Die Geschichte der afroasiatischen Sprachfamilie insbesondere in Ostafrika
- Neue Einsichten der Ancient-DNA-Forschung
Eine neue Ancient-DNA-Studie über die genetische Herkunft der ostafrikanischen Völker ist erschienen (1). In Ostafrika gibt es Völker, die zu drei großen Sprachfamilien gehören, nämlich zur afroasiatischen (Wiki), zur nilosaharischen (Wiki) und zur Sprachfamilie der Bantu. Und die neue Studie zeigt nun auf, daß sich die jeweiligen Sprachfamilien - zumindest in Ostafrika - auch zum größten Teil mit der jeweiligen zu ihr gehörenden Genetik ausgebreitet und erhalten haben (Abb. 1).
Ob hiermit auch ein Licht geworfen wird auf die Herkunft und Geschichte dieser Sprachfamilien überhaupt? Das Verbreitungsgebiet der afroasiatischen Sprachfamilie über Nordafrika und die arabische Insel hinweg wirft hier besonders Fragen auf. Da die Ancient-DNA-Forschung aus dem Alten Ägypten noch keine Forschungsergebnisse zu besitzen scheint, kann und muß man diesbezüglich offenbar aus einer Ancient-DNA-Studie zu den ostafrikanischen Völkern Rückschlüsse ziehen auf die genetische Geschichte Ägyptens.
Zunächst ist aber zu beachten, daß sich die spezialisierte Rinderhaltung, die es in vielen ostafrikanischen Völkern heute gibt, erst ab 1300 v. Ztr. nach Tansania und Kenia ausgebreitet hat (1). Dem ging aber im Levante- und Mittelmeerraum, sowie in Ägypten und im Sudan ein gewalter "Vorlauf" an Geschichte voraus. Soweit dies den östlichen Mittelmeerraum betrifft, ist dieser Vorlauf der Studie von Damgaard et. al. aus dem letzten Jahr schon zu entnehmen (2), und zwar der ihr entnommen Abbildung 2, in der sich links unten die Balken für die genetische Geschichte Anatoliens finden.
Anatolien muß nämlich - bis die Ancient-DNA-Forschung noch bestehende Erkenntnislücken hinsichtlich des Alten Ägypten schließt - als repräsentativ genommen werden für den gesamten östlichen Mittelmeerraum, also auch für Ägypten. Wir sehen in Anatolien im Neolithikum (N) anatolisch-neolithische Genetik vorwiegen (lila) (s Abb. 2). Und wir sehen in der Kupferzeit (CA) im östlichen Mittelmeerraum in starkem Maße iranisch-neolithische Genetik (hellblau) hinzukommen (Abb. 2). Dieser gewaltige genetische Umbruch in der Kupferzeit in Anatolien und in der Levante ist von Seiten der Archäologie - unseres Wissens nach - noch so gut wie gar nicht gedeutet (7, 8). Auf Wikipedia lesen wir über Anatolien in der Mittleren Kupferzeit (5.500-4.000 v. Ztr.) und in der Späten Kupferzeit (4.000 v. Ztr. bis 3.000 v. Ztr.)(Wiki):
Vielleicht hat sich der hier zu erörternde genetische Umbruch auch durch zwei West-Bewegungen iranisch-neolithischer Bewegung vollzogen, einer in der Kupferzeit und einer in der Bronzezeit. Letzterer könnte dann im Zusammenhang mit der Ausbreitung der Hatti vom Kaukasus aus nach Anatolien hinein gestanden haben, wodurch es in der Mittleren Bronzezeit - nach James Melaart - zu einer Massenwanderung Richtung Westen und Ägäis gekommen sei (Wiki).
Jedenfalls in der neuen Studie (1) erweist es sich, daß auch die kupferzeitliche Genetik Israels am ähnlichsten ist jener vermutlich ägyptischen Herkunftsgruppe, die in den afroasiatischen Völkern Ostafrikas angetroffen wird (Abb. 1 graue Herkunftsanteile). Dies gilt offenbar nicht für die anatolisch-neolithische Genetik, die es im Neolithikum ab 6.500 v. Ztr. in Ägypten zunächst allein gegeben haben wird (wenn man vom zeitgleichen Südeuropa auf Nordafrika Ägypten schließt, wo sich überall die gleiche Kultur ausgebreitet hat). Aber von 6.500 v. Ztr. bis 1.300 v. Ztr. konnte ja auch in Ägypten noch viel geschehen, auch die genetischen Umbrüche der genannten Art in der Mittleren Kupferzeit (5.500 v. Ztr.) und/oder in der Mittleren Bronzezeit (1.900 v. Ztr.).
Anhand von Abbildung 1 wird jedenfalls sichtbar, wie unterschiedlich groß die jeweiligen genetischen Herkunftsanteile in den jeweiligen heutigen Völkern Ostafrikas sein können. Es wird aber auch deutlich wie sich hier Sprache und Genetik größtenteils gemeinsam miteinander ausgebreitet haben. Denn tatsächlich ist in nilosaharischen Völkern größere Sudan-Hirten-Genetik vorhanden (grün), die sich womöglich ab 6.000 v. Ztr. mitsamt der Schaf- und Ziegenhaltung ausgebreitet hat, in afroasiatischen Völkern deutlich größere kupferzeitliche mediterrane Genetik (grau), die sich vermutlich seit 1.300 v. Ztr. ausgebreitet hat und in Bantu-Völkern größere Anteile Bantu-Genetik, die sich erst ab 500 v. Ztr. in Ostafrika ausgebreitet hat - gemeinsam mit von den Bantu-Völkern betriebenen Ackerbau und der Eisenverarbeitung. Die meisten Völker weisen außerdem geringe Anteile urtümlicher ostafrikanischer Jäger-Sammler-Genetik auf (orange Herkunftsanteile) (Abb. 1).
Wie nun kam es zu dieser jeweiligen Zusammensetzung von genetischen Herkunftsanteilen in den heutigen ostafrikansichen Völkern? Die Herdenhaltung zunächst von Schafen und Ziegen breitete sich ab 6.000 v. Ztr. über Ägypten hinaus in Nordostafrika aus. Offensichtlich entstand im Zusammenhang mit dieser Wirtschaftsform und ihrer Ausbreitung die nilo-saharische Sprachfamilie (Wiki) und die ihr zugehörige "Sudan-Genetik". Sie breitete sich ab 3.000 v. Ztr. vom Sudan aus ins östliche Afrika aus, auch nach Tansania und Kenia. Um 2.500 v. Ztr. erreichte die Herdenhaltung von Schafen und Ziegen Äthiopien. Und schließlich um 0 v./n. Ztr. erreichte sie das südlichste Afrika. Diese Ausbreitungsbewegung war offenbar von den Völkern der nilo-saharischen Sprachgruppe - sowohl sprachlich wie genetisch - getragen.
Ab 1.300 v. Ztr. haben hat sich dann das Hirten-Neolithikum in Ostafrika ausgebreitet und es bestand herkunftsmäßig zu gleichen Anteilen aus kupferzeitlicher mediterraner Genetik und aus Sudan-Genetik. Sprich, Völker zweiter großer Herkunftsgruppen und Sprachfamilien, nämlich der afroasiatischen und der nilosaharischen haben sich irgendwo im Sudan miteinander vermischt und die Wirtschaftsweise der spezialisierten Rinderhaltung ausgebildet und in Ostafrika ausgebreitet.
- Neue Einsichten der Ancient-DNA-Forschung
Eine neue Ancient-DNA-Studie über die genetische Herkunft der ostafrikanischen Völker ist erschienen (1). In Ostafrika gibt es Völker, die zu drei großen Sprachfamilien gehören, nämlich zur afroasiatischen (Wiki), zur nilosaharischen (Wiki) und zur Sprachfamilie der Bantu. Und die neue Studie zeigt nun auf, daß sich die jeweiligen Sprachfamilien - zumindest in Ostafrika - auch zum größten Teil mit der jeweiligen zu ihr gehörenden Genetik ausgebreitet und erhalten haben (Abb. 1).
Ob hiermit auch ein Licht geworfen wird auf die Herkunft und Geschichte dieser Sprachfamilien überhaupt? Das Verbreitungsgebiet der afroasiatischen Sprachfamilie über Nordafrika und die arabische Insel hinweg wirft hier besonders Fragen auf. Da die Ancient-DNA-Forschung aus dem Alten Ägypten noch keine Forschungsergebnisse zu besitzen scheint, kann und muß man diesbezüglich offenbar aus einer Ancient-DNA-Studie zu den ostafrikanischen Völkern Rückschlüsse ziehen auf die genetische Geschichte Ägyptens.
Zunächst ist aber zu beachten, daß sich die spezialisierte Rinderhaltung, die es in vielen ostafrikanischen Völkern heute gibt, erst ab 1300 v. Ztr. nach Tansania und Kenia ausgebreitet hat (1). Dem ging aber im Levante- und Mittelmeerraum, sowie in Ägypten und im Sudan ein gewalter "Vorlauf" an Geschichte voraus. Soweit dies den östlichen Mittelmeerraum betrifft, ist dieser Vorlauf der Studie von Damgaard et. al. aus dem letzten Jahr schon zu entnehmen (2), und zwar der ihr entnommen Abbildung 2, in der sich links unten die Balken für die genetische Geschichte Anatoliens finden.
Abb. 2: Genetik der Völker des Mittleren Ostens zwischen Neolithikum, Bronze- und Eisenzeit (aus: Damgaard 2018) |
Anatolien muß nämlich - bis die Ancient-DNA-Forschung noch bestehende Erkenntnislücken hinsichtlich des Alten Ägypten schließt - als repräsentativ genommen werden für den gesamten östlichen Mittelmeerraum, also auch für Ägypten. Wir sehen in Anatolien im Neolithikum (N) anatolisch-neolithische Genetik vorwiegen (lila) (s Abb. 2). Und wir sehen in der Kupferzeit (CA) im östlichen Mittelmeerraum in starkem Maße iranisch-neolithische Genetik (hellblau) hinzukommen (Abb. 2). Dieser gewaltige genetische Umbruch in der Kupferzeit in Anatolien und in der Levante ist von Seiten der Archäologie - unseres Wissens nach - noch so gut wie gar nicht gedeutet (7, 8). Auf Wikipedia lesen wir über Anatolien in der Mittleren Kupferzeit (5.500-4.000 v. Ztr.) und in der Späten Kupferzeit (4.000 v. Ztr. bis 3.000 v. Ztr.)(Wiki):
Während demnach der Beginn der Kupferzeit (...) für die Zeitgenossen wohl kaum als Einschnitt wahrgenommen wurde, so mag dies im Gegenteil umso mehr für die Zeit um 5500 v. Chr. gegolten haben, also für die beginnende mittlere Kupferzeit, denn viele der alten Siedlungen wurden aufgegeben. Darüber hinaus übernahm die Marmararegion überhaupt erst in der späten Kupferzeit eine dauerhaft seßhafte Lebensweise und die Bodenbearbeitung, ähnliches gilt für Teile des ägäischen Raumes. Dort entwickelte sich in der 1. Hälfte des 4. Jahrtausends v. Chr. eine erste Siedlung (Milet I). In der Zeit bis 3000 v. Chr. kam es zu einer massiven Steigerung der Siedlungstätigkeit, sodass man Tausende von Dörfern annimmt, die miteinander in intensivem Kontakt standen.Anhand dieser Angaben läßt sich vermuten, daß der genetische Umbruch in Anatolien und das Hereinkommen von iranisch-neolithischer Genetik schon in der Mittleren Kupferzeit ab 5.500 v. Ztr. begonnen haben kann. Womöglich war danach der Raum schon viel zu dicht besiedelt, als daß ein so großer genetischer Umbruch noch hätte vonstatten gehen können, ohne daß dieser von den Archäologen bislang festgestellt worden wäre (abgesehen von James Melaart).
Vielleicht hat sich der hier zu erörternde genetische Umbruch auch durch zwei West-Bewegungen iranisch-neolithischer Bewegung vollzogen, einer in der Kupferzeit und einer in der Bronzezeit. Letzterer könnte dann im Zusammenhang mit der Ausbreitung der Hatti vom Kaukasus aus nach Anatolien hinein gestanden haben, wodurch es in der Mittleren Bronzezeit - nach James Melaart - zu einer Massenwanderung Richtung Westen und Ägäis gekommen sei (Wiki).
Jedenfalls in der neuen Studie (1) erweist es sich, daß auch die kupferzeitliche Genetik Israels am ähnlichsten ist jener vermutlich ägyptischen Herkunftsgruppe, die in den afroasiatischen Völkern Ostafrikas angetroffen wird (Abb. 1 graue Herkunftsanteile). Dies gilt offenbar nicht für die anatolisch-neolithische Genetik, die es im Neolithikum ab 6.500 v. Ztr. in Ägypten zunächst allein gegeben haben wird (wenn man vom zeitgleichen Südeuropa auf Nordafrika Ägypten schließt, wo sich überall die gleiche Kultur ausgebreitet hat). Aber von 6.500 v. Ztr. bis 1.300 v. Ztr. konnte ja auch in Ägypten noch viel geschehen, auch die genetischen Umbrüche der genannten Art in der Mittleren Kupferzeit (5.500 v. Ztr.) und/oder in der Mittleren Bronzezeit (1.900 v. Ztr.).
Anhand von Abbildung 1 wird jedenfalls sichtbar, wie unterschiedlich groß die jeweiligen genetischen Herkunftsanteile in den jeweiligen heutigen Völkern Ostafrikas sein können. Es wird aber auch deutlich wie sich hier Sprache und Genetik größtenteils gemeinsam miteinander ausgebreitet haben. Denn tatsächlich ist in nilosaharischen Völkern größere Sudan-Hirten-Genetik vorhanden (grün), die sich womöglich ab 6.000 v. Ztr. mitsamt der Schaf- und Ziegenhaltung ausgebreitet hat, in afroasiatischen Völkern deutlich größere kupferzeitliche mediterrane Genetik (grau), die sich vermutlich seit 1.300 v. Ztr. ausgebreitet hat und in Bantu-Völkern größere Anteile Bantu-Genetik, die sich erst ab 500 v. Ztr. in Ostafrika ausgebreitet hat - gemeinsam mit von den Bantu-Völkern betriebenen Ackerbau und der Eisenverarbeitung. Die meisten Völker weisen außerdem geringe Anteile urtümlicher ostafrikanischer Jäger-Sammler-Genetik auf (orange Herkunftsanteile) (Abb. 1).
Wie nun kam es zu dieser jeweiligen Zusammensetzung von genetischen Herkunftsanteilen in den heutigen ostafrikansichen Völkern? Die Herdenhaltung zunächst von Schafen und Ziegen breitete sich ab 6.000 v. Ztr. über Ägypten hinaus in Nordostafrika aus. Offensichtlich entstand im Zusammenhang mit dieser Wirtschaftsform und ihrer Ausbreitung die nilo-saharische Sprachfamilie (Wiki) und die ihr zugehörige "Sudan-Genetik". Sie breitete sich ab 3.000 v. Ztr. vom Sudan aus ins östliche Afrika aus, auch nach Tansania und Kenia. Um 2.500 v. Ztr. erreichte die Herdenhaltung von Schafen und Ziegen Äthiopien. Und schließlich um 0 v./n. Ztr. erreichte sie das südlichste Afrika. Diese Ausbreitungsbewegung war offenbar von den Völkern der nilo-saharischen Sprachgruppe - sowohl sprachlich wie genetisch - getragen.
Ab 1.300 v. Ztr. haben hat sich dann das Hirten-Neolithikum in Ostafrika ausgebreitet und es bestand herkunftsmäßig zu gleichen Anteilen aus kupferzeitlicher mediterraner Genetik und aus Sudan-Genetik. Sprich, Völker zweiter großer Herkunftsgruppen und Sprachfamilien, nämlich der afroasiatischen und der nilosaharischen haben sich irgendwo im Sudan miteinander vermischt und die Wirtschaftsweise der spezialisierten Rinderhaltung ausgebildet und in Ostafrika ausgebreitet.
Um 500 v. Ztr. breiteten sich dann westafrikanischen Bauernvölker der Bantu bis nach Ostafrika aus.
In einem früheren Videovortrag unsererseits (3) war von der genetischen Geschichte der
Volks- und Religionsgruppen des Libanon die Rede, wobei sich
insbesondere die islamischen Religionsgemeinschaft der Drusen (Wiki)
als eine Auffälligkeit herausgestellt hatte. Denn sie hatte nicht jene arabische
oder Turkvölker-Genetik in sich aufgenommen, die mit der Verbreitung des Islams
sonst in den meisten Volksgruppen im heutigen Verbreitungsgebiet des
Islams hinein gekommen ist, wodurch dieses Verbreitungsgebiet nicht nur
kulturell und religiös, sondern auch genetisch
- sozusagen - vereinheitlich wurde (3).
Ähnlich wie die Drusen im Libanon sind auch die Kopten (Wiki) in Ägypten genetisch grob als Repräsentanten der südlichen Mittelmeer-Bevölkerung seit der Kupferzeit anzusehen, bevor diese islamisiert und damit auch genetisch "arabisiert" wurde. Denn das genetische Erbe dieser mediterranen Völkergruppe, die auch im Alte Ägypten scheint vorgeherrscht zu haben scheint, und die dort spätestens seit der Kupferzeit (Chalkolitikum) genetisch mit nur wenigen Veränderungen lebte, findet sich - wie gesagt - in den ersten Rinderhirten-Völkern Ostafrikas wieder wie dies in der neuen Studie ausgeführt wird (1). Um darin deren Herkunftsanteil zu verstehen, boten sich den Genetikern die Kopten für die Herkunftsanalyse an wie sie schreiben (mit Bezug auf eine Grafik, die hier als Abbildung 3 eingestellt ist) (1):
Die Verwandtschaftsbeziehungen der heutigen Volksgruppen im Sudan bewegen sich auf einem Gradienten zwischen den Kopten (oben rechts in Abbildung 3 nahe den Individuen aus Nordafrika und dem Levanteraum) und den Volksgruppen, die eine nilotische Sprache sprechen wie die Dinka und die Nuer (unten links).
Present-day groups from Sudan mostly lie along a cline extending from Copts (upper right, near individuals from northern Africa and the Levant) to Nilotic speakers such as Dinka and Nuer (bottom left).
Die Volksstämme der Niloten (Wiki),
die zu der nilosaharischen Sprachfamilie gezählt werden, und die größtenteils Rinderhirten sind, und zu denen die bekannten Massai
gehören, leben heute in Kenia (3,2 Mio), Uganda (1,8 Mio), Südsudan (1,8
Mio), Tansania (300.000), dem Kongo (100.000), in Äthiopien und
Eritrea. Sie werden beschrieben als "sehr dunkelhäutig und oft
auffallend groß und schlank" (Wiki). Die
Archäogenetiker schreiben weiter (1):
Die genetischen Herkunftsanteile, die dem kupferzeitlichen Israel als Referenz-Individuen nahestehen, können überall im nordöstlichen Afrika oder im Levanteraum entstanden sein und sie können im nordöstlichen Afrika (sprich in Ägypten und im Sudan) vorherrschend gewesen sein für viele tausende von Jahren. Wir benutzen die kupferzeitlichen Individuen in dieser Studie, weil uns eine phylogenetisch nähere Referenzgruppe aus Ägypten, Sudan/Südsudan oder dem Horn von Afrika bislang noch fehlt.
Ancestry related to the Chalcolithic Israel reference individuals could plausibly have originated anywhere in northeastern Africa or the Levant, and could have been present in northeastern Africa for many thousands of years. We use the Chalcolithic individuals in this study because we lack genetic data from a phylogenetically adjacent reference group from Egypt, Sudan/South Sudan, or the Horn.
Was eben für uns zunächst völlig neu ist: Die heutigen Kopten stehen also nach
heutigem Forschungsstand - der sich vermutlich auch nicht mehr großartig verändern
wird - genetisch den kupferzeitlichen Bewohnern Israels nahe. Diese Erkenntnis wird nur so im Vorübergehen erwähnt, erscheint uns aber viel bedeutsamer als viele andere Erkenntnisse dieser Studie.
Insgesamt kann also also gesagt werden, daß die Völker der drei Sprachfamilien in Ostafrika seit spätestens 1.300 v. Ztr. bis heute vermutlich im Groben genetische Kontinuität aufweisen. Und zwar weisen Völker der afroasiatischen Sprachfamilie 40 % kupferzeitliche Mittelmeer-Genetik auf (in der Grafik von Abbildung 3 rechts oben), 40 % einheimische "nilotische" "Sudan-Genetik" (in der Grafik von Abbildung 3 links unten) und 20 % urtümliche Jäger-Sammler-Genetik (in der Grafik von Abbildung 3 links oben), auf Englisch:
Insgesamt kann also also gesagt werden, daß die Völker der drei Sprachfamilien in Ostafrika seit spätestens 1.300 v. Ztr. bis heute vermutlich im Groben genetische Kontinuität aufweisen. Und zwar weisen Völker der afroasiatischen Sprachfamilie 40 % kupferzeitliche Mittelmeer-Genetik auf (in der Grafik von Abbildung 3 rechts oben), 40 % einheimische "nilotische" "Sudan-Genetik" (in der Grafik von Abbildung 3 links unten) und 20 % urtümliche Jäger-Sammler-Genetik (in der Grafik von Abbildung 3 links oben), auf Englisch:
Our modeling reveals that the Pastoral Neolithic (PN) individuals had substantial proportions of all three ancestry components (~40% each for those represented by Dinka and by the Chalcolithic Israel individuals, and ~20% related to Mota).Und noch einmal anders formuliert (1):
Es kann gefolgert werden, daß die afroasiatischen Völker (wie im Hirten-Neolithikum) vergleichsweise ähnlich große Herkunftsanteile aufweisen von Völkern, die heute genetisch von den Dinka und von Völkern, die in dieser Studie vom kupferzeitlichen Israel repräsentiert werden (aber jeweils unterschiedliche Größenanteilen von Jäger-Sammler-Genetik aufweisen), während für die nilotischen Völker gefolgert werden kann, daß sie mehr sudanesische Herkunftsanteile haben).Die Herkunftsgruppe "kupferzeitliches Israel" ist genetisch deutlich näher an der eigentlichen Herkunftsgruppe dieser Völker dran als archäologische Menschenfunde aus Marokko, die ebenfalls auf Verwandtschaft getestet wurden, wie weiter ausgeführt wird (1). Ob die anatolisch-neolitihische Genetik ebenfalls diesbezüglich getestet wurde, wird in der Studie gar nicht gesagt. Damit wird jedenfalls stillschweigend unterstellt, daß die mediterrane Herkunftsgruppe der ostafrikanischen Rinderhirten-Völker spätneolitisch-kupferzeitlicher Zeitstellung ist, nicht frühneolithischer Zeitstellung (in der es die iranisch-neolithische Genetik im östlichen Mittelmeerraum ja noch gar nicht gab).
Afro-Asiatic speakers are inferred (as in PN) to have relatively even proportions of the components represented by Dinka and by Chalcolithic Israel (but with varying proportions of Mota-related ancestry), while Nilo-Saharan speakers are inferred to have more Sudan-related ancestry).
Aufgrund der später hinzukommenden Bantu-Genetik verschieben sich die genetischen Verwandtschaftsverhältnisse vom "Hirten-Neolithikum" bis heute noch etwas nach links in der Grafik von Abbildung 3.
Schon 2014 hatten wir hier auf dem Blog geschrieben (14.12.14):
Vom Entstehungsgebiet des Ackerbaus in der heutigen Südtürkei und im Levanteraum (um 10.000 v. Ztr.) wird der Ackerbau sich gemeinsam mit der afroasiatischen Sprachgruppe (...) etwa ab 6.500 v. Ztr. über Nordafrika ausgebreitet haben. Also etwas früher, bzw. zeitgleich zur Ausbreitung des Ackerbaus in Europa. Wobei neben dem Ägyptischen die Berbersprachen eine Hauptrolle spielten, die früher noch eine größere Verbreitung in Nordafrika hatten als heute. Ebenso werden dann die Völker der kuschitischen, omotischen und Tschad-Sprachen im nördlichen Ostafrika entstanden sein jeweils gemeinsam mit der Annahme und Verbreitung des Ackerbaus, bzw. der Rinderhaltung und seßhafter Lebensweise.2017 ergänzten wir (entsprechend Callaway):
Ein Mann, der 1.000 v. Ztr. in Tansania lebte, hatte Gene sowohl der ostafrikanischen Jäger und Sammler in sich als auch Gene der Ackerbauern aus dem Levanteraum. Zu seiner Zeit wurde in Tansania schon Rinderhaltung betrieben, die sich von hier aus bis Südafrika ausgebreitet haben könnte.Durch die neue Studie also (1) ist der Kenntnisstand beträchtlich erweitert und abgesichert worden. Über die vermutete Urheimat der afroasiatischen Sprachgruppe heißt es nun auf Wikipedia (Wiki):
Da die Mehrzahl der afroasiatischen Sprachen in Nordafrika beheimatet ist, liegt eine Herkunft aus Nordafrika nahe. Besonders die nordöstliche Sahara oder das heutige nördliche Libyen werden favorisiert. Aufgrund lexikalischer Übereinstimmungen des Afroasiatischen mit dem Indogermanischen, den kaukasischen Sprachen und dem Sumerischen sowie der kulturellen Stellung des rekonstruierten proto-afroasiatischen Vokabulars vertreten einige Wissenschaftler wie z. B. Alexander Militarev dagegen eine Urheimat in der Levante.Die hier genannten "lexikalischen Übereinstimmungen des Afroasiatischen mit dem Indogermanischen, den kaukasischen Sprachen und dem Sumerischen" korrespondieren, so fällt uns in diesem Zusammenhang auf, mit der Abstammung heutiger indogermanischer, kaukasischer und afrikanischer Völker in größeren oder geringeren Anteilen von der anatolisch-neolithischen Völkergruppe, die den Ackerbau einerseits bis nach Skandinavien und in die Ukraine ausgebreitet hat und andererseits - vermutlich - bis nach Ägypten. Ob man schlußfolgern darf, daß die anatolisch-neolithische Völkergruppe so etwas wie eine Ursprache des afroasiatischen Sprachstammbaums gesprochen hat? Es ist jedenfalls sicherlich eine spannende Fragestellung, wie nun die Ergebnisse der Ancient-DNA-Forschung in Beziehung gesetzt werden können zur Entstehung und Ausbreitung nicht nur der indogermanischen Sprachfamilie (das ist ja schon sehr gut geschehen), sondern hier nur auch der afroasiatischen Sprachfamilie.
Während also im Spätneolithikum zur anatolisch-neolithischen Genetik in Europa die indogermanische Genetik aus der Steppe hinzugekommen ist, kam in Anatolien und im östlichen Mittelmeerraum - auf noch nicht gänzlich geklärte Weise die iranisch-neolithische Genetik hinzu. Im östlichen Mittelmeer-Raum und auch im Levanteraum (heutiges Israel) und Ägypten lag also seit der Kupfer- und Bronzezeit eine Genetik vor, die etwa zur Hälfte anatolisch-neolithische und zur anderen Hälfte iranisch-neolithische Genetik repräsentierte (siehe Abbildung 2, Grafik aus Damgaard 2018, links unten).
Das ist dann jene Genetik wie sie bis zum Ende der Antike im Mittelmeerraum - in der Breite der Bevölkerung insgesamt - scheint vorgeherrscht zu haben, und wie sie sich in Reliktgruppen daselbst noch gehalten hat - etwa bei den christlichen Kopten in Ägypten oder den muslimischen Drusen im Libanon und wie sie auch ihren Beitrag geleistet hat zur Entstehung der heutigen ostafrikanischen Völker.
Ergänzung 9.7.2019: Nur einen Tag nach Veröffentlichung dieses Blogartikels erscheint genau zu der Frage dieses Blogartikels eine neue Forschungsstudie im Preprint (9). Ihr Ergebnis lautet (9):
Ähnlich wie bei der minoischen und der tunesisch-jüdischen Bevölkerung kann die nichtafrikanische genetische Komponente bei den Äthiopiern am besten modelliert werden als eine Mischung von 85 % anatolisch-neolithischer und von 15 % kaukasischer Jäger-Sammler-Genetik.Die Studie kann sich vorstellen, daß diese Genetik um 1.000 v. Ztr. von den Seevölkern nach Äthiopien gebracht worden ist. Das scheint uns aber doch eine viel zu weitgehende Spekulation zu sein. Es wäre aber interessant zu erfahren, was David Reich, der Leiter der Forschungsgruppe, die (1) herausgebracht hat, dazu zu sagen hätte.
Similarly to Minoan and Tunisian Jewish populations, the non African component of Ethiopian populations can be best modelled as a mixture of ∼ 85% Anatolian_N and ∼ 15% CHG composition of ancestries.
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- Ancient DNA reveals a multistep spread of the first herders into sub-Saharan Africa By Mary E. Prendergast, Mark Lipson,(...) David Reich. In: Science, 5. Juli 2019, Vol. 365, Issue 6448, DOI: 10.1126/science.aaw6275, https://reich.hms.harvard.edu/sites/reich.hms.harvard.edu/files/inline-files/2019_PrendergastLipsonSawchuk_Science_PastoralNeolithic_1.pdf
- Peter de Barros Damgaard; Eske Willerslev uvm.: The first horse herders and the impact of early Bronze Age steppe expansions into Asia. In: Science, 29.6.18, http://science.sciencemag.org/content/360/6396/eaar7711
- Bading, Ingo: Völker Asiens, Völker Europas - Euer Werden, Euer Überleben!, https://youtu.be/ffqVANXdITQ, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/05/ihr-volker-asiens-ihr-volker-europas.html
- Bading, Ingo: Europäische Gene in Afrika ab 6.500 v. Ztr. - Spannende neue Erkenntnisse aus der Erforschung der Genome der Afrikaner. 8. Dezember 2014, http://studgendeutsch.blogspot.com/2014/12/buschleute-waren-einst-die-grote.html
- Bading, Ingo: Wie kam das Ursprungsvolk der Bantu-Völker zum Ackerbau? 14. Dezember 2014, https://studgendeutsch.blogspot.com/2014/12/wie-kam-das-ursprungsvolk-der-bantu.html
- Callaway, Ewen: Ancient-genome studies grapple with Africa’s past - Clutch of DNA analyses show that ancient humans moved around on the continent far more than has been appreciated. In: Nature, 06 July 2017, http://www.nature.com/news/ancient-genome-studies-grapple-with-africa-s-past-1.22272
- Bading, Ingo: Die Indogermanen, ihre Nachbarvölker, ihre Ausbreitungsgebiete - Neue Forschungen, 26.6.2018, https://studgendeutsch.blogspot.com/2018/06/die-indogermanen-ihre-nachbarvolker.html
- Bading, Ingo: 2.200 v. Ztr. - Kriegerische Glockenbecherleute im westlichen Mittelmeer-Raum, kriegerische Hethiter in Anatolien Eine neue Ancient DNA-Studie zur Geschichte der Indogermanen im Mittelmeer-Raum der Bronzezeit. 3. April 2019, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/04/2200-v-ztr-kriegerische.html
- West Asian sources of the Eurasian component in Ethiopians: a reassessment - Ludovica Molinaro, Francesco Montinaro, Toomas Kivisild, Luca Pagani, 8.7.2019, doi: https://doi.org/10.1101/694299 (This article is a preprint and has not been peer-reviewed), https://www.biorxiv.org/content/10.1101/694299v1
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