Die zahlreichen antiken Skulpturen zum Thema "Sterbender Gallier" - Wie entstanden sie?
Der keltische Stamm der Volker (Wiki) stammte aus der Gegend zwischen Obermain-Tal und Thüringer Wald. Seine Südwanderung vollzog sich hundert Jahre vor derjenigen der "Kimbern und Teutonen". So bedrohlich wie die Kimbern und Teutonen hundert Jahre später von den Römern empfunden worden sind, so bedrohlich sind schon die Volker hundert Jahre zuvor von den Griechen in Delphi in Griechenland und in Pergamon in Kleinasien empfunden worden.
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Abb. 1: Gefallener Galater (Archäol. Nationalmuseum Venedig) (Tour) - Römische Mamorkopie einer Skulptur des Weihgeschenks der Attaliden an Athen |
Die Volker dürften auf dem Staffelberg und dem benachbarten Dornig Siedlungszentren gehabt haben. Dort gibt es Grab- und Siedlungsfunde seit der Bronzezeit (Stg2019). Natürlich auch anderwärts in Oberfranken und Thüringen.
Sie dürften damit Nachkommen der keltischen Urnenfelderkultur (der "Goldhut-Kultur") gewesen sein, die sich um 1200 v. Ztr. vom heutigen Serbien aus bis an das Schlachtfeld der Tollense in Mecklenburg, bis nach Großbritannien, bis nach Nordwestspanien und bis nach Norditalien ausgebreitet hat (Stg2025). Angehörige dieser Kultur kamen vermutlich vierhundert Jahre später auch bis zum Königsgrab von Seddin im nördlichen Brandenburg (Dtfk2025).
Ihre Fürsten dürften gelebt haben wie der Keltenfürst vom Glauberg (um 420 v. Ztr.) (Wiki) im benachbarten mittleren Hessen.
Noch die heutigen Bewohner des Obermain-Tales stammen höchstwahrscheinlich zu mehr als der Hälfte von jenen Volkern ab, die damals in ihrer Heimat im Obermain-Tal geblieben sind und mit "Regenbogenschüsselchen" (Wiki) als Währung Handel trieben.
Alexander der Große (Wiki) überschritt den Hellespont 334 v. Ztr., um sein großes Alexanderreich zu erobern. Er starb 323 und es entstanden mehrere Diadochen-Reiche.
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Abb. 2: Die Königreiche von Bithynien und Pergamon und das Reich der Galater um 200 v. Ztr. (Wiki) |
Die Volker in Oberfranken und Thüringen waren nicht weniger unternehmungslustig.
Sie siedelten zuerst an der Rhone und in Tolosa, im heutigen Toulouse an der Garonne in Südfrankreich. Und 43 Jahre nach Alexanders Tod eroberten sie 280 v. Ztr. auch Delphi in Nord-Griechenland. Über ihren Anführer Brennus wird berichtet (Wiki):
Brennus fiel mit mehreren Stämmen 280 v. Ztr. in die Balkanhalbinsel ein und unterlag 279 v. Ztr. bei Delphi einem griechischen Heer. Über diesen Kriegszug berichten mehrere antike Autoren, etwa Pausanias, Diodor oder Junianus Justinus. Brennus kooperierte während des Feldzugs mit einem anderen keltischen Heer, das unter Führung eines gewissen Akichorios stand. Makedonien und Griechenland waren durch die jahrzehntelangen Diadochenkämpfe erheblich geschwächt. Die Kelten umgingen die Thermopylen und schnitten damit die griechischen Verteidiger faktisch ab. Anschließend wurde ein aitolisches Heer geschlagen und die Stadt Kallipolis in Aitolien geplündert und zerstört. Schließlich erreichten die Kelten unter Brennus, denen es vor allem um Beute ging, Delphi, während Akichorios mit seinen Truppen noch nicht aufgeschlossen hatte. Wahrscheinlich erreichten die Kelten sogar den heiligen Distrikt von Delphi selbst. Ein Heer phokischer und aitolischer Truppen griff dann jedoch die Kelten an, die hohe Verluste erlitten und zurückgeschlagen wurden, wobei dieses Ereignis in der Folgezeit teils verklärt wurde. Brennus erlitt beim Angriff schwere Verwundungen und starb kurz darauf, vielleicht durch Selbstmord. Nach der Abwehr der keltischen Invasion wurde in Griechenland das Fest Soteria gestiftet (etwa: „Rettungsfest“). Die übrigen nach Griechenland eingedrungenen Kelten gründeten unter der Führung ihres neuen Herrschers Komontorios in Thrakien ein Fürstentum, dessen Hauptstadt Tylis war.
Die Kelten verschleppten Goldschätze von Delphi nach Tolosa, wo es als "Gold von Tolosa" (Wiki) in die Geschichte eingegangen ist. Denn das Wort "aurum Tolosanum" wurde später bei den Römern, nachdem sie Tolosa erobert hatten, zu einem Synonym für einen Unglück bringenden Gegenstand.
Ein Teilstamm der Volker, die Tektosagen, die sich ins Rhone-Tal ausgebreitet hatten und auch in Tolosa gelebt hatten, verbündeten sich mit dem König Nikomedes I. von Bithynien, einem Diadochen-König (Wiki):
275 v. Ztr. wurden sie von Nikomedes I. als Söldner nach Bithynien geholt, um ihm dort im Kampf gegen seinen Bruder zu unterstützen und ihm den Thron zu sichern. Bald machten sie sich selbständig und zogen plündernd durch das westliche Kleinasien. In der sogenannten „Elefantenschlacht“ 275, 268 oder 267 v. Ztr. wurden die Galater von Antiochos I. geschlagen und erhielten Wohngebiete beiderseits des Halys zugewiesen. Die Tektosagen besiedelten das Gebiet um Ankyra (Ankara).
Die Galater forderten und erhielten Tributzahlungen von den angrenzenden Reichen.
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Abb. 3: Gefallener Galater ("Galata morto") (Wiki) - Römische Mamorkopie einer Skulptur des Weihgeschenks der Attaliden an Athen |
Attalos I. (Soter, „Retter“) (269 v. Ztr.-197 v. Ztr.) (Wiki) war König von Pergamon. Seine Vorgänger hatten Tribut an die Galater gezahlt. Attalos verweigerte diesen Tribut, wurde von den Galatern angegriffen und besiegte sie in mehreren Schlachten. Die Galater waren mit dem Gegenkönig Antiochos aus Sardes verbündet, gegen den Attalos ebenfalls Schlachten schlug.
Eine Umschau auf dem Schlachtfeld der sterbenden Gallier
In Erinnerung an die Siege gegen diese Gegner brachte Attalos um 228 v. Ztr. im Atheneheiligtum von Pergamon ein "Weihgeschenk" dar, das sogenannte "große" "Attalidische Weihgeschenk", bzw. das "Galateranathem". Für dieses wurden zahlreiche, wertvolle, seither sehr berühmt gewordene Skulpturen geschaffen, die einen Höhepunkt des Bildhauer-Schaffens des hellenistischen Zeitalters darstellten. Sie wurden so sehr bewundert, daß in römischer Zeit zahlreiche Mamorkopien von ihnen geschaffen wurden und an vielen Orten aufgestellt wurden.
Sie hatten zumeist sterbende Krieger zum Thema, insbesondere den "Sterbenden Gallier" (WikiCom). Die Skulpturen sind vermutlich von dem Bildhauer Epigonus (Wiki) geschaffen worden. Vermutlich sind sie als Figurengruppe geschaffen worden. Die Originale waren zwar Bronzeskulpturen. Diese sind aber irgendwann eingeschmolzen worden. Während die römischen Marmorkopien derselben die Zeitenläufe zum Teil überstanden haben und heute auf verschiedene Museen insbesondere in Italien verteilt sind, auf Museen in Neapel, Rom und Venedig zum Beispiel (Wiki):
Im Bereich des Heiligtums errichteten Attalos I. und Eumenes II. Siegesdenkmäler, insbesondere die gallischen Widmungstafeln.
Die Weihinschrift lautete:
König Attalos (weiht) der Athene die Dankesgaben für die Kämpfe im Krieg. Für die Schlacht im hellespontischen Phrygien gegen Antiochos. Für die Schlacht gegen die tolistoagischen und tektosagischen Gallier und Antiochos bei Aphrodision. Für die Schlacht gegen die tolistoagischen Gallier bei den Quellen des Flusses Kaikos. Für die Schlacht gegen ... (die Stadt) Selge und Antiochos. Für die Schlacht bei ... gegen Lysias und die anderen Generäle des Antiochos. Für die Schlacht bei ... gegen Antiochos. Für die Schlacht ... in Karien gegen Antiochos.
Die berühmteste Skulptur dieser Figurengruppe ist der "Sterbende Gallier". Fast ebenso bedeutend ist die Skulptur "Ein Gallier, der seine Frau tötet, bevor er sich selbst tötet, um der Gefangenschaft zu entgehen" ("Galatergruppe Ludovisi") (WikiCom). Wir lesen über diese (UniHamburg):
Der sterbende Gallier bildet zusammen mit der Galatergruppe Ludovisi einen Teil des großen Weihgeschenkes/ Siegesmonuments des Attalos I. In 234/233 v. Ztr. besiegte Attalos I. von Pergamon den gallischen Stamm der Tolistoagier an den Kaikosquellen. Es war einer von drei Galaterstämmen, die 278/277 v. Ztr. über den Hellespont nach Kleinasien gelangten und dortige Städte zur Tributzahlung zwangen (Wenning 1978, 37). Attalos I. weihte die Skulpturengruppe der Athena Polias im heiligen Bezirk von Pergamon. Der erhaltene Rundsockel (H: 2,20 m, ø 3,15 m) im Temenos wird als die Aufstellungsbasis des Geschenks gesehen (Andreae 2001, 92; Mandel 2007, 168). Die Figur weist für griechische Plastik typische physische Erscheinung eines Galaters auf: kurzes struppiges Haar, Schnurrbart, markante Gesichtszüge, mit Torques um den Hals – eine ausführliche Beschreibung liefert Diodor V 28, 1-3 (Künzl 1971, 6f). Das zerbrochene Horn auf der Plinthe unter dem linken Unterschenkel des sterbenden Galliers regte eine Diskussion um die Person des Sterbenden an. Laut Michaelis (1893, 132) könnte er dem tubicen des Epigonos (Plin. nat. 34, 88) entsprechen, einem Blasmusikanten, der die kämpfenden Truppen antreibt (dazu auch Wenning 1978, 2f). Laut Wenning (1978, 3) wurde das Horn nicht vom Kopisten hinzugefügt, sondern war schon im Original vorhanden um möglicherweise der Figur individuelle Züge zu verleihen. Es gibt keine weiteren Angaben zum Bildhauer. Die genaue Komposition der einzelnen Skulpturen des Anathems ist nicht bekannt. Einen Hinweis könnte die Ritzung auf der Plinthe des Galliers liefern: konzentrische Kreise mit eingeritzen Linien. Laut Andreae (1998, 83) könnte es eine Anleitung zur Aufstellung der Skulpturen sein.
Dasselbe Thema "sterbende Gallier", bzw. "sterbende Krieger" wurde dann später auf der Akropolis in Athen wiederholt als "kleines" Attalidisches Weihegeschenk (WikiCom).
Unter dem letzteren fanden sich unter anderem die "vier gefallenen Krieger" (WikiCom), darunter eine Amazone (WikiCom), ein auf die Knie gestürzter Krieger (WikiCom) und andere sterbende oder gefallene Krieger mehr. Über diese lesen wir (WikiCom):
Die vier Statuen gefallener Krieger (...) stammen mit Sicherheit aus einem einzigen Fund. Es handelt sich um römische Kopien einiger Figuren aus der Weihgabe, die ein Dynast aus Pergamon – wahrscheinlich Attalos II. (159–138 v. Ztr.) – anfertigte und damals an der Südmauer der Akropolis von Athen aufgestellt wurde, um die Siege über die Galater zu feiern. Von dem ursprünglichen Werk, das rund 50 Statuen umfaßt, die sich auf vier Schlachten beziehen (Amazonomachie, Gigantomachie, Schlacht bei Marathon und Schlacht gegen die Galater), wurden nur einige wenige, die besiegte Figuren darstellten, in Rom kopiert und in den Thermen des Agrippa ausgestellt, um seinen Sieg über die Galater (37 v. Ztr.) zu feiern. Die vier Statuen der Farnese-Sammlung, die im Nationalen Archäologischen Museum von Neapel ausgestellt sind, stellen eine tote Amazone (Inv. 6012), einen toten Riesen (Inv. 6013), einen toten Perser (Inv. 6014) und einen verwundeten Gallier (Inv. 6015) dar.
Ziel dieser Weihgaben war es, so sagt und ChatGPT, die Überlegenheit der Attaliden zu zeigen, aber gleichzeitig auch die Tapferkeit und die Würde der Feinde hervorzuheben. Weiter ChatGPT:
Das Galateranathema war nicht nur ein Kriegsdenkmal, sondern ein politisches Manifest: Die Attaliden präsentierten sich als Verteidiger der griechischen Welt gegen „Barbaren“. Durch die Aufstellung auf der Akropolis in Athen knüpften sie bewußt an das kulturelle Prestige Athens und die Perserkriege an. Künstlerisch gehört es zum Höhepunkt des Hellenismus: Pathos, Realismus und die Darstellung des „edlen Feindes“.
Weitere Kunstwerke zu diesem Thema finden sich heute in Venedig, so ein toter Kelte, der auf seinem Schild liegt (WikiCom) (Abb. 1 und 3).
Skulpturen der hellenistischen Epoche
Mit solchen Kunstwerken wurde die Epoche der Hellenistischen Kunst (Wiki) eingeleitet. Wir lesen (Wiki):
Attalos I. (269–197 v. Ztr.) ließ zur Erinnerung an seinen Sieg bei Kaikos gegen die Gallier – von den Griechen Galater genannt – zwei Serien von Votivgruppen anfertigen: Die erste, die auf der Akropolis von Pergamon geweiht wurde, enthält den berühmten Gallier, der sich und seine Frau umbringt; das Original ist verloren gegangen; die zweite Gruppe, die Athen geschenkt wurde, besteht aus kleinen Bronzen von Griechen, Amazonen, Göttern und Riesen, Persern und Galliern. Artemis Rospigliosi im Louvre ist wahrscheinlich eine Kopie einer dieser Figuren; Kopien des Sterbenden Galliers waren in der Römerzeit sehr zahlreich. Der Gefühlsausdruck, die Eindringlichkeit der Details – hier buschiges Haar und Schnurrbärte – und die Heftigkeit der Bewegungen sind charakteristisch für den pergamenischen Stil.
Als Attalos 46 Jahre alt war, heiratete er um 223 v. Ztr. die 30 Jahre jüngere Apollonis (gest. 159 v. Ztr.) (Wiki). Mit dieser hatte er vier Söhne (Wiki):
Sowohl in literarischen als auch in inschriftlichen Überlieferungen wird sie aufgrund ihrer Bescheidenheit und Frömmigkeit bewundert sowie für ihren Verzicht auf ehrgeizige politische Aktivitäten und für die Erziehung ihrer Söhne wird sie als Idealkönigin gelobt. Die brüderliche Eintracht unter ihren Söhnen, bei denen sich laut Plutarch die Jüngeren stets schützend vor den Ältesten als ihren König stellten, war ein herausragendes Merkmal der attalidischen Königsfamilie, während sich die anderen hellenistischen Dynastien ihrer Zeit untereinander blutig bekämpften. Apollonis hat ihren Mann um viele Jahre überlebt und ist in hohem Alter wahrscheinlich gegen Ende der Herrscherzeit Eumenes’ II. († 158 v. Ztr.) gestorben.
Unter der Herrschaft ihrer Söhne wurde Pergamon zu einem Kulturzentrum des Hellenismus, in dem man bestrebt war, ein neues Athen zu schaffen. Auf dieser Linie wurde ein Jahrhundert später der berühmte Pergamon-Altar (Wiki) errichtet, der sich heute im Pergamon-Museum in Berlin befindet.
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