Amish-Population geführt haben, Mechanismen gegeben haben, die leicht gegen überdurchschnittlichen IQ selektierten?
Man könnte sich vorstellen, daß zu den früheren 20 Prozent "Abgefallenen" häufig auch überdurchschnittlich Intelligente zählten. - Aber das ist natürlich nur eine Hypothese. Natürlich könnten die Mechanismen auch schon vor 400 Jahren in der Schweiz wirksam gewesen sein.
Noch eine hübsche Stelle (S. 149), in der von einer Amish-Familie folgendes berichtet wird: "... Benjamin Hostetler (...): 'Ich habe meinen drei Söhnen geraten, Lancaster County zu verlassen und an einem anderen Ort als Bauer anzufangen. In Kentucky sind die Bodenpreise fünfmal niedriger als hier. Es ist für junge Amish-Familien fast unmöglich geworden, in Lancaster einen bezahlbaren Bauernhof zu finden.' Seine Frau, Barbara, sagt halb im Scherz: 'Vielleicht sollen die Amish zurück nach Deutschland emigrieren.' " - Ob der Eindruck hier richtig wiedergegeben worden ist? War hier wirklich nur halb im Scherz von solchen Erwägungen die Rede? Dann hätte Deutschland künftig (zumindest) mit einer neuen Touristen-Attraktion aufzuwarten ... Aber die Amischen werden schon ihre Gründe gehabt haben, als sie vor 300 Jahren Mitteleuropa verließen. Ob sich an denen so viel verändert hat?
Der Unterschied zu der englischen Muttersprache der umgebenden Bevölkerung scheint doch wichtig gewesen zu sein für die gruppenevolutionären Strategien und ihre Aufrecht-Erhaltung. Alle deutschsprachigen Amisch-Gemeinden, die nicht nach Nordamerika ausgewandert sind, sind jedenfalls in Mitteleuropa längst in der übrigen Umgebung aufgegangen.
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