Die Freien Evangelischen Kirchen in Deutschland - aus atheistischer Sicht
Über einen Beitrag Kamenin's, der für sich selbst Interesse beanspruchen kann (siehe meinen Kommentar dort und siehe: Stud. gen.), erhält man außerdem einen Hinweis auf einen sehr guten Artikel von Literaturstudent Andreas Müller beim (atheistischen) "Humanistischen Pressedienst" vom April 2007. "Wenn Ingenieure predigen" handelt von einem von hunderten von Menschen besuchten "wissenschaftlichen" Vortrag zum Kreationismus während eines Gottesdienstes in einer Freien Evangelischen Gemeinde in Würzburg.
"Studium generale" wollte sich selbst und seine Leser schon immer einmal genauer über diese freikirchlichen Gemeinden unterrichten, die heute die höchsten mitteleuropäischen Geburtenraten aufweisen (siehe Blog von Religionswissenschaftler Michael Blume). Durch diesen Artikel erhält man einen recht guten Eindruck. Vor allem auch, da Atheist Andreas Müller die "Schwachstellen" beider Seiten nennt, des Atheismus und der liberalen Gesellschaft ebenso wie solcher freikirchlicher Gemeinschaften. Er gleicht da dem von mir so geschätzten Journalisten Michael Holzach, der ein Jahr bei den Hutterern in Kanada gelebt hat und zu einem ähnlichen ausgewogenen Urteil gekommen ist.
"Das schweißt zusammen, gar keine Frage."
So schreibt Müller über den Beginn des Gottesdienstes:
"Man kann den Reiz einer solchen Gemeinschaft schon verstehen"
Das kann man für sehr wesentliche und wichtige Ausführungen halten. Obwohl der Pastor zuvor Andreas Müller und seinen Freund in einer Mail freundlich eingeladen hatte mit den Worten "Selbstverständlich sind Sie mit Ihren Freunden bei uns herzlich willkommen, auch wenn Sie z.B. kritische Fragen haben," wurden am Ende des Vortrages dann doch keine kritischen Fragen zugelassen. So etwas mache er, Gitt, nur an Universitäten, also im Elfenbeinturm, nicht bei der "Aufklärung", respektive "Missionierung" von Christen da "draußen" ... Da haben wir dann also die eindeutige "Schwachstelle" der Freikirchler ... Auch hier ist Selberdenken nicht wirklich erwünscht, das überläßt man gern den Wissenschaftlern in ihrem Elfenbeinturm. - Müller weiter:
So schreibt Müller über den Beginn des Gottesdienstes:
... Pastor Artur Schmitt begrüßt die Besucher. Er betont ausführlich, dass Professor Dr. Werner Gitt ein Wissenschaftler ist, und dass er trotzdem oder gerade deshalb an den christlichen Gott glaubt. Wer Doktor ist, hat sowieso erstmal Recht. Es folgt ein Kirchen-Kinderlied über Gott und dass er uns alle lieb hat und wie toll doch seine Schöpfung ist - soweit kein Unterschied zu katholischen oder evangelischen Gottesdiensten zu verzeichnen. Müsste man nicht vom Denken zum Glauben kommen und nicht gleich mit dem Glauben anfangen? Alle singen begeistert mit - gut, wir vielleicht nicht.
Aber hier merkt man schon, was diese Gemeinschaft hat und was den Großkirchen immer mehr abhanden kommt: Sie kennt "die Wahrheit" und verteidigt ihren Glauben in einer Welt, die verrückt geworden ist vor lauter Vernunft. Das schweißt zusammen, gar keine Frage. Man kann den Reiz einer solchen Gemeinschaft schon verstehen, mit regelmäßigen gemeinsamen Unternehmungen und der vereinenden Aufgabe, die Seelen von möglichst vielen Menschen zu retten. Wenn das nicht so absurd wäre wie das Fliegende Spaghettimonster, vielleicht würde es mir hier sogar gefallen. Ich erinnerte mich an eine Meldung über Regionalgruppen der NPD, die auch das Gemeinschaftsgefühl betonen, zusammen wandern, singen und Rangerstiefel putzen, wobei es mir bei denen wohl noch viel schlechter gefallen hätte. Genau hier setzen Fanatiker und Fundamentalisten aller Couleur an: Am Schwachpunkt der liberalen Gesellschaft, welche darauf basiert, dass sich alle schön aus dem Weg gehen, damit niemandem etwas passiert. Der Mensch ist ein soziales Wesen und existiert nicht im Vakuum, die Fanatiker erkennen das und nutzen es für sich aus.
"Man kann den Reiz einer solchen Gemeinschaft schon verstehen"
Das kann man für sehr wesentliche und wichtige Ausführungen halten. Obwohl der Pastor zuvor Andreas Müller und seinen Freund in einer Mail freundlich eingeladen hatte mit den Worten "Selbstverständlich sind Sie mit Ihren Freunden bei uns herzlich willkommen, auch wenn Sie z.B. kritische Fragen haben," wurden am Ende des Vortrages dann doch keine kritischen Fragen zugelassen. So etwas mache er, Gitt, nur an Universitäten, also im Elfenbeinturm, nicht bei der "Aufklärung", respektive "Missionierung" von Christen da "draußen" ... Da haben wir dann also die eindeutige "Schwachstelle" der Freikirchler ... Auch hier ist Selberdenken nicht wirklich erwünscht, das überläßt man gern den Wissenschaftlern in ihrem Elfenbeinturm. - Müller weiter:
Ein paar kleinlaute, empörte Rufe über die mangelnde Diskussionsbereitschaft glaube ich vernommen zu haben. Ein letzter Rest Skeptizismus schwebt noch im Raum. Auch Fundamentalisten existieren eben nicht im Vakuum und haben schon einmal etwas davon gehört, dass es gut ist, Fragen zu stellen. Sie haben es nur beinahe vergessen.
In einer Mail teilte uns Werner Gitt noch mit: "Die Intention des Abends war nicht, eine wissenschaftliche Fachveranstaltung anzubieten, sondern Menschen für den Glauben zu gewinnen. Darum hieß die Leitlinie ja auch 'Vom Denken zu Glauben.'" Aber wenn dies so ist: Warum dann nicht einfach eine normale Predigt? (...) Wo Kritik fehl am Platz ist, da sind auch wir fehl am Platz und darum verlassen wir die Kirche.
So, so, "Fachveranstaltung". Kritische Fragen zu Evolution und Schöpfung sind also "Fachveranstaltungen". Da haben wir sie wieder, die "getrennten Magisteria" ... Müller schreibt sehr richtig weiter:
Es führt kein Weg daran vorbei: Wer sich vor dem Einfluss von Fundamentalisten schützen möchte, der muss sich einfach mal zusammenreißen und sich ein naturwissenschaftliches Grundwissen aneignen.
Dafür gibt es natürlich auch noch andere Gründe ... Naturwissenschaftliches Grundwissen könnte die Ehrfurcht und den Respekt vor unserer Welt und den in ihr gültigen Tatsachen erhöhen. Nur als Beispiel.
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