Die Gene, die Begabungen, Neigungen, Körperreaktionen und Erbkrankheiten bestimmen, kann inzwischen jeder für sich ablesen lassen
- Hier als Beispiel ein Ausschnitt meiner eigenen
Vor zwei Wochen war er endlich da, der Vorfahren-Bericht der Firma 23andMe, bei der ich mein Genom hatte sequenzieren lassen (GA-j!, 27.4.2016). Aber es hatte zunächst eine Enttäuschung gegeben: Der "Health Report", der Gesundheits-Bericht der Firma 23andMe, wird in Deutschland nicht zur Verfügung gestellt. Nach einem international fast einzigartigen Gendiagnostikgesetz darf in Deutschland medizinische Beratung auf der Grundlage von Gensequenzierung nur durch Ärzte vorgenommen werden.
Aber nicht so schlimm! Auf dem Nutzer-Forum von 23andMe habe ich nun zwischenzeitlich den wertvollen Hinweis erhalten, dass man diesen "Health Report" auch bei "Promethase" bekommen kann (SNPedia, bzw. Promethease.com). Das kostet nur 5 Dollar (zu bezahlen per Kreditkarte oder über Bitcoin). Und nur fünf Minuten nach der Bezahlung bekommt man von dort den Bericht. Nämlich nachdem man die Rohdaten, die man von 23andMe erhalten hat, Promethase zur Verfügung gestellt hat.
Und nun lese ich die ersten Auszüge aus diesem Gesundheitsbericht von Promethase und schreibe hier gleich mit. Es soll im folgenden nur ein erster Ein- und Überblick gegeben werden. Es wird bald deutlich, dass es da zu fast jedem gefundenen Genotyp noch viel zu erforschen und weiter zu fragen gibt. Auch wird deutlich, dass es sich beim folgenden nur um einen ersten Ausschnitt handelt, und dass man Tag für Tag neue Entdeckungen macht
Ein Wikipedia für humangenetische Beratung: "SNPedia"
SNPedia, so kann kurz gefasst gesagt werden, ist das Wikipedia für humangenetische Beratung. Da man mit ihm arbeiten muss, sollte man sich zuvor klar machen, wie SNPedia seine Auskünfte aufschlüsselt (nach SNPedia-Hilfe). Jedes SNP, also jeder "Einzelnukleotid-Polymorphismus" (Wiki), wird von SNPedia folgendermaßen charakterisiert, bzw. eingeordnet:
- Unter "Repute" (Ansehen) wird eine Aussage gemacht darüber, ob es generell als ein positives genetisches Merkmal eingeschätzt wird oder als ein negatives (good oder bad, gut oder schlecht). Entsprechend erfolgt auch eine farbliche Charakterisierung.
- Unter "Magnitude" (Bedeutsamkeit) wird eine Einschätzung gegeben, wie spannend das jeweilige SNP sein könnte, zum Beispiel aufgrund seiner Seltenheit oder seiner bedeutsamen Auswirkung willen. (Diese Einschätzung kann sich im Laufe der Zeit ändern, etwa durch neue Nutzer-Bewertungen oder durch neue Forschungsergebnisse.)
- Unter "References" (Referenzen) wird die Zahl der wissenschaftlichen Studien genannt, die bislang zu diesem SNP Erkenntnisse liefern (es können aber inzwischen auch schon mehr sein als angegeben).
- Unter "Frequency" (Häufigkeit) wird eine Angabe gemacht über die Häufigkeit des SNPs in jener Population, der man von SNPedia (bzw. 23andMe) - vorläufig - zugeordnet worden ist. Es handelt sich bei diesen Populationen letztlich um Ethnien. Weil eben, wie sich durch die auch hier auf dem Blog oft behandelte ancient-DNA-Forschung immer besser bestätigt, der Mensch in Völkern, in Ethnien evoluiert. Populationen jedenfalls werden auf SNPedia zunächst nur von jenen gebildet, die auch am häufigsten bei SNPedia mitarbeiten. Ich bin bislang dort eingeordnet in die Population der Europäer nord- und westeuropäischer Abstammung ("Caucasians from Northern and Western Europe"). Aber es gibt dort inzwischen auch schon die Populationen der Mexikaner, der Hanchinesen, der Toscana-Italiener, der Japaner, der (Yoruba-)Afrikaner, der Massai und der Inder. Und es ist mitunter außerordentlich spannend, die Häufigkeit der eigenen Gene (genauer: SNP's) in der eigenen Bevölkerung mit der Häufigkeit der eigenen Gene (genauer: SNP's) in den anderen Populationen zu vergleichen. Was mit einem Mausklick möglich ist. Das ist fantastisch. Bei der Koffeinverstoffwechslung beispielsweise oder bei der Hautfarbe habe ich da gleich sehr spannende Dinge gefunden (siehe unten!).
- Unter den "Topics" kann man dann auch noch zusätzlich nach typischen ethnischen Genmerkmalen suchen, etwa für "aschkenasische Juden" (bislang 23 SNP's), Afrikaner (bislang 4 SNP's), amerikanische Ureinwohner (bislang 2 SNP's), Neandertaler (bislang 36 SNP's). Man kann hier aber auch suchen nach SNP's, die verantwortlich gemacht werden für die Lebensdauer (aging), für Sommersprossen, Haarfarbe, Augenfarbe, Intelligenz, Persönlichkeitstyp, psychische Anfälligkeiten ("mental health"), musikalische Begabung, Schmerzverarbeitung und so weiter und so fort.
Nach all diesen Sortierungs-Möglichkeiten kann ich meine eigenen SNP's sortieren und einordnen, vergleichen, bzw. werden mir die "spannendsten" zunächst vorgeschlagen. Ich muss zugeben, dass ich trotz all dieser Sortierungsmöglichkeiten vieles nicht gleich finde, was ich gerne schneller finden würde. Aber hier lernt man ja Tag für Tag dazu durch Ausprobieren. Und dieser Blogbeitrag kann und will eigentlich nur jeden Leser dazu anregen, dieses Ausprobieren selbst durchzuführen. Es handelt sich dabei um humangenetische Volksbildung vom Allerfeinsten. Sozusagen um ein "Selbstlernprogramm". Obwohl natürlich - zum Beispiel - die Volkshochschulen ruhig auch einmal Kurse anbieten könnten, wie man solche Dinge für sich recherchiert.
Erhöhtes Risiko für Schilddürsenkrebs
Also. Ich habe (gegenüber der Durchschnittsbevölkerung)
- ein 1,6 fach größeres Risiko, Prostatakrebs zu bekommen ("rs6983267(G;G) 1.6x increased risk for prostate cancer; also other cancers 1.4 times as likely to develop colorectal cancer") (s.a. OpenSNP, SNPdia). Hiergegen kann man vorbeugen, wenn man nach dem 45. Lebensjahr nicht mehr so viel Fleisch- und Milchprodukte konsumiert (siehe auf Youtube "Geno Academy", Dr. Wallersdörfer, zu "prostate sensor" - übrigens eine tolle Lehrfilmserie für genetische Beratung auch in deutscher Sprache).
- ein siebenfach größeres Risiko, eine Glatze zu bekommen ("gs122").
Ich habe ein erhöhtes Risiko gastrointestinale Blutungen zu bekommen, wenn ich Ibuprofen nehme ("problem metabolizing NSAIDs impaired NSAID drug metabolism, which is a risk factor for gastrointestinal bleeding when taking any of these medications: aceclofenac, celecoxib, diclofenac, ibuprofen, indomethazine, lornoxicam, meloxicam, naproxen, piroxicam, tenoxicam and valdecoxib").
Ich habe eine genetische Anlage für hellgrüne, braune oder haselnussbraune Augenfarbe ("gs241"). Mein Phänotyp ist aber graublau! :)
Ich habe ein 9,2-fach erhöhtes Risiko, Schilddrüsen-Krebs zu bekommen, weil mein damit in Verbindung stehendes SNP homozygot ist ("rs2145418(G;G)"). Und sofort stellt sich mir die Frage, ob dieses SNP auch etwas mit jener Schilddrüsenhormonmangel-Erkrankung zu tun haben kann, die nicht bei mir, aber bei Verwandten erstes Grades vorkommt. Da ist also gleich ein erster konkreter Ansatzpunkt da, in der nächsten Zeit weiter zu recherchieren.
Ich habe - aufgrund einer Genvariante ("rs16969968(A;A)") - ein höheres Risiko, von Nikotin abhängig zu werden, die zugleich ein geringeres Risiko mit sich bringt, von Kokain abhängig zu werden. Nun scheint diese Genvariante aber durch andere (bekannte oder unbekannte) Genvarianten wieder modifiziert zu werden. Sowie durch günstige Kindheits- und Sozialisierungs-Bedingungen. Beide Eigenschaften sind jedenfalls seit fünfzig Jahren phänotypisch Null Komma nichts zu beobachten gewesen bei mir.
Ich habe ein erhöhtes Risiko, an Zöliakie zu erkranken ("rs3184504(T;T)"). Und in der Tat: Zöliakie-Erkrankung gibt es zwar nicht unter den Verwandten ersten, wohl aber unter genetischen Verwandten zweiten Grades.
Ich habe ein 3,6-fach erhöhtes Risiko, sexuelle Dysfunktion zu bekommen, wenn ich SSRI-Antidepressiva nehme ("rs6311(C;C)"). Zum Glück habe ich noch keine genommen. Aber Citalopram ist mir vor knapp zwei Jahren schon einmal - angesichts von Dauerstress - von Bekannten empfohlen worden. Ich hab es ungebraucht in der Schublade liegen lassen, inzwischen ist das Verfallsdatum überschritten. Eine innere Stimme muss mich gewarnt haben. - Weiter heißt es:
"rs6311 together with rs6314 have a modest effect on depression severity. (...) Three (rs643627-rs594242-rs6311: A-C-T), two (rs594242-rs6311: C-T) and a single functional (rs6311: T) marker were protective against suicidal behavior. The complementary markers (rs594242-rs6311: G-C and rs6311: C) were associated with increased risk for non-violent and impulsive suicidal behavior. Furthermore, CC-homozygotes for the functional SNP rs6311 reported more anger- and aggression-related behavior."
Also dieses SNP scheint schon für sich ein Schutz gegen Selbstmord-Verhalten zu sein, scheint aber überdurchschnittlich mit Zorn- und Aggressions-Verhalten verbunden zu sein. Vielleicht ist ja letzteres der Schutz gegen Selbstmord-Verhalten, weil man Frust nicht in sich hinein frisst. Ja, so würde ich mich schon mitunter charakterisieren. (Schon in der Schule plädierte ich im Unterricht für den Grundsatz: "Macht kaputt was euch kaputt macht!")
Erhöhtes Risiko für Zöliakie
Ich bin heterozygot, was eine genetische Anlage für Hemochromatose betrifft, die eine häufige nord- und mitteleuropäische Erbkrankheit ist, und die (wohl) auftritt, wenn man homozygot ist. ("You are unlikely to be affected unless also a carrier of rs1800562(A) C282Y, but others in your family may be. This is a treatable condition.") ("rs1799945(C;G)") Ich habe noch nicht gehört, dass das in meiner Familie irgendwo aufgetreten ist.
Tja, was nicht alles in Deinen Genen steht, kleiner Mann
(Aufnahme von 1966) |
Ich habe noch eine weitere Anlage, die ein zweifaches Risiko mit sich bringt, eine Glatze zu bekommen ("rs2180439(T;T)"). Die Gene haben sich gegen mich verschworen.
Ich habe ein 1,3-fach erhöhtes Risiko, Brustkrebs zu bekommen (das sollen auch Männer kriegen können, wir mir gerade gesagt) ("rs2981582(C;T)".
Ich habe ein 1,5-fach größeres Risiko, eine koronare Herzerkankung zu bekommen ("rs1333049(C;G)").
Wow, und das folgende ist ja auch spannend: Ich kann leichter Irrtümer vermeiden dank einer Dopamin-Rezeptor-Variante ("rs1800497(C;C)"), die zugleich mein Risiko, ADHS, Alkohol-, Nikotin- und Essen-abhängig zu werden (sprich übergewichtig zu werden), sowie zu postoperativer Übelkeit, herabsenkt. Es gibt da etwa den schönen Satz: "Lower obesity due to increased pleasure response to food." Also: Ich habe eine geringeres Risiko, übergewichtig zu werden, weil ich eine intensivere Lust-Reaktion, Befriedigung habe über Essen, das ich zu mir genommen habe. Aha, aha. ....
Wem soll ich noch etwas von dieser tollen Variante abgeben? :) Dopamin gilt ja als Glückshormon. Und es dürfte sehr spannend sein, nun allerhand Forschungsstudien zu dieser Genvariante zu lesen ... (Die findet man, das kann ich ja gleich mal sagen, schön versammelt auf der OMIM-Datenbank, die "Online Mendelian Inheritance of Man"-Datenbank.) Hier kommen wir dick hinein in den Bereich der Verhaltensgenetik, der ja noch viel spannender ist als die Genetik bloß körperlicher Merkmale. Das ist übrigens fast schon ein philosophischer Satz: Indem mir mein Körper eine intensivere Lust-Empfindung beim Essen gibt, esse ich nicht mehr (!), sondern weniger. Hätte man nicht ohne diese Erkenntnis geglaubt, dass größere Lustreaktion dazu führt, dass man noch mehr essen möchte?
"Increased pleasure response to food"
Ich habe auch eine Variante, die die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ich das Empfinden habe, dass Koriander wie Soße schmeckt. So so.
Ich habe ein 1,3-fach erhöhtes Risiko, an Typ 2-Diabetes zu erkranken. Das damit in Zusammenhang stehende SNP (Einzelnukleotid-Polymorphismus) liegt auf Chromosom 6 und kommt, häufiger bei aschkenasischen Juden vor und haben - soweit ich sehe - im nördlichen und westlichen Europa ("Caucasians from Northern and Western Europe") 10 % der Bevölkerung ("rs7754840(C;C)".
Soweit ein erster kleiner Einblick. Übrigens gibt es in den USA eine neue Berufsrichtung, den "genetic counselor" (Wiki). Also den "genetischen Ratgeber". Jemanden, der einem hilft, die Rohdaten der Sequenzierung seines persönlichen Genoms besser zu verstehen und daraus konkrete Handlungsrichtlinien abzuleiten. Ein toller Beruf, in Deutschland läuft das unter "humangenetische Beratung" (Wiki).
Ein Blick in die Verwandtschaft bestätigt vieles
Ergänzung: Noch am gleichen Tag der Veröffentlichung dieses Beitrages (da war er nur halb so lang wie jetzt) habe ich die Zuschrift einer weiblichen Verwandten mütterlicherseits bekommen:
Hier einige Familien-Krankheiten: Eine Deiner Tanten hat Typ II Diabetes. Deine Großmutter hatte Dickdarmkrebs (und auch schwarzen Hautkrebs), Brustkrebs können auch Männer kriegen (Brustkrebs hatten eine Deiner Großtanten und eine ihrer Töchter), zwei oder drei Deiner Onkel haben/hatten Prostatakrebs, Glatze hatte Dein Großvater, seine Söhne haben noch keine. Nikotinsüchtig waren Dein Großvater und zwei seiner Söhne, einer davon ist es noch immer.
Das bestätigt ja sehr schnell sehr deutlich vieles von dem oben Gesagten. Durch weitere Gespräche erfahre ich: Mein Großvater mütterlicherseits kam schon mit schütterem Haar aus dem Ersten Weltkrieg nach Hause. Weil er so viel den Helm tragen musste, heißt es. Mein Opa väterlicherseits war ebenfalls ein starker Raucher ("Overstolz ohne"). Und eine Tante väterlicherseits hatte Brustkrebs.
Da wären also in unserer Familie baldmöglichst Vorsorge-Untersuchungen anzuraten. Das war mir so noch nicht klar. Und das dürfte schon ein erster sehr konkreter Nutzen sein, wenn man seine Gene sequenzieren lässt. Nämlich zu wissen, dass und welche Vorsorgeuntersuchungen für einen von Bedeutung sein könnten, sowie, welcher Lebensstil und welche Ernähung am besten vorbeugt nach heutigen Erkenntnissen.
Fortsetzung am Folgetag, den 15.5.: Aha, indem ich aus der Rubrik "Topics" einige spannende auswähle, erhalte ich schnell weitere spannende Ergebnisse. Nämlich:
Meine Leber verstoffwechselt Koffein schnell ("rs762551(A;A)"). Dieses SNP haben 53 % aller Nordmitteleuropäer, 58 % aller Mexikaner, 44 % aller Hanchinesen, 40 % der Toscana-Italiener, 35 % der Japaner, 32 % der (Yoruba-)Afrikaner, 28 % der Massai, 25 % der Inder:
"caffeine is broken down faster in your liver, so it has less effect on you. (...) In terms of genotypes, only rs762551(A;A) individuals are considered fast metabolizers. Individuals who are rs762551(A;C) heterozygotes or rs762551(C;C) homozygotes are both considered slow metabolizers."
- - - Ich bin allerdings der Meinung, dass Koffein eine sehr große Wirkung auf mich hat. Deshalb ist für mich genaue Dosierung sehr wichtig. Zum Frühstück zwei Tassen Kaffee (nicht zu stark und nicht zu schwach) und um 15 Uhr noch einmal eine Tasse Kaffee ist für mich gleichbedeutend mit der Möglichkeit geistiger Höchstleistungen. Trinke ich den Nachmittagskaffee (oder grünen oder schwarzen Tee) nach 17 Uhr, schlafe ich in der Regel schlecht ein oder schlafe überhaupt schlechter, bzw. unruhiger. Tja, da gibt es also allerhand Diskussions- und Vergleichsbedarf.
Wann gibt es für so etwas endlich ein deutschsprachiges Forum? Das - wie mir scheint - sehr stark moderierte Nutzer-Forum auf 23andMe (auch nur für angemeldete Nutzer) ist vornehmlich mit Herkunfts-Haplotypen befasst, die man - im Vergleich mit den hier behandelten kodierenden SNP's - inzwischen doch längst als ziemlich langweilig empfinden kann. Außerdem ist es auch noch thematisch wenig übersichtlich gegliedert. Ich kann den Eindruck nicht loswerden, als hätte das Methode. Mag sich aber jeder denken dazu, was er will. Jedenfalls ist mir noch nicht ganz klar geworden, warum der Konstanzer Biologe Axel Meyer die Internetseite von 23andMe als so empfehlenswert ansieht, wie er das Anfang des Jahres auf Facebook getan hat. Es wäre gut, wenn dieser Bereich der "consumer genetics" bald wieder weniger monopolisiert würde als dies derzeit der Fall ist mit 23andMe und als Folge der Einstellung des Dienstes der Isländischen Firma DeCodeMe, die lange Zeit so gute wissenschaftliche Arbeit geleistet hat, und die auch weiterhin viel Schwung in diese Entwicklung hätte bringen können (Wiki).
Wie spannend die ganze Thematik ist, wird auch gleich sehr deutlich an dem folgenden, sehr tollen Ergebnis: "rs1426654(A;A)" auf Chromosom 18 ist (mit-)verantwortlich für die Hautfarbe und bedeutet laut SNPedia, dass ich "wahrscheinlich hellhäutig und europäischer Abstammung" bin:
estimates that the rs1426654(A) allele (light skin pigmentation) spread through the European population around 6,000 - 12,000 years ago. Prior to that, 'European ancestors' were most likely relatively brown-skinned.
Dieses SNP hat sich also erst seit und mit der Einführung des Ackerbaus in Europa ausgebreitet. Die ausgestorbenen Jäger und Sammler, die zuvor in Mitteleuropa lebten, waren (nach der Untersuchung der erhaltenen DNA in ihren Skeletten dunkelhäutiger. Aufgrund dieser evolutionären Geschichte hat dieses SNP heute bei Nordwesteuropäern eine Häufigkeit von 100 %, bei Toscana-Italienern eine solche von 99 %, bei Indern von 89 %, bei Mexikanern von - - - 33 %, bei Massai von - - - 10 % (- immerhin! auffällig! spannend! - woher kommen überhaupt die 10 %?!) und bei Hanchinesen, Japanern, Afrikanern eine Häufigkeit von sage und schreibe - - - 0 %! Es liegt hier also konvergente Evolution von heller Hautfarbe vor, sprich parallele Evolution in Nordeuropa und in Nordasien. Das ist ja schon seit einigen Jahren bekannt und ich schrieb darüber auch schon auf meinem Wissenschaftsblog. Schön, das jetzt in den eigenen Genen wieder zu sehen.
Ich bin voller Vertrauen und Einfühlsamkeit gegenüber meinen Mitmenschen - und gegenüber Kindern ;)
Weiter: SNP "rs53576(G;G)" auf Chromosom 3 ergibt eine Variante im Oxytocin-Rezeptor-Gen und lässt mich - womöglich - Stress besser verarbeiten und mich leichter die Emotionen anderer erkennen und mich weniger schreckhaft sein. Es scheint so zu wirken, als ob ich eines zusätzlichen Sprühstosses Oxytocin in die Nase nicht bedürfte, um all diese positiven Eigenschaften Wirklichkeit werden zu lassen. Es lässt mich also allgemein mehr Vertrauen in meine Umwelt haben und mich ein verträglicher, umgänglicher Mensch sein! Wer möchte diese Variante auch haben? ;)
Sie scheint aber nur zu 0,4 % in der Bevölkerung verbreitet zu sein (- ?). Wirklich? Vielleicht lese ich das auch grade falsch. Studien haben jedenfalls ergeben, dass Menschen mit dem G-Allel einfühlsamer sind, sich weniger allein fühlen, auch als Eltern einfühlsamer sind und niedrigere Häufigkeit von Autismus aufweisen. SNPedia führt zahlreiche neuere Studien an für das eben Gesagte. Das ist ja praktisch ein Supergen! (Oh, weia, wenn ich das meinen nächsten Angehörigen erzähle, die verstehen die Welt nicht mehr ... Die werden sagen: Ingo, was bloß hast Du mit dieser Begabung gemacht. Wie ist sie auf den Hund gekommen!)
Der einsichtsvolle Humangenetiker sagt an dieser Stelle vielleicht: Da wird es noch Antagonisten geben, also Genvarianten, die gegenteiliges Verhalten wahrscheinlich machen. Wir können eben nichts Positives ohne das Gegenteil denken.
Aber noch ein anderer Gedanke: Hat jemand, der so verträglich und vertrauensvoll ist, mehr Mut, sich von Menschen zu isolieren, als jemand, der das nicht ist? Sprich, mehr Mut, abweichende Meinungen zu vertreten? Könnte ja sein ... Dann wäre der Blog "Gesellschaftlicher Aufbruch - jetzt!" der "rs53576(G;G)"-Blog! :)