Humangenetiker Razib Khan versucht mit sich selbst und seinen Lesern ins Reine zu kommen über die Implikationen des genetischen Konzepts des "Koppelungs-Ungleichgewichtes" (engl. "Linkage Disequilibrium"). Dieser Versuch gibt viele Anregungen. Denn dieses Konzept hat erst jüngst wirklich große Bedeutung in der (Human-)Genetik erlangt. Deshalb ist es tatsächlich gut, wenn auch der humangenetische Laie versucht, sich eine Vorstellung davon zu verschaffen, was es damit eigentlich auf sich hat.
Das ist aber gar nicht so einfach, wie auch an den Diskussionen der Humangenetiker untereinander deutlich wird. Aber indem ich darüber spreche, kann auch ich versuchen, mit mir und meinen prospektiv kritischen Lesern darüber ins Reine zu kommen, ob man dieses Konzept inzwischen wirklich (besser) verstanden hat und jederzeit fähig ist, es auf den Einzelfall anzuwenden. (- Natürlich nicht! Aber Sprechen darüber und Korrigiert-Werden fördert den Erkenntnis-Prozeß. Also: Keine Scheu vor kräftigem Irrtum und vor kräftigem Daneben-Hauen!)
Immer wichtiger ist dieses Konzept deshalb in den letzten Monaten und Jahren geworden, weil die umfassenden Genom-Sequenzierungen verschiedenster Organismen bis hin zum Menschen es möglich gemacht haben, Genome weitläufig auf "auffällige Erscheinungen" hin abzusuchen. Denn für sich genommen sagt eine einfache , "langweilige" Gen-Sequenz noch nichts über ihre Funktion aus. Ich brauche zusätzliche Informationen, um zu erfahren, ob ein Genom-Abschnitt irgendeine Funktion hat und wenn ja, welche.
Eine bedeutsame Information ist in diesem Zusammenhang nun das sogenannte "Koppelungs-Ungleichgewicht" geworden. Das heißt, ich vergleiche den gleichen Genom-Abschnitt (auf dem gleichen Chromosom) verschiedener Individuen miteinander und wenn ich über weite Bereiche eines solchen Genom-Abschnitts ähnliche Sequenz-Muster vorfinde (sprich "Koppelung" zweier entfernt voneinander liegender Gen-Loci), dann ist das ein Hinweis darauf, daß sich in diesem Bereich weder allzu viele regelmäßige, unterschiedliche, vererbte Zufalls-(Punkt-)Mutationen angesammelt haben (nach dem "Gesetz" der molekularen Uhr), noch daß in diesem Bereich in umfangreicherem Maße Rekombination mit gänzlich anders gearteten Genom-Sequenzen stattgefunden hat.
Der letzte Teil des letzten Satzes ist besonders wichtig. Also die Feststellung einer ähnlichen oder identischen "Koppelung" zweier weiter voneinander entfernter Gen-Orte auf einem Chromosom bei verschiedenen Menschen (einer Population) erlaubt die Vermutung, daß hier ein erst vor wenigen tausend oder zehntausend Jahren selektiv bedeutsamer und vorteilhaft gewordener Genom-Abschnitt vorliegt.
In diesem Umstand liegt es auch begründet, daß (Schwarz-)Afrikaner in der Regel weniger "Koppelungs-Ungleichgewicht" im Genom vorliegen haben, als Nichtafrikaner. Während Nichtafrikaner "nur" (genetisch selektive) Abspaltungen vom afrikanischen "Stamm" darstellen, in denen sich jeweils aufgrund von Bevölkerungs-Engpässen und vieltausendjähriger geographischer Isolation neue "selektive Regime" im Genom etablieren konnten, behielten die Schwarzafrikaner in weiteren Bereichen des menschlichen Genoms "selektive Regime" bei, wie sie sich schon in den vielen zehntausenden von Jahren innerafrikanischer Humanevolution etabliert hatten. Auch erfuhren afrikanische Populationen offenbar/möglicherweise nicht so viele Bevölkerungs-Engpässe und geographische Isolation wie nichtafrikanische Populationen. (Denn sonst wäre das bei ihnen vorliegende Koppelungs-Ungleichgewicht doch vergleichbar mit dem der Außerafrikaner! -?) (Ist das richtig gesagt?)
Aus diesem Grund könnten wohl Schwarzafrikaner in der genetischen Forschung - sozusagen - derzeit als etwas benachteiligt angesehen werden. Denn die für ihre Körperfunktionen und psychischen Funktionen bedeutsamen Genom-Abschnitte sind aufgrund allgemein geringeren Koppelungs-Ungleichgewichtes etwas schwerer aufzufinden, als bei Nichtafrikanern. Denn längere Genom-Abschnitte mit ähnlichem Koppelungs-Ungleichgewicht sind leichter im "Datenmüll" des menschlichen Genoms zu finden, als kürzere Genom-Abschnitte mit einem solchen.
Nichtafrikaner hatten einfach "weniger Zeit", um das Koppelungs-Ungleichgewicht, das in ihrem Genom vorliegt, durch "Untereinander-Heiraten" und Vermischen der Genome (Genomabschnitte) miteinander wieder zu "verwischen". Ungleichgewichtige Koppelung heißt also, daß viele verschiedene Personen einer Population an einem jeweiligen Gen-Ort die gleiche Koppelung vorliegen haben. "Gleichgewichtige" Koppelung heißt, daß verschiedene Personen einer Population an diesen Gen-Orten keine (sehr) ähnliche Koppelung vorliegen haben. Koppelungs-Ungleichgewicht ist also ein Hinweis auf jüngstselektierte Gene, in denen sich Menschen und Populationen voneinander unterscheiden, und die für die Humanevolution in den letzten Jahrzehntausenden (erst) wichtig geworden sind.
Razib Khan geht die Erläuterung dieses Konzeptes noch ganz anders an - das kann man ja selbst lesen. Wahrscheinlich ist es in der Sache viel richtiger und präziser (?) als meine Herangehensweise. Aber vielleicht sind in meinen Überlegungen auch Komponenten enthalten, die sich bei Razib Khan nicht (oder zumindest nicht so klar und deutlich finden). - Aufzeigen meiner Dummheiten erwünscht.
Das ist aber gar nicht so einfach, wie auch an den Diskussionen der Humangenetiker untereinander deutlich wird. Aber indem ich darüber spreche, kann auch ich versuchen, mit mir und meinen prospektiv kritischen Lesern darüber ins Reine zu kommen, ob man dieses Konzept inzwischen wirklich (besser) verstanden hat und jederzeit fähig ist, es auf den Einzelfall anzuwenden. (- Natürlich nicht! Aber Sprechen darüber und Korrigiert-Werden fördert den Erkenntnis-Prozeß. Also: Keine Scheu vor kräftigem Irrtum und vor kräftigem Daneben-Hauen!)
Immer wichtiger ist dieses Konzept deshalb in den letzten Monaten und Jahren geworden, weil die umfassenden Genom-Sequenzierungen verschiedenster Organismen bis hin zum Menschen es möglich gemacht haben, Genome weitläufig auf "auffällige Erscheinungen" hin abzusuchen. Denn für sich genommen sagt eine einfache , "langweilige" Gen-Sequenz noch nichts über ihre Funktion aus. Ich brauche zusätzliche Informationen, um zu erfahren, ob ein Genom-Abschnitt irgendeine Funktion hat und wenn ja, welche.
Eine bedeutsame Information ist in diesem Zusammenhang nun das sogenannte "Koppelungs-Ungleichgewicht" geworden. Das heißt, ich vergleiche den gleichen Genom-Abschnitt (auf dem gleichen Chromosom) verschiedener Individuen miteinander und wenn ich über weite Bereiche eines solchen Genom-Abschnitts ähnliche Sequenz-Muster vorfinde (sprich "Koppelung" zweier entfernt voneinander liegender Gen-Loci), dann ist das ein Hinweis darauf, daß sich in diesem Bereich weder allzu viele regelmäßige, unterschiedliche, vererbte Zufalls-(Punkt-)Mutationen angesammelt haben (nach dem "Gesetz" der molekularen Uhr), noch daß in diesem Bereich in umfangreicherem Maße Rekombination mit gänzlich anders gearteten Genom-Sequenzen stattgefunden hat.
Der letzte Teil des letzten Satzes ist besonders wichtig. Also die Feststellung einer ähnlichen oder identischen "Koppelung" zweier weiter voneinander entfernter Gen-Orte auf einem Chromosom bei verschiedenen Menschen (einer Population) erlaubt die Vermutung, daß hier ein erst vor wenigen tausend oder zehntausend Jahren selektiv bedeutsamer und vorteilhaft gewordener Genom-Abschnitt vorliegt.
In diesem Umstand liegt es auch begründet, daß (Schwarz-)Afrikaner in der Regel weniger "Koppelungs-Ungleichgewicht" im Genom vorliegen haben, als Nichtafrikaner. Während Nichtafrikaner "nur" (genetisch selektive) Abspaltungen vom afrikanischen "Stamm" darstellen, in denen sich jeweils aufgrund von Bevölkerungs-Engpässen und vieltausendjähriger geographischer Isolation neue "selektive Regime" im Genom etablieren konnten, behielten die Schwarzafrikaner in weiteren Bereichen des menschlichen Genoms "selektive Regime" bei, wie sie sich schon in den vielen zehntausenden von Jahren innerafrikanischer Humanevolution etabliert hatten. Auch erfuhren afrikanische Populationen offenbar/möglicherweise nicht so viele Bevölkerungs-Engpässe und geographische Isolation wie nichtafrikanische Populationen. (Denn sonst wäre das bei ihnen vorliegende Koppelungs-Ungleichgewicht doch vergleichbar mit dem der Außerafrikaner! -?) (Ist das richtig gesagt?)
Aus diesem Grund könnten wohl Schwarzafrikaner in der genetischen Forschung - sozusagen - derzeit als etwas benachteiligt angesehen werden. Denn die für ihre Körperfunktionen und psychischen Funktionen bedeutsamen Genom-Abschnitte sind aufgrund allgemein geringeren Koppelungs-Ungleichgewichtes etwas schwerer aufzufinden, als bei Nichtafrikanern. Denn längere Genom-Abschnitte mit ähnlichem Koppelungs-Ungleichgewicht sind leichter im "Datenmüll" des menschlichen Genoms zu finden, als kürzere Genom-Abschnitte mit einem solchen.
Nichtafrikaner hatten einfach "weniger Zeit", um das Koppelungs-Ungleichgewicht, das in ihrem Genom vorliegt, durch "Untereinander-Heiraten" und Vermischen der Genome (Genomabschnitte) miteinander wieder zu "verwischen". Ungleichgewichtige Koppelung heißt also, daß viele verschiedene Personen einer Population an einem jeweiligen Gen-Ort die gleiche Koppelung vorliegen haben. "Gleichgewichtige" Koppelung heißt, daß verschiedene Personen einer Population an diesen Gen-Orten keine (sehr) ähnliche Koppelung vorliegen haben. Koppelungs-Ungleichgewicht ist also ein Hinweis auf jüngstselektierte Gene, in denen sich Menschen und Populationen voneinander unterscheiden, und die für die Humanevolution in den letzten Jahrzehntausenden (erst) wichtig geworden sind.
Razib Khan geht die Erläuterung dieses Konzeptes noch ganz anders an - das kann man ja selbst lesen. Wahrscheinlich ist es in der Sache viel richtiger und präziser (?) als meine Herangehensweise. Aber vielleicht sind in meinen Überlegungen auch Komponenten enthalten, die sich bei Razib Khan nicht (oder zumindest nicht so klar und deutlich finden). - Aufzeigen meiner Dummheiten erwünscht.
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