Samstag, 27. Januar 2007

Intelligenz-Genetik, letzter Stand

Wissenschafts-Journalist Jürgen Langenberg von "Die Presse" (Wien) berichtet regelmäßiger über moderne IQ-Genetik. Hier sein jüngster Artikel:

Molekularbiologie:Fehlanzeige beim Intelligenz-Gen
(Die Presse) 25.01.2007


Zwei Gene, die seit 2005 Kandidaten für ein großes Gehirn und scharfes Denken sind, haben mit beidem nichts zu tun.

Am 9. September 2005 schien es endlich da, das Gen für die Intelligenz, nach dem alle suchen. Es war gar ein Doppelschlag, mit dem Bruce Lahn, eines der Wunderkinder der Genetik, die Welt in Science überraschte. Er hatte gleich zwei Gene gefunden, von denen bestimmte Varianten das Gehirn größer werden ließen und die zu höchst spannenden Zeiten entstanden: Microcephalin und ASPM. Die Microcephalin-Variante ist 37.000 Jahre alt - da wanderten unsere Ahnen in Europa ein, da entwickelten sie die Kultur mit Reden und Denken in Symbolen -, die ASPM-Variante entstand vor 5800 Jahren, da wurden im Nahen Osten die ersten großen Städte gegründet.

Zudem stehen beide Varianten noch heute unter starker Selektion, sind also wichtig und werden optimiert (Science, 309, S. 1717, S. 1720). Lahn sah die Konsequenzen seines Fundes, er formulierte sie so: "Microcephalin ist ein attraktiver Kandidat für das Studium der Genetik der menschlichen Variation bei Phänotypen, die mit dem Gehirn zusammenhängen." Zumindest einer verstand das sofort, Philippe Rushton, Psychologe der University of Western Ontario und Verfechter der Hypothese, dass Schwarze weniger intelligent sind als Weiße. Der Verdacht stand auch in Lahns Publikationen: Er hatte die Varianten weniger häufig in Afrika als andernorts auf der Erde gefunden.


Lahn half Rushton beim Design einer Studie - Gen-, Hirngrößen- und Intelligenzvergleich von Weißen, Schwarzen und Asiaten -, Rushton führte sie durch und winkt jetzt ab: "Wie immer man die Daten auswertet: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Gen-Varianten und der Gehirngröße oder der Intelligenz" (Biology Letters, 24. 1.).

Lahn schickt sich drein, seine Universität (Chicago), die einen Patentantrag auf einen Gentest stellte, zieht ihn zurück. Stimmt auch der Rest der Argumentation nicht? Manche Forscher vermuten, dass beide Varianten überhaupt nicht unter aktueller Selektion stehen. Andere stimmen in diesem Punkt zwar zu, sehen aber nicht das Gehirn unter Selektionsdruck: ASPM ist auch anderswo im Körper aktiv, etwa in den Flagella, die die Spermien antreiben (Science, 314, S. 5807). Vielleicht werden die optimiert. jl

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