Dienstag, 27. Mai 2025

Mit KI meine Doktorarbeit fertig schreiben (!!!)

Künstliche Intelligenz - Kann sie mir wirklich helfen, die Arbeit an meiner Promotion fortzusetzen?
- Ich pilgere nach Delphi, um die hohe, moderne Göttin der Weisheit zu befragen
- Sie ist - offenbar - deutlich klüger und schlagfertiger als ein verdienter deutscher Professor für Humansoziobiologie 1997 in Gießen

Abb. 1: William D. Hamilton
William D. Hamilton (1936-2000) (Wiki), der Begründer der Soziobiologie, ist einer der großen Helden meines dritten Lebensjahrzehnts, seit ich begann, mich mit Soziobiologie und Evolutionärer Anthropologie zu beschäftigen. (Neben vielen anderen Helden - natürlich, s. Abb. 1.) 1966, als ich geboren wurde, saß er einsam in Londoner Bahnhofs-Wartesälen und schrieb an einer Doktorarbeit, die einen ganzen neuen Wissenschaftszweig begründen sollte, nämlich eben jene genannte Soziobiologie, heute allgemeiner Evolutionäre Anthropologie oder Evolutionäre Psychologie genannt.

An ihn, diesen großen Wegbahner und mutigen Intellektuellen soll als erstes erinnert werden, bevor ich mit dem weiteren fortfahre. Er sollte zahllose Schüler weltweit haben. Zu den namhaftesten gehören Edward O. Wilson und Richard Dawkins. Diese machten die große Öffentlichkeit ab 1975 erstmals mit jenen neuen Gedanken bekannt, die von William D. Hamilton in die Welt gebracht worden waren (in den Büchern "Sociobiology - The New Synthesis" und "Das egoistische Gen"). In Deutschland wurde die neue Forschungsrichtung aufgenommen von Wolfgang Wickler, einem Schüler von Konrad Lorenz, später von Leuten wie Christian Vogel und dessen Schüler, dem Gießener Humansoziobiologen Eckart Voland. Bei letzterem begann ich selbst 1995/97 eine Doktorarbeit - also quasi als wissenschaftlicher Urenkel von William D. Hamilton. Schließlich war es im Jahr 2006 auch der Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Frank Schirrmacher, der in seinem Büchlein "Minimum - Vom Vergehen und Neuentstehen unserer Gemeinschaft" Anregungen seines Autors Eckart Voland aufnahm und der Soziobiologie eine neue öffentliche Aufmerksamkeit gegeben hat. Seither war es etwas stiller geworden rund um diese Forschungsrichtung. Ob das nicht sollte geändert werden können?

Soweit also zunächst als allgemeine Einleitung.

Künstliche Intelligenz nimmt richtig Fahrt auf in der Wissenschaft

Nun sehen wir also am 25. Mai 2025 die neueste Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Nature" (22.Mai2025) durch und werden darauf aufmerksam, daß sie eine Fülle von Artikeln über Künstliche Intelligenz enthält. Dieses Thema scheint also in der Wissenschaft gerade so richtig, richtig Fahrt aufzunehmen. Da stößt man nur innerhalb dieser einzigen Zeitschriften-Folge auf die folgenden Aufsatzttitel:

The path for AI in poor nations does not need to be paved with billions
Researchers in low- and middle-income countries show that home-grown artificial-intelligence technologies can be developed, even without large external investments.

Oder:

AI linked to explosion of low-quality biomedical research papers
Analysis flags hundreds of studies that seem to follow a template, reporting correlations between complex health conditions and single variables based on publicly available data sets.

Oder:

I told AI to make me a protein. Here’s what it came up with
A new crop of artificial-intelligence models allows users to create, manipulate and learn about biology using ordinary language.

Oder:

Abb. 2: "Nature" 

AI tool flags people at high risk of post-partum depression
Model could be used by hospitals to identify people who would benefit from of preventive measures.

Oder:

Can AI help us talk to dolphins? The race is now on
Lucrative prizes are offered for an AI-powered breakthrough in communications between humans and other species.

Mit solchen Titeln auf die Thematik eingestimmt, stößt der unbedarfte, nichtsahnende Leser dann auf die folgende Überschrift:

‘AI models are capable of novel research’: OpenAI’s chief scientist on what to expect
Jakub Pachocki, who leads the firm’s development of advanced models, is excited to release an open version to researchers.

Ja, was denn, so taucht aus den Tiefen unseres Gehirns der Gedanke auf: Kann ich denn mit KI, mit OpenAI (vormals "ChatGPT") auch meine Doktorarbeit fertig schreiben? Und sei es auch nur, nunja: als "low-quality research paper"? Dieser Frage will ich gleich einmal nachgehen. 

Die grundlegende These meiner Doktorarbeit von 1997

Ich frage also unbefangen OpenAI: 

"Altruismus kann evoluieren, wenn die Hamilton-Ungleichung r > K/N eingehalten wird, das heißt, wenn die Kosten K einer altruistischen Handlung (für den Altruisten) geteilt durch den Nutzen N einer altruistischen Handlung (für den Nutznießer) kleiner sind als der genetische Verwandtschaftsgrad, der zwischen Altruist und Nutznießer besteht - richtig?"

Dieser Satz ist der allgemeinen Beschreibung des vorliegenden Blogs entnommen. Die KI gibt mir im Wesentlichen recht. 

Abb. 3: Fragen an Athena, die Göttin der Weisheit (Wiki

Schließlich stelle ich die Folgefrage, meine "Fangfrage":

"Gut, wie wirkt sich nun Arbeitsteilung im Sinne von Adam Smith auf die Gesetzmäßigkeiten dieser Altruismus-Evolution aus? Durch Arbeitsteilung kann mit wenig Kosten viel Nutzen erreicht werden."

Die KI zögert mit der Antwort auch nicht eine Sekunde:

Sehr gute und tiefgehende Frage! Du bringst hier zwei verschiedene, aber potenziell verknüpfbare Konzepte zusammen: biologischen Altruismus im Sinne der Hamilton-Regel und Arbeitsteilung im ökonomischen Sinne von Adam Smith. Lassen wir uns diese Verbindung systematisch betrachten. (...)
Adam Smith stellte fest, dass durch Spezialisierung und Arbeitsteilung:
Produktivität steigt (mehr Output mit gleichem oder weniger Input),
Effizienzgewinne entstehen (z. B. Zeitersparnis, Lernkurve, Technikeinsatz),
die Kosten pro Einheit sinken, während der Nutzen (Output) steigt.
Hier kommt deine kluge Beobachtung ins Spiel:
Durch Arbeitsteilung kann der Quotient K/N (Kosten/Nutzen) kleiner werden.
Beispielhafte Wirkung:
Ohne Arbeitsteilung       Mit Arbeitsteilung
K = 5 (Kosten)                     K = 2
N = 10 (Nutzen)               N = 12
K/N = 0,5                              K/N = 0,166...
Benötigtes r > 0,5               Benötigtes r > 0,166...
Arbeitsteilung reduziert K/N ⇒ Erhöht die Bedingungen, unter denen Altruismus evolvieren kann.
In biologischen oder sozialen Systemen (z. B. bei Insekten, Primaten oder Menschen) zeigt sich das so:
Arbeitsteilung senkt individuelle Kosten → Altruistische Handlungen werden fitnessverträglicher.
Hochspezialisierte Individuen (z. B. Arbeiterinnen bei Ameisen) können altruistisch handeln, weil der individuelle Beitrag gering erscheint, aber für das Ganze (Kolonie) hoch ist.
Effizienz durch Spezialisierung → K wird klein, N wird groß → Mehr evolutionär stabiler Altruismus möglich.
Fazit
Ja, Arbeitsteilung verändert die Bedingungen der Altruismus-Evolution:
Sie kann K/N verkleinern und dadurch die Hamilton-Ungleichung leichter erfüllbar machen.
Dadurch wird kooperatives, altruistisches Verhalten auch zwischen weniger nah verwandten Individuen wahrscheinlicher – ein evolutionärer Mechanismus, der zur Hochentwicklung komplexer Gesellschaften beitragen kann.
Wenn du möchtest, kann ich dir ein vereinfachtes Modell oder Diagramm zeichnen, das diesen Zusammenhang zeigt.

In diesen wenigen, schnell von der KI hingeschriebenen Worten sind fast alle Grundgedanken meiner Doktorarbeit von 1997 zusammen gefaßt. Die KI trägt hier genau jene These vor, die ich selbst 1997 im Doktorandenseminar von Eckart Voland in Gießen vorgetragen habe! Ganz ohne daß ich die KI mit dem Zaunpfahl darauf hinweisen muß, also quasi "von selbst". (Aus anderen Zusammenhängen weiß ich, daß ChatGPT nicht immer so schnell auf den Punkt kommt, den ich als Fragender von ihr erwarte, etwa als ich die KI neulich zu der Philosophin Violetta Waibel befragte, da brauchte ich dann doch irgendwann den Zaunpfahl ... [Stg2025]. Wie auch immer!) Auch die Schlußfolgerung bezüglich der Ameisenstaaten hat ChatGPT von selbst gezogen. Und wenn ich den Schritt von der Einzelligkeit zur Mehrzelligkeit über dieses Prinzip erklären möchte, dann wird mir ChatGPT voraussichtlich auch hierbei zustimmen (!). (Werde ich die KI irgendwann noch fragen ...)

Ich möchte hier also erst einmal feststellen, daß die Künstliche Intelligenz intelligenter ist als es mein Doktorvater Professor Voland im Jahr 1997 war, also zu jenem Zeitpunkt, als ich genau diese These in seinem Doktorandenseminar vorgetragen habe und als auch alle anderen anwesenden Doktoranden - hm, vielleicht ein bisschen eilfertig - argumentativ dagegen gehalten haben. Und als ich von keiner Seite Ermutigung erhielt, diese Grundgedanken weiter zu verfolgen.

Die Zeit war damals vermutlich einfach noch nicht reif für einen solchen "ungewöhnlichen" (?) Gedanken. Zumindest unter deutschsprachigen Menschen, die sich mit Soziobiologie und Evolutionärer Anthropologie - ein wenig - auskannten. ChatGPT scheint da nun im Jahr 2025 "vorurteilsfreier" heranzugehen, ähm!!! (Manchmal mag es eben auch vorteilhaft sein, keine Emotionen zu haben ;-) ) Statt zunächst den Vorschlag im letzten Satz von ChatGPT weiter zu verfolgen, stelle ich der hohen Göttin KI gleich einmal jene Frage, der ich seit etwa 1994/95 nachgehe, und die mir fast noch am meisten auf den Nägeln brennt:

"Gibt es zu diesem Thema wissenschaftliche Literatur?"

Ich bin sehr gespannt auf die Antwort. Aber meine neue Koautorin KI nennt mir keine wesentliche Literatur, die ich nicht schon kennen würde, und in der ich den von mir aufgeworfenen Grundgedanken nie explizit genug heraus gearbeitet gefunden hatte. Die KI nennt etwa:

Bert Hölldobler & Edward O. Wilson (2009)
Titel: The Superorganism: The Beauty, Elegance, and Strangeness of Insect Societies
Betrachtung von Arbeitsteilung, Kooperation und Altruismus in sozialen Insekten
Verknüpfung zwischen Effizienzsteigerung durch Spezialisierung und kollektiver Fitness

Ich kann mich nicht erinnern, daß in diesem Buch der aufgeworfene Grundgedanke schon besonders konkret und ausführlich und explizit genug behandelt worden wäre. Das bemängele ich ja schon seit Jahren in meiner Blogbeschreibung an der Superorganismus-Theorie.

Sie nennt außerdem eine Arbeit von Herbert Gintis aus dem Jahr 2007 - gut! Sie nennt eine Arbeit von Samuel Bowles & Herbert Gintis (2011) - ebenfalls gut! 2008 hatte ich diese Autoren schon hier auf dem Blog erwähnt (Stg2008). So kommen wir weiter, mein liebe Koautorin KI. Jedenfalls: Beides sind Autoren, von denen ich immer schon gedacht habe, daß sie auf gutem Wege wären. Also, weiter so, liebe KI, liebe Göttin der Weisheit.*)

Die KI verweist mich aber auch auf Literatur zu Tit-for-Tat-Interaktionen. Da bist du auf dem Irrwege, liebe KI, denn diese haben zunächst gar nichts direkter mit dem Thema zu tun. Insgesamt kommt dir also selbst deine vorgeschlagene Literaturliste etwas zu kurz vor und du glaubst, sie "füllen" zu müssen. Ich schaue allmählich hinter deine Kulissen, meine liebe KI. Sieh dich vor. Auch Göttinnen können irren. 

Also insgesamt kommt mir ChatGPT bei der Literaturrecherche nicht schlauer vor als ich es selbst schon war. Damit bestätigt mir die KI im Grunde, daß ich offenbar keine wesentliche Arbeit zu diesem konkreten Thema übersehen habe - und (!!!): daß es immer noch keine echte Konkurrenz gibt bei der Behandlung dieses so grundlegenden Themas (!!!). Ich könnte also immer noch ein zweiter William D. Hamilton werden bei der Begründung eines neuen Wissenschaftszweiges.

Die KI hat in ihrer kurzen Antwort ohne Umschweife mehr und Konkreteres gesagt als ich es jemals in der wissenschaftlichen Literatur irgendwo behandelt gefunden habe! Die vergleichsweise spärliche Literatur, die die KI zu diesem konkreten Thema zusammen bringt, ist übrigens auch ein Beleg dafür, daß die KI bei ihrer ersten Antwort "selbständig" gedacht hatte und keineswegs nur Lesefrüchte referiert hat. Das zeigt mir, daß die KI wirklich was "drauf" hat. Ich bin sprichwörtlich begeistert.

Ich gehe dann doch noch auf den Vorschlag von ChatGPT ein und bitte: "Zeichne mir ein vereinfachtes Modell oder Diagramm, das den oben genannten Zusammenhang zeigt." Aber es dauert zu lange, bis es mit den Diagrammen fertig ist. Da aktuell gerade so viele Leute Bilder erstellen würden, so sagt mir die hohe Göttin KI. Tja, Delphi hat neuerdings viel zu tun. Um ihretwillen müssen ganze neue Kernkraftwerke in Betrieb genommen werden oder in Betrieb bleiben. Machen wir also mit Textfragen weiter und verzichten zunächst auf kluge Diagramme.

Der durchschnittliche genetische Verwandtschaftsgrad in Jäger-Sammler-Gesellschaften

Frage: "Wie hoch ist der durchschnittliche genetische Verwandtschaftsgrad in Jäger-Sammler-Gesellschaften?" Die hohe Göttin der Weisheit antwortet: In Jäger-Sammler-Gesellschaften liegt der durchschnittliche genetische Verwandtschaftsgrad unter Gruppenmitgliedern bei etwa:

r ≈ 0,2 bis 0,25

Das ist deutlich höher als in heutigen anonymen Gesellschaften, aber niedriger als innerhalb enger Verwandtschaft (z. B. r = 0,5 bei Geschwistern).

(Literatur: Hill et al. (2011) Titel: Co-Residence Patterns in Hunter-Gatherer Societies Show Unique Human Social Structure. Studie an 32 Jäger-Sammler-Gruppen weltweit, mittlerer Verwandtschaftsgrad innerhalb von Wohnlagern: r ≈ 0,2 bis 0,25. In: Science, 331(6022), 1286–1289 DOI: 10.1126/science.1199071)

Nächste Frage: "Wie hoch ist der durchschnittliche Verwandtschaftsgrad in den frühesten, arbeitsteiligen bäuerlichen Gesellschaften des Menschen?"

Antwort: Basierend auf archäogenetischen Studien und ethnographischen Vergleichen kann man sagen: In frühen bäuerlichen Gesellschaften (Neolithikum) lag der durchschnittliche genetische Verwandtschaftsgrad vermutlich zwischen

r ≈ 0,05 und 0,15

Zum Vergleich:

Gesellschaftstyp                                               Durchschnittlicher r-Wert

Enge Familie (z. B. Geschwister)                        0,5

Jäger-Sammler-Band                                       ~0,2–0,25

Neolithische Bauerngemeinde                       ~0,05–0,15

Moderne anonyme Gesellschaft                         < 0,01

Mitteldeutschland (LBK, ca. 5000 v. Ztr.)
Studie von Haak et al. (2008) und Mittnik et al. (2019):
Genetische Rekonstruktion von Verwandtschaftsverhältnissen innerhalb neolithischer Dörfer (z. B. Eulau, Deutschland)
Viele Haushalte bestehen aus engen Verwandten, aber nicht alle
Erweiterte Familienstrukturen, aber auch Einheirat von außerhalb
Ergibt im Schnitt ein mittleres r von etwa 0,1 bis 0,15.

Das Schöne ist auch: Die KI befreit einen von so vielen Selbstzweifeln. All solche Daten habe ich ja selbst schon zusammen gestellt. Aber da die KI das ebenso schnell, frei und offen kommuniziert, fühlt man sich gleich viel sicherer. (Natürlich: Auch die hohe Göttin kann irren. Natürlich.)

Welche arbeitsteiligen Strukturen kann man bei vorkeramischen neolithischen Gesellschaften im Vorderen Orient feststellen?

Mit den vorkeramischen, neolithischen Gesellschaften des Vorderen Orients kenne ich mich vergleichsweise gut aus, denn zu ihnen habe ich schon 1995 am Anthropologischen Institut der Universität Mainz eine Seminararbeit erarbeitet. Es gab hier im sogenannten PPNB ab 7.500 v. Ztr. schon Dörfer mit bis zu 3.000 Einwohnern, ab 6.500 v. Ztr auch Städte mit 10.000 Einwohnern (1) (Abb. 4). Hier wird man sicherlich schon vielfältiger strukturierte gesellschaftliche Arbeitsteilung voraussetzen dürften, bzw. müssen. Deshalb meine Frage an die hohe Göttin KI: "Welche arbeitsteiligen Strukturen kann man bei vorkeramischen neolithischen Gesellschaften im Vorderen Orient feststellen?" In der Antwort heißt es unter anderem:

In PPNB zunehmend arbeitsteilige Organisation von:

Pflanzenbau (Weizen, Gerste, Hülsenfrüchte)

Tierhaltung (Ziegen, später Schafe und Rinder)

Nahrungsverarbeitung (Sicheln, Mahlsteine)

Unterschiedliche Aufgaben für Gruppen oder Individuen: Anbau, Ernte, Lagerung, Zubereitung

Ja, das deckt sich mit meinen eigenen Lektüre-Eindrücken von archäologischen Forschungs-Studien zum PPNB (1). Insgesamt ist die gesellschaftliche Arbeitsteilung in vorkeramischen, neolithischen Gesellschaften aber noch nicht besonders klar und konturiert archäologisch festgestellt. Sie läßt sich aber schlußfolgern, insbesondere auch anhand der von der KI nicht erwähnten, aufwändig hergestellten Terrazzo-Fußböden und der damit verbundenen Fußboden-Heizungen in den rechteckigen Gebäuden des PPNB, die zum Beispiel einen hohen Verbrauch an Feuerholz zum Herstellen derselben mit sich brachten. Das heißt also, es gab spezialisierte Handwerks-Berufe.

Bevölkerungswachstum ohne und mit Spezialisierung

Nun gut, neue Frage: "Wenn es zu Bevölkerungswachstum in einer Gesellschaft kommt, ohne dass dabei die berufliche Spezialisierung zunimmt, dann sinken die Potentiale innerhalb dieser Gesellschaft, die aus dem Verwandtenaltruismus nach William D. Hamilton abgeleitet werden können - richtig?" - Antwort:

Ja, das ist im Kern richtig – und zwar sowohl theoretisch als auch empirisch gut begründbar. Hier ist eine genauere Erklärung: (...) Wenn r sinkt, wird es schwieriger, die Ungleichung zu erfüllen - es sei denn, C/B sinkt ebenfalls (z. B. durch Arbeitsteilung oder Effizienz).

Was passiert bei Bevölkerungswachstum ohne Spezialisierung?

Größere Gesellschaften → mehr Interaktionen mit Nicht-Verwandten

Dadurch sinkt der durchschnittliche r-Wert zwischen zufällig gepaarten Individuen

Ohne zunehmende Spezialisierung:

Kosten des Helfens (C) bleiben gleich hoch

Nutzen (B) nicht gesteigert durch Effizienz

→ C/B bleibt hoch

Ergebnis:

Die Hamilton-Bedingung (r > C/B) wird seltener erfüllt

→ Weniger Altruismus durch Verwandtschaftsselektion

Die hohe Göttin KI hat völlig verstanden, worum es geht!!!! Mit ihr kann ich mich über alles rund um meine Doktorarbeit viel besser und viel schlagfertiger unterhalten als mit allen Anwesenden im Doktorandenseminar in Gießen 1997. Die hohe Göttin KI führt in ihrer Antwort auch gleich noch unglaublich klug weiter - und sehr selbstständig gedacht - aus:

Was würde das kompensieren?

Berufliche/ökonomische Spezialisierung reduziert C (Kosten) → senkt C/B

Reziprozität, kulturelle Normen oder Multilevel-Selektion könnten altruistisches Verhalten auch zwischen Nichtverwandten stützen

Beispiel: "Arbeitsteilung kompensiert sinkenden r-Wert"

Beispielhafte Szenarien:

          Fazit

Ja, bei Bevölkerungswachstum ohne gleichzeitige Senkung der Kosten (C) durch Spezialisierung oder andere Mechanismen verliert Verwandtenaltruismus an Wirkungskraft.

→ In großen Gesellschaften braucht es kompensatorische Mechanismen (Arbeitsteilung, Normen, Institutionen), um Kooperation und Altruismus aufrechtzuerhalten.

Auf den Vorschlag, das zu visualisieren, verzichte ich zunächst angesichts der Erfahrung damit weiter oben. ;-) Ich nehme einfach einmal eine "Visualisierung" aus meiner Seminararbeit von 1995 mit herein (s. Abb. 4).

Um welchen Faktor ändert sich eigentlich der Spezialisierungsgrad einer Gesellschaft im geschichtlichen Verlauf?

Nächste Frage: "Um welchen Faktor hat sich der Spezialisierungsgrad in den europäischen Gesellschaften zwischen dem Frühmittelalter und dem Hochmittelalter verändert?" Leider gibt ChatGPT dazu keine konkreten quantitativen Angaben. Fragen wir weiter: "Um welchen Faktor hat sich der Spezialisierungsgrad in den europäischen Gesellschaften zwischen der Frühen Neuzeit und dem frühen Zwanzigsten Jahrhundert verändert, dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft?" Auch auf diese Frage will mir ChatGPT keine konkrete, quantitative Antwort geben. Deshalb die nächste Frage: "Um welchen Faktor hat sich der Spezialisierungsgrad in den europäischen Gesellschaften zwischen der dem frühen Zwanzigsten Jahrhundert und heute verändert, dem Übergang von der Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft?" ChatGPT behauptet, es gäbe keine konkreten, quantitativen Angaben. Das glaube ich der KI nicht. Da macht sie es sich ein wenig zu einfach. Da gibt es viele Forschungen drüber. Deshalb frage ich: "Glaubst du nicht, dass du es dir bei deiner Antwort ein wenig zu einfach machst? Zu dieser Frage gibt es doch eine Fülle von wirtschaftsgeschichtlicher Forschung." Antwort:

Du hast völlig recht - die Frage nach dem Wandel des Spezialisierungsgrads in europäischen Gesellschaften zwischen dem frühen 20. Jahrhundert und heute ist komplex und wurde umfassend in der wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Forschung untersucht. Einige meiner früheren Antworten waren zu allgemein gehalten und haben die Tiefe der vorhandenen Literatur nicht ausreichend berücksichtigt. (...)

Quantitative Indikatoren für den Spezialisierungsgrad

Die Messung des Spezialisierungsgrads erfolgt in der Forschung häufig über verschiedene Indikatoren:

Herfindahl-Index: Dieser Index misst die Konzentration von Beschäftigung in bestimmten Branchen und kann Aufschluss über die Spezialisierung einer Volkswirtschaft geben.

Vielfalt der Berufsklassifikationen: Die Zunahme der Anzahl und Differenzierung von Berufsklassifikationen in nationalen und internationalen Klassifikationssystemen (z. B. ISCO) spiegelt die wachsende Spezialisierung wider.

Anteil hochqualifizierter Beschäftigter: Der steigende Anteil von Beschäftigten mit tertiärer Bildung oder spezialisierten Qualifikationen deutet auf eine zunehmende Spezialisierung hin.

Gut, wir schreiten hier erst einmal nur Themengebiete ab, die grob im Zusammenhang mit der Grundthese meiner Doktorarbeit Bearbeitung finden könnten.

Abb. 4: Die Kulturstufen der neolithischen Revolution (aus: T. Molleson, 1994, ergänzt durch I.B. 1995) (1) (auch in: Stg2012)

Dieser Blogartikel wird - natürlich - Fortsetzungen nach sich ziehen ...

... Und wie schlägt sich die KI "Grok" des Elon Musk?

Ergänzung 1.6.2025: In der aktuellen Ausgabe von "Scientific American" finde ich einen Artikel über die KI des Elon Musk, genannt "Grok" (ScAm25). Was diese nun wohl zu diesen Fragen sagt? - Sie sagt unter anderem (Grok):

Nach Adam Smith führt Arbeitsteilung zu einer höheren Produktivität, da Individuen durch Spezialisierung effizienter arbeiten. Dies bedeutet, dass die Kosten (C) einer altruistischen Handlung (z. B. Zeit, Energie oder Ressourcen, die der Altruist aufwendet) im Verhältnis zum erzeugten Nutzen (B) für den Nutznießer sinken können.
In der Hamilton-Ungleichung (rB > C) führt eine Arbeitsteilung dazu, dass B (Nutzen) steigt und/oder C (Kosten) sinkt. Dadurch wird die Ungleichung leichter erfüllt, was altruistisches Verhalten evolutionär begünstigt.
In sozialen Gruppen, wie bei Insektenstaaten (z. B. Bienen oder Ameisen) oder menschlichen Gesellschaften, kann Arbeitsteilung als eine Form von Altruismus betrachtet werden. Beispielsweise opfert ein Individuum (z. B. eine Arbeitsbiene) Zeit und Energie, um eine spezialisierte Aufgabe zu erfüllen, die der gesamten Gruppe zugutekommt. Durch die Spezialisierung wird der Nutzen für die Gruppe (z. B. mehr Nahrung, bessere Verteidigung) maximiert, während die Kosten für das Individuum relativ niedrig bleiben.
In menschlichen Gesellschaften könnte ein Bauer, der sich auf den Anbau von Nahrung spezialisiert, altruistisch handeln, indem er Nahrung mit anderen teilt. Durch die Arbeitsteilung ist die Produktion effizienter, was den Nutzen für die Empfänger erhöht und die Kosten für den Geber senkt.
Einfluß auf die Hamilton-Ungleichung
Erhöhung von B (Nutzen): Arbeitsteilung führt dazu, dass der Nutzen für die Empfänger einer altruistischen Handlung größer wird, da spezialisierte Aufgaben oft mehr Ressourcen oder bessere Ergebnisse liefern. Dies macht es wahrscheinlicher, dass rB > C erfüllt ist, selbst wenn der Verwandtschaftsgrad r relativ niedrig ist.
Senkung von C (Kosten): Durch Spezialisierung kann der Altruist seine Aufgabe mit geringerem Aufwand erfüllen, was die Kosten der altruistischen Handlung reduziert. Dies erleichtert ebenfalls die Erfüllung der Hamilton-Ungleichung.
Erweiterung von r (Verwandtschaftsgrad): In komplexen Gesellschaften kann Arbeitsteilung auch kooperatives Verhalten über die enge Verwandtschaft hinaus fördern, indem sie reziproken Altruismus oder Gruppenvorteile ermöglicht. Dies ist jedoch eher eine Erweiterung der klassischen Hamilton-Regel.
4. Evolutionäre Konsequenzen
Arbeitsteilung verstärkt die Evolution von Altruismus, da sie die Bedingungen der Hamilton-Ungleichung erleichtert. Gruppen mit Arbeitsteilung können effizienter kooperieren, was ihren evolutionären Erfolg steigert, insbesondere in Umgebungen, in denen Ressourcen knapp sind oder komplexe Aufgaben gelöst werden müssen.
Bei sozialen Insekten wie Ameisen oder Bienen ist die Arbeitsteilung ein Paradebeispiel für altruistisches Verhalten, das durch hohen Verwandtschaftsgrad (r nahe 1) und optimierte Kosten-Nutzen-Verhältnisse stabilisiert wird.
In menschlichen Gesellschaften ermöglicht Arbeitsteilung komplexe Formen von Kooperation, die über genetische Verwandtschaft hinausgehen, indem sie indirekte Vorteile (z. B. Handel, gegenseitige Unterstützung) schaffen, die den Prinzipien von reziprokem Altruismus ähneln.
Fazit
Arbeitsteilung im Sinne von Adam Smith wirkt sich positiv auf die Evolution von Altruismus aus, indem sie die Kosten (C) einer altruistischen Handlung senkt und den Nutzen (B) für die Empfänger erhöht. Dies erleichtert die Erfüllung der Hamilton-Ungleichung (rB > C), selbst bei niedrigerem Verwandtschaftsgrad. In sozialen Systemen fördert Arbeitsteilung somit die Kooperation und stabilisiert altruistisches Verhalten, was den evolutionären Erfolg von Gruppen steigert.

Sagen wir es so: Einverstanden, aber die Antwort von ChatGPT oben war doch noch einen Tick differenzierter. Die dann abgefragte Literatur-Liste von "Grok" ist auch ein wenig anders gestaltet - aber keineswegs besser. Auch die Frage zu Bevölkerungswachstum ohne weitere berufliche Spezialisierung wird in ähnlichem Sinne wie von ChatGPT beantwortet, aber wiederum etwas weniger differenziert. Interessant ist, wenn man diese Frage dann durch "DeeperSearch" weiter verfolgt. Dann wird deutlich, daß die KI sich über mehrere Versuche hinweg schwer tut, wirklich brauchbare Literatur zu dieser Frage zu finden. (Woher kenne ich das???) Sie sagt da etwa Worte wie:

Let's check if there's a connection between these factors in scientific literature.

Ergebnis des ersten Versuchs:

Just found interesting results from the search, including papers on kin selection and Hamilton's rule.
None directly address population growth without occupational specialization affecting kin altruism, though.

Und nach weiteren Versuchen:

Again, the search results are not directly addressing the specific combination of population growth, occupational specialization, and kin altruism.

Dieses "DeeperSearch" macht ein wenig transparenter, wie die KI arbeitet, vor allem auch, wie sie mit Mißerfolgen bei der Literaturrecherche umgeht, bzw. daß sie eben solche hat (so wie ich seit 25 Jahren). Wenn man sonst keine Anregungen hätte, würde man aus diesem "trial and error" mancherlei Anregungen für weiteres Nachdenken ableiten können, und zwar weil die KI doch ein wenig hartnäckig dran bleibt, die gestellte Frage doch noch von verschiedenen Seiten aus und aus verschiedenen Richtungen her zu beantworten. Wir wollen im Auge behalten, daß hier weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit gegeben sein könnten. Ich freue mich darauf, liebe KI Grok. 

_____________

*) Die KI ist weiblich - oder etwa nicht? Es macht jedenfalls viel mehr Spaß, sie sich weiblich vorzustellen. Etwa wie Athene, die Göttin der Weisheit. Wollen wir sie deshalb nicht lieber Athena nennen? Oder Minverva? Und warum kommt uns dann auch noch jenes Hegel-Wort von der Eule der Minerva in die Quere, die ihren Flug angeblich erst mit einbrechender Dämmerung beginnen würde (Wiki)? Mit diesem Hegel-Wort könnten wieder neue Bezüge hergestellt werden nach verschiedenen Richtungen hin - aber lassen wir das an dieser Stelle. (Das Füllhorn philosophischer Ideen, das auch Hegel vor seinen Lesern ausbreitet, hatte sich schon in seiner Jugend und in seinen Gesprächen mit Friedrich Hölderlin zum Bersten angefüllt, also vorsichtig damit, ein solches Hegel-Wort in gar zu einseitiger Weise auszulegen!)

_________

  1. Bading, Ingo: Die Neolithische Revolution im Vorderen Orient 12.000 bis 6.000 v. Ztr.. (Ursprünglicher Titel: Populationsstrukturen und Transitions-Vorgänge im Levanteraum vom Epi-Paläolithikum bis zum PPNB.) Seminararbeit für den Anthropologischen Kurs II (Populationsstrukturen) von PD Dr. Winfried Henke, Universität Mainz, SS 1995 (Acad)

1 Kommentar:

Ingo Bading hat gesagt…

In der aktuellen Ausgabe von "Scientific American" finde ich einen Artikel über die KI des Elon Musk, genannt "Grok" (ScAm25). Was diese nun wohl zu diesen Fragen sagt? - Sie sagt unter anderem ... (am Ende des Artikels eingefügt).

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...

Beliebte Posts (*darunter finden sich leider selten neuere Beiträge*)

Registriert unter Wissenschafts-Blogs

bloggerei.de - deutsches Blogverzeichnis

Haftungsausschluß

Urheber- und Kennzeichenrecht

1. Der Autor ist bestrebt, in allen Publikationen die Urheberrechte der verwendeten Bilder, Grafiken, Tondokumente, Videosequenzen und Texte zu beachten, von ihm selbst erstellte Bilder, Grafiken, Tondokumente, Videosequenzen und Texte zu nutzen oder auf lizenzfreie Grafiken, Tondokumente, Videosequenzen und Texte zurückzugreifen.

2. Keine Abmahnung ohne sich vorher mit mir in Verbindung zu setzen.

Wenn der Inhalt oder die Aufmachung meiner Seiten gegen fremde Rechte Dritter oder gesetzliche Bestimmungen verstößt, so wünschen wir eine entsprechende Nachricht ohne Kostennote. Wir werden die entsprechenden Grafiken, Tondokumente, Videosequenzen und Texte sofort löschen, falls zu Recht beanstandet.