Samstag, 8. März 2025

Bollwerk Germanien

Der Abwehrsieg der Germanen im Jahr 1250 v. Ztr. - Laßt uns ein neues Hermanns-Denkmal errichten - An der Tollense - Es ist so weit

Die großartige Goldhut-Kultur der Kelten - Sie eroberte Festland-Europa, England und die Levante (1300 bis 800 v. Ztr.) - Aber sie scheiterte an Germanien und Ägypten

Die Archäogenetik - Auch 2025 hageln aus ihr heraus wieder "Jahrhundert-Erkenntnisse":

  1. Die Eroberung Europas durch die Glockenbecher-Kultur ab 2360 v. Ztr.  - Ursprung: Nordfrankreich
  2. Die Eroberung Europas durch die Urnenfelder-Kultur ab 1300 v. Ztr. - Ursprung: Serbien

Die großartige Goldhut-Kultur, bzw. Urnenfelder-Kultur (Wiki) der Kelten entstand um 1900 v. Ztr. in Serbien und breitete sich ab 1300 v. Ztr. über ganz Europa aus (Abb. 1). 

Abb. 1: Bollwerk Germanien in Norddeutschland an der Tollense und die Eroberung des übrigen Europas durch die Urnenfelder-Kultur ausgehend von Serbien, 1300 bis 800 v. Ztr. (Wiki) - Der zeitgleiche Seevölker-Sturm im Mittelmeerraum, ebenfalls von Serbien ausgehend

Wir hatten diese Urnenfelder-Kultur hier auf dem Blog bislang noch nie wirklich als bedeutende, einflußreiche, geschichtsmächtige, archäologische Einheit, Kultur, Ethnie wahrgenommen. Wir hatten sie fast gar nicht "auf dem Schirm". Der Name selbst klingt ja auch schon nur nach Friedhof. Wie soll man bei einem solchen Namen auf Glanz, Herrlichkeit, Macht und Reichtum schließen? Wir nennen diese Kultur im folgenden nach den strahlendsten Gold-Kunstwerken, die sie hervorgebracht hat, wir nennen sie: die "Goldhut-Kultur" (Abb. 2).   

Wir müssen also mit diesem Blogartikel sehr viele Veränderungen der Wahrnehmung im Blick auf die europäische und mediterrane Geschichte mitteilen. Denn sind wieder einmal reihenweise neue Erkenntnisse zusammen zu tragen, die sich nun alle - fast wie selbstverständlich - aus dem Fortschritt des Erkenntnisstandes der Archäogenetik ergeben (1). 

Die Urnenfelder-Kultur entfaltete sich zunächst zeitgleich zur großartigen Kultur von Mykene in Serbien. Sie griff aber dann räumlich noch viel weiter aus als das die Griechen der mykenischen Zeit innerhalb des Mittelmeerraumes getan haben. Man kann womöglich so sagen: 

  • 2.300 v. Ztr.: "Das Kommen der Griechen". Als die Jamnaja-Leute sich nach Griechenland hinein ausbreiteten, kam es zeitlich parallel zur Entstehung und Ausbreitung der keltischen Glockenbecher-Kultur über ganz Europa hinweg - von Nordfrankreich ausgehend (1). Die Ethnogenese der (Italo-)Kelten, der Griechen und der Armenier erfolgte also in etwa zeitgleich.
  • 1.250 v. Ztr.: Blütezeit und Untergang von Mykene, Seevölkersturm. Sie können zeitlich parallel gesetzt werden zur Ausbreitung der keltischen Urnenfelder-Kultur über ganz Europa hinweg von Serbien ausgehend. Und vieles weist inzwischen darauf hin, daß der Untergang von Mykene und des Hethiter-Reiches auch mit der Ausbreitung der Urnenfelder-Kultur in Zusammenhang steht. 

Damit kann vielleicht verdeutlicht werden, daß die 3000-jährige Dynamik der keltischen Völkergeschichte in Europa um 1200 v. Ztr. ihren Höhepunkt erreicht und auch im Seevölkersturm im Mittelmeer-Raum ihren Ausdruck findet. 

Abb. 2: Die Goldhut-Kultur der Kelten um 1200 v. ztr. (Neues Museum, Berlin) (Fotograf: Sailko) (Wiki)

Die keltische Hallstatt-Kultur, die keltischen Wanderungen danach (Wiki), die Gallier zur Zeit Caesars, ja, die Blüte der antik-griechischen und hellenistischen Kultur könnten - aus dieser Sicht - auch "nur" als "Ausebben" einer noch viel gewaltigeren Dynamik eintausend Jahre zuvor angesehen werden.

Der englischsprachige Wikipedia-Artikel über die Goldhut-, bzw. Urnenfelderkultur (Wiki) gibt auch schon - allein über seine Bebilderung - ein viel differenzierteres Bild von dieser Kultur als dies der aktuell noch "langweiligere" deutschsprachige Artikel tut.

Wir selbst waren wir hier auf dem Blog in vielen Beiträgen schon oft genug mit dieser Urnenfelder-Kultur befaßt, ohne daß uns das bewußt war und ohne daß wir das Thema unter diesem Namen zusammen gefaßt hatten. So etwa in der Blogartikel-Serie zur "Bronzezeitlichen Stadtgeschichte" Mitteleuropas. Ein Faux pas unsererseits? Oder einfach dem damaligen mangelhaften Kenntnisstand der Archäologie geschuldet? Wir sind verunsichert! Neue Erkenntnisse werfen ja nicht selten die Frage auf, warum man diese Erkenntnis nicht schon früher hatte, sondern sich so vergleichsweise "dumm" anstellte! 

Wann errichten wir ein Hermanns-Denkmal an der Tollense?

Es war offensichtlich diese großartige Goldhut- und Urnenfelder-Kultur, die um 1250 v. Ztr. in der Schlacht an der Tollense (Wiki) bei Altentreptow in Mecklenburg versucht hat, die Königreiche der Nordischen Bronzezeit in einem gigantischen Eroberungszug aufzurollen (s. Stg2019). Dort mußte das Großreich der Urnenfelder-Kultur eine erste und weltgeschichtlich offenbar zugleich auch noch sehr entscheidende Niederlage hinnehmen (s. Abb. 1). Die Königreiche der Nordischen Bronzezeit bewahrten sich durch diese Schlacht ihre germanische Sprache, Kultur und Genetik bis heute (1). Und damit bekommt die Schlacht an der Tollense um 1250 v. Ztr. eine ähnliche geschichtliche Bedeutung wie die Schlacht von Kalkriese im Jahre 9 n. Ztr. im Teutoburger Wald im Wiehengebirge. (Denn die Geographen und Historiker früherer Jahrhunderte hätten den Teutoburger Wald ja als Wiehengebirge bei Kalkriese identifizieren müssen, wenn sie schon so schlau gewesen wären wie wir heute.)  

Abb. 3: Kriegsausrüstung der Goldhut-/Urnenfelder Kultur (Wiki) - Kammhelme und Brustpanzer (aus einer Veröffentlichung von Gabriel de Mortillet [1821-1898])

Das Wiehengebirge ist der Teutoburger Wald, die Landkarten und der Sprachgebrauch müssen endlich der wissenschaftlichen Erkenntnis angepaßt werden so wie sie seit 25 Jahren festgestellt ist. Das Hermanns-Denkmal muß umgesetzt werden ins Wiehengebirge (!). Und an der Tollense muß ein weiteres Hermanns-Denkmal errichtet werden und dieses muß gemeinsam mit den Königen von Dänemark, Schweden und Norwegen eingeweiht werden (!). 

Es wird allmählich klar: So wie der Pharao Ramses III. (1221-1156 v. Ztr.) seinen Sieg über die Seevölker, über die Urnenfelder-Kultur (!?!) im Jahr 1180 v. Ztr. in großartigen Darstellungen verewigt hat (Wiki), so müssen auch wir Germanen unseren Sieg über die Urnenfelder-/Goldhut-Kultur siebzig Jahre zuvor feiern und seiner gedenken. Wann, wenn nicht jetzt?! Wir hatten damals einen starken Gegner. Genauso wie der Pharao Ramses III. von Ägypten. Und wir schlugen diesen Gegner. Genauso wie der Pharao von Ägypten 1180 v. Ztr., als er als Bericht einmeißeln ließ (Wiki):

Die Fremdländer verließen alle gemeinsam ihre Inseln. Es zogen fort und im Kampfgewühl sind die Länder verstreut auf einen Schlag. Kein Land hielt ihren Armen stand; von Ḫatti, Qadi, Qarqemiš, Arzawa, und Alasia an waren (nun) (alle) entwurzelt auf [einen Schlag].
Es wurde ein Lager aufgeschlagen an einem Ort im Inneren von Amurru. Sie vernichteten seine Leute und sein Land, als sei es nie gewesen. Sie kamen nun, indem die Flamme vor ihnen bereitet war, vorwärts gegen Ägypten, ihre Zwingburg (?). Die plst, ṯkr, šklš, dnjn und wšš, verbündete Länder, legten ihre Hände auf alle Länder bis ans Ende der Welt; ihre Herzen waren zuversichtlich und vertrauensvoll: Unsere Pläne gelingen.

Ein furchtbarer Kriegszug durch fast alle dem Pharao bekannten Länder - aus Gegenden heraus, die dem Pharao ganz unbekannt waren. 

Schon 2019 hatten wir grundlegende Zusammenhänge anhand einer neuen Studie des dänischen Archäologen Kristian Kristiansen verstanden. Wir veröffentlichten hier auf dem Blog unseren Artikel "Der große europäische Krieg, der zum Seevölkersturm führte".  Wir schrieben damals (Stg2019):

Ein junger "Makedonen"-König aus der Slowakei rollte ab 1340 v. Ztr. die süddeutsche Ökumene (Höhenburg-Kultur / Palast-Kultur) auf und führte dann - mit den Unterworfenen und neuen Verbündeten einen Kriegszug bis Mecklenburg, bis in das Tal der Tollense.

Wir kamen uns damals noch sehr kühn vor mit dieser "Hypothese". Der hier in phantastischer Weise mit dem jungen Makedonen-König Alexander dem Großen verglichene König aus der Slowakei wäre also jetzt zunächst einmal als ein König der Goldhut- und Urnenfeld-Kultur zu identifizieren.

Abb. 4: Das Portal der nordirischen Dorfkirche von Clonfert, über dem 16 in Stein gemeißelte abgeschnittene menschliche Köpfe "präsentiert" werden (Wiki) (aus: Stg2021)

Ein ähnlicher, herrlicher Abwehrsieg wie es den germanischen Königreichen der Nordischen Bronzezeit an der Tollense gelang und dem Pharao Ramses III. am Nil gelang offenbar den keltischen Königreichen auf den britischen Inseln nicht (wie wir noch sehen werden). Und anhand der Ausbreitungskarte der Urnenfelderkultur in Abb. 1 und der folgenden Ausführungen müssen wir nun auch die Lausitzer Kultur, die sich von der Gegend um Breslau aus nach Norden ausgebreitet hat, und deren Verhältnis zur keltischen Urnenfelderkultur wir schon vor drei Jahren umsonnen hatten (Stg2021), nun offenbar im Rahmen dieses Eroberungszuges der Urnenfelder-Kultur betrachten.

Schon 2021 hatten wir anhand von (2) über die Ausbreitungsbewegung der Urnenfelderkultur geschrieben (Stg2021):

Eine Besiedlungswelle ging insbesondere von der Urnenfelder-Kultur (Wiki) aus, die sich - ab 2000 v. Ztr. - vom zentralen Ungarn her ausbreitete. Die Forschung nimmt mehrheitlich an, daß sich mit ihr die nachmaligen Italiker, Iberer, Ligurer und Kelten ausbreiteten. (...) Ab 1900 v. Ztr. sei die Urnenfelder-Kultur im nordöstlichen Serbien südlich des Eisernen Tores anzutreffen. Während des darauffolgenden Zusammenbruchs des Tell-Systems um 1500 v. Ztr. breitete sich das Urnenfelder-Modell in einige weitere Regionen aus, in die südliche Poebene, auch in die Sava/Drava- und Untere Tisza-Ebene. In vielen dazwischenliegenden Regionen (etwa im Alpenraum) hat es lange keinerlei Urnenfelder-Kultur gegeben oder aber hybride Kulturen mit weniger radikaler Übernahme der Urnenfelder-Kultur-Elemente (etwa in der nördlichen Po-Ebene).

Aber es war uns noch nicht wirklich deutlich genug, daß dieses Unruhezentrum in Europa noch viel weitere Kreise gezogen hat. Durch die Archäogenetik wird dieser Umstand jetzt geklärt (1). 2011 hatten wir etwa schon - der Sache nach - von der süddeutsch-französischen "Kultur der Goldhüte" geschrieben (Stg2011), die sich bei dieser Gelegenheit ausbildete oder ausbreitete. Es haben sich also mit dieser Urnenfelder-Kultur auch erste Stadtanlagen nach Mitteleuropa hin ausgebreitet, die hier auf dem Blog vor vielen Jahren Thema waren. Die Urnenfelder-Kultur war vermutlich auch deshalb so erfolgreich, weil sie mit einer deutlich höheren Siedlungsdichte in den bronzezeitlichen Stadtanlagen samt der sie umgebenden Terrassierungen einher ging, die man ja zur gleichen Zeit von Mykene bis zu den britischen Inseln feststellt. Kein Wunder, daß sich das damit verbundene Bevölkerungswachstum zu einem "Seevölkersturm" auswachsen konnte.

Die Seevölker - Sie trugen die Waffen der Goldhut-/Urnenfelder-Kultur (!)

Wir lesen jetzt auch auf Wikipedia zu unserer Überraschung über die Herkunft der Seevölker (Wiki):

Nach neueren Forschungen der Archäologen Jung und Mehofer standen Gruppen in der Ägäis auch mit dem Apennin in engem Kontakt. Darauf weisen Ergebnisse archäometallurgischer Untersuchungen an spätbronzezeitlichen Schwertern und Fibeln hin. Die charakteristischen Hiebschwerter vom Typ Naue II wurden demnach in Italien hergestellt und verbreiteten sich von dort über die Ägäis in den östlichen Mittelmeerraum. Die typisch italischen Violinbogenfibeln wurden dagegen lokal in der Ägäis und der Levante hergestellt und wurden wohl von Auswanderern getragen, die zu Seevölkergruppen gehörten. Verschiedene Auswanderungswellen bildeten dann in einem Dominoeffekt den Seevölkersturm.
Mehofer und Jung (2013) sehen in ihren Untersuchungen eine Allianz zwischen italischen Ethnien und den zerfallenden mykenischen Stadtstaaten. Um 1200 v. Ztr. kollabierte die mykenische Palastkultur. Sie zerfiel in Stadtstaaten. Diese orientierten sich unter anderem an italischen Ethnien, die eine fortschrittliche Kriegstechnik entwickelt hatten. Mehofer und Jungs Neuwertung der bronzezeitlichen Funde aus Griechenland, Zypern, der Levante und Ägypten zeigen, daß etwa die Waffen nicht aus den jeweiligen Regionen stammen, sondern der Urnenfelderkultur Mitteleuropas (etwa 1300-800 v. Ztr.) zuzurechnen seien. So zeige sich seit dem 13. Jahrhundert v. Ztr. ein nachweisbarer Funktionswandel von den reinen Stich- zu den Hiebschwertern. So waren die in Mitteleuropa und Italien produzierten Griffzungenschwerter des Typs Naue II effektivere Waffen. Derartige Waffen verwendeten auch die Seevölker. Im östlichen Mittelmeer wurde bis ins 13. Jahrhundert v. Ztr. hauptsächlich mit Stichschwertern gekämpft, die funktionell dem neuzeitlichen Rapier oder Degen ähnelten. Die Kriegswerkzeuge des Typs Naue II hingegen konnten sowohl als Hieb- wie auch als Stichwaffen verwendet werden. Solche Waffensysteme waren den griechischen, levantinischen und ägyptischen Waffen überlegen, was zum militärischen Erfolg der Seevölker beitrug.

Nun lesen wir in einer neuen archäogenetischen Studie, entstanden einmal erneut rund um die dänische Forschungsgruppe von Eske Willerslev und in Zusammenarbeit mit dem dänischen Archäologen Kristian Kristiansen, daß dieser Eroberungszug von der Slowakei und von Böhmen ausgehend auch archäogenetisch charakterisiert werden kann und - wie ebenfalls schon 2021 festgehalten - bis auf die britischen Inseln hin weiter verfolgt werden kann (1). 

Abb. 5: Eine mit Mauerwerk befestigte Siedlung der Daker in Siebenbürgen, dahinter aufgespießte Schädel, womöglich getötete Römer aus dem vorhergehenden Kriegszug des Domitian gegen die Daker, im Vordergrund geschlagene Daker, vermutlich Nachkommen der Urnenfelder-Kultur (aus: Stg2019)

Die neue Studie setzt aber thematisch zunächst tausend Jahre früher ein.

Die Glockenbecher-Kultur entstand um 2460 v. Ztr. in Nordfrankreich

Und zwar beim Zeitpunkt der Ethnogenese der Glockenbecher-Kultur und damit vermutlich der Ur-Italo-Kelten tausend Jahre zuvor, um 2460 v. Ztr., und zwar - offenbar - in Nordfrankreich (!) (1):

Wir verglichen zunächst die räumlich-zeitlichen Wahrscheinlichkeits-(bzw. "Kriging"-)Ergebnisse um 2300 v. Ztr., als die mit der Glockenbecher-Population verbundene Abstammung ihren ersten Höhepunkt erreichte, mit 500 v. Ztr., als die schriftlichen Aufzeichnungen die geografische Verbreitung der Kelten in ganz Europa dokumentieren. Während dieser Zeit blieb das Ausbreitungsgebiet der mit der Schnurkeramik verbundenen Abstammung unverändert (Abb. 2A, D), während sich die mit der Glockenbecher-Kultur verbundene Abstammung ausbreitete (Abb. 2B, E) und die mit den europäischen (mittelneolithischen) Bauern verbundene Abstammung ihr vormaliges Übergewicht verlor (Abb. 2C, F).
We first compared the spatio-temporal kriging results at around ~4300 BP, when ancestry associated with Bell Beaker population first peaks, to ~2500 BP, where the written record documents the geographical distribution of Celtic across Europe. During this period, the range of Corded Ware-related ancestry remains stable (Fig. 2A, D), but Bell Beaker-related ancestry expands (Fig. 2B, E) and European Farmer-related ancestry contracts, correspondingly (Fig. 2C, F).

Dieser Umstand war uns ja schon vor genau einem Jahr hier auf dem Blog so bedeutsam, ebenfalls erarbeitet anhand einer da,aöogem Archäogenetik-Studie aus der Gruppe um Eske Willerslev. Denn er gewährt einen völlig neuen Blick auf die wenig "dynamische" "germanische" Geschichte bis in die Römische Kaiserzeit hinein (Stg2024). Wir lesen nun weiter (1):

Basierend auf direkter Probenentnahme finden wir frühe Belege für Glockenbecher-Vorfahren in Frankreich ab 2463 v. Ztr., in den Niederlanden ab 2384 v. Ztr., auf den Britisch-Irischen Inseln ab ca. 2300 v. Ztr. (England: 2333 v. Ztr., Schottland: 2312 v. Ztr., Irland: 1906 v. Ztr.) und in Südeuropa ab ca. 2300 v. Ztr. (Spanien 2367 v. Ztr., Portugal 2158 v. Ztr., Italien 2212 v. Ztr.). Obwohl sie zu einer ähnlichen Zeit auftraten, ist der Anteil der Glockenbecher-Vorfahren in Frankreich, Spanien und Italien geringer als in Großbritannien und den Niederlanden (Ergänzende Abbildung S1.5).
Based on direct sampling, we find early evidence of Bell Beaker-related ancestry being present in France by 4463 BP, the Netherlands by 4384 BP, on the British-Irish Isles by ~4300 BP (England: 4333 BP, Scotland: 4312 BP, Ireland: 3906), and reaching southern Europe by ~4300 BP (Spain 4367 BP, Portugal 4158 BP, Italy 4212 BP). Despite occurring at a similar time, the proportion of Bell Beaker-related ancestry in France, Spain and Italy is less than that of Britain and the Netherlands (Supplementary Fig. S1.5).

Man kann damit vielleicht folgendes sagen: Die germanischen Völker in Skandinavien und Norddeutschland entstanden um 3.000 v. Ztr. mit der Zuwanderung der Schnurkeramiker. Diese germanischen Völker lebten dann für viele Jahrtausende einfach in Skandinavien, ohne daß sich ihre Genetik in größerem Umfang ausbreitete oder sich ihr Verbreitungsraum verringerte. Auch dank zweier welthistorisch bedeutsamer Schlachten, nämlich der an der Tollense um 1250 v. Ztr. und dank der Schlacht bei Kalkriese im Jahre 9 n. Ztr.. 

Abb. 6: Das Köpfen und Ermorden der Kriegsgefangenen bei der Eroberung Armeniens durch die Jamnaja - Silberbecher von Karashamb in Armenien, um 2.200 v. Ztr (s. Stg2023)

Die italo-keltische Völkergruppe entstand also an der Südgrenze des germanischen Verbreitungsraumes zeitgleich zur Entstehung der antiken Griechen. Und mit dieser italo-keltischen Völkergruppe kam offenbar für die nächsten drei Jahrtausende eine weitere Steigerung der Dynamik in die Völkergeschichte Europas. Über dreitausend Jahre hinweg wird die europäische Geschichte von den Kelten dominiert - nicht von Germanen. 

Es wäre übrigens mehr als naheliegend, für die Zeit um 2.300 v. Ztr. ebenfalls Abwehrschlachten der germanischen Völker gegen die italo-keltischen Glockenbecher-Leute anzunehmen. Diese werden einmal siegreicher, einmal weniger siegreich gewesen sein. Wir hörten hier auf dem Blog ja schon davon, daß die Glockenbecher-Leute als erste den Skagerrak direkt durchpaddelt haben. Das war für die damalige Zeit eine große seemännische Leistung. Und sie kamen damit zeitweise bis Norwegen (Stg2022). Aber sie haben dort dann aber offenbar doch keine Genetik hinterlassen. Vielleicht haben die Schnurkeramik-Nachfahren in Norwegen und Dänemark schließlich doch erbarmungsloser gegen sie zugeschlagen, als das bis heute bekannt geworden ist. Zeitgleich scheinen die Schnurkeramik-Nachfahren aber im Böhmischen Becken erbarmungslos ausgerottet worden zu sein (zumindest die Männer).

In Südeuropa tritt die (italo-keltische) Glockenbecher-Herkunft vermutlich insbesondere deshalb in geringerem Umfang auf, weil Südeuropa schon damals dichter besiedelt war und sich hier diese genetische Herkunft nicht ganz so leicht und stark durchsetzen konnte - in einer Art Replacement-Vorgang - wie auf den britischen Inseln oder auch in Teilen Mitteleuropas (z. B. in Böhmen).

In Nordfrankreich - Die gnadenlosen Ur-Italo-Kelten entstehen

Daß sich die Ethnogenese der frühen italo-keltischen Glockenbecher-Kultur in Nordfrankreich vollzogen hat. hören wir übrigens in dieser Studie zum ersten mal in der Literatur überhaupt. Offenbar ist dieser Entstehungsraum bislang noch nicht für die Glockenbecher-Kultur angenommen worden. Wir lesen weiter (1):

Weiter östlich ist die Schnurkeramik-Kultur der Glockenbecher-Kultur zeitlich voraus gegangen. Der Übergang (von ersterer zu letzterer) spiegelt sich genetisch wider, wobei die mit der Glockenbecher-Kultur verbundenen Individuen der Verbreitungsgrenze der mit der Schnurkeramik verbundenen Individuen folgen oder sich mit deren Ausbreitungsgrenze überschneiden. Dies ist in Deutschland (CWC-verwandt 2703-2358 v. Ztr., BB-verwandt bis 2439 v. Ztr.), Ungarn (BB-verwandt bis 2299 v. Ztr., andere CWC-verwandte aus derselben Zeit), der Tschechischen Republik (CWC-verwandt 2739-2477 v. Ztr., BB-verwandt bis 2333) und Polen (CWC-verwandt 2705-2239 v. Ztr., BB-verwandt bis 2250 v. Ztr.) zu beobachten. Darüber hinaus fanden wir in allen Regionen eine starke zeitliche Korrelation zwischen der Ankunft der mit den Glockenbecher-Leuten verwandten Herkunft und der Y-chromosomalen Haplogruppe R-P312, was die Verbindung zwischen beiden bestätigt (Supplementary Note S3).
Further east, the Bell Beaker period was preceded by the Corded Ware Culture. This transition is mirrored genetically in which the Bell Beaker-related individuals follow, or overlap with the end of, the temporal distribution of Corded Ware-related individuals. This is seen in Germany (CWC-related 4703–4358 BP, BB-related by 4439), Hungary (BB-related by 4299 BP, other CWC-related from the same time), Czech Republic (CWC-related 4739–4477 BP, BB-related by 4333), and Poland (CWC-related 4705–4239 BP, BB-related by 4250 BP). Additionally, in all regions, we found a strong temporal correlation between the arrival of Beaker-related ancestry and Y-chromosome haplogroup R-P312, confirming their association (Supplementary Note S3). 

Die Glockenbecher-Kultur ("Bell Beaker", deshalb "BB") ist also offenbar in Nordfrankreich entstanden und hat sich schon zehn Jahre später über Wallonien und Flandern bis an den Rhein ausgebreitet. Im Böhmischen Becken tritt sie einhundert Jahre später auf, in Ungarn noch einmal dreißig Jahre später, in Schlesien noch einmal 50 Jahre später. Eine solche schnelle demographische Ausbreitung muß zugleich aber auch daran liegen, daß die Menschen dieser Kultur sehr kinderreich gewesen sind.

Mit dieser Herkunft tritt ein neuer Y-chromosomaler Haplotyp auf, was darauf schließen läßt, daß die vorher in diesen eroberten Regionen lebenden Männer in größerem Umfang erschlagen worden sind. Dabei scheint es keine Rolle gespielt zu haben, ob die Feinde in ähnlichen Anteilen Steppengenetik in sich trugen (wie die Schnurkeramiker) oder nicht. Dieser Umstand ist schon 2021 in einer archäogenetischen Studie für Böhmen charakterisiert worden. Schon in dieser Studie war festgestellt worden (zit. n. Stg2021):

Sowohl die Schnurkeramiker wie die Glockenbecher-Leute durchliefen zwischen 2600 und 2400 v. Ztr. Veränderungen, die mit einschlossen einschneidende Rückgänge und vollständigen Austausch in der Vielfalt ihrer Y-Chromosomen.

Die Ur-Kelten scheinen also nicht gerade "zimperlich", sondern vielmehr ziemlich gnadenlos mit ihren Feinden umgegangen zu sein. Vielleicht waren sie auch schon "Kopfjäger" wie noch ihre Nachfahren in der Eisenzeit (Wiki) (s.a. Wiki) (Abb 1 und 2). Übrigens sind zur gleichen Zeit - 2.300/2.200 v. Ztr. - Armenien und Griechenland von den Jamnaja-Leuten erobert worden. Und vieles deutet darauf hin, daß diese Eroberungen ähnlich grausam vonstatten gingen wie die Eroberung Böhmens durch die Glockenbecher-Leute (Abb. 3) (s. Stg2023). 

Abb. 7: Ausrüstungsteile erschlagener Feinde - Präsentiert in einem Relief vom Osttor von Side an der Südküste der Türkei, 650 v. Ztr., ausgegraben aus den Dünen in den 1980er Jahren, heute im Museum von Side (eig. Aufn.) (aus: Stg2016)

Das Zurschaustellen von Ausrüstungsteilen erschlagener Feinde findet sich um 650 v Ztr. auch im anatolisch-indogermanischen Side an der Südküste der Türkei (Abb. 4).

Von wo stammten die Kelten, die um 1100 v. Ztr. die britischen Inseln eroberten?

Es werden dann die unterschiedlichen Herkunftsregionen der keltischen Zuwanderungen auf die britischen Inseln in verschiedenen Jahrhunderten charakterisiert anhand der jeweils vorherrschenden, bzw. hinzukommenden, regionalen mittelneolithischen Bauernkomponente. Das haben wir hier auf dem Blog in den Grundzügen auch schon anhand einer Studie von 2021 behandelt (Stg2021). Es heißt dazu (1):

Die Veränderungen in der (mittelneolithisch-)bäuerlichen Abstammung deuten auf Migrationen aus bestimmten Regionen Europas hin, in denen die jeweilige lokale (mittelneolithisch-)bäuerliche Abstammung vorherrschend war.
The changes in Farming ancestry present are suggestive of migrations from distinct regions of Europe in which local farming ancestry was incorporated.

Sprich, der Steppengenetik-Anteil unterscheidet sich nicht so stark wie der mittelneolithische bäuerliche Herkunftsanteil regional und deshalb kann man an letzteren die Zusammenhänge besser erkennen. Es gab auf den britischen Inseln Zuwanderungen aus Nordspanien ebenso wie aus Nordfrankreich. Und am Ende sogar aus Norditalien - laut dieser Studie. Auch in Nordfrankreich wird in der Eisenzeit ein Anstieg von italienischer mittelneolithischer Bauerngenetik festgestellt. Im Böhmischen Becken wird ein Anstieg dieser italienischen mittelneolithischen Bauerngenetik für die Zeit 1200 bis 800 v. Ztr. festgestellt. Es wird ausgeführt (1):

Durch eine weitere Aufschlüsselung der kulturellen Phasen der Region stellen wir fest, daß dieses Abstammungsprofil im Böhmischen Becken bereits ab 1300 v. Ztr. bei Personen auftrat, die mit der Tumulus-Kultur in Verbindung stehen, und sich bis in die Knovíz- und Hallstattzeit fortsetzte (Extended Data Fig. 1).
By splitting further into the cultural phases for the region, we find that this ancestry profile in the Czech Republic occurred by 1300 v. Ztr., in individuals associated with the Tumulus Culture and continuing into the Knovíz and Hallstatt Periods (Extended Data Fig. 1). 

Im Englischen bezeichnet "Tumulus-Kultur" (Wiki) die Nachfolge-Kultur der Aunjetitzer Kultur in Mitteleuropa. Im Deutschen wird diese als "Süddeutsche Bronzezeit" oder auch als "Hügelgräberzeit" (Wiki) bezeichnet. 

In diesen Regionen breiteten sich also Menschen mit Genetik der Urnenfelder-Kultur vom Balkan her aus. Und in Zusammenhang mit dieser Urnenfelder-Kultur stehen dann auch die sogenannten "Goldhüte" (Wiki). Vielleicht wäre es deshalb anschaulicher, die Urnenfelder-Kultur die "Goldhut-Kultur" zu nennen (Stg2011).

Die hier erwähnte Knovízer Kultur (1300-800 v. Ztr.) (Wikiengl) ist eine Untergruppe der Urnenfelder-Kultur und ist nach dem Dorf Knoviz in der Nähe von Prag an der Elbe benannt, gelegen im Böhmischen Becken. Von der zeitgleichen Lausitzer Kultur in Schlesien und im Oder- und Weichselraum war die Knovizer Kultur in Böhmen durch einen Streifen unbesiedelten Landes getrennt (s. Wiki).

Um besser zu verstehen, wie sich diese mit (mittel-)neolithischen Bauern in Zusammenhang stehenden Abstammungen während der Bronze- und Eisenzeit weiter verbreiteten, führten wir eine räumlich-zeitliche Wahrscheinlichkeits-(Kriging-)Analyse der IBD-Mixture-Modelling-Ergebnisse für diese Abstammungen durch (Extended Data Fig. 2). Für alle drei unterscheidbaren (mittelneolithischen) europäischen Bauern-Herkünfte sehen wir, daß ihr Herkunftsanteil im Laufe der Zeit abnimmt. Während wir eine allgemeine Verringerung der Reichweite der britischen und französisch-iberischen mittelneolithischen Herkünfte beobachten, stellen wir fest, daß sich die mittelneolithisch-italienische und die bronzezeitlich-anatolische Herkunft in diesen Zeiträumen ausbreitet.
To understand how these Neolithic Farmer-related ancestries spread during the Bronze and Iron Age more broadly, we performed spatio-temporal kriging on the IBD Mixture Modelling results for these ancestries (Extended Data Fig. 2). For the three European Farmer related ancestries, we see the proportion of ancestry modelled decreasing through time. However, while we see a general range reduction of the British and French/Iberian Neolithic-related ancestries, we find an increase in the geographical range of the Italian Neolithic-related and Bronze Age Anatolian-related ancestries throughout these periods.

Und weiter (1):

Wir stellen fest, daß bronzezeitliche französisch-iberische Herkunft in England während der mittleren Bronzezeit auftaucht und daß die ungarisch-serbische bronzezeitliche Herkunft während der Eisenzeit weit verbreitet war (Abb. 4). In der Tschechischen Republik stellen wir fest, daß fast alle Individuen aus der Spätbronzezeit mit einem großen Anteil ungarischer/serbischer Abstammung modelliert werden können.
We find the appearance of Bronze Age French/Iberian ancestry appearing in England during the Middle Bronze Age, and the Hungarian/Serbian Bronze Age reaching widespread distributions during the Iron Age (Fig. 4). In the Czech Republic, we find almost all individuals being modelled with a large proportion of Hungarian/Serbian ancestry during the Late Bronze Age.

Und (1):

Der Einfluß der Knovíz-bezogenen Abstammung ist besonders hoch in Frankreich, Deutschland und der Tschechischen Republik. In Österreich stellen wir an der gleichnamigen Ausgrabungsstätte von Hallstatt eine beträchtliche genetische Vielfalt fest, wobei Individuen mit besonders hohen Anteilen von entweder Knovíz- oder ungarisch/serbischer Abstammung aus der Bronzezeit modelliert wurden, also ähnlicher zu Herkunft aus Ungarn, Slowenien und der Slowakei, wo die ungarisch/serbische Abstammung aus der Bronzezeit als in hohen Anteilen vorliegend modelliert werden kann. (...) In England werden Individuen von der Spätbronzezeit bis zur Völkerwanderungszeit hauptsächlich von britisch-irischen Vorfahren aus der Bronzezeit modelliert, mit einigen Knovíz- oder französisch/iberischen Vorfahren aus der Bronzezeit (Supplementary Fig. S1.9).
The impact of Knovíz-related ancestry is particularly high in France, Germany and the Czech Republic. In Austria, we note considerable diversity at the eponymous Hallstatt site, with individuals modelled with particularly high proportions of either Knovíz or Hungarian/Serbia Bronze Age-related ancestry, more similar to Hungary, Slovenia and Slovakia, where the Hungarian/Serbian Bronze Age-related ancestry is modelled in high proportions. (...) In England from the Late Bronze Age until the Migration Period, individuals tend to be modelled primarily by the British-Irish Bronze Age ancestry, with some Knovíz or French/Iberian Bronze Age-related ancestry (Supplementary Fig. S1.9).

Soweit zur damit also vermutlich noch weiter zu differenzierenden "inneren" Geschichte der Urnenfelder-Kultur und der auf sie folgenden keltischen Kulturen. Es wird deutlich, daß mit dieser neuen archäogenetischen Studie da noch manche Details tiefenschärfer ausgeleuchtet werden können, was wir an dieser Stelle aber erst einmal übergehen wollen.

Mitteleuropäische Genetik in Dänemark und Schweden nach 375 n. Ztr.

In der Völkerwanderungs- und Wikingerzeit nach 375 n. Ztr. kamen interessanterweise Menschen aus Mitteleuropa nach Dänemark und Südschweden, die geringe Teile von Urnenfelder-Genetik in sich trugen (1):

Der Zustrom kleiner Anteile kontinentaler Abstammung wird als Abstammung aus der Bronzezeit in Knovíz und Ungarn/Serbien modelliert, wobei die britisch-irische Bronzezeit und die französische/iberische Bronzezeit im Allgemeinen fehlen. Daher können wir die Niederlande, Frankreich, Großbritannien und Irland als Quelle dieser kontinentalen Abstammung ausschließen und auf eine weiter östlich gelegene Ursprungsregion schließen. Dies steht im direkten Gegensatz zu Norwegen, wo hohe Anteile der britisch-irischen Abstammung aus der Bronzezeit bei den meisten Personen mit nicht-lokaler Abstammung festgestellt werden, was mit früheren Studien übereinstimmt.
The influx of small proportions of continental ancestry is modelled as Knovíz and Hungary/Serbia Bronze Age-related ancestry, generally lacking British-Irish Bronze Age and French/Iberian Bronze Age. As such, we can exclude the Netherlands, France, Britain and Ireland as a source of this continental ancestry, and infer a source region further east. This stands in direct contrast to Norway, where high proportions of the British-Irish Bronze Age-related ancestry are detected in most individuals with non-local ancestry, consistent with previous studies.

Es gibt einerseits Hinweise auf eisenzeitliche Eroberungsversuche germanischer Stämme aus Norddeutschland, die Richtung Dänemark vorgestoßen sind. Aber vielleicht kamen Menschen dieser Herkunft eher noch im Rahmen des Sklavenhandels der Wikinger über Osteuropa hinweg nach Skandinavien? Solche Herkunft sollte es ja auch in Norddeutschland damals - vermutlich - nicht gegeben haben. Übrigens dürfte es viel Sinn machen, auch für die Urnenfelder-Kultur umfangreichen Sklavenhandel anzunehmen, ein Aspekt, der vermutlich auch leicht vergessen wird.

Im Diskussions-Teil der Studie werden unsere eigenen obigen Annahmen, Deutungen und Schlußfolgerungen bezüglich der Eroberungszüge der Urnenfelder-Kultur dann noch einmal ausdrücklich voll bestätigt. Und das dürfte unter anderem auf Kristian Kristiansen zurück gehen (1):

Die nordwärts gerichtete Expansion von Mitteleuropa nach Norddeutschland und Südskandinavien endete offenbar in einer bedeutenden Niederlage. Dies legt die Schlacht an der Tollense um 1.200 v. Ztr. nahe und wird auch durch das Fehlen von Knovíz-Herkunft in Skandinavien vor der Völkerwanderungszeit deutlich.
The northward expansion from Central Europe into northern Germany and southern Scandinavia appears to have culminated in a significant defeat, as suggested by the Tollense battle around 3200 BP and evident also from the lack of Knovíz related ancestry in Scandinavia prior to the Migration Period.

Wir dürfen also sagen: Bollwerk Germanien gegenüber der italo-keltischen Völkergruppe um 2.300 v. Ztr., um 1250 v. Ztr. und 9 n. Ztr.. Allerdings wollen wir bei Gelegenheit auch noch einmal den keltischen Kultureinflüssen auf die nordische Bronzezeit nachgehen, auf die wir etwa letztes Jahr im Museum in Kopenhagen gestoßen waren. Man wird sagen dürfen: Als Heiratspartner waren die Angehörigen der italo-keltischen Völkergruppe bis 375 n. Ztr. in "Germanien" nicht gern gesehen. Aber als Händler vermutlich doch. Vielleicht haben auch germanische Fürsten, die sich in den Dienst keltischer Könige gestellt haben, "Beute" und Kulturgüter mit nach Germanien gebracht.

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  1. Tracing the Spread of Celtic Languages using Ancient Genomics. Hugh McColl, Guus Kroonen, Thomaz Pinotti, John Koch, Johan Ling, Jean-Paul Demoule, Kristian Kristiansen, Martin Sikora and Eske Willerslev (bioRxiv. posted 1 March 2025) 10.1101/2025.02.28.640770
  2. Cavazzuti, C., Arena, A., Cardarelli, A., Fritzl, M., Gavranović, M., Hajdu, T., ... & Szeverényi, V. (2022). The First ‘Urnfields’ in the Plains of the Danube and the Po. Journal of World Prehistory, 1-42 (Springer)

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