Meine Herkunftsgruppen-Analyse von MyHeritage
Von anderen Consumer-Genetics-Anbietern gibt es das schon lange - nun wird ein solches genetisches Analyse-Werkzeug auch von MyHeritage zur Verfügung gestellt für alle, die bei dieser Firma ihre Gen-Daten haben sequenzieren lassen oder die sie dort hoch geladen haben. Nämlich ein Analyse-Werkzeug, das hier "Ancient Origins" (MyHer, Yt) heißt, und mit dem man sich seine genetischen Herkunftsanteile von geschichtlich, bzw. archäologisch bekannten Herkunftsvölkern und -gruppen angeben lassen kann.
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Abb. 1: Germanen - In dem Gemälde "Willibrord predigt den Friesen das Christentum" von 1885 - Ausschnitt aus einem Wandgemälde von Georg Sturm (1855-1923) im Rijksmuseum in Amsterdam (Wiki) |
Also ein Werkzeug, das über die früheren nur sehr groben Herkunftsangaben sehr deutlich hinaus geht und die sequenzierten Gendaten mit den Ergebnissen der archäogenetischen Forschung der letzten zehn Jahre zu den vielen archäogenetisch umschriebenen Völkern auswertet. Nach dieser Analyse habe ich:
- 43,6 % Steppengenetik (Jamnaja-Genetik) und
- 56,4 % Genetik mittelneolithischer Bauern
Das dürfte das aussagekräftigste Ergebnis dieser Analyse sein. Und das Ergebnis dürfte typisch sein für einen Mitteleuropäer wie mich (s. Abb. 1-3). In Nordeuropa ist der Steppengenetik-Anteil noch etwas höher, in Südeuropa ist er niedriger.
Es wird mit diesen beiden Herkunftsangaben eine Aufteilung nach Herkunftsgruppen für die Bronzezeit zur Verfügung gestellt.
Ebenso wird aber auch eine Aufteilung nach Herkunftsgruppen für die Eisenzeit, die Römerzeit und das Mittelalter zur Verfügung gestellt. Soweit ich sehe, bedürfen die jeweiligen Angaben um so mehr der Kommentierung und Deutung, um so näher sie der Gegenwart kommen. Außerdem werden Widersprüche zwischen den Angaben zu den einzelnen Epochen deutlich. Diese kann ich vorderhand hier noch nicht alle klären.
Nach dieser Analyse habe ich - gemessen an den eisenzeitlichen Herkunftsgruppen:
- 22 % Herkunft von Germanen
- 55,6 % Herkunft von Kelten (Festland) und
- 22,4 % Herkunft von Slawen und Balten
Alle drei genannten Herkunftsgruppen haben unterschiedliche Anteile von Steppengenetik (Kelten weniger als Germanen) und mittelneolithischer Bauengenetik (Kelten mehr als Germanen) (s. Abb. 3), so daß diese Angaben mit der Angabe für die Bronzezeit grundsätzlich in Einklang gebracht werden kann.
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Abb. 2: Der sterbende Gallier - Aufgestellt in Pergamon um 230 v. Ztr. (Fotograf: Jean-Christophe Benoist [Wiki]) |
Außerdem wird deutlich - worauf ich erst jüngst hier auf dem Blog aufmerksam gemacht habe (Stg2024) - daß der Herkunftsanteil der Kelten bei vielen Deutschen vergleichsweise hoch ist, ein Umstand, der im kulturellen Gedächtnis der Deutschen noch nie im Vordergrund stand, da sie eine germanische Sprache sprechen. Das Erbe der "Keltoromanen" ist auch in deutschen Museen reichhaltig, aber vergleichsweise stiefmütterlich aufbereitet von Seiten der deutschen Archäologen. In Frankreich ist man da viel weiter.
55 % Kelten-Herkunft würde bedeuten, daß ich vorwiegend süddeutscher Herkunft wäre. Allerdings beträgt mein österreichischer Herkunftsanteil, wenn ich mir meinen persönlichen - durch Kirchenbücher und Familienüberlieferung erstellten - Stammbaum anschaue, nur 12,5 %, wozu noch 3,125 % norditalienische Abstammung und 3,125 % ungarische Abstammung kommen. Somit käme ich auf Herkunft aus der Region südlich des Mains und der Donau von ungefähr 19 %. Und somit sollte der Herkunftsanteil der Kelten bei mir wohl etwas niedriger ausfallen als für einen typischen Süddeutschen.
Der hier angegebene slawische Anteil, der durch die Archäogenetik inzwischen auch immer genauer charakterisiert wird (s. Stg2024) erscheint mir vergleichsweise hoch. Väterlicherseits stamme ich seit Jahrhunderten aus einer kleinen Region im Westhavelland (dem "Elb-Havel-Winkel"). Dort haben sich im Hochmittelalter flämische Zuwanderer mit slawischen Havel-Fischern und -Bauern vermischt, die in den sogenannten "Kiezen" lebten, den Siedlungsstellen, denen sich die deutschen Siedler oft anschlossen in den Städten und auf den Dörfern. Mütterlicherseits stamme ich, wie gesagt, zu 12,5 % von oberösterreichischen und vielleicht zu 3,125 % von ungarischen Bauern ab. Vermutlich wird auch dort eine Vermischung mit vor Ort siedelnden Slawen angenommen werden können.
Als römerzeitliche Herkunftsgruppen werden mir dann genannt:
- 51,8 % Germanen
- 24,6 % römisches Pannonien (also Kelten) und
- 20,2 % Slawen
Warum hier die Herkunftsanteile zwischen Germanen und Kelten plötzlich gegenüber der Eisenzeit vertauscht sind, weiß ich nicht. Da ich mütterlicherseits zu 6,25 % zusätzlich von einer Familie aus Aachen abstamme, eine Region, in der sich Kelten und Germanen vermischt haben, könnte ich - rein vom Stammbaum her - schon gut und gerne zu 25 % von Kelten abstammen.
Von den mittelalterlichen Herkunftsgruppen her gesehen, wird mir gesagt, ich würde abstammen zu:
- 36,4 % von den mittelalterlichen Germanen
- 31,4 % von den mittelalterlichen Slawen
- 16,6 % aus dem mittelalterlichen Frankreich
- 15,6 % aus dem mittelalterlichen Italien
Tatsächlich weise ich laut Stammbaum aber nur 3,125 % italienische Herkunft auf, nämlich Abstammung von der venezianischen Adelsfamilie Nobile Cigogna über die mütterliche Linie.
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Abb. 3: Die genetischen Herkunftsanteile der europäischen Völker aus der "Formierungsphase" Europas (6000 bis 2000 v. Ztr.) |
Vorfahren aus dem mittelalterlichen Frankreich sind vordergründig in meinem Familienstammbaum nicht zu erkennen. Vielleicht überschneidet sich diese Angabe mit jenen flämischen und holländischen Siedlern, die im Hochmittelalter in das Havelland gekommen sind. Und in diesem Sinne könnte ich dann doch aus dem mittelalterlichen Frankreich abstammen (obwohl jene genannten Gegenden im Mittelalter gar nicht zu Frankreich gehörten). Vor drei Jahren habe ich immerhin noch die französische Adelsfamilie de la Barre im 17. Jahrhundert im Stammbaum meiner (mütterlichen) baltischen Vorfahren entdeckt (Prl2022). Vielleicht gibt es ja Vorfahren solcher Art noch mehr.
Dann gibt es noch die Angabe, ich könnte abstammen zu
- 81 % von der Aunjetitzer Kultur und zu
- 19 % von der Glockenbecher-Kultur
Letzteres sind die Kelten wie wir wissen. Das könnte mit meiner persönlichen Stammbaum-Analyse (siehe oben) gut zusammen passen.
Die Aunjetitzer Kultur hatte schon ein genetisches Profil, das dem der heutigen Deutschen offenbar sehr nahe kommt, auch wenn größere Teile dieses Volkes scheinbar - zumindest aus dem Weichselland - abgewandert sind und dort danach dann genetisch nicht mehr feststellbar waren (s. Stg2025).
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Abb. 4: Die Hauptkomponentenanalyse bei MyHeritage zeigt: Der Autor ist genetisch ein Deutscher - Genetisch verortet zwischen Skandinavien, Österreich, Böhmen und den Niederlanden |
Was die Urvölker Europas betrifft, habe ich nach dieser "Ancient Origins"-Analyse:
- 38,2 % anatolisch-neolithische Herkunft
- 18,2 % Herkunft von kaukasischen Jägern und Sammlern (über die Steppengenetik)
- 43,6 % Herkunft von ost- und westeuropäischen Jägern und Sammlern
Warum letztere in einen Topf geworfen werden, weiß ich nicht. Zu "Steppengenetik", bzw. hier genannt "Westliche Steppengenetik" wird noch ausgeführt, wobei neueste archäogenetische Forschungsergebnisse des letzten Jahres mit einfließen, die hier auf dem Blog breit referiert worden sind:
Die Jamnaya-Kultur, die zwischen 3300 und 2600 v. Ztr. an der pontisch-kaspischen Steppe blühte, war durch einen pastoralistischen Lebensstil geprägt, der sich auf die Tierhaltung und die Nutzung von Fahrzeugen mit Rädern konzentrierte, die weite Migrationen ermöglichten. Genetische Studien zeigen, daß die Jamnaya von einer Mischung aus verschiedenen eneolithischen Populationen abstammte, wobei etwa 80 % ihrer Abstammung auf eine Bevölkerung aus der Unteren Wolga-Region zurückgeht, anstatt von einer einfachen Mischung aus östlichen Jäger und Sammler- und kaukasischen Jäger und Sammler-bezogenen Quellen.
Das bedürfte noch etwas genauerer Erläuterung: Da die Vorgänger der Srednij-Stog-Kultur am Mittleren Dnjepr Menschen waren, die westeuropäische und osteuropäische Jäger-Sammler-Genetik in sich getragen haben und da das urindogermanische Mittel-Wolga-Volk sich mit kaukasus-anatolischen Hirten nördlich des Kaukasus zur Maikop-Kultur vermischt hat, und sich dann als solche in das Gebiet am Mittleren Dnjepr ausgebreitet hat und sich dort wieder zu 20 % mit den Einheimischen vermischt hat, hat sich der bei den Maikop-Leuten gesunkene Herkunftsanteil osteuropäischer Jäger und Sammler bei der Ethnogenese der Jamnaja wieder erhöht. So entstand am Mittleren Dnjepr das "Späte Urvolk der Indogermanen", die Jamnaja.
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