Da für den bulgarischen Raum die Verhältnisse schon besser geklärt sind, sollen zunächst Ausführungen zu ihm erfolgen (s. a. 12). Die Karanovo-Kulturen (Wiki) in Bulgarien scheinen sich unabhängig vom Rhythmus der neolithischen Kulturen in Mitteleuropa und auch denen im Karpaten-Raum entwickelt zu haben. Einen Kulturumbruch um 4.900 v. Ztr. - wie am Ende der Bandkeramik im heutigen Deutschland oder im Karpatenraum - scheint es in der Karanovo-Kultur - soweit übersehbar - nicht gegeben zu haben. (Diese Aussage müssen wir künftig noch genauer verifizieren, sie sei nur in aller Vorläufigkeit hier festgehalten.)
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Abb. 1: Der Gottkönig von Warna, 4.500 v. Ztr., mit goldenem Streitaxt-Zepter
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Womöglich haben sich die Menschen dieser großartigen Kultur deshalb auch
niemals mit einheimischen europäischen Fischern, Jägern und Sammlern vermischt.
Oder aber viel weniger noch als das zunächst die Bandkeramiker und
später verstärkt die Cucuteni-Tripolje-Kultur und die
mittelneolithischen Kulturen im heutigen Deutschland, Skandinavien und
Osteuropa (Michelsberger, Trichterbecher, Kugelamphoren-Kulturen) taten, um
daraus große Reiche mit einem Hochadel hervorgehen zu lassen.
Womöglich
ist dies ein Grund dafür, daß die Karanovo-Kultur den Angriffen der
Indogermanen viel schneller erlegen ist als etwa die zeitgleiche
Cucuteni-Tripolje-Kultur. Wir lesen jedenfalls über die Indogermanen aus
dem Steppengebiet (Bezug genommen wird auf 1, S. 116 ff) (Wiki):
Um
4500 v. Chr. übernahmen diese Viehnomaden, die im Gegensatz zur
egalitären Gesellschaftsstruktur der Donauzivilisation in einer
hierarchisch gegliederten Gesellschaft lebten, die Macht im Raum Warna.
Die vertikale Differenzierung der Warna-Kultur geht aus den Gräberfunden
in der Nekropole von Warna hervor.
Das Gräberfeld von Warna (Wiki)
aus der Zeit um 4.500 v. Ztr. ist eine unverhüllte Demonstration
unvergleichlichen Reichtums und unvergleichlicher Macht für jene Zeit. Die
Menschen, die sich hier bestatten ließen, dachten wohl nicht viel
geringer von sich selbst als zweitausend Jahre später die Gottkönige von Ägypten.
Als Zepter nutzten sie eine goldene Streiaxt (Abb. 1, 20). Die Zeugung von Kindern war ihnen heilig. Deshalb der goldene Penis-Aufsatz (Abb. 1, 20). Die Hervorhebung der männlichen Geschlechtsteile sieht man häufig in den kulturellen Hinterlassenschaften der frühen Indogermanen, etwa auf der Kernovsky-Stele grob um 3000 v. Ztr. aus dem Großraum des Dnjepr (2). Sie überhäuften ihre Toten mit Gold und Waffen. Außer dem Goldreichtum kennt man Gräber mit solcher Grabausstattung - Zepter und eine Überhäufung mit vielfältiger Waffenausstattung - aus einem großen Raum zwischen Mittlerer Wolga, Kaukasus und Warna. Es ist also nur unschwer zu erkennen, woher dieser Mann, dieser Gottkönig stammte, der vermutlich auch die indogermanische Göttin der Morgenröte, die Sonnengottheit verehrte.
Tausend Jahre nach ihm, um 3.500 v. Ztr. sind Gene und Kulturelemente der Indogermanen auch innerhalb der Cucuteni-Tripolje-Kultur nachgewiesen (3, 4). Aber Kulturelemente der Cucuteni-Tripolje-Kultur breiteten sich schon früher auch in den Bereich der Karanowo-Kultur aus. Über ihr Ende lesen wir (Wiki):
Ab dem Ende der Kupferzeit und dem Beginn der Bronzezeit findet sich eine lange Lücke (Hiatus) in der Besiedlungsgeschichte. Die Gründe dafür sind noch nicht geklärt. Nach einer These wurde die ansässige Bevölkerung mit ihrer Kultur durch aus dem Norden eindringende Nomaden vollständig vernichtet. Diese These stützt sich auf die Ausgrabungen des Gräberfeldes von Warna aus der späten Kupferzeit (4600–4200 v. Chr.). In Warna wurden viele Goldgegenstände gefunden, bisher das älteste bekannte verarbeitete Gold der Menschheit. Die Funde in den Gräbern belegen, daß einige der Bestatteten aus wohlhabenden Familien stammten. Sie zeugen von der Teilung der Bevölkerung in soziale Schichten, wohlhabende, höhergestellte Herrscher, deren nicht ganz so wohlhabende Vasallen und einfache Leute.
Von dem genauen Zeitrahmen des Zusammenbruchs der Karanowo-Kultur in Bulgarien erfahren wir an dieser Stelle nichts. Wichtig ist uns bis auf weiteres nur, daß in diesem Bereich ab 4.500 v. Ztr. das Einheiraten von Indogermanen in den Hochadel der lokalen bäuerlichen Kultur unter Mitnahme der Herrschaftsinsignien nachgewiesen ist. Dasselbe braucht deshalb für die Cucuteni-Tripolje-Kultur für denselben Zeitraum nicht als weniger wahrscheinlich angesehen werden.
Spannenderweise liegt 35 Kilometer westlich vom Gräberfeld von Warna die "älteste stadtartige Anlage auf europäischem Boden", nämlich in Prowadija (4.700- 4.300 v. Ztr.) (Wiki), eine Anlage, die mit Steinmauern ummauert war (25) (erwähnt in Minute 21).
2. Das Königsgrab von Giurgiulești an der Donau (4.400 v. Ztr.)
Die Stadt Giurgiulești (Wiki)
liegt 300 Kilometer nördlich der bulgarischen Stadt Warna an der Einmündung des
von Norden kommenden Pruth in die Donau. Über den Verlauf des Pruth hinweg liegt - wie wir unten noch sehen werden - die Kernregion des Siedlungsgebietes der Cucuteni-Tripolje-Kultur. Und an der Einmündung dieses der Bauern-Kultur sicherlich heiligen Flusses befindet sich schon um 4.400 v. Ztr. - so wie in Warna - das Grab eines indogermanischen Königs (das sicherlich in der Nähe auch seine Residenz gesehen hat).
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Abb. 2: Kriegergrab von Giurgiulești, 4.400 v. Ztr. (aus: 5)
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Giurgiulești ist heute der südlichste Ort der kleinen Republik Moldau. Sie hat keinen eigenen
Zugang zum Schwarzen Meer. Und hier wurde ein erstaunliches Kriegergrab gefunden. Es enthält (größere Auflösung des Bildes im Originalartikel) (5):
1 (Am rechten Fuß) Eine Speerspitze aus Geweih;
2 (An der rechten Hüfte) Eine Dolchklinge aus Feuerstein;
3 (Am rechten Oberarm) Stichwaffe aus Kupfer;
4 (Oben rechts) Ein zusammengesetztes Schwert (oder eine Speerspitze?);
5 (Oben links) Ein mit Gold verschalter Kommandostab;
6 (Neben der rechten Hüfte) Ein Lammschulterblatt mit 40 Einritzungen;
7 (Zwischen den Beinen) Ein phallusförmiges Geweihstück;
8 (Zwischen den Knien) Ein rechteckiges Knochenplättchen;
9 (Teil der Kopfbedeckung?) Fischflosse;
10-11 (Am Kopf) Schläfenschmuck;
12-13 (Auf dem Brustbein) Spiralringe aus Gold;
14 (An der linken Schulter) Eine Muschelperle;
15 (An der linken Schulter) Hälfte einer Griffverschalung einer Waffe oder eines Gerätes;
16 (Ausgebreitet über den ganzen Unterkörper) vier Lammhufe (Überreste eines Fells)
Der
Krieger führt somit mindestens fünf Waffen mit sich: Eine Stichwaffe aus
Kupfer - sie liegt am Oberarm (Abb. 2: 3), einen Feuerstein-Dolch an der Hüfte (Abb. 2: 2), eine
speerartige Stichwaffe (Abb. 2: 4), sowie einen Speer mit Geweihspitze (Abb. 2: 1). Er
ist außerdem reicht mit Gold und weiterem edlen Schmuck geschmückt. Und
er trägt Insignien der Macht, einen Herrscher- oder Kommandostab. In dem
vielen "Phantastischen", was sich uns in diesem Grab auftut, erinnert
uns dieser Krieger fast an den "Amesbury-Archer" (Wiki),
den Glockenbecher-Bogenschützen-Fürsten, der in der Zeit um 2.300 v. Ztr. (also
zweitausend Jahre später) England eroberte und sich bei Stonehenge begraben
ließ. Hier in diesem Grab wird zusätzlich ein weiteres mal das männliche Geschlechtsteil betont und
hervorgehoben, so wie das etwa zeitgleich auch in Warna geschah.
Zur historischen Einordnung dieses Grabes wird uns von Seiten der Archäologen mitgeteilt: In mesolithischer Zeit war das
Steppengebiet nördlich des Schwarzen Meeres fast fundleer, sprich
außerordentlich dünn besiedelt. In der Zeit von 4.700 bis 4.600 v. Ztr.
breitete sich die Bolgrad-Aldeni-Kultur von dem Küstengebiet südlich der
Donau (also aus der Norddobrudscha heraus) und von der rumänischen Moldau aus in das
Steppengebiet östlich der Donau aus. Und sie schreiben weiter (5):
Beinahe
zeitgleich mit der Bolgrad-Aldeni-Kultur oder unmittelbar danach
tauchen die ältesten bislang bekannten regulären Bestattungen in den
Steppen des nordwestlichen Schwarzmeerraumes auf. Es handelt sich um
reich ausgestattete Einzelgräber oder kleine Bestattungsgruppen, in
denen überwiegend jeweils ein vereinzelter Toter in einer signifikanten
Position auf dem Rücken mit angezogenen Beinen (Rückenhockerlage) beigesetzt wurden.
An
dieser Stelle wird im Text auf jene Abbildung verwiesen, die wir hier
als Abb. 2 eingestellt haben. Weiter schreiben die Autoren (5):
Die
Arme lagen parallel neben dem Körper
ausgestreckt oder leicht angewinkelt zum Becken hin. (...) Die
Verstorbenen und der Grabboden waren in der Regel mit rotem Ocker
bestreut.
3. Siedler-"Ideologie" in den damaligen großen Kulturen
Im
Überdenken der Situation - daß die Steppe fast "menschenleer" war -
kommt uns an dieser Stelle der Gedanke, daß die Menschen der damaligen Kulturen, also der Cucuteni-Tripolje-Kultur ebenso wie der Chwalynsk-Kultur an der Mittleren Wolga eine
ähnliche Besiedlungs-"Ideologie" in sich getragen haben könnten wie sie
der Forschung schon vor zwanzig Jahren bei den Bandkeramikern
aufgeschienen war, und wie sie bezüglich der Bandkeramik erstmals von dem Archäologen Jens Lüning herausgearbeitet worden war.
Beide
Kulturen haben weitgehend menschenleeres oder außerordentlich dünn
besiedeltes Gebiet vor sich gesehen über tausende von Kilometern hinweg.
Die Bandkeramiker um 5.500 v. Ztr. nur Lindenwälder auf den Lößböden
der europäischen Mittelgebirge, die Menschen der Chwalynsk-Kultur um
4.700 v. Ztr. sahen die menschenleeren Weiten der Steppe beiderseits der
Wolga, zwischen Wolga und Don und darüber hinaus vor sich, also über tausende von Kilometer
hinweg. Ähnlich die Cucuteni-Tripolje-Kultur an den Oberläufen von Sereth und Pruth östlich der Karpaten, wenn sie nach Osten blickten.
Solche
menschenleeren Räume und gleichzeitig die Beherrschung von
Kulturtechniken, die es ermöglichen, solche menschenleeren Räume
vergleichsweise dicht zu besiedeln, scheinen eine unbegrenzte Lust bei
Menschen hervorzurufen, Kinder in die Welt zu setzen und diesen Raum nun
auch wirklich zu besiedeln. Und zwar mehr oder weniger "systematisch".
So ist der nordamerikanische Westen besiedelt worden, so sind die
Urwälder Wolhyniens von deutschen Siedler-Familien im 19. Jahrhundert
gerodet und besiedelt worden
mit durchschnittlich zehn Kindern pro Frau. Und so wird es auch hier gewesen sein.
Indem
die Bandkeramiker mit ihren Pionier-Siedlungen jeweils gleich 40
Kilometer tief in unbesiedelte Räume, Wälder vordragen und von dort aus
dann die "rückwärtigen" Gegenden "aufsiedelten", während gleichzeitig
wohl die nächsten Pionier-Siedlungen schon wenige Jahre später wieder 40
Kilometer in den Urwald hinein vordrangen (Lüning), konnte sich die
Bandkeramik so vergleichsweise schnell und dicht, machtvoll und geradezu
"lautlos-spielerisch" über weiteste Räume Mitteleuropas ausbreiten.
Ähnliches
könnte man auch für die Chwalynsk-Kultur annehmen. Es wird auch dort
ein "blühendes Leben" an den Siedlungsgrenzen unterstellt werden müssen
und geradezu ein Drang, die Räume zu besiedeln. Im 19. Jahrhundert war
viel die Rede von dem "deutschen Drang nach Osten", nämlich im Mittelalter.
Das wurde dann irgendwann nationalistisch und völkisch überhöht interpretiert und in hohle imperialistische Phrasen umgemüntz. Tatsächlich aber dürfte dieser Begriff gar nicht so unrecht gewählt gewesen sein. Tatsächlich stieg durch die Ansiedlung von Deutschen
in Schlesien im Mittelalter die Bevölkerungszahl innerhalb weniger
Jahrzehnte um das Fünffache.
Freilich äußert sich ein solcher "Drang" um so unbemerkter, um so weniger die Menschen über ihn nachdenken, sondern ihr Handeln darin als etwas ganz Normales, Selbstverständliches empfinden, über das sie gar nicht lange nachdenken.
Der in Berlin lehrende moldavische Archäologe Blagoje Govedarica spricht 2010/11 von der "Kultur der Zepterträger" im Nordschwarzmeer-Raum (5):
In
der materiellen Kultur der Zepterträger sind balkanische Importe
(Kupfer, Gold, Gumelniţa/Varna-Gefäße) und einige Cucuteni-Tripolje
Elemente, wie Keramik des Cucuteni A-Typs aus Căinari, vorhanden. Auf
die Beziehungen mit dem letztgenannten Kulturkreis weisen die zoomorphen
Zepter der Suvorovo-Phase auf, die sowohl in den Zepterträger-Gräbern
als auch in den Cucuteni A3-4/Tripolje B1 Siedlungen vorkommen, wovon
sie sich weiter nach Osten bis zum Wolga und Kaukasus und nach Süden bis
zum Pelagonien ausgebreitet haben.
Pelagonien ist eine andere Bezeichnung für den Norden Griechenlands. Das ist eine genau gegensätzliche Interpretation zu der von Valentin Dergachev. Das brauchen wir aber hier nicht weiter beachten. Wir formulieren das für uns um und sagen:
... wohin sie sich von Osten, von der Wolga und dem Kaukasus nach Süden bis
Pelagonien ausgebreitet haben.
Und wir halten fest: Aha, der Norden Griechenlands muß auch berücksichtigt werden für diese Zeit. Govedarcia schreibt weiter (5):
Es
ist kein Zufall, daß die ältesten Gräber dieses Typs im Umkreis der
Bolgrad-Aldeni-Kultur auftauchen (Giurgiuleşti). In gleicher
Umgebung liegen die Gräber aus Suvorovo, Casimcea u.a., in
denen führende Persönlichkeiten der jüngeren Zepterträger-Phase
bestattet worden sind.
In
Abbildung 3 sind - offenbar - Gräber von Zepter-Trägern mit schwarzen Punkten eingetragen in ihrem räumleichen Verhältnis zu der seßhaften Karanowo-Kultur im Raum der Unteren Donau.
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Abb. 3: Die (jüngere) Suworowo-Phase der Zepter-Träger (aus: 5)
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Das heißt genauer, in Siebenbürgen (Abb. 3: 12), an der Theiß (Abb. 3: 12), sowie an der Donaumündung (Abb. 3: 4, 5) und am Unterlauf von Sereth und Pruth (Abb. 3: 2, 1). Gordevacia versucht möglichst wenig wertend von einer "Symbiose" zwischen den Zepter-Trägern und der bäuerlichen "Kodjadermen-Gumelniţa-Karanovo"-Kultur ("KGK-Kultur") zu sprechen. In der Erläuterung zu Abbildung 3 schreibt er (5):
Territoriale
Symbiose der Suvorovo-Phase der Zepterträger und des KGK VI-Komplexes
(rote Punkte). 1 Fălciu; 2 Fundeni-Lungoţi; 3 Novoselskaja; 4 Suvorovo; 5
Casimcea; 6 Kjulevča; 7 Reka Devnja; 8 Drama; 9 Gonova mogila; 10
Reževo; 11–12 abweichend erscheinende Decea-Variante der Zepterträger.
Soweit, was wir von Seiten der Forschung aus der Zeit nach dem Erscheinen von Dergachev's Buch im 2007 zu seinem Inhalt zunächst noch ergänzen können und wollen.
4. Der Budschak als unbesiedelter Durchgangsraum nach Warna
Wenn
man nun noch etwas besser verstehen will, warum ausgerechnet Warna so früh von den Indogermanen hatte erreicht
werden können - fast zeitgleich oder sogar noch früher als die Gegend
von Grosny am Kaukasus (6), mag es sinnvoll sein, sich eine Karte der
Siedlungszentren
der Cucuteni-Tripolje-Kultur anzuschauen (Abb. 6) (4): Die nördliche,
steppenartige Küste des
Schwarzen Meeres - in Bessarabien in der Neuzeit "Budschak" (Wiki) genannt - war von dieser Bauernkultur nur sehr dünn besiedelt.
Hier konnten
sich also die Indogermanen sehr viel schneller und leichter
ausbreiten als in den dichtbesiedelten Gebieten hinter dem Mittellauf des Dnjepr, die weiter nördlich gelegen waren.
Und
so ist es erklärlich, daß sie schon so früh bis nach Warna
hindurchstoßen konnten und dort in die Königsfamilie einheiraten
konnten. Und daß sie von dort aus dann auch Donau-aufwärts bis nach Siebenbürgen und in das Theiß-Becken gelangen konnten. (Wenn sie nicht überhaupt für all diese Wege bevorzugt die Wasserwege benutzt haben sollten.)
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Abb. 4: Das bessarabiendeutsche Dorf Klöstitz (Wiki) - heute Wessela Dolyna, in baumarmer Steppenlandschaft |
Im
Budschak lag auch das Hauptsiedlungsgebiet der
Bessarabiendeutschen ab 1814, deren Ansiedlung daselbst von Württemberg
aus bis 1842 erfolgte in Form von etwa 9000 ursprünglichen Ansiedlern.
Diese haben sich in der Weite der dortigen Landschaft innerhalb von hundert
Jahren bis 1939
auf 93.000 Menschen verzehnfacht. Sie lebten 1939 dort dann in 150 Dörfern.
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Abb. 5: Chwalynsk an der Mittleren Wolga -> Krementschuk am Mittleren Dnjepr -> Warna am Schwarzen Meer -> Grozny am Kaukasus -> Chwalynsk an der Mittleren Wolga -
Der Aktions- und vieleicht auch Kommunikationsraum der ersten Indogermanen 4.500 v. Ztr. bis 3.300 v. Ztr. - Siebenbürgen, das Theißbecken in Ungarn, sowie Nordgriechenland sind dabei noch gar nicht berücksichtigt
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Es
ist schon auffallend und merkwürdig, daß sowohl die Wolgadeutschen
im Osten wie die Bessarabiendeutschen im Süden - und dann auch
noch die Wolhynien-Deutschen und die Bukowina-Deutschen im Norden, sowie die
Siebenbürgen-Deutschen im Westen jeweils in Landschaften
siedelten, die geradezu als "Eckpunkte" des Ausbreitungsgebietes
entweder der Cucuteni-Tripolje-Kultur oder der
Indogermanen im 5. Jahrtaseund v. Ztr. betrachtet werden
können.
6. Der riesige Aktionsraum der Indogermanen im 5. Jahrtausend v. Ztr.
Diese riesigen Aktionsräume darf man sich gerne immer einmal wieder vor Augen führen (Abb. 5). Zumal: Wagenräder als Grabgut kennt die "Majkop-Kultur" im Westkaukasus (erst) ab der Zeit zwischen 3.700 und 3.000 v. Ztr. (Stgen). In einer Grabanlage in Norddeutschland finden sich die frühesten Wagenspuren aus der Zeit um 3.500 v. Ztr. (Stgen).
Aus früherer Zeit sind weder Wagen noch auch domestizierte Pferde (bislang) bekannt. Also auch das Reiten von Pferden, das lange angenommen worden war von Seiten der Forschung für diese Zeit ist keineswegs stichhaltig bewiesen. Vermutlich sind diese Räume also zu Fuß oder mit Fischer- und Handelsschiffen überbrückt worden (Abb. 5). (Dieser Sachverhalt wurde 2017 auch schon eindrucksvoll von Colin Renfrew referiert [23].)
Jedenfalls:
In einem Dreieck mit den Endpunkten: Chwalynsk an der Wolga im Norden,
Grozny am Kaukasus im Südosten und Warna am Westufer des Schwarzen
Meeres im Südwesten bewegte
sich die Geschichte der Indogermanen grob zwischen 4.400 und 3.300 v.
Ztr.. Das sind die folgenden Entfernungen:
- Von Chwalynsk bis Warna sind es 2.300 Kilometer.
- Von Chwalynsk bis Grozny sind es 1.300 Kilometer.
- Von Warna nach Grozny sind es 2.100 Kilometer.
Nachdem schon zwei mit vielfältigen Waffen- und Zepterbeigaben ausgestattete Königsgräber in Bulgarien behandelt worden sind, sei hier zunächst nur noch im Vorübergehen erwähnt, daß für die Zeit 4.400 v. Ztr. auch Nahe des Dorfes Ekaterinovka (Wiki) am Südufer der Wolga unterhalb von Samara - also noch 150 Kilometer nördlich von Chwalynsk - ein Elitengrab oder Fürstengrab entdeckt wurde, das so wie 2.300 Kilometer entfernt in Warna und Giurgiulești zwei Zepter und zwei Streitäxte enthielt (7). Also überall ein sehr ähnliches Bild. Schon 2011 hatten wir hier auf dem Blog geschrieben (St.gen. 2011):
Auffälligerweise geben die Grabfunde Zeugnis von Handeslverbindungen der Warna-Kultur bis an die Wolga, also über den ganzen Raum des Kurgan-Volkes hinweg.
7. Karten raus! Geographie-Stunde!
Nach diesen Vorbemerkungen wollen wir uns nun einigen wichtigeren Inhalten des Buches von Vladimir Dergachev aus dem Jahr 2007 (8) annähern, was um so leichter ist, als ein Teil dieses Inhaltes schon im Jahr 2000 in englischer Sprache veröffentlicht worden ist (9). Das meiste davon kann man sich anhand der vielen Ausbreitungskarten verdeutlichen, die diesen beiden Veröffentlichungen beigegeben sind. Aber auch diese kann man erst verstehen, wenn man sich mit der Geographie des Ausbreitungsraumes der Cucuteni-Tripolje-Kultur vertraut gemacht hat.
"Die Donau kommt vom Schwarzwald her und mündet in das Schwarze Meer." Und: "Iller, Lech, Isar, Inn, fließen rechts zur Donau hin. Wörnitz, Altmühl, Naab und Regen kommen ihr von links entgegen." Das sind die bekannten zwei Merksprüche, mit denen man sich das Flußsystem der Donau innerhalb von Deutschland einprägen kann. Ob unsere Vorfahren, die Indogermanen wohl auch solche Merksprüche besessen haben, um sich die Flußsysteme nördlich des Schwarzen Meeres und rund um die Karpaten einprägen zu können? Und indem wir noch fragen, kommt uns der Refrain aus dem Volkslied "Blankenstein Husar" in den Sinn (Mus):
Hej!
Dunja, Tisza, Drava, Sava,
"Eljen!" rief ich "der Magyar!"
Te-de-rei, te-de-ra, te-de-rei, te-de-ra
Als Blankenstein-Husar.
In diesem Refrain sind die vier Flüsse benannt: Donau, Theiß, Drau und Sava. Von diesen kommt die Theiß von links in die Donau, Drau und Sava kommen von rechts.
Vielleicht gab und gibt es solche Lieder und Merksprüche in vielen Völkern. Wer jedenfalls die Geschichte der Cucuteni-Tripolje-Kultur - und damit einen wichtigen Teil der Geschichte der Urindogermanen - verstehen will, muß sich mit den Flüssen auskennen, von denen das Siedlungsgebiet dieser Kultur durchflossen wird. Da dieses Siedlungsgebiet etwa so groß war wie Deutschland in den Grenzen von 1914, sind das eine ganze Menge Flüsse. Die wichtigsten Flüsse sind diese (Wiki):
- Donau ---- mündet in das Schwarze Meer
- Sereth ---- mündet (von den Ostkarpaten kommend) von links in die Donau
- Pruth ---- mündet (von Moldawien kommend) von links in die Donau
- Kohylnyk ---- mündet in das Schwarze Meer
- Dnjestr ---- mündet in das Schwarze Meer
- Südlicher Bug ---- mündet in das Schwarze Meer
- Inhul ---- mündet von links in den Südlichen Bug
- Inhulez ---- mündet von rechts in den Dnjepr
- Dnjepr ---- mündet in das Schwarze Meer
Hinter Bukarest, der Hauptstadt von Rumänien, kurz vor ihrer Mündung in das Schwarze Meer, biegt die Donau noch einmal nach Norden ab. Von dort eilen ihr die Flüsse der Ostkarpaten zu: der Sereth und der Pruth. Und mit ihnen zusammen mündet sie dann ins Schwarze Meer. Die Republik Moldawien (Bessarabien) liegt zwischen Pruth und Dnjestr. Die Theiß übrigens, ein anderer Fluß aus den Ostkarpaten, "umarmt" die Karpaten von Westen her und mündet schon fünfzig Kilometer nördlich von Belgrad, der Hauptstadt von Serbien, in die Donau. Auch an der Theiß haben wohl schon im 5. Jahrtausend Indogermanen gelebt.
All diese Flüsse und ihre Zuflüsse sind unseren Vorfahren, den Indogermanen, sehr früh vertraut geworden. Sie gehören zu dem Gebiet ihrer ersten Ausbreitungsphase, nämlich der Zeit zwischen 4.500 und 3.900 v. Ztr., jene Zeit, in der sie sich auch schon nach Süden in den Nordkaukausus und nach Norden bis zum Ural ausgebreitet hatten.
Sie haben diese Flüsse natürlich in umgekehrter Reihenfolge kennen gelernt. Während die Menschen der anatolisch-neolithischen Völkergruppe, zu denen auch die Cucuteni-Tripolje-Kultur gehörte, diese Flüsse von Westen nach Osten kennen gelernt haben, so wie sie gerade von uns aufgezählt worden sind.
Auf den Abbildungen der Dergachev-Veröffentlichungen der Jahre 2000 und 2007 (Abb. 7 bis 13) sehen wir ganz links (im Westen) den Sereth. Bei ihm handelt es sich um jenen Fluß, der die Ostkarpaten-Flüsschen sammelt. Er weist deshalb im Osten der Karpathen weit verzweigte Zuflüsse auf. Der Sereth mündet in die Donau. Östlich von ihm fließt der Pruth. Er mündet ebenfalls in die Donau. Noch weiter östlich fließt der Kohylnyk (Wiki). Er mündet in das Schwarze Meer. Weiter östlich folgt der Dnjestr, der insbesondere auf seiner rechten Seite im Mittellauf weit verzweigte Zuflüsse aufweist. Östlich vom Dnjestr folgt der Südliche Bug. Zwischen dem Dnjestr und dem
Südlichen Bug liegt ein vergleichsweise großes Gebiet. Östlich vom Südlichen Bug folgt der Inhul (Wiki), der in den Südlichen Bug (Wiki) mündet. Und östlich vom Inhul folgt der Inhulez (Wiki), der von Norden und von rechts in den Dnjepr mündet. Ganz im Osten folgt dann noch die große Schleife des Dnjepr, der aber in den folgenden Abbildungen nur in seinem im Norden gelegenen Mittelauf zu sehen ist.
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Abb. 6: Die Siedlungen der Cucuteni-Tripolje-Kultur 4.500 bis 3.500 v. Ztr. (aus: 4) |
Auf
der Karte von Abbildung 6 sind die einzelnen Siedlungsregionen der
Cucuteni-Tripolje-Kultur schon benannt (ohne daß man aber die Flußläufe genau erkennen könnte). Diese Siedlungsregionen lagen in Regionen mit guter
Bodenqualität (dunkelgrün) und orientierten sich an dieser. (Das haben schon die Bandkeramiker so getan.)
Wenn man sich das Ausbreitungsgebiet dieser Kultur auf dieser Karte ansieht, bekommt man noch keinen wirklichen Begriff von seiner Ausdehnung. Denn für die meisten Menschen befinden sich in dieser Region nur - soszusagen - nur "böhmische Dörfer". Die Region liegt heute ganz abseits jener Regionen, wo heute "Weltgeschichte" geschieht. Um aber einen Begriff zu geben: Die Entfernung von Odessa am Schwarzen Meer bis Luzk in Wolhynien beträgt 700 Kilometer. Die Entfernung von Trypillja (Tripolje) am Dnjepr (südlich von Kiew) bis Belgrad an der Donau (grob in der Nähe der Mündung des Pruth in die Donau) beträgt 1.200 Kilometer. Man kann dieses Ausbreitungsgebiet also grob mit dem Territorium von Deutschland in den Grenzen von 1914 vergleichen.
Die
Kernregion dieser Kultur sind nun ganz klar die Oberläufe von Sereth und
Pruth (Abb. 6: 6) am Rande der Ostkarparten. Also das Wald- und Hügelland östlich der Karpaten. Weitere Kernregionen sind das Theiß-Becken (im heutigen Ungarn) (Abb. 6: 2) und Siebenbürgen (Abb. 6: 3). Insbesondere von der Kernregion Oberer Sereth/Oberer Pruth aus breitete sich die Cucuteni-Tripolje-Kultur nach fast allen Richtungen hin aus. So Richtung Unterer Sereth und Unterer Pruth nach Süden (Abb. 6: 5). So Richtung Oberer Dnjestr nach Norden (Abb. 6: 8) (dort liegt auch die "Verteba-Höhle", in deren Umfeld man nicht nur reiche Siedlungsfunde machte, sondern auch eines der wenigen Gräberfelder dieser Kultur entdeckte, deren Skelette dann sequenziert werden konnten - siehe unten). So in die Region zwischen Pruth und Dnjestr (Abb. 6: 7) nach Westen.
Von hier aus erfolgte dann die weitere Ausbreitung dieser Kultur in die Region zwischen Dnjestr und Bug (Abb. 6: 9) und an den Mittleren Bug (Abb. 6: 10). Und von hier aus in die Region zwischem Südlichem Bug und Dnjepr (Abb. 6: 13), sowie an den Mittleren Dnjepr selbst (Abb. 6: 12).
Auch noch in die Außenbereiche des so umrissenen Kern-Siedlungs-Gebietes wagten sich Siedlungen hinaus. So nach Süden in das Donau-Tal (Abb. 6: 1), so - zeitweise - nach Osten in Teile des Budschak und der Dobrutscha, also Steppengebiete am Schwarzen Meer (im 19. Jahrhundert Siedlungsgebiete der Bessarabien-Deutschen). So nach Norden nach Wolhynien (Abb. 6: 11) (im 19. Jahrhundert Siedlungsgebiet der Wolhynien-Deutschen), so auch in die Schwarzmeer-Steppe (Abb. 6: 14). Sogar auf der Krim und weit über den Dnjepr hinaus finden sich vereinzelt Siedlungen der Cucuteni-Tripolje-Kultur. Diese Menschen waren also nicht schüchtern und hatten auch keine irgendwie geartete "Angst" vor den Steppen-Kriegern. Denn sonst hätten sie ja nie so expansiv nach Osten ausgreifen können.
8. Wann kam die indogermanische Genetik in die Cucuteni-Tripolje-Kultur?
Seit wann die für 3.500 v. Ztr. festgestellten (3, 4) etwa 15 % indogermanischer Herkunftsanteil in diesem Volk vorhanden gewesen sind, kann einstweilen nur vermutet werden. Hier müssen weitere Sequenzierungen von Skelettfunden abgewartet werden. Beziehungsweise: Vielleicht kann auch genauere Analyse des "Alters" dieses Herkunftsanteils (über Linkage-Disequlibrium-Analyse?) vielleicht die Zahl der Generationen aufzeigen, seit der sich diese 15 % innerhalb dieser Population verbreitet haben. (Große Genabschnitte oder nur kleine Genschnippsel?) Da diese 15 % aber verhältnismäßig gleichmäßig bei allen vier sequenzierten Individuen zu finden sind, könnte man auch vermuten, daß dieser Herkunftsanteil schon einige Jahrhunderte lang in dieser Bevölkerung vorhanden war und sich deshalb einigermaßen gleichmäßig verteilt hatte.
Es sollte in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, daß auch die Mykener nur 20 % indogermanichen (Steppen-)Herkunftsanteil aufwiesen. Ein solcher Anteil kann also mit einer stärkeren oder weniger starken sonstigen kulturellen Umformung einher gehen. Die Cucuteni-Tripolje-Kultur hat sich möglicherweise über viele Jahrhunderte hinweg als sehr "widerständig" erwiesen, mit diesem Herkunftsanteil auch umfangreichere kulturelle Umformungsprozesse einher gehen zu lassen. Aber die Einzelheiten dazu werden künftig sicher noch genauer erforscht werden.
Grundsätzlich ist beim derzeitigen Kenntnisstand eine Einmischung seit 4.500 v. Ztr. denkbar, seit eine vergleichbare ja auch in Warna anzutreffen ist. Auch jeder andere Zeitpunkt zwischen 4.500 v. Ztr. und 3.500 v. Ztr. ist denkbar. Und da sich die Zepter bis Nordgriechenland ausdehnen (siehe unten), mag sogar schon die mykenische Kultur grundsätzlich auf diese erste Ausbreitungsbewegung zurück geführt werden, obwohl auch hier noch viel zu klären ist. Ob es sich also bei den festgestellten kriegerischen Auseinandersetzungen innerhalb dieser Kultur (4) immer nur um solche zwischen indogermanischen Steppen-Kriegern und Bauern handelte oder ob die "Frontlinien" bei diesen Kriegen auch ganz andere gewesen sein können, ist mit all dem noch gar nicht gesagt.
Es ist auch durchaus denkbar, daß diese Kultur mit 15 % indogermanischer Einmischung sehr stabil hätte weiter existieren können, wenn nicht zusätzliche, neue Angriffe und Zuwanderungen von außen dazu gekommen wären in nachfolgenden Jahrhunderten.
Soweit zunächst einmal unsere Vorüberlegungen.
9. Ein neues Volk bildet sich in den Karpaten, 4.900 v. Ztr.
Die Geschichte der Cucuteni-Tripolje-Kultur wird nun in der Regel in fünf Phasen eingeteilt, wobei über eine sehr präzise zeitliche Einordnung jeder dieser fünf Phasen noch keine vollständige Einigkeit in der Forschung scheint hergestellt worden zu sein. (Zumindest nicht im Jahr 2007. Vielleicht ist man diesbezüglich heute schon weiter.)
In der Phase der Neuformierung der Kultur nach dem Untergang der Bandkeramik wurde wieder deutlich mehr Wild gejagt als zuvor (4). Aber dann müssen die Menschen gelernt haben, durch neue Bodenbehandlung die Bodenqualität und damit die Erträge zu verbessern. Wir haben schon 2019 hier auf dem Blog aufgrund der neuesten
archäogenetischen Erkenntnisse geschrieben, daß sich die
westeuropäischen Jäger und Sammler vor Ausbreitung des
Ackerbaus so weit nach Osteuropa ausgebreitet hatten, daß ihre
Nachkommen nach dem Untergang der Bandkeramik um 4.900 v. Ztr. in
Moldawien nicht unbeträchtlich zur Ethnogenese der mittelneolithischen
Cucuteni-Tripolje-Kultur hatten beitragen können, nämlich zu 20 bis 35 % (4).
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Abb. 7: Siedlungen, Pre-Cucuteni-Tripolje A (etwa 4.900-4.300 v. Ztr.) (Dauer: 450 / 500 Jahre) (aus: 8, 9)
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Die ursprünglichsten Siedlungsgebiete der Cucuteni-Tripolje-Kultur liegen also in der ersten Phase ("Pre-Cucuteni-Tripolje A") (4.900-4.300 v. Ztr.) (Dauer: 450 / 500 Jahre) östlich der Karpaten an den Oberläufen von Sereth und Pruth, sowie am Dnjestr (Abb. 7). Ausbreitungsbewegungen sind zu beobachten nach Norden und bis zu den Zuflüssen des Südlichen Bug.
Zwischen 4.500 und 3.900 v. Ztr. erreichte die Bodenqualität im Zeitverlauf ihren Höhepunkt (4). Dieser Zeitabschnitt ist die Zeit größten wirtschaftlichen Wohlstandes und Reichtums in der Cucuteni-Tripolje-Kultur. Dieser Reichtum lockte - vermutlich - die kriegerischen Kulturen der Indogermanen vom
Mittel- und Unterlauf der Wolga, sowie vom Don und von der Nordschwarzmeer-Steppe aus an, die sich in jenem Raum Richtung Süden und Westen ausbreiteten. Pfeilspitzen-Funde ("arrow
caches") in den Siedlungen der Cucuteni-Tripolje-Kultur, die ein Hinweis auf die jeweilige Intensität kriegerischer
Ereignisse sind, zeigen schon um 4.400 v. Ztr. einen ersten
Höhepunkt (4). Weitere Höhepunkte folgen in den nachfolgenden Jahrhunderten
bis 4.000 v. Ztr..
Warum sollte nicht dies der Zeitraum sein, in der sich die 15 % indogermanischer Herkunftsanteil eingemischt haben in die Cucuteni-Tripolje-Kultur? Das würde heißen, daß dieser Herkunftsanteil schon am Ende der ersten Phase dieser Kultur in diese hinein gelangt ist, nämlich auf dem Höhepunkt ihrer Blüte.
Es ist das die Zeit (4.400 v. Ztr.), in der an der Einmündung des Pruth in die Donau - bei Giurgiulești - ein indogermanischer König begraben wurde (siehe oben). Dort könnte sich der Herrschaftssitz eines Reiches befunden haben, das sich vom Pruth ostwärts bis zum Kohylnyk und bis zur Mündung des Dnjestr erstreckt hat. Dieses Reich kann man sich gut als zweitweise im Kriegszustand befindlich vorstellen mit der Bauernkultur im Norden.
10. Ein Massengrab im heutigen Kroatien, 4.200 v. Ztr.
Nachtrag (31.5.21): Was in dieser Zeit immerhin möglich war, wird durch ein Massengrab aus der Zeit um 4.200 v. Ztr. mit 41 Männern, Frauen und Kindern in Potočani in Kroatien - 140 Kilometer westlich der Donau in einem Seitental der Drau - deutlich. Deren Skelette sind jüngst archäogenetisch durch eine Arbeitsgruppe um David Reich analysiert worden (22). Die hier verscharrten ermordeten, nur wenig enger familiär miteinander verwandten Menschen werden der örtlichen Lasnija-Kultur zugerechnet, die aus der Lengyel-Kultur hervorgegangen war. Sie gehörten genetisch und kulturell zur anatolisch-neolithischen Völkergruppe und wiesen eine Einmischung von 9 % westeuropäischer Jäger-Sammler-Genetik auf (22). Das könnte ein Hinweis sein, daß sie aus Norden zugewanderte Nachkommen der Bandkeramiker waren, die ein sehr ähnliches genetisches Profil aufgewiesen haben. Dieses unterscheidet sich ja - beispielsweise - von dem der Menschen der Cucuteni-Tripolje-Kultur oder anderer mittelneolithischer Kulturen in Mitteleuropa - sehr deutlich. Hinweise auf Steppen-Genetik sind bei diesen Erschlagenen in keiner Weise zu finden (22.) Dieser Umstand schließt natürlich nicht aus, daß die Täter der Morde Träger dieser Genetik gewesen sind oder Verbündete oder Untergebene der Träger dieser Genetik. Zu den historischen Entwicklungen in dieser Region allgemein wird festgehalten (22):
Die Lasinja-Kultur (...) bildete sich in einer Epoche heraus, in der wirtschaftliche und soziale Veränderungen auftraten vornehmlich durch eine Serie von Impulsen, die gewissermaßen von der lokalen neolithische Bevölkerung "inspiriert" waren. Einer der möglichen Gründe ist das Anwachsen der Zahl der Rinder, die einen häufigeren Lebensraum-Wechsel erforderlich machten, nachdem die Rinder die Weiden rund um die Siedlungen abgegrast hatten. (...) Die Rinderhaltung spielte eine wichtige, sogar dominante Rolle im Leben dieser Menschen. Die größere Mobilität führte zu besserer und umfangreicherer Kommunikation zwischen unterschiedlichen kulturellen Gruppen. Ein wichtiger Faktor, der all diese Ereignisse beeinflußte, war der Rückgang und das Verschwinden der Vinča-Kultur.
The Lasinja culture belongs to the Copper Age, a period when economic and social changes occurred primarily due to a series of impulses that in some way were “inspired” by the local Neolithic populations [27–30]. One of the possible reasons is the increase in the number of cattle which requires more frequent habitat changes after cattle deplete the pastures around the settlement. The importance of cattle for the Lasinja people is confirmed by zooarchaeological records suggesting that cattle husbandry played a significant, even dominant, role in peoples’ lives [31, 32]. The greater mobility probably also led to better and greater communication between different cultural groups. An important factor influencing all these events is the waning and disappearance of the Vinča culture.
Die extensivere Weide-Wirtschaft hat ja in dieser Zeit auch in der Cucuteni-Tripolje-Kultur zugenommen. - Und um das noch einmal klar zu stellen: Um 5.700 v. Ztr. hatte sich die Starcevö-Körös-Kultur im Wiener Becken zur Bandkeramik ausgeformt, während sie sich weiter südlich zur Vinča-Kultur (5.700 bis 4.600 v. Ztr.) (Wiki, engl) umgeformt hat, die ihre Siedlungsdichte noch gesteigert hatte. Die Vinča-Kultur war rund um das heutige Serbien verbreitet. Sie hat den Untergang der Bandkeramik um 4.900 v. Ztr. scheinbar unbeschadet überstanden. Um 4.200 v. Ztr. ist sie aber untergangen - nach Marija Gimbutas infolge der indogermanischen "Invasion".
Die Tatsache, daß die Ermordeten so wenig enger familiär miteinander verwandt gewesen sind, ist vermutlich ein Hinweis darauf, daß bei den hier vorliegenden Siedlungsdichten das engere Verwandtschaftsprinzip für die Organisation und das Zusammenleben der Menschengruppen nicht mehr die einzige und ausschlaggebende Rolle gespielt hat. Es könnte ein Hinweis darauf sein, daß wir uns auch hier im Übergangsfeld der Lebensformen "Dorf" und "Stadt" (Großsiedlung) bewegen.
11. Die Cucuteni-Tripolje-Kultur entwickelt sich ihrem Höhepunkt entgegen
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Abb. 8: Cucuteni A-Tripolje B1 (4300-4100 v. Ztr.) (Dauer: 200 Jahre) (aus: 8, 9) |
In
der zweiten Phase ("Cucuteni A-Tripolje B1") (4300-4100 v. Ztr.)
(Dauer: 200 Jahre nach Mantu 1998) verdichten sich die Siedlungen
insbesondere zwischen Sereth und Pruth massiv (Abb. 8). Auch am Dnjestr
werden die Siedlungen häufiger. Die wenigen Siedlungen an seinen
Zuflüssen verteilen sich neu.
Ergänzung 24.1.22: In dieser Zeit (4.500 bis 4.100 v. Ztr.) wurde der (2021 gefundene) "Condrița-Hort" niedergelegt, und zwar in den südlichen Ausläufern des Siedlungsgebietes der Cucuteni-Tripolje-Kultur (26): Eine kupferne Streitaxt neben einem Keramikgefäß, das mit steinernen Pfeilspitzen, einer Halskette, betehend aus Kupferringen, weiterem Kupfer-Schmuck (Spiralbändern) und zwei Goldschmuckstücken (Fingerring, Armring) gefüllt war. Vladimir Dergachev veröffentlicht diesen Hort-Fund gemeinsam mit einem Koautor (26). Von solchen Metall-Horten hat man aus dieser Zeitstellung bislang 19 verschiedene gefunden, alle verteilt über den Randbereich der östlichen Karpaten (26, S. 27).
Ähnliche Hammeräxte wie eine solche sich im Condrita-Hort gefunden hat, hat man auch in Warna und in Siebenbürgen gefunden (26, S. 29, 33). Vergleichbare Spiralarmbänder finden sich im gesamten Bereich der Cucuteni-Triploje-Kultur dieser Zeit ebenso wie in der Nordschwarzmeer-Steppe. Diesselbe geographische Verbreitung weisen Halsketten aus Kupferringen auf (26, S. 42). Ebenso kleine anthropomorphe Metall-Plättchen (Götterdarstellungen?). Ebenso knopfartige Metallgegenstände, für die es parallele Stücke aus gebranntem Ton gibt. Insgesamt wird der Condrița-Hort auf 4.500 bis 4.100 v. Ztr. datiert (26, S. 61):
Ein unerwartetes Ergebnis dieser Unterschung war, daß typische Erzeugnisse der Cucuteni A-Tripolje B1-Kultur ebenso charakteristisch sind für Fundorte vom Typ Csongrád-Suvorovo-Novodanilovka, die die erste Welte der osteuropäischen Steppenpopulationen repräsentieren, die in die Gebiete der alten bäuerlichen Kulturen der Karapaten-Donau-Region eindrangen. (...) Fundorte vom Typ Csongrád-Suvorovo-Novodanilovka weisen viele typische Cucuteni-Tripolje-Gegenstände auf.
An unexpected result of the study was that products typical of the Cucuteni A-Tripolye BI culture are also characteristic of the sites of the Csongrád-Suvorovo-Novodanilovka type, representing the first wave of the Eastern European steppe population that penetrated the area of ancient agricultural cultures of the Carpathian-Danube region. As follows from the summary data centered in Fig. 44, sites of the Csongrád-Suvorovo-Novodanilovka type have a lot of typical Cucuteni-Tripolye items.
Auch die Zusammensetzung der Horte wäre in beiden kulturellen Bereichen (bäuerlich - Steppe) vergleichbar. Dergachev und Koautor fragen:
Wenn wir zugestehen, daß alle diese Gegenstände Erzeugnisse der Schmiede der Cucuteni-Tripolje-Kultur waren - wie können wir erklären, daß die Hälfte von ihnen im Besitz der Steppen-Populationen waren vom Typ Csongrád-Suvorovo-Novodanilovka? Ergab sich dies aus friedlichen Handelsbeziehungen oder aus Raubzügen? Manche dieser Gegenstände werden innerhalb der Cucuteni-Tripolje-Kultur auch in nachfolegnden Jahrhunderten gefunden, nicht jedoch in der Steppe. Am Ende der Cucuteni-Tripolje-Kultur änderte sich die Zusammensetzung der Funde sehr deutlich aufgrund des Einflusses der Maikop-Kultur und ihrer Bronzeerzeugnisse (26, S. 61).
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Abb. 9: Cucuteni AB-Tripolje B2 (4100-3600 v. Ztr.) (Dauer: 300 Jahre) (aus: 8, 9) |
In
der dritten Phase ("Cucuteni AB-Tripolje B2") (4100-3600 v. Ztr.)
(Dauer: 300 Jahre nach Mantu 1998) ist die Dichte und Häufigkeit der
Siedlungen an Sereth und Pruth plötzlich viel weniger groß (Abb. 9). Es
gibt Häufungen zwischen Pruth und Dnjestr. Insbesondere aber breiten
sich Siedlungen im Osten über die Zuflüsse des Südlichen Bug bis an den
Mittellauf des Dnjepr aus. Man könnte hier denken, daß Steppenvölker von
Süden aus zwischen Pruth und Dnjestr nach Norden vorgestoßen sind.
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Abb. 10: Cucuteni B-Tripolje C1 (3600-3200 v. Ztr.) (Dauer: 350 Jahre) (aus: 8, 9) |
In der vierten Phase ("Cucuteni B-Tripolje C1") (3600-3200 v. Ztr.) (Dauer: 350 Jahre nach Mantu 1998) gibt es kaum noch Siedlungen zwischen Pruth und Dnjestr (Abb. 10). Haben in diesem Raum die Indogermanen die alleinige Herrschaft übernommen? Die Siedlungen konzentrieren sich westlich des Pruth und an den Zuflüssen des Sereth. Allerdings werden die Siedlungen zwischen den Zuflüssen des Südlichen Bug und dem Mittellauf des Dnjepr häufiger. Es gibt geradezu eine Siedlungskonzentration am westlichen Mittellauf des Dnjepr.
12. In der Verteba-Höhle am Oberlauf des Dnjestr, 3.500 v. Ztr.
In dieser Zeit nun lebten jene vier Menschen, deren Skelette hatten sequenziert werden können (4). Zum einen jene, die in der Verteba-Höhle gefunden worden sind. Diese liegt nahe des Dorfes Biltsche-Solote (Wiki, engl), gelegen an einem linken Zufluß des Dnjestr an dessen Oberlauf, nämlich am Seret (Wiki)
(ohne "th"!). Der Ort liegt am Rande der nordöstlichen Karpaten, 200 Kilometer südöstlich von
Lemberg, 500 Kilometer nördlich von Odessa. Dieser Ort gehörte - als Teil Ostpolens bis 1772 zur Adelsrepublik Polen,
dann bis 1918 zu Österreich, bis 1939 zu Polen und seither gehört diese Gegend zur Ukraine.
Wir lesen auf Wikipedia (Wiki):
Während
einer Ausgrabung (...) stießen Arbeiter 1884 auf Ruinen einer
prähistorischen Siedlung nahe dem Ausgang der Verteba-Höhle. Über die
Jahre wurden mehr als 300 intakte Keramik-Behälter aus dem Höhlenboden
und aus dem Bereich der neolithischen Siedlung (vor der Höhle)
ausgegraben, die acht Hektar umfaßte. (...) Siedlungsaktivitäten gab es zwischen 4.440 und 4.100 v. Ztr., sowie zwischen 3.800 und 3.300 v. Ztr. (...) von bis zu 15.000 Einwohnern. (...) Sie ließen eine große Zahl von Tonfigurinen zurück, von denen viele als Muttergottheiten angesehen werden. (...) Am Beginn der Bronzezeit verschwand diese Kultur. (...)
Die
Archäologen entdeckten hier eines der wenigen Gräberfelder der
Cucuteni-Tripolje-Kultur, das fast 120 Individuen enthielt. (...)
Original: During
a mundane excavation on the Sapyehy estate in 1884, workers stumbled
upon the buried ruins of a prehistoric settlement near the mouth of the
Verteba cave. Over the years, more than 300 intact ceramic containers
have been unearthed from the floor of the cave and this Neolithic era
settlement, which encompasses a total of 8 hectares (20 acres).
Archaeologists identified the artifacts as belonging to the
Cucuteni-Trypillian culture, with evidence of two separate periods of
settlement activity dating from 4440-4100 B.C. and 3800-3300 B.C. The
members of this society plowed their farms, raised livestock, hunted and
fished, created textiles, and developed a beautiful and highly refined
style of pottery with very intricate designs. Their settlements, which
with up to 15,000 inhabitants were among the largest on earth at the
time, were built in oval or circular layouts, with concentric rows of
houses that were interconnected to form rings around the center of the
community, where often a sanctuary building would be found. They left
behind a large number of clay figurines, many of which are regarded as
Mother goddess fetishes. (...)
At
the beginning of the Bronze Age their culture disappeared (...)
possibly as a result of invaders coming from the Steppes to the east.
Over the years there have been a number of major archaeological
explorations of this site, starting with excavations from 1889-1891 by
Edward Pawłowicz and Gotfryd Ossowski. In 1898 Włodzimierz
Demetrykiewicz conducted an excavation and analysis. In 1952 and 1956 V.
N. Eravets, I. E. Svyshnikov, and G. M. Vlasova resumed the exploration
of the site, which had been neglected during the turbulent first half
of the 20th Century. Recently, in 2000, M. Sohatskyy conducted further
excavations of the site.
The
evidence from the discoveries revealed that there had been a gap
between when the settlement was occupied. The more recent settlement
yielded ceramic finds that connected it to the Shypynetsk group
(Ukrainian: шипинецької групи), a sub-group of the Cucuteni-Trypillian
culture that flourished in this region during the later Neolithic. Along
with the intact ceramic containers unearthed in the cave,
archaeologists have also found more than 35,000 clay fragments,
including many of the famous Cucuteni-Trypillian goddess figurines, 200
pieces of bone and antler remains, and an additional 300 tools and other
objects crafted from bone and stone, including flint implements, bone
awls, and a few small copper artifacts.
Perhaps
most importantly, archaeologists discovered one of the few burial sites
of the Cucuteni-Trypillian culture at this site, amounting to almost
120 individuals. One of the most famous artifacts from the
Cucuteni-Trypillian culture was found at Bilche-Zolote by the first team
of archaeologists in the 1890s: a bone plate from about 3500 B.C. was
found inside the Verteba cave, which was incised with a beautiful
silhouette of a Mother goddess, and which became one of the most
recognized symbols of this culture.
An
diesem Ort wurden also nun um 3.500 v. Ztr. Menschen begraben, deren Vorfahren
sich wohl mindestens hundert Jahre früher - aber vermutlich noch früher - mit
Menschen aus der Steppe vermischt hatten. Und dies dürfte einstweilen als repräsentativ angesehen werden für den gesamten Raum dieser Kultur, zumindest östlich der Karpaten.
150 Kilometer flußabwärts findet sich die Ortschaft Pocrovca (Wiki). Sie liegt zwei Kilometer westlich des Dnjestr (350 Kilometer nördlich
von Odessa). Hier wies ein sequenziertes Skelett - grob gesagt - wiederum 50 %
Bandkeramik-, 35 % westliche Jäger-Sammler- und 15 % Steppenherkunft
auf (4).
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Abb. 11: Horodiste-Foltesti-Tripolje C2 (3200-2750 v. Ztr.) (Dauer: 350 Jahre) (aus: 8, 9) |
In der fünften Phase ("Horodiste-Foltesti-Tripolje C2") (3200-2750 v. Ztr.) (Dauer: 350 Jahre nach Mantu 1998) verteilen sich die Siedlungen vor allem auf beiden Ufern des Dnjestr, ebenso des Pruth, in der Donau-Mündung aber auch am Mittelauf des Dnjepr (Abb. 11). Es ist dies klar die Phase, in der diese Kultur verstärkt auf extensiverer Weidewirtschaft beruhte anstelle von intensivem Ackerbau (4). Deshalb sind nun auch Steppengebiete mit einbezogen in jene Gebiete, in denen sich feste Siedlungen befanden.
13. Anzeichen für kriegerische Ereignisse, ab. 4.300 v. Ztr.
Soweit also die ersten Reihe von Ausbreitungskarten, die Dergachev 2000 und 2007 bringt (8, 9). Es folgt in seinen Veröffentlichungen dann eine zweite Reihe, in denen er sich mit einer Untergruppe dieser Siedlungen beschäftigt, nämlich mit den befestigten Siedlungen. Diese finden sich am häufigsten in der zweiten Phase, also in der Phase der heftigsten kriegerischen Auseinandersetzungen in dieser Kultur, und zwar vor allem über die Flußläufe Sereth und Pruth hinweg verteilt, also im Kernraum dieser Kultur, nicht in ihren Randgebieten (wie beispielsweise um 5000 v. Ztr. bei den Bandkeramikern!).
Womöglich darf dies doch als ein deutliches Zeichen dafür gesehen werden, daß es sich mehr um interne Auseinandersetzungen handelte als um externe (- ?).
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Abb. 12: Häufigkeit der Pfeilspitz-Funde in der zweiten, der Cucuteni A-Tripolje B1-Phase (aus: 8, 9) |
Freilich konnten - gerade in dieser Zeit - Indogermanen als Söldner allerwärts in die Heere der Cucuteni-Tripolje-Kultur eingegliedert worden sein und sich so auch mit der ansässigen Bevölkerung vermischt haben. Das wäre eine der zwanglosesten Erklärungen. Und in einigen Siedlungsgebieten könnten sich Söldnerführer zu Fürsten der Region aufgeschwungen haben, also zu "Zepter-Trägern" (siehe unten).
Die größte Häufigkeit von Pfeilspitzen, die Dergachev als indogermanisch interpretiert, finden sich am Oberlauf des Pruth (Abb. 12), also am Ende des sich in der Folgezeit entleerenden Gebietes zwischen Pruth und Dnjestr. Womöglich könnte dies als ein Hinweis auf eine Auseinandersetzung mit extrenen Feinden, also mit Steppenbewohnern interpretiert werden, die die Landschaft zwischen Pruth und Dnjestr in der Folgezeit für sich beanspruchten, ohne aber sonst sonderlich viel Einfluß auf die sich ansonsten prosperierend weiterentwickelnde Geschichte der Bauernkultur zu nehmen.
Auch am Mittellauf des Südlichen Bug sehen wir viele Funde von Pfeilspitzen (Abb. 12). Auch in jenem Raum sehen wir in der nachfolgenden Epoche keine bäuerlichen Siedlungen mehr. Auch dort also womöglich ein ähnliches Bild.
14. "Visitenkarten" eines neuen Volkes
Insgesamt macht es vielleicht Sinn, daran zu erinnern, daß sich indogermanische Kultur und Genetik um 4.500 v. Ztr. auch ähnlich verbreitet haben kann wie sich die Kultur und und Genetik der Wikinger 5.500 Jahre später in Osteuropa ausbreiten sollte (21). Nach der ersten Generation des Zureisens der Wikinger kam es zu "Einheiraten" in die lokale, örtliche Bevölkerung (vermutlich vor allem den Hochadel). Und die nachfolgenden Generationen, die kulturelle Elemente der Wikinger weiter pflegten, trugen immer kleinere genetische Anteile dieser Vorfahrengruppe in sich (21). Und in jeder Region hat diese Einmischung, dieses Einheiraten in anderer Weise auf die Gestaltung der nachfolgenden Kultur Einfluß genommen (genetisch, sprachlich und so weiter).
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Abb. 13: Funden innerhalb der Cucuteni-Tripolje-Kultur, die Merkmale von Steppen-Herkunft aufweisen: 1-schematische Zepter, 2-realistische Zepter, 3-Suworowo-Zepter, 4-Kreuzförmige Steinbeile des Mariupol-Typs, 5- (9, S. 308)
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Um jedenfalls seine "Geschichte", seine Deutung der Befunde abzuschließen und abzurunden, bringt Dergachev dann abschließend eine Verbreitungskarte von Funden innerhalb der Cucuteni-Tripolje-Kultur, die Merkmale von Steppen-Herkunft aufweisen (Abb. 13), und die ja durchaus - wie bei den Wikingern - nicht nur von Menschen reiner Steppen-Genetik besessen worden sein müssen. Diese Verbreitungskarte ist durchaus sehr spannend. Sie ergänzt sich natürlich mit der oben gebrachten Abbildung 3. Die Erläuterung lautet (8, S. 56):
Funde von Gegenständen der osteuropäischen Steppen-Kultur im Bereich der Сuсuteni-Tripolje-Kultur: 1 - Schematische Zepter (1 - Mogoshesti, 2 - Ruginoasa, 3 - Birllesti, 4 - Obsheni, 5 - Jora de Sus, 6 - Berezovskaya HPP); 2 - Realistische Zepter (7 - Fedelesheni, 8 - Fitionesti, 9 Ариушд); 3 - Suworowo-Zepter (10 - Суворово); 4 - Kreuzförmige Steinbeile vom Typ Mariupol
(3 - Birllesht, 6 - Berezovskaya HPP, 11 - Radoaya, 12 - Veremye); 5 -
Verbreitungsgebiet der Cucuteni-Tripolye-Kultur in Epoche B1; 6 -
Verbreitungsgebiet der Cucuteni-Tripolje-Kultur in Epoche B2.
Die Phase B1 wird auf 4.500 bis 4.200 v. Ztr. datiert, die Phase B2 auf 4.200 bis 3.500 v. Ztr. (Wiki). Von den ursprünglicheren "schematischen" Zeptern finden sich nach dieser Abbildung drei am Oberlauf des Sereth und drei am Unterlauf des Pruth, einer am Dnjestr und einer am Mittellauf des Südlichen Bug - hier ausgerechnet dort, wo - siehe oben - viele Pfeilspitzen-Funde gemacht worden sind. Auch sonst paßt diese Karte gut zu jenen Gebieten, wo man viele Pfeilspitzen-Funde gemacht hat.
Die "realistischen Zepter" hingegen finden sich im Gebiet um Warna (Suworowo) und in Siebenbürgen. Dieser Umstand legt es nahe, daß diese Zepter sich im Umfeld der Warna-Kultur und im Umfeld Siebenbürgens anders weiter entwickelt haben als weiter östlich. In Warna war ja auch der Wohlstand - offensichtlich - viel größer als sonst in dieser Zeit. Oder aber dieser Umstand legt nahe, daß diese Zepter eine spätere Phase in der Entwicklung dieser Zepter, bzw. der Kultur vor Ort wiederspiegeln. Es werden hier noch viele offene Fragen deutlich.
Denn insgesamt ist ja zu sagen, daß die meisten Zepter-Funde Einzelfunde sind, die schwer einem spezifischen kulturellen Kontext zugeordnet werden können, weshalb sie - bislang - auch schwer genauer zu datieren waren.
15. Die Zepter-Träger der Ilias, 900 v. Ztr.
Eine der bekanntesten Ausbreitungsbewegungen einer Kultur und eines Volkes ist die "Griechische Kolonisation" vom 11. bis zum 6. Jahrhundert v. Ztr. (Wiki) in der Ägäis, im Schwarzen Meer, in Süditalien und an den Küsten Spaniens, Frankreichs und Nordafrikas. Als weitere Ausbreitung griechischer Kultur folgte der Hellenismus von 336 bis 30 v. Ztr. (Wiki), die eine Ausbreitung der griechischen Kultur bis zum Indus und bis zum Indischen Ozean mit sich brachte.
Sowohl in der frühesten Zeit der Indogermanen wie noch in der mykenischen Zeit von Griechenland gab es nun - wer sollte das meinen?! - "Zepterträger". Die räumliche Verteilung der Zepter-Träger im mykenischen Griechenland ist in Abbildung 14 wiedergegeben. Bei diesen Zepter-Trägern handelt es sich um einige der berühmtesten Helden der Weltgeschichte.
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Abb. 14:
Die Räumliche Verteilung der Zepter-Träger, die sich zur Belagerung
vor Troja versammelten (nach der Ilias des Homer) (8, S. 188)**)
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Es handelt sich um die Herrschersitze des Großkönigs Agamemnon, um Nestor, Diomedes, Ajax, Odysseus, Achill oder Patroklos. Wenn man von diesen - vermutlich doch historischen - Zepter-Trägern um 1.000 v. Ztr. zurück "extrapoliert" zu den Zepter-Trägern der indogermanischen Chwalynsk-Kultur an der Mittleren Wolga, die sich innerhalb von Jahrhunderten von Chwalynsk aus bis zum Unterlauf des Don, bis zum Kaukasus, bis zur Donaumündung, bis in die Ostkarpaten und bis nach Siebenbürgen ausbreiteten, dann erhält man vielleicht eine etwas konkretere Vorstellung sowohl von der etwaigen Sozialstruktur wie auch von der Dynamik jenes Geschehens, das fast fünftausend Jahre früher lag.
So wie griechische Stämme der mykenischen Zeit - und natürlich mehr noch danach - Kolonie-Städte gründeten außerhalb von Attika und der Pelopones und diesen Könige gaben, so konnten natürlich auch die Könige der Chwalynsk-Kultur an der Mittleren Wolga Kolonien gründen am Don, an der Unteren Wolga, am Ufer des Kaspischen Meeres, am Ufer des Asowschen Meeres, an den Ufern des Schwarzen Meeres, an der Donau-Mündung. Und diese Könige und Zepter-Träger konnten gut und gerne auch in die Königsfamilie von Warna einheiraten.
Und solche Zepterträger konnten samt ihrer Waffenträger natürlich gut und gerne auch zur Belagerung irgendeiner großen Stadt zusammen kommen - so wie noch fünftausend Jahre später von Homer geschildert. Aber es konnte natürlich auch ausreichend "Streit" und "Zorn" zwischen ihnen geben - so wie ebenfalls von Homer geschildert.
16. Das Vordringen der Indogermanen bis in die Ungarische Tiefebene
Dergachev schreibt weiter über das Verbreitungsgebiet dieser Zepter (9, S. 259f):
Die
Annahme einer ersten Ausbreitungs-Welle zu akzeptieren, erweist sich
als schwieriger. Denn diese war nicht eben so leicht zu belegen. Das
Problem ist, daß die infrage kommenden spätneolithischen Gräber-Komplexe
vereinzelt waren und blieben, und daß es sie an der westlichen Küste
des Schwarzen Meeres gar nicht gab. Mehr noch, alle waren über große
Entfernungen hinweg verteilt voneinander (Cainari im Mittleren
Moldavien; Casimcea und Suworowo nahe der Mündung der Donau; Deccea
Mureşului im mittleren Siebenbürgen; Csongrád an der Unteren Theiß).
(...) Eine ganze Reihe von spezifischen Fundkategorien wie
Tierkopf-(Pferdekopf-)Zepter, kreuzförmige Mariupol-artige Streitäxte
(...) und andere spielten eine wichtige Rolle darin, die Theorie von der
Ausbreitungswelle zu unterstützen. Bei den Zeptern jedoch handelt es
sich zum Beispiel meistens um Zufallsfunde ohne eindeutigen
archäologischen Kontext.
Acceptance of the first wave of
steppe migrations proved more difficult as it was not so well
substaniated. The problem is that the Eneolithic burial complexes in
question were and still remained solitary, excluding the western Black
Sea coast. Moreover, all of them are scattered and situated at
considerable distances from each other (Cainari in central Moldava;
Casimcea and Suvorovo near the mouth of the Danube; Deccea Mureşului in
central Transylvania; Csongrád on the Lower Tisza). (...) The scepters,
for example, represent mostly chance finds without clear archaeological
contexts.
Der hier erwähnte Verbreitungsraum erstreckte sich, so schreibt Dergachev weiter, sogar bis zur Oberen Theiß (Tisza) (Abb. 15).
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Abb. 15: Der Verlauf der Theiß, bzw. der Tisza - Von den Waldkapraten (in der Ukraine) quer durch die ungarische Tiefebene nach Serbien und in die Donau, 50 Kilometer nördlich von Belgrad (Wiki)
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Auch hier erscheint es notwendig, sich zunächst mit den genannten Ortsbezeichnungen vertrauter zu machen. Bei der Ortbezeichnung "Decea Mureşului" handelt es sich um zwei - fünf Kilometer voneinander entfernt gelegene - Dörfer im Mieresch-Tal (Rumänisch Mureș) im Südwesten des Siebenbürgenschen Beckens (s. Abb. 15). Sie liegen sieben Kilometer nördlich der einstmals von Siebenbürger Sachsen gegründeten Stadt Straßburg am Mieresch (Wiki).
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Abb. 16: Vierseitiges Steinaxt-Zepter von Decea in Siebenbürgen (Wiki)
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Rund um die Dörfer Decea und Mireslau (Wiki) sind nun vielfältige archäologische Entdeckungen gemacht worden. Nach "Decea Mireslau" ist deshalb eine ganze Kultur benannt worden (Wiki). Insbesondere wurde in Decea aber ein eindrucksvolles vierseites Steinaxt-Zepter gefunden (s. Abb. 16), das natürlich einem Zepter-Träger zuzuordnen ist. Zwar gab es noch bis vor wenigen Jahren Archäologen, die - gegen die Ausbreitungs-Theorie von Marija Gimbutas - diese Kultur als eine einheimisch entstandene erklären wollten (der moldawische Archäologe Gorvedacia und viele andere). Über die anderen Archäologen lesen wir auf Wikipedia dann aber (Wiki):
Für sie sind die Gräber bei Decea Mireslau (...) ein stichhaltiger Beweis für das Eindringen nordpontischer Populationen nach Siebenbürgen. Die Streuung von rotem Ocker über den Skeletten oder die Niederlegung von Ocker in Form von kleinen Bällen zu ihren Füßen, ebenso wie andere Grabrituale finden die besseren Entsprechungen in den Gräberfeldern von Mariupol in der Südukraine.
The graves at Decea Mureşului (...) they are hard proof of the penetration of central Transylvania by a north-Pontic population. The presence of red ochre scattered over the skeletons, or laid at their feet in the form of little balls, as well as other ritual elements find better analogies, however, in the necropolis at Mariopol in south Ukraine.
Die Entfernung zwischen Decea und Mariupol beträgt 1.300 Kilometer. Das weiterhin hier erwähnte Csongrád an der Unteren Theiß (Wiki) liegt 360 Kilometer westlich von Decea mitten in der Großen Ungarischen Tiefebene (Wiki), und zwar 60 Kilometer nördlich von Szeged an der Unteren Theiß, 200 Kilometer nördlich der Mündung der Theiß in die Donau. Csongrád liegt 900 Kilometer nordwestlich von Warna und 1.600 Kilometer westlich von Mariupol am Nordufer des Asowschen Meeres.
Die in Csongrád beheimateten, seßhaften Bauern der Theiß-Kultur (Wiki) waren um 4.900 v. Ztr. hervorgegagen aus dem Zerfall der Kultur der Bandkeramik. Ähnliche, verwandte Kulturen in diesem Raum, die aus dem Zerfall der Bandkeramik hervorgegangen waren, war die Lengyel-Kultur weiter im Westen. Hier waren die Indogermanen schon in Bereiche vorgestoßen, innerhalb derer sich um 3.200 v. Ztr. herum die Glockenbecher- und die Schnurkeramik-Kultur bilden sollte. Aber über liegt noch mancherlei geheimnisvolles Dunkel. Sie soll nicht Thema dieses Beitrages sein.
17. Von der stilistischen Entwicklung der Zepter ...
Der wichtigste Teil des Buches von Dergachev aus dem Jahr 2007 ist eine sehr intensive vergleichende Untersuchung der Tierkopfzepter. Diese Untersuchung liegt noch nicht auf Englisch vor. Wir können uns ihr deshalb nur unter großen sprachlichen Schwierigkeiten nähern bislang. Verschiedene Versuche, die unterschiedlichen Zeptertypen, die unterschiedlich geographisch verteilt sind, in unterschiedliche Entwicklungsreihen zu gruppieren, münden für Dergachev jedenfalls in dem folgenden Ergebnis (Abb. 16).
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Abb. 17: Die Entwicklung der indogermanischen Tierkopf-Szepter (8, S. 118) |
Dergachev schreibt, daß die morphologischen Analysen und Vergleiche dazu führen anzunehmen, daß der einfachste Chwalynsk-Typ (Abb. 17: A) der ursprünglichste Typ ist, und daß sich aus diesem zwei zeitliche parallele Typenfolgen ableiten, die sich zeitlich parallel aber - offenbar - in unterschiedlichen geographischen Räumen (oder kulturellen Traditionen) entwickeln (Abb. 17: B, C) (8, S. 119):
Alle anderen Zepterformen, sowohl die schematischen als auch die realistischen bilden - eher unerwartet - zwei parallele, sich ähnlich entwickelnde Serien, die sich von relativ einfachen, schematischen zu komplizierteren und detaillierteren entwickeln (eine Gleichzeitigkeit von Subtypen, die der Autor zuvor nicht erwartet hatte).
Man darf sehr gespannt sein, ob dieses interpretatorische Konzept sich auch sonst als tragfähig erweisen wird. Darum geht es im weiteren Buch. In den weiteren Grafiken markieren offene Kreise die realistischen Zepter, die offenen Quadrate die schematischen Zepter und offene Rechtecke Zepter-Sonderformen (Abb. auf 8, S. 128, Abb. auf 8, S. 130). Dergachev schreibt (8, S. 139f)(Hervorhebungen nicht im Original):
Lassen Sie uns die letzte der möglichen Annahmen überprüfen. Gleichzeitige oder mehrzeitige, aber unabhängige Entstehung und Entwicklung von schematischen und/oder realistischen Zeptern in verschiedenen, sehr abgelegenen Regionen und darüber hinaus in unterschiedlichen kulturellen Kontexten sollten unweigerlich auf mehr oder weniger spürbare Unterschiede in ihren Kontexten, in ihren Größen und / oder Proportionen hinweisen. Wenn wir diese räumlich-kulturell-zonalen Parameter mit metrischen Indikatoren korrelieren, dann sind die westlichen und östlichen Funde relativ unabhängige Gruppierungen oder sie müssen in den Korrelationsfeldern (für jede der Teilmengen) als solche angezeigt werden. Andernfalls, d.h. bei einer relativ gleichmäßigen Verteilung der kulturellen und territorialen Indikatoren in den Gruppierungen, die aus metrischen Indikatoren - Teilmengen - bestehen, sollte die ursprüngliche Annahme als falsch erkannt werden.
Wenden wir uns den Ergebnissen der Korrelation von territorialen und metrischen Eigenschaften zu (Abb. 30-33). In allen vier Fällen sehen wir verschiedene gepaarte Kombinationen der metrischen Maße von klein nach groß. Zur Analyse werden wir alle Zepter - sowohl schematische als auch realistische - in vier Gruppen unterteilen:
1. Zepter der ursprünglichen Formen. Das sind die meisten frühe, einfachen, extrem verallgemeinerten Formen, sie dienten als Ausgangspunkt für alle anderen (sowohl schematischen als auch realistischen) Formen. Dies sind natürlich Zepter aus den Grabstätten Khvalynsk 1 und Khvalynsk 2 (Abb. 19, 1, 1-2 oder nach der akzeptierten einheitlichen Nummerierung Nr 17-18).
2. Eine Reihe von schematischen und für eine Reihe von realistischen Zeptern in verallgemeinerten Formen. Aus der Reihe der schematischen Zepter fallen hier morphologisch die meisten in der Nähe der von Khvalynsk. Dies sind Produkte mit einem subovalen Querschnitt und einem facettierten, unterkanalisierten Oberfläche (Birllesti und Obsheni 1 - Feige. 19, P, 3-4 bzw. Nr 4.12). Hier können Sie anscheinend den Knauf einschließen von Velen (Nr 5). Von einer Reihe von realistischen zu diesem Die Gruppe umfaßt die einfachsten Tops von Khlopkovo 2 und Ariushd (Abb. 20,1, 1-2 bzw. Nr 14 und 1).
3. Zepter der Übergangsformen, sie besetzen Zwischenposition zwischen den vorhergehenden und nachfolgenden, komplizierten Gruppen. Von eine Reihe von Schema-t: gleich. Jeder kommt hierher geriffelte Spitzen: Berezovskaya HPP, Jora de Sousse, Konstantinovka (K ~ 3,7, 8) und auch "Rostov" (Fig. 19, P, 5-9 bzw.) K ~ 3, 7, 8, 15). Und aus einer Reihe realistischer Tops von Kokberek, Fitionesti, Rezhevo, Drama, Kairaklia, Fedelesheni, Vinca de Jos (Abb. 20, II bzw. K ~ 6, 13,7,3,4, 12,2).
4. Extrem komplizierte Formen. Aus einer Reihe von schematischen sehen alle Zepter des Arkharinsky-Looks aus - Arkhara, Dzhangar, "Kuibyshev", Mogoshesht, Obyrshen 2, "Ordzhonikidze", Khlopkovo 1, Shlyakhovskoy (Abb. 19, Sh, oder COOТBeTCTBeHHoK ~ 2,6,9,11,13,14,20,21) und, möglicherweise Ruzinoasa (K ~ 16). Aus einer Reihe realistischer - alle Formen mit zusätzlichen Ziermotiven: lkutsa, TerekliMekteb, Suworowo, SuvoDol, Kosimcha (Abb. 20, W bzw. K ~ 10,11,9,8,5).
Dieses schwer lesbare Zitat wird hier im Wesentlichen so gebracht, wie es Google Übersetzer "auswirft". Es soll deutlich machen wie schwer die Lektüre eines so schwierigen Stoffes allein mit diesem Hilfsmittel ist.
18. ... zu einer Geistesgeschichte der Indogermanen des 5. Jahrtausends v. Ztr.
Es deutet sich aber - doch! - für uns an, daß sich in der geschichtlichen Entwicklung der Zepter-Typen eine frühe Geistesgeschichte des Volkes der
Urinodgermanen wieder findet, wieder finden könnte.
Im Bereich des Don und der Wolga bleibt man eher bei den einfacheren, klassischen, "strengeren", "schematischen" Zepter-Formen, in der Nähe der Königsstadt Warna, an der rumänischen Donau, in den Karpaten werden die Zepter
- zum Teil - "überladen", gewissermaßen auch verspielt, "übermütig", barock, "realistischer" (8, Abb. 38, S. 141; 8, Karte 1, S. 143).
Es mutet so an, als wäre der dortige Reichtum, das Wohlleben, das dort möglich war, den dortigen Zepterträgern "zu Kopfe" gestiegen.
Aber vielleicht ist noch eine andere Interpretation möglich: Schon der König von Warna aus Abbildung 1 trug ja sowohl Bauern- wie Steppenherkunft in sich. Wenn die Zepter im Westen "verspielter" werden, mag das auch einfach auf völlig andere kulturelle Einflüsse zurück geführt werden als sie in der indogermanischen Ausgangskultur vorhanden waren. Sozusagen: Die Stilentwicklung von der strengen, klassischen persichen Kultur hin zu den Sassaniden ist hier schon viertausend Jahre früher in einer irgendwie ähnlich anmutenden Weise durchlaufen worden.
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Abb. 18: Ausbreitung und Weiterentwicklung der unterschiedlichen Zepter-Typen (8, S. 143) - Man beachte übrigens auch Nummer 8 in Nordgriechenland!
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Die Zepter nehmen allerdings in allen Regionen über die Jahrzehnte und
Jahrhunderte hinweg an Größe leicht zu. Ein wenig Verlust von "Bescheidenheit" wäre also - aus geistesgeschichtlicher Sicht - überall zu bemerken.
Wenn nun auch im Karpatenraum Zepter-Typen der schlichteren Variante auftreten, die sonst vom Don her bekannt ist, dann könnte man darin auch eine eher spätere Phase der Zuwanderung von Indogermanen nach Bessarabien und in den Karpatenraum sehen. So möchten wir ein wenig spekalativ hier weiter schreiben, ohne das Buch von Dergachev dazu gründlich gelesen haben zu können.
Im übrigens sehen wir auch auf am Nordrand des Kaukausus zumindest einen Vertreter des etwas "aufgelösteren" Typs von Warna (Abb. 18). Da ja auch sonst Fernhandelsverbindungen angenommen werden zwischen Bessarabien und dem Kaspischen Meer, wird ein solches vereinzeltes Auftreten nicht gar zu sehr verwundern. Die unterschiedlichen kulturellen Regionen der Indogermanen werden voneinander gewußt haben, werden im losen kulturellen und wirtschaftlichen Austausch miteinander gestanden sein, werden aber jeweils vor Ort auch ihr eigenes Leben gelebt haben.
So wie eben Sparta und Athen auch gut voneinander wußten, sowohl über die jeweiligen Stärken wie die Schwächen des anderen, ohne nun den eigenen Lebenstil aufzugeben (über viele Jahrhunderte hinweg).
Wichtig ist für uns noch, was wir schon dem Augenschein entnehmen können aber doch noch einmal gerne schriftlich haben (8, S. 142):
Jeder Formentyp setzt - als kulturelles Phänomen - einen bestimmten Ursprungsort und ein bestimmtes Verbreitungsgebiet voraus, das als kompakt-kontinuierlich oder als diskontinuierlich-zerrissen beschrieben werden kann, was auch tatsächlich charakteristisch ist für ihre Verbreitung in verschiedenen Regionen (Wolga-Region und Kaukasus einerseits, Karpaten-Donau-Region andererseits) und sogar verschiedene Unterzonen (Ostkarpaten - deren Zepter überwiegend schematische Darstellungen aufweisen und auf der anderen Seite die Donau und der Balkan, wo nur realistische Zepter bekannt sind.
Bringen wir noch Abbildung 19.
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Abb. 19: Denkbare Abfolge der Ausbreitung der Tierkopf-Zepter von Chwalynsk aus - Kreis="schematisches" Zepter, Quadrat="realistisches" Zepter (8, S. 147) |
Die Karten-Erläuterung kann in diesem Fall nach einer brandneuen Buchveröffentlichung von Harald Haarmann (10, Fig. 16) erfolgen (auch 1, S. 113) (auch schon 24, S. 28):
I = Südliche Grenze der Waldsteppe, II = Südliche Grenze der Steppe, III = Grenze der Halbwüste
1. Chwalynsk-Kultur (A - Mittlere Wolga, B - Nordkaspischer Raum, C - Ostkaspischer Raum), 2. Danilov-Kultur (A - östlich, B - westlich), 3. Maikop-Kultur, 4. Strednij Stog-Kultur, 5. Cucuteni-Tripolje-Kultur, 6. Karanovo-Gumelnita-Kultur, 7. Krivvodol-Selkuta (Schwarze Symbole markieren Fundgruppen, weiße Symbole markieren weniger häufige Funde.)
[Ergänzung 14.10.21] Damit sind gleich mehrere bedeutende Kulturen benannt, die in der Frühgeschichte der Indogermanen eine Rolle gespielt haben. Das hieße zunächst, daß die Chwalynsk-Kultur selbst an Wolga und Kaspischem Meer orientiert geblieben wäre. Der Begriff "Danilov-Kultur" findet sich sonst nirgendwo in der Literatur oder im Internet, womöglich handelt es sich um einen Übersetzungsfehler. In diesem Raum gab es die Dnjepr-Donez-Kultur (Wiki), die vermutlich gemeint ist. Mit Bezug auf eine Arbeit des Archäologen J. Mallory von 1991 wird zu ihr ausgeführt (Wiki):
Ein starkes Bevölkerungswachstum und eine Ausbreitung in Richtung Steppe ist feststellbar. Es gibt Parallelen mit der zeitgleichen Samara-Kultur im Norden. Überraschende Ähnlichkeiten mit der Chwalynsk-Kultur und der Sredny-Stog-Kultur sind ebenfalls beobachtet worden. Ein viel weiter gefaßtes kulturelles Gebiet von der Oberen Weichsel bis zum Unterlauf des Dnjepr, bis zum Mittel- und Unterlauf der Wolga deutet sich an. (...) In Übereinstimmung mit der Kurgan-Hypothese (von M. Gimbutas) schlug J. Mallory 1997 vor, daß die Menschen der Dnjepr-Donez-Kultur keine indogermanische Sprache sprachen, aber von Menschen urindogermanischer Sprache, die sich vom Steppenland im Osten Richtung Westen ausbreiteten, absorbiert worden wären.
Throughout its existence rapid population growth and an expansion towards the steppe is noticeable.[6] There are parallels with the contemporaneous Samara culture to the north.[7][8] Striking similarities with the Khvalynsk culture and the Sredny Stog culture have also been detected.[7] A much larger horizon from the upper Vistula to the lower half of Dnieper to the mid-to-lower Volga has therefore been drawn. (...) Daß die Trichterbecherkultur von hier ihren Ausgang genommen hat, ist allerdings umstritten. (...) In accordance with the Kurgan hypothesis, J. Mallory (1997) suggested that the Dnieper-Donets people were Pre–Indo-European-speakers who were absorbed by Proto-Indo-Europeans expanding westwards from steppe-lands further east.
In der Physischen Anthropologie gab es zeitweise den Eindruck, daß die Dnjepr-Donez-Kultur einen sehr urtümlichen Menschentypus repräsentierte, der vollständig von den Menschen der östlicheren Gebiete ersetzt worden sei (St. gen 2017). Auch von Seiten der Genetik deutet sich ein solches Geschehen an (Wiki). Man könnte aber auch mutmaßen, daß diese Kultur, die zunächst von der Jagd und dem Fischfang lebte, die ab 5.200 v. Ztr. die Haltung von Rindern, Schafen und Ziegen überging, diese Kulturtechnik nicht nur bei sich eingeführt hat, sondern sie auch bis zur Mittleren Wolga weitergegeben hat (Wiki).
Die Maikop-Kultur (Wiki) ist eine bedeutende archäologische Kultur ab 4.000, bzw. 3.700 v. Ztr. im Westlichen Kaukasus. Auch die weiterhin angeführte Srednij-Stog-Kultur wies noch keine indogermanische Steppen-Genetik auf.
19. Mehr Anerkennung für Vladimir Dergachev!
Auf unsere Email-Anfrage an Vladimir Dergachev, ob denn nicht eine Übersetzung seines Buches ins Englische oder Deutsche vorgesehen ist angesichts der Tatsache, daß in seinem Buch von 2007 die Urheimat der Indogermanen ganz richtig herausgearbeitet worden war nach den neuesten archäogenetischen Daten, erhielten wir die Antwort, daß von einem Nachdruck der Monographie keine Rede sein könne. Es handele sich bei diesem Buch um ein seit langem abgeschlossenes Kapitel seines Lebens.
Dergachev ist 75 Jahre alt und ist - auch wenn er außerhalb engster Fachkreise niemanden bekannt ist - einer der wichtigen lebenden Archäologen Osteuropas, die wissenschaftliche Argumente zusammen getragen haben zugunsten der Ausbreitungstheorie von Marija Gimbutas. Vor ihm war es über viele Jahrzehnte hinweg unter anderem der Moskauer Archäologe Dimitrij Telegin (1919–2011)(13)***). Seit 2015, 2017, 2019 ist völlig klar, daß Dergachev, Telegin und alle anderen auf ihrer Linie (David Anthony) recht behalten haben.
Eine jüngere Generation von Archäologen Osteuropas und Moldawiens hat sich aber seit den 1990er Jahren bis in die Gegenwart hinein - in einer fast willkürlich anmutenden Wendung - einem Standpunkt verschrieben, nach dem (fast?) alle kulturellen Entwicklungen Osteuropas gänzlich ohne Zuwanderungen aus der Steppen (im Sinne von Marija Gimbutas) zu erklären wären (14) (siehe dazu auch: 8, 9).
Wir haben noch nirgendwo von einem Eingeständnis des Scheiterns dieser Sichtweise gehört wie dieses ja nun doch durch die Archäogenetik klar aufgezeigt wird.*****) Es besteht wohl mancher Grund, daß diese Archäologen sich einmal dafür einsetzen, daß nun Vladimir Dergachev, der sich - wie aus manchen Bemerkungen (9) hervorgeht - zurück gesetzt behandelt gefühlt hat, mehr öffentliche Anerkennung und Anerkennung aus Fachkreisen heraus erhält als das bislang geschehen ist.****)
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Abb. 20: Noch einmal - wie in Abb. 1 - der Gottkönig von Warna (4.500 v. Ztr.) - Hier sichtbar die vielen Waffenbeigaben
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Nachtrag: Neueste Studie zu Warna
13.3./24.4.2022: Das 1972 entdeckte Gräberfelder von Warna ("Varna 1") ist noch bei weitem nicht abschließend erforscht, ja, auch nur publiziert. 2010 wurde dazu festgehalten (27):
Mit den Freilegungsarbeiten wurde der Kustos für Prähistorische Archäologie und spätere Direktor des Museums in Varna, Ivan Ivanov, betraut, die er bis 1986 fortführte. Bislang sind lediglich 36 Gräber in verschiedenen Einzelartikeln veröffentlicht worden, die etwa 12% aller bei Varna aufgedeckten Gräber ausmachen (Ivanov 1975; Ivanov 1978; 1988; 1991; Ivanov/Avramova 2000). Offenkundig ist der Platz bei weitem noch nicht vollständig freigelegt worden. Allein der Blick auf den veröffentlichten Gräberplan offenbart, daß sich der Bestattungsplatz im Südwesten, Nordosten und Norden fortsetzt. (...) Eine weiterführende Bearbeitung der Funde war lange Zeit nicht möglich, da Ivanov 2001 unerwartet verstarb. Eine vollständige Endpublikation wird von Dr. Vladimir Slavčev (Historisches Regionalmuseum Varna) vorbereitet (Slavchev 2010), der dafür seit Mai 2008 mit einem Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung in Berlin an der Eurasien-Abteilung des DAI weilt.
2022 beschreibt der genannte Vladimir Slavčev die Forschungssituation zu Warna wie folgt (28):
Der Ausgrabungsort ist 1972 durch Zufall entdeckt worden .... Im Dezember 2017 haben Rettungsgrabungen (...) 16 neue Gräber zu Tage gebracht mit identischen Merkmalen wie die Gräber die im letzten Jahrhundert entdeckt worden sind. Das Gräberfeld wurde Varna 3 genannt, um es von den zuvor ausgegrabenen Gräberfelden zu unterscheiden.
The site was discovered by chance in 1972; 13 excavation seasons within the next 19 years have followed, revealing more than 310 graves (Ivanov 1988; Slavchev and Boyadziev 2011). The untimely death of the excavator Ivan Ivanov has hindered the final publication of these graves; however, this task is now well under way. (...) The then surprisingly early dating of the cemetery in the middle of the fifth millennium cal BC (Chapman et al. 2007) led researchers to consider possible marine reservoir effects (Honch et al. 2006; 2013; Chapman et al. 2007). (...) In December 2017, rescue excavations preceding construction work revealed 16 new graves (10 inhumations, five cenotaphs and one Hellenistic) with identical characteristics to the burials discovered in the last century (Slavchev et al. 2018). The area was called Varna 3 to differentiate it from the previously excavated burial ground located c.2.5 km to the west that was named Varna 1, while the group of three Middle Copper Age graves excavated a further 2.5 km to the west was called Varna 2 (Fig. 1).
Slavčev führt aus, daß das von Ivanov bearbeitete Material immer noch nicht vollständig veröffentlicht ist (28). Zu Ivanov gibt es auch einen Gedenk-Film mit eindrucksvollen Bildern (allerdings in bulgarischer Sprache) (29).
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Abb. 21: Die Gräberfelder Warna 1, 2 am westlichen Stadtrand der Hafenstadt Warna, sowie das Gräberfeld Warna 3 in der Nähe des heutigen Stadtzentrums von Warna (aus 28) - jeweils etwa 3 Kilometer voneinander entfernt
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Es wird ausgeführt, daß die Bewohner des Warna des 5.
Jahrtausends v. Ztr. sich nur wenig von Fisch ernährt haben, obwohl es
am Ufer des Schwarzen Meeres gelegen hat. Dies zeigen chemische Analysen
der menschlichen Überreste. Wenige Individuen weichen davon ab, einige
von ihnen haben Steppenherkunft (28). In diersem Zusammenhang verdeutlichen die Bearbeiter noch einmal nicht nur ihre Überraschung über das hohe Alter der Funde, sondern auch über die Steppenherkunft einiger Individuen, die seit 2018 bekannt geworden ist (28):
Herkunftsanteile von Populationen der pontisch-kaspischen Steppe, die in einigen Individuen im Bulgarien des 5. Jahrtausends v. Ztr. identifiziert wurden (Mathieson et al. 2018) legen Bewegungen aus der Steppe heraus viel früher nahe als sie zuvor angenommen worden waren.
The contribution of ancestry derived from populations of the Pontic-Caspian steppe identified in several individuals from the fifth millennium BC in Bulgaria (Mathieson et al. 2018) indicates movement from the steppe far earlier than was previously thought.
Insbesondere spielt ein fünf- bis siebenjähriges Mädchen mit Steppenherkunft von Gräberfeld Warna 1 eine Rolle (aus Grab 158) (28):
... Der Anteil an terrestischem und Fisch-Protein mit 53,8 % gehört zu den höchsten unter allen Individuen des Gräberfeldes ....
For a 5-7 year old girl from grave 158 at Varna 1, the proportion of terrestrial and marine protein at 53.8% is among the highest modelled for individuals in the cemetery, and only third-highest after two males.
_____________
*) Viele aktuellen Forschungen auf diesem Gebiet werden in russischer
Sprache veröffentlicht, weshalb der Zugang zur Thematik für Menschen,
die nicht Russisch beherrschen, außerordentlich erschwert ist. Diesen
Umstand hat Harald Haarmann schon 2016 in einem Interview richtig
benannt (11). Aber Wissensdrang läßt sich bekanntlich nicht aufhalten.
Und die Quellen des Wissens sprudeln dennoch von allen Seiten reichlich.
Auch zu diesem Thema.- Harald Haarmann ist im übrigen ein wichtiger deutschsprachiger Autor, um sich dem
heutigen Forschungsstand zur Geschichte der Indogermanen und der von
ihnen unterworfenen alteuropäischen Bauernkulturen anzunähern. Er
beherrscht die russische Sprache und kann sich darum leichter zu diesem
Forschungsstand einen umfassenderen Überblick verschaffen als alle, die
diese Sprache nicht beherrschen. Man erhält durch ihn viele Anregungen.
Dennoch muß man viele seiner Thesen noch einmal für sich selbst
überprüfen, denn manches wird von ihm auch eigenwillig interpretiert. (Seine Ausführungen über Genetik im Jahr 2016 [11, 47:39-52:07] waren schon
damals - 2016 - nicht mehr ganz aktuell und sind heute vollständig über
den Haufen geworfen worden. Das muß man also notwendigerweise übergangen werden.)
**) Auf Seite 188 von Dergachev (2007) wird eine Karte der Verteilung von Zepter-Trägern im mykenischen Griechenland nach der Ilias des Homer gebeben. Ganz vorläufige Übersetzung der Erläuterung der Karte mit Hilfe von Google Übersetzer: "Der Standort der Zepter zum Zeitpunkt des Aufbruchs ihrer Inhaber nach Troja: A
- Heimatstädte der Zepterträger: 1-Agamemnon, 2-Nestor und Phraz,
3-Honig (?), 4. Domeneo (?); 5-Diomedes, 6-Merion, 7-Phylokteta, 8-Ajax Olieva,
9-Odysseus, 10-Klein (?), 11-12-Achilleus und Patroklos, 13-Ajax Telemoid,
14-Protesilaya, 15-Sphenela; B - der ursprüngliche Bereich der Zepter; C-Troia".
***) Telegin hatte 1941/42 an der Nordwestfront mit Auszeichnung gegen die Deutschen gekämpft und war mehrfach verwundet worden. Da er schließlich nicht mehr kriegsdienst-fähig war, wurde er vom Kriegsdienst frei gestellt und konnte seither den archäologischen Forschungen nachgehen.
****) Man darf wohl schon sagen, daß manche wissenschaftliche These - zum
Beispiel von Gordevacia (5), nach der die Zepterträger sogar aus der
Bandkeramik (!!!) hervorgegangen sein sollen, und nach der sich die Zepter von West nach Ost ausgebreitet haben sollen, geradezu grotesk anmuten.
Sie muten jedenfalls mehr als willkürlich an. Und deshalb entsteht der Eindruck, als ginge es bei solchen Hypothesen nur darum, jede noch so an den Haaren herbei gezogene Erklärung
für plausibel halten zu wollen, wenn sie nur ja keine Nähe zu denen von Marija Gimbutas aufweisen. Der Eindruck, daß die Motivlage für ein solches Argumentieren noch rein wissenschaftlicher Art wäre, drängt sich uns nicht wirklich auf. - - - Und auch der ehrgeizige Forschungsansatz der Studie von 2019 (4), nach der alle Erklärungen für den Untergang der Cucuteni-Tripolje-Kultur für plausibel gehalten werden, wenn es sich nur nicht um solche handeln würde, die mit der östlichen Steppenkultur zu tun hätten - wobei sich dann zugleich auch noch sehr umfangreich auf die detaillierten, Jahre langen empirischen Vorarbeiten von Dergachev gestützt wird (4), bei all dem scheint es uns doch nicht wirklich angemessen, ausgewogen und gelassen genug, sowie schlicht ergebnisoffen genug zugegangen zu sein. Der vorliegende Blogartikel mag auch als ein erster Versuch verstanden werden, bezüglich der hier offenbar vorliegenden, nicht ganz leicht zu durchschauenden motivationalen Gemengelagen Licht ins Dunkel zu bringen. Niemand bestreitet, daß die Cucuteni-Tripolje-Kultur auch ganz ohne äußeren Einfluß in sich hätte zusammen brechen können. Äußere Einflüsse aber sozusagen von vornherein und grundsätzlich als nicht wesentlichen Faktor zu unterstellen und einzuschätzen, mutet ein wenig sonderbar an. Auch bei Erklärungsversuchen des Untergangs des Römischen Reiches würde wohl niemand von einer so einseitigen Sichtweise zufrieden gestellt sein.
*****) Nachtrag 31.5.21: In dem neuesten Interview (
Yt, 29.5.21)
schildert Harald Haarmann am Anfang sehr schön wie der
Archäologe Colin Renfrew 2017 seinen großen Irrtum eingestand. - Andererseits wird in diesem Interview auch besonders deutlich, zu welchen Eigenwilligkeiten Haarmann - weiterhin - fähig
ist: Er hält immer noch an dem Irrtum fest, die Donauzivilisation wäre
vornehmlich von Menschen einheimischer Jäger-Sammler-Herkunft statt
anatolisch-neollithischer Herkunft getragen gewesen. Er meint, in den
Völker dieser Völkergruppe hätte es wenig bis gar nicht Krieg und Gewalt
gegeben, was für die Bandkeramik schon seit Jahren widerlegt ist, für
die Cucuteni-Tripolje-Kultur ebenfalls (s.o.: Pfeilspitzen, Befestigungen
etc.). Auch viele andere "plakative" Thesen zu dieser Kultur sind
sicherlich deutlich zu hinterfragen und differenzierter zu sehen.
____________
- Haarmann, Harald: Auf den Spuren der Indoeuropäer. Von den neolithischen Steppennomaden bis zu den frühen Hochkulturen. C.H. Beck, München 2016
- Bading, Ingo: Die ältesten Eigendarstellungen seßhafter, europäischer Völker (ab 4200 v. Ztr.), 2019, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/12/die-altesten-eigendarstellungen-der.html
- Gene-flow from steppe individuals into Cucuteni-Trypillia associated
populations indicates long-standing contacts and gradual admixture.
Alexander Immel, Stanislav Terna, Angela Simalcsik, Ben Krause-Kyora.
Preprint, 21. November 2019, DOI: 10.1101/849422, Project: "Population
agglomerations at Tripolye-Cucuteni mega-sites" CRC1266 - Project
D1 (Researchgate), https://www.biorxiv.org/content/10.1101/849422v1, 6.3.2020, https://www.nature.com/articles/s41598-020-61190-0
- Bading, Ingo: Die Indogermanen kommen nach Siebenbürgen, 2019, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/12/die-indogermanen-foderaten-fruher.html
- Govedarica, Blagoje (Berlin); Manzura, Igor (Cisinau): Grundzüge einer
Kulturgeschichte des nordwestlichen Schwarzmeergebietes im 5. und 4.
Jahrtausend v. Chr.. In: Der Schwarzmeerraum vom Äneolithikum bis in die
Früheisenzeit (5000–500 v. Chr.) (2011): 5000-500 v. Chr..
Internationale Fachtagung von Humboldtianern für Humboldtianer im
Humboldt-Kolleg in Chişinǎu, Moldavien (4.-8. Oktober 2010) (Academia).
- Anthony, David: Archaeology, Genetics, and Language in the Steppes -
A Comment on Bomhard. In: Journal of Indo-European Studies, Vol. 47,
Nr. 1 & 2, Frühjahr/Sommer 2019, S. 175, im Druck, hochgeladen auf
Academia am 1.8.2019 (Academia)
- osipov.s96: Das Gräberfeld auf der Landzunge von Jekaterinovsk (Могильник "Екатериновский мыс"). 2018, https://pikabu.ru/story/mogilnik_ekaterinovskiy_myis_5729267 (mit Google Übersetzer lesbar)
- Dergachev, V. A.: О скипетрах, о лошадях, о войне: этюды в защиту
миграционной концепции М.Гимбутас (On sceptres, on horses, on war:
Studies in defence of M. Gimbutas’ migration concepts), 2007 (Scribd)
- Dergachev, Valentin: The migration theory of Marija Gimbutas. Journal of
Indo-European Studies, 2000, 28. Jg., Nr. 3-4, S. 257-340
- Haarmann, Harald: On the Trail of the Indo-Europeans. From Neolithic
Steppe Nomads to Early Civilisations. Marix-Verlag 2021; zuerst:
Verlagshaus Römerweg 2020, https://books.google.de/books?id=QRkXEAAAQBAJ
- Haarmann, Harald: Indoeuropäer. Interviewt von Jonas Hopf, Auf Zeitreise mit Jonas Hopf 19.04.2016, https://youtu.be/3nVXEbctrzM.
[21:00: Ural bildete lange die Grenze der Ausbreitung der Indogermanen
nach Osten; 25:08: Maikop als altes indogermanisches Handelszentrum an
der Schwarzmeerküste, das Handel trieb mit Mesopotamien und dem Nahen
Osten ...]
- Bading, Ingo: Von Königen und Mäusen Die Warna-Kultur (4.400 v.
Ztr.), das erste von Indogermanen gegründete Königreich - Ort der
"Domestikation" der osteuorpäischen Hausmaus? 13. August 2011, https://studgendeutsch.blogspot.com/2011/08/von-konigen-und-mausen.html
- Telegin, Dmitrij J.: Über kulturelle Kontakte zwischen der
neo-ähneolithischen Bevölkerung des nordpontischen Gebietes und der
Balkan-Donauregion. In: Dragoslav Srejović, Nikola Tasić (Hg.):
Hügelbestattung in der Karpaten-Donau-Balkan-Zone während der
äneolithischen Periode. Internationales Symposium in Donji Milanovac,
1985, Belgrad 1987, S. 37ff, https://books.google.de/books?id=2BiBAAAAMAAJ
- Govedarica, Blogoje; Kaiser, Elke: Die äneolithischen abstrakten und
zoomorphen Steinzepter Südost- und Osteuropas. Eurasia Antiqua 2, 1996,
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