Montag, 12. November 2018

Die sibirischen Mammutjäger der Eiszeit - Sie sind genetisch ausgestorben

Nach der Eiszeit wanderten ostasiatische Völker in Sibirien ein

Eine neue Ancient-DNA-Studie aus Dänemark von der Forschungsgruppe rund um Eske Willerslev (1) wirft Licht auf die Geschichte der Völker in Nordsibirien, einem der entlegensten Orte der Weltgeschichte, und zwar seit der erstmaligen Besiedlung durch anatomisch moderne Menschen.

Mammutjäger der Eiszeit in Sibirien

38.000 v. Ztr. wanderten anatomisch moderne Menschen nach Europa ein und der Neandertaler starb aus. In diesen Zeitraum wird von der Forschung auch die genetische Trennung der Vorfahren der heutigen Ostasiaten von den heutigen Europäern eingeordnet.

Spätestens knapp zehntausend Jahre später, 30.000 v. Ztr. lebten auch in Nordsibirien Menschen. Ihr entdeckter Siedlungsort wird von der Wissenschaft "Yana RHS" genannt (Wiki). Die Knochen von zwei männlichen Individuen dieses Siedlungsortes wurden vor Kurzem entdeckt und ihre Gene sequenziert (1). Ihren Menschentyp nennt die Wissenschaft nun "Frühe Nordsibirier" (ANS = "Ancient North Siberians"). Diese "Frühen Nordsibirier" können genetisch interessanterweise schon grob zu einem Viertel als früh-ostasiatisch und zu drei Vierteln als früh-(west-)europäisch angesprochen werden. Dabei weist ihre mitochondriale (also weibliche) DNA westeuropäische Jäger-Sammler-Haplotypen auf, ihre Y-chromosomale DNA Haplotypen wie sie für das heutige Asien und die Ureinwohner Amerikas typisch sind.

Die Forscher vermuten, daß dieses Volk, bzw. diese Stammesgruppe schon recht früh nach der Aufspaltung der Europäer und Asiaten sich seinerseits abgespalten hat, um sich nach Mittelasien und Sibirien (auch rund um den Baikalsee) auszubreiten.


Abb. 1: Einritzung eines Mammuts auf eine Stück Elfenbein - von dem Fundort Mal'ta am Baikalsee in Sibirien, deposits at Lake Baikal, Siberia

In Nordsibirien konnten Menschen auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit (LGM = Last Glacial Maximum) nicht überleben. Dieser Höhepunkt wird in den Zeitraum zwischen 21.000 bis 15.000 v. Ztr. datiert. Allerdings sind genetisch recht ähnliche Menschen wie die "Frühen Nordsibirier" schon 2014 (2) für die Zeit von 22.000 v. Ztr. am Baikalsee nachgewiesen und untersucht worden (am heute benannten Siedlungsort Mal'ta von derselben dänischen Forschungsgruppe) (siehe auch Abb. 1) (Wiki). Diese waren bislang sehr allgemein als Menschentyp "Ancestral North Eurasian" (ANE) angesprochen worden ("Nordeurasischer Vorfahrentyp"). Aber es scheint sich jetzt mit den neuen Funden von Yana in Nordsibirien anzudeuten, daß diese gar nicht Vorfahren der Europäer und Asiaten sind, sondern eine eigene Stammes-, bzw. Völkergruppe zwischen beiden bildeten. Als dieser Menschentyp selbst scheint diese Völkergruppe nicht bis heute fortgelebt zu haben, sondern ist ersetzt worden von anderen Völkern, die im folgenden zu behandeln sind.

Völker in Sibirien nach der Eiszeit bis heute

8.000 v. Ztr. lebten auf der nordsibirischen Halbinsel Kolyma wieder Menschen, deren Knochen ebenfalls vor kurzem gefunden und sequenziert wurden (1), und die von der Wissenschaft "Frühe Paläosibirier" (AP = Ancient Paleosibirians) benannt werden (s.a. Wiki). Diese Menschen wiesen genetische Verwandtschaft zu den Ostasiaten auf und sie bildeten die recht direkten Vorfahren einiger Völker, die noch heute in Sibirien leben und als "Paläosibirier" zusammen gefaßt werden. Es handelt sich um Rentierzüchter und Walfänger wie die Korjaken (Wiki) und die  Itelmenen (Wiki), also damit um Völker, die genetische Kontinuität seit 10.000 Jahren aufweisen, die uralte Völker sind. Sie weisen damit eine ähnliche genetische Kontinuität auf wie noch die heutigen Völker des Levanteraumes, deren einstige direkte Vorfahren erstmals zur seßhaften Lebensweise und zum Ackerbau übergingen.

Die Wissenschaftler vermuten, daß die "Frühen Paläosibirier" auf Kolyma und die amerikanischen Ureinwohner beide von einer Refugium-Bevölkerung der süd-östlichen Beringstraße abstammen, wo die Menschen den Höhepunkt der letzten Eiszeit überstehen konnten. Darauf führen sie die genetische Verwandtschaft beider Völkergruppen zurück. Insbesondere die Inuit (Eskimo) und die NaDene Nordamerikas weisen enge genetische Verwandtschaft mit den Paläosibiriern auf.

Zwischen 9.000 v. Ztr. und 2.000 v. Ztr. wanderten in Nordsibirien dann zusätzlich noch Völker ein, die die Wissenschaftler "Neusibirier" nennen ("Neosibirians"). Von diesen stammen heute die meisten Ureinwohner Sibiriens ab. Offenbar weisen sie eine gegenüber den Altsibirern modernere ostasiatische Genetik auf.

Damit deutet sich selbst für eine so abgelegene Gegend wie Nordsibirien eine wechselvolle Völkergeschichte an.

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  1. Martin Sikora et. al. (Eske Willerslev): The population history of northeastern Siberia since the Pleistocene. bioRxiv preprint first posted online Oct. 22, 2018 doi: http://dx.doi.org/10.1101/448829
  2. Maanasa Raghavan et. al. (Eske Willerslev): Upper Palaeolithic Siberian genome reveals dual ancestry of Native Americans. Nature, 2.1.2014, Vol. 505, doi:10.1038/nature12736

2 Kommentare:

Psi17 hat gesagt…

Kann man - wenn man die Knochen von 2 Menschen findet - wirklich etwas aussagen? Völker die in entlegenen Orten wohnen, bieten ihren Gästen ihre eigenen Frauen an. Wenn also diese Männer so unterschiedliche Gene in männlicher und weiblicher Abstammung aufweisen, wäre es dann nicht denkbar, dass ein einziger Gast sie verursacht hat?

Ingo Bading hat gesagt…

Na klar, man fängt mit wenigen an und wird sehen, ob sich die Anfangsdaten bestätigen werden oder ob sie Ausnahmen darstellen. Aber ich kann mich nicht erinnern, daß jemals solche Anfangsdaten sich später als Ausnahme-Erscheinungen herausgestellt haben. Das müßte ja schon ein großer Zufall bei der Auffinde-Situation gewesen sein. So viele "Gäste" werden da in Nordsibirien auch nicht mal eben vorbei kommen.

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