Wer sich mit der Rigveda, dem ältesten indoeuropäischen Schriftzeugnis beschäftigt, wird aufmerksam auf die uralte Bedeutung des Agnihotra (Wiki). Es spielt noch heute im religiösen Alltag Indiens eine große Rolle. Es handelt sich um ein Ritualfeuer, angezündet mit trockenem Kuhdung bei Sonnenauf-, bzw. -untergang. Schon der trockene Kuhdung zeigt, in welche uralten Zeiten dieser Brauch zurück reicht.
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Abb. 1: "Die weißrussische, heidnische Tradition der Kupala-Nacht im Dorf Rakov in der Region Minsk in Weißrußland", 2015 -Vor dem Hintergrund der örtlichen Hügelgräber der indogermanischen Vorfahren (Fotograf: Aliaksei Staliarou) (Wiki) |
Dadurch wird man darauf gestoßen, wie weit verbreitete "Feuerbrauchtum" (Wiki) insgesamt, Englisch "Bonfire" (Wiki) (WikiCom) unter den Völkern ist. Da ist zunächst das Feuerbrauchtum im Iran aber schließlich auch das vielfältige Geschehen rund um Feuerbräuche in europäischen Völkern: Osterfeuer, Sonnenwend-Feuer und vieles ähnliches mehr.
Wie schön ist es überhaupt, Völker feiern zu sehen. Und wie sehr fühlt man sich mit Völkern verwandt, wenn man darauf aufmerksam wird, daß sie ähnliche jahreszeitliche Feste feiern wie das im eigenen Kulturraum üblich ist.
So kennt man in Mitteleuropa die Sommersonnenwende. In Schweden handelt es sich um das Mitsommerfest. Und dasselbe gibt es auch in in Rußland, in Weißrußland und in der Ukraine. Man muß nur den Namen wissen. Hier heißt das Mittsommerfest "Iwan-Kupala-Tag" (Wiki, engl) und hat ähnlich gemeinschaftsstiftende, naturverbundene Funktionen wie das Mittsommerfest in Schweden.
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Abb. 2: Mittsommerfest am Unteren Dnjepr auf der Insel Chortitza bei Saporischja ("Ivan-Kupala-Tag") (Fotografin Valeria Matveeva [Валерія Матвєєва]) (Wiki) |
Am Ivan-Kupala-Tag werden der Frühsommer und die voll entfaltete Lebensfülle gefeiert, es werden Feuer, Sonne, Wasser, Schönheit, Fruchtbarkeit, Freude und die Schönheit der Frauen gefeiert. Als Deutscher und Mitteleuropäer bekommt man ein größeres Gefühl der Verbundenheit mit den genannten slawischen Völkern, wenn man sich mit ihrer Form des Mittsommerfestes als Ivan-Kupala-Tag beschäftigt.
Der Iwan-Kupala-Tag - In Rußland, in Weißrußland und in der Ukraine
Es wird einem dann klar, daß all die schönen, "romantischen" Bilder aus dem russischen Raum zu diesem Fest einem natürlichen Volksbrauch seit Jahrhunderten entspringen. Schönheitssinn und Naturverbundenheit werden noch heute von den Russen, von den Weißrussen, von den Ukrainern und anderen Völkern in dieses Fest gelegt.
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Abb. 3: Vaxholm in Schweden, Mittsommerfest (Fotograf Bengt Nyman) (Wiki) |
Eigentlich alles sehr ähnlich zu dem Mittsommerfest in Schweden (Abb. 2). Und eigentlich sehr ähnlich zu mancherlei Bräuchen, die es früher auch in Mitteleuropa gegeben hat. Mädchen winden sich Blumenkränze in die Haare, es werden Feuer angezündet, es wird ein heimlicher, stiller Weg gegangen morgens vor Sonnenaufgang zu stillen Gewässern, begleitet von geheimnisvollen, freundlichen Wünschen.
Man findet etwa auch schöne Fotografien aus Saporischja am Unteren Dnjepr, also aus der Urheimat der Späten Urindogermanen (Abb. 1 und 3) (von Seiten der dortigen Biologielehrerin Valeria Matveeva/Валерія Матвєєва) (WikiCom).
Von dem gibt es noch weitere schöne Fotografien zur Kupala-Nacht
Auch aus Weißrußland gibt es schöne Fotografien (von dem Fotografen Aliaksei Staliarou) (WikiCom) (s. Abb. 1), außerdem etwa: Liebespaar am Feuer (Wiki) und dann aus der Erntezeit: Der Kuß im Roggenfeld (Wiki), Roggenernte mit der Sichel und ähnliches.
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Abb. 4: Mittsommerfest am Unteren Dnjepr auf der Insel Chortitza bei Saporischja( "Ivan-Kupala-Tag") (Fotografin Valeria Matveeva [Валерія Матвєєва]) (Wiki) |
Es werden schöne Kleider angezogen, ja, mitunter sogar erst ganz neue für das Fest genäht.
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Abb. 5: Wola Sekowa in Südostpolen, Mittsommer-Fest ("Wickerman Fest") am Kiczera-Hügel, 2014 - "Slow Fashion"-Vorstellung (Fotograf: Silar) (Wiki) |
So gab es schon 2014 eine "Slow-Fashion"-Vorstellung anläßlich des Mittsommerfestes in einer Ortschaft im Südosten Polens (Abb. 5-7).
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Abb. 6: Wola Sekowa in Südostpolen, Mittsommer-Fest ("Wickerman Fest") am Kiczera-Hügel 2014 - "Slow Fashion"-Vorstellung (Fotograf: Silar) (Wiki) |
Alles natürlich, selbst bestimmt, "lokal". So wie Völker Jahrtausende lang gefeiert haben.
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Abb. 7: Wola Sekowa in Südostpolen, Mittsommer-Fest ("Wickerman Fest") am Kiczera-Hügel, 2014 - "Slow Fashion"-Vorstellung (Fotograf: Silar) (Wiki) |
Es werden Tänze getanzt (Abb. 8, 9).
Abb. 8: Ivan Kupala-Tag in Serebryany bor, 2015 |
Auch ukrainische Frauen schmücken sich am Mittsommerfest (am Ivan Kupala Tag) mit Blumenkränzen (s. WikiCom) (a, b, c).
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Abb. 9: Ivan Kupala-Tag in Serebryany bor, 2015 |
Keine "Massenveranstaltungen", keine "Events", keine brummenden Bässe, keine flackernde Discobeleuchtung, keine Bierfässer und Bierkrüge sind notwendig - wenn Völker vor Ort, lokal und selbst bestimmt, selbst bewußt feiern.
Sie müssen nur wieder zu sich selber finden. Indem sie an uralte lokale Traditionen anknüpfen. Ohne Priester und Weihrauch, ohne Moralpredigten und Kater.
Die Hochzeit von Feuer und Wasser
Es gibt da etwa eine uralte Beziehung zwischen den Frauen und dem heiligen Wasser. Daß unverheirateten Frauen (mitunter auch Männer) zu Ostern vor Sonnenaufgang das Osterwasser holen, ist aus Deutschland (Wiki), Polen (Wiki), Ungarn, der Slowakei, Tschechien und der Ukraine als Brauch überliefert.
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Abb. 10: Wahrsagen mit Kränzen - Gemälde von Simon Kozhin (geb. 1979) (Wiki) |
Und man erinnert sich in diesem Zusammenhang daran, daß die Menschen etwa in Brandenburg während der Bronzezeit sehr stark ausgeprägt an Flußläufen und Seen siedelten und an Gewässern oder im Bezug zu Gewässern auch Weihgaben für die Götter niederlegten (sogenannte "Depotfunde").
Der russische Maler Simon Kozhin (geb. 1979) schreibt über den Brauch des Wahrsagens mit Kränzen in Rußland (Wiki):
Seine Bedeutung stammt aus dem Denken rund um die Bräuche des Heidentums und des frühen Christentums. Schon in alten Zeiten fragten junge Menschen bei Wahrsagern nach ihrem Schicksal. Manchmal wurden diese abergläubischen Vorstellungen als eine Art Unterhaltung und Spiel angesehen. Normalerweise fand die Wahrsagezeremonie im Einklang mit den örtlichen Bräuchen statt und variierte von Bezirk zu Bezirk. Der Tauftag des Johannes wurde am 24. Juni gefeiert. Bis heute stellt er eine der wichtigsten und lebendigsten Feierlichkeiten in der russischen Orthodoxie dar. Dieser Tag gilt auch als der Tag von Johann Kupala. (...) Es war allgemein üblich, an diesen Tagen zu baden, da diese Feierlichkeiten mit Gebeten an Flüssen und heiligen Quellen verbunden waren. Im südlichen Teil Russlands und der Ukraine versammelten sich die Mädchen am Johann-Kupala-Tag nach Sonnenuntergang mit Weidenzweigen (Verba), die mit Blumen und Bändern geschmückt waren - sie faßten sich zum Kreis. Wahrsagen mit Rosenkränzen war eine der Arten dieser Zeremonie. Die Mädchen mußten Kränze winden, sie dekorieren und sie flußabwärts ins Wasser legen. Oft wurden diese Kränze mit Kerzen versehen, damit sie besser sichtbar waren. Wenn die Kerze nicht erlosch, sollte der Wunsch in Erfüllung gehen: Derjenige Mann, der diesen Kranz aus dem Wasser holte, sollte das Mädchen heiraten, das ihn hergestellt hatte.*)
Das rituelle Baden in Flüssen findet sich hinwiederum auch in Indien. Und es wird in der Bronzezeit in allen indogermanischen Völkern eine Rolle spielen. Es hat ja noch im antiken Athen eine Rolle gespielt.
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Abb. 11: Mittsommerfest (Ivan Kupala) in der Mykolaiv Region, 2021 (Fotograf: Ilfen Igor) (Wiki) |
Wir lesen (Wiki):
An diesem Feiertag kann sich Wasser - einem verbreiteten Glauben zufolge - mit Feuer „anfreunden“. Das Symbol dieser Verbindung war ein Freudenfeuer, das an den Ufern der Flüsse entzündet wurde. Kränze wurden in der Kupala-Nacht oft zur Wahrsagerei verwendet: Wenn sie auf dem Wasser schwammen, bedeutete dies Glück und ein langes Leben oder eine lange Ehe.On this holiday, according to a common sign, water can "make friends" with fire. The symbol of this union was a bonfire lit along the banks of rivers. Wreaths were often used for divination on Kupala Night: if they floated on the water, it meant good luck and long life or marriage.
Aus der reichen Auswahl von Fotografien zum Ivan-Kupala-Tag folgen nun als vorläufiger Abschluß noch einige weitere Beispiele (Abb. 11-16).
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Abb. 12: Mittsommerfest ("Ivan Kupala holiday") in der Familien-Siedlung "Serebryany Bor" in der Belgorod region, Rußland 2017 (Fotograf: Лобачев Владимир = Vladimir Lobachev) (Wiki) |
In aller Stille vor Sonnenaufgang. Oder nach Sonnenuntergang ....
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Abb. 13: "Marichka am Kupala-Feiertag", 2019 (Fotografen: Олександр Майоров, Майкл Ендрюс, Світлана Буланова) (Wiki) |
Das strahlende, lachende Leben.
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Abb. 14: "Die Feier der Hochzeit von Wasser und Feuer", Sommersonnenwende, Ivan Kupala, Ukraine 2020 (Fotograf: Наталія Рута) (Wiki) |
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Abb. 15: Ivan Kupala-Tag in Khmelnytskyi, Ukraine, 2015 (Fotografin: Alina Vozna) (Wiki) |
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Abb. 16: Die Iwan Kupala-Nacht (1856) (Wiki) - Gemälde von Iwan Sokolow (1823-1910) (Wiki) |
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*) Original: "The meaning of it comes from the concept of the heathendoms and early Christians ceremonies. From of old the youth were looking for the fortune from the fortune tellers. Sometimes these superstitious beliefs were regarded as a kind of amusement and game. Usually the ceremony of fortunetelling took place in line with the local customs and varies from district to district. Christmas Day of Johan Ancestor was celebrated on June 24. Up-to-date it is still one of the most important and vivid celebrations in Russian Orthodoxy. This day is also regarded as a day of Johan Kupala. In heathendom Kupala is respected as Fertility Idol. It was generally accepted to bath in these days as this celebration were combined with pray to rivers and saint springs. In southern part of Russia and Ukraine on Johan Kupala’s day the girls gathered together after sunset with the branch lines of willows (verba) decorated with flowers and bands - they reels in rounds. Fortunetelling with Chaplets was one of the kinds of this ceremony. Girls were to make chaplets, decorate it and put it into the water downstream. It was often that this chaplets were accompanies with the candles to be more visible. If the candle were not quenched so the wish should come true: who would be the one man to take this chaplet out of water is to marry this girl who made it."
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