"Lafontaine stützt familienpolitische Thesen seiner Frau," hatte Yahoo-Nachrichten vor einer Woche gemeldet und sich dabei auf den "Kölner Stadt-Anzeiger" berufen. Dieser hatte in einer kurzen, wenig aussagekräftigen Vorabmitteilung mitgeteilt: "Lafontaine familienpolitisch auf seiten seiner Frau". Heute titelt Yahoo-Nachrichten: "Lafontaine soll sich für Äußerungen seiner Frau rechtfertigen". Die dort erwähnten scharfen Angriffe (s.u.) lassen einen doch noch einmal vehementer nachfragen, was im "Kölner Stadt-Anzeiger" eigentlich über Lafontaine berichtet worden war. Man muß länger suchen, um diesen Artikel zu finden. (Kölner Stadt-Anzeiger) Es handelt sich um den Bericht über einen lokalpolitischen Auftritt Oskar Lafontaine's im Saarland. Hier nun die Passage des Artikels, die von seinen familienpolitischen Äußerungen handelt:
Warum kann ein Herr Stoiber nicht begrüßen, was ein Herr Lafontaine sagt und umgekehrt? Frau Müller ist ja auch fähig zu sagen, daß sie mit dem übereinstimmt, was Frau Herman sagt. Muß es denn dauernd um Parteipolitik gehen? Warum kann man nicht mal kräftige Unterscheidungen machen zwischen wichtig und unwichtig? Will heißen: Wenn etwas wichtig ist, dann ist es 1. Familienpolitik und 2. bekloppte Kriegspolitik. Und wenn etwas unwichtig ist, dann sind dies - diesen Themen gegenüber - sehr viele andere Themen ...
(...)Und das war's dann scheinbar auch schon. Und diese wenigen Äußerungen, die man vermutlich noch nicht einmal im Original gelesen hat, bewirkten folgende Reaktionen in Berlin (Yahoo Nachrichten):
"Ich sehe hier viele ältere Frauen, die Kinder großgezogen und Familienangehörige gepflegt haben", bemerkt Lafontaine scheinbar leichthin. Er bezeichnet sich als "Sohn einer Kriegerwitwe". Sein untrüglicher Instinkt sagt ihm, dass er hier und jetzt etwas klarstellen muss. Seine Frau Christa Müller hatte mit Bemerkungen zur Kinderbetreuung Aufsehen erregt. Sie mochte Kinderkrippen nicht den Vorzug geben vor der Betreuung durch die Eltern. Dafür scholten einige Parteifreundinnen, aus den östlichen Landesverbänden zumal, Müller kräftig.
"Wir wollen niemandem vorschreiben, wie er die Kindererziehung gestaltet", stellt Lafontaine klar. Aber er sei sich sicher, "dass viele Kinder, wenn sie die Wahl hätten, sich für die Betreuung in der Familie entscheiden würden". Die Saar-Linke trete für Wahlfreiheit und die finanzielle Anerkennung häuslicher Erziehung ein, so interpretiert Lafontaine seine irgendwo vorn links sitzende Frau, freilich ohne sie zu erwähnen. Wer bestreitet, dass es sich dabei um linke Positionen handele, dem empfiehlt er die Verfassung Venezuelas, in der eben dies festgelegt sei. Wenn Lafontaine von der "Famillje" redet, hört sich es fast an wie einst bei Helmut Kohl.
Im Gespräch mit den innerparteilichen Querelen konfrontiert, reagiert der Parteichef zuerst schmallippig und dann ungehalten. "Ich bin nicht dazu da, meine Frau zu begutachten." Hängt da der Haussegen womöglich ein bisschen schief daheim in Saarlouis? Lafontaine rutscht ungeduldig auf der Bank unter dem Aussichtsturm hin und her: "Dazu sage ich nichts, das ist doch Boulevard." Christa Müller in sehr rotem Kleid mit passendem Jäckchen plaudert derweil am Tresen. Zum Streit um die Familienpolitik mag sie sich auch auf Nachfrage nicht äußern. Als sie irgendwann am Abend ans Steuer ihres Familien-Vans klettert, hält sie einen rot-grünen Luftballon in der Hand.
Sehr viel lieber als über familiäre Familienpolitik redet Oskar Lafontaine über die SPD und deren "ratlosen Strategen" Kurt Beck. (...)
Der Partei- und Fraktionschef der Linken, Oskar Lafontaine, soll sich für die umstrittenen familienpolitischen Auffassungen seiner Frau Christa Müller rechtfertigen. Sie stellten den Ruf der Linken als emanzipatorische Partei in Frage, sagte die stellvertretende Vorsitzende Katina Schubert der «Berliner Zeitung» (Dienstagausgabe) nach einer Sitzung des geschäftsführenden Vorstands. (...)Ach, du liebe Güte! - Man darf gespannt sein, ob Lafontaine einigermaßen Rückgrat besitzt. Denn auch sonst sagte er auf der lokalpolitischen Veranstaltung sehr Wesentliches, Richtiges, Notwendiges:
Lafontaine zögert nicht, Bush und Blair als "Terroristen" zu brandmarken, weil sie "das Töten unschuldiger Menschen zur Durchsetzung politischer Ziele" in Kauf nähmen. Den vielleicht stärksten Applaus an diesem Nachmittag gibt es, als er bemängelt, dass der Gewaltverzicht, ein Kernpunkt der Außenpolitik Willy Brandts, im Vokabular der Bundesregierung unter Angela Merkel, "dieser Miss World", nicht mehr vorkomme.Wer die Presse verfolgt, auch die Stimmung und Stimmungsmache unter den Journalisten und Politikern, der kann schnell zu der Meinung kommen, daß die vernünftigen politischen Kräfte in Deutschland derzeit immer noch viel zu wenig "Wind" machen. Sie sollten sich enger zusammen schließen und ihre Arbeit koordinieren. Die Agitation eines "Familiennetzwerkes" würde rein stimmungsmäßig auch stärker zu Kriegsvermeidung führen, da bin ich mir sicher. Wer Familien in den Mittelpunkt der Politik stellt, führt keine Kriege mehr.
Warum kann ein Herr Stoiber nicht begrüßen, was ein Herr Lafontaine sagt und umgekehrt? Frau Müller ist ja auch fähig zu sagen, daß sie mit dem übereinstimmt, was Frau Herman sagt. Muß es denn dauernd um Parteipolitik gehen? Warum kann man nicht mal kräftige Unterscheidungen machen zwischen wichtig und unwichtig? Will heißen: Wenn etwas wichtig ist, dann ist es 1. Familienpolitik und 2. bekloppte Kriegspolitik. Und wenn etwas unwichtig ist, dann sind dies - diesen Themen gegenüber - sehr viele andere Themen ...
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