Samstag, 3. Juli 2021

Schlangen und Echsen - Bei der Evolution des Lebendgebärens hinken sie hinterher

Erst vor 15 Millionen Jahren - Die Säugetiere waren viel früher 
- "Vorpreschen" und "Hinterherhinken" in der Evolution

"Lebendgebärende Landschnecken" betitelten wir vor drei Wochen einen Artikel (St.gen. 6/21). Immer noch sind wir berückt von seinem Inhalt. Daß einige Landschnecken-Arten lebendgebärend sind, wer hätte das gedacht, wer gewußt? Neue Erkenntnisse durch die Bernstein-Forschung haben auf diesen Umstand aufmerksam gemacht (1, 2). Und nun stoßen wir auf eine neue Studie zur Evolution der Eigenschaft Lebendgebärend (5), so daß der damalige Artikel hier in erweiterter Form neu eingestellt wird.

Die Eigenschaft "Lebendgebärend" (Viviparie) (Wiki) stellt ja eine außerordentlich wichtige Errungenschaft der Evolution dar. Sie bestimmt ja noch heute unser gesamtes Leben und Überleben essentiell mit - als Menschen auf diesem Planeten. Es mag ja sei, daß ein paar Bio-Technokraten die Menschheit zurück bringen wollen zur Lebensform "Eierlegend", so daß sich Eltern nur noch möglichst wenig um ihre Nachkommenschaft kümmern brauchen und daß sie diese in außerfamiliärer Umgebung zu jenem "Neuen Menschen" heranwachsen lassen wollen, den solche Bio-Technokraten bevorzugen mögen.

Abb. 1: Im Bernstein entdeckt: Eine lebendgebärende Landschnecke (aus 2)

Aber es scheint doch sehr offensichtlich zu sein, daß innerhalb der Evolution selbst eine solche Lebensform wie: "eierlegend und die Nachkommenschaft zu großen Teilen sich selbst überlassend" eine sehr archaische - man kann wohl gerne auch sagen "primitive " - Lebensform darstellt. 

Und der faszinierende Vorgang nun, der zur Überwindung solcher Primitivität führte, hat sich konvergent (Wiki) abgespielt, er ist in vielen Zweigen des Artenstammbaums zu unterschiedliche Zeiten vollzogen worden. Das heißt, zu der lang gewordenen Liste von Fällen konvergenter Evolution, die sich die Wissenschaft seit etwa 2003 bewußt macht und die man auch angefangen hat, philosophisch zu deuten (3), gehört ganz zentral auch die Eigenschaft "lebendgebärend" dazu. (Bisherige Blogbeiträge zum Thema: konvergente Evolution.) [20.5.22] Wir lesen dazu (14):

Die Lebensform Lebendgebärend ist etwa 142 mal unter den Wirbeltieren von der Lebensform Eierlegend aus evoluiert.
Viviparity has evolved from oviparity approximately 142 times among vertebrates. 

Lebendgebärenden Landschnecken gab es schon in der Kreidezeit vor 80 Millionen Jahren, also in jener Zeit, in der auch die ersten - lebendgebärenden - Säugetierarten auf der Erde lebten. In der Unteren Kreidezeit vor 160 Millionen Jahren sind Kloaken- und Beuteltiere entstanden, am Ende der Kreidezeit vor 69 Millionen Jahren Plazentatiere (siehe unten). Und spätestens mitten in dieser Zeit sind also nun sogar wirbellose Tiere wie Landschnecken zu dieser Lebensform übergegangen.

Unsere Vermutung: Die Tendenz der Natur, auf etwas hinaus zu wollen, das sehr deutlich zu umschreiben und zu charakterisieren ist (und das Simon Conway Morris erstmals auch so charakterisiert hat) (s. konvergente Evolution), ist immer schwerer zu übersehen für die Wissenschaft.

Die Natur wollte nicht nur eierlegende Reptilien auf dieser Erde, sie wollte Lebewesen, die sich als Eltern einige Zeit - später viele Jahre - um ihren Nachwuchs kümmern, sie wollte also auf eines der Grundcharakteristika alles Humanen hinaus. Unbewußt natürlich. (Denn welches Bewußtsein hätte das wollen sollen?)

Aber die Forscher denken als erstes an Nützlichkeits-Erwägungen, sie überlegen, warum die Lebensform lebendgebärend bei den Landschnecken nicht ausgestorben ist oder wo sie einen Überlebensvorteil bietet gegenüber anderen Lebensformen. Das mutet im ersten Augenblick ein wenig willkürlich und auch "nüchtern" an angesichts des Herrlichen, das mit der Lebensform "lebensgebärend" alles sonst noch so verbunden ist. Es mutet das so an, als ob Wissenschaftler von ihrem eigenen Leben und Familienleben völlig absehen würden und könnten, wenn sie an Natur und Evolution denken.

Als wenn die Lebensform lebendgebärend auch in ihrem eigenen Leben allein Nützlichkeits- und Überlebensaspekte hätte, individuelle, evolutionäre, die zu beachten wären. Und keinerlei weitere.

Und als wäre das eine Gesamterklärung. Seit Charles Darwin glauben Biologen, daß Lebensformen nur deshalb entstehen, weil sie nützlich sind. Das ist freilich ein wenig absurd. Aber irgendwann werden das ja vielleicht - sogar! - einmal Biologen verstehen. Daß das reichlich absurd ist. Nämlich die Annahme, daß Leben und die Vielfalt der Lebensformen auf dieser Erde nur deshalb entstehen würden, "damit" sie nicht aussterben.

In der Studie heißt es (2):

Man weiß, daß die Lebensform "lebendgebärend" über 160 mal im Tierreich evoluiert ist, bei Knochenfischen ...., Amphibien, Säugetieren, Schlangen und Lurchen (Squamatae) ebenso wie in zahllosen Gruppen von Wirbellosen. Eine Voraussetzung für sie ist die Befruchtung innerhalb des Körpers.
Viviparity is known to have evolved over 160 times in the animal kingdom, including boney fishes, cartilaginous fishes, amphibians, mammals and squamate reptiles as well as in numerous invertebrate groups for which internal fertilization is a precondition (Blackburn, 1999).

Und mit diesen Worten werden wir gleich noch auf einen weiteren Umstand aufmerksam gemacht: Daß innere Befruchtung Voraussetzung ist für die Lebensform "lebendgebärend", daß also eine innigere Vereinigung beider Eltern-Lebewesen notwendig ist. Eine innigere als daß bei der bloß "äußeren Befruchtung" notwendig ist. Ob auch hier die Tendenz der Natur auf etwas hinaus wollte? Oder ob es auch diese Lebensform nur deshalb gibt, damit sie nicht ausstirbt? Weil sie zugleich "nützlich" ist? 

Oder wollte die Natur womöglich auf hier noch auf wesentlich andere Dinge mehr hinaus? Immerhin könnten ja auch in diesem Fall die Forscher einmal - so nebenbei - ihr eigenes Leben betrachten ....

... Genom-Vergleiche ...

Eine weitere Frage: Sicherlich kann über Genom-Vergleiche verschiedener Schneckenarten der Ursprung der Eigenschaft "lebendgebärend" in der Stammesgeschichte auch in die Kreide-Zeit verortet werden. Aber womöglich auch noch weiter unten im Stammbaum, in einer früheren Erdepoche. Das wäre sehr spannend zu erfahren. In der Studie findet sich dazu - soweit wir sehen - vorerst nichts angedeutet. 

Da aber schon Blütenpflanzen (Angiospermen) und Säugetiere so merkwürdig zeitlich parallel zueinander evolutiert sind - was beides mit einer intensivierten Sorge um die Nachkommenschaft einher geht (10) - ob solche Gleichzeitigkeiten dann nicht auch auf Wirbellose erweitert werden können? Man möchte meinen, daß in diesem Bereich ein nächster Schritt der Erkenntnisgewinnung in der Forschung liegt. Nämlich: Wie zeitverschoben oder gleichzeitig die konvergente Evolution von Merkmalen in verschiedenen Bereichen des Artenstammbaumes stattfindet. 

Anders gefragt: Eilen Organismen-Gruppen anderen voraus in der Evolution von bestimmten Merkmalen? Vor drei Jahren war uns auffällig geworden, daß auch der Übergang von der solitären Lebensweise bei Insekten zu der Lebensform "Helfer am Nest", wodurch es dann im weiteren Verlauf zur Staatenbildung kam, sich in der Kreidezeit vollzogen hat (4). Die Staatenbildung der Termiten könnte dem aber schon im Jura voraus geeilt sein, zur Zeit erster eierlegender Säugetiere (4). Damals hatten wir auch festgehalten (4):

Man möchte das Sozialleben der Termiten übrigens aus menschlicher und männlicher Sicht - bei aller weiter fortbestehenden Fremdheit - das "sympathischste" aller staatenbildenden Insekten nennen. Denn Königin und König leben nach ihrem Hochzeitsflug lebenslang zusammen, das heißt, die Königin ersetzt nicht ein lebendes Männchen durch eine Samenbank wie das bei den anderen staatenbildenden Insekten der Fall ist. Und auch in den Arbeiterkasten kommen Tiere beider Geschlechter zum Zuge. Da wird also nicht gegen männliche Tiere "diskriminiert" wie das sonst unter den staatenbildenden Insekten der Fall ist.

Vielleicht deutet sich in diesem Umstand auch ein Grundgesetz der Evolution an: In Frühstufen der Evolution einer bestimmten Eigenschaft zeigt sich diese bestimmte Eigenschaft "vollkommener" als über viele nachfolgende Stufen dieser Eigenschaft hinweg. 

... Die Schuppenkriechtiere ....

Wissenschaft erstaunt immer wieder. Wie schnell die oben von uns noch schnöde beiseite getanen "Nützlichkeits-Erwägungen" vielmehr dennoch zum Erkenntnisfortschritt beitragen können. Und zwar bei der Erforschung der Evolution der Schlangen und Echsen - zusammen gefaßt als "Schuppenkriechtiere! (Wiki) ("Squamata"). Zu ihnen gehört beispielsweise auch das Chamäleon. Wir lesen (5):

Lebend auf die Welt kommende Junge (Viviparie) sind eine wesentliche evolutionäre Errungenschaft und sind in vielen Wirbeltier-Stammbaum-Zweigen unabhängig voneinander aus eierlegenden Wirbeltier-Stammbaum-Zweigen (Oviparie) evoluiert, am häufigsten in der Gruppe der Eidechsen und Schlangen. Obwohl die heutigen lebendgebärenden Arten unter den Schuppenkriechtieren ("squamatae") weltweit im Allgemeinen in kälteren Klimazonen leben, ist es nicht bekannt, ob die Lebensform Lebendgebärend in erster Linie als Reaktion auf kaltes Klima evoluiert ist. (...) Wir zeigen, daß stabile, langanhaltende, kühle klimatische Bedingungen korrelieren mit Übergängen zur Lebensform Lebendgebärend über alle Schuppenkriechtier-Staumbaum-Zweige hinweg. ....
Live-bearing young (viviparity) is a major evolutionary change and has evolved from egg-laying (oviparity) independently in many vertebrate lineages and most abundantly in lizards and snakes. Although contemporary viviparous squamate species generally occupy cold climatic regions across the globe, it is not known whether viviparity evolved as a response to cold climate in the first place. Here, we used available published time-calibrated squamate phylogenies and parity data on 3,498 taxa. We compared the accumulation of transitions from oviparity to viviparity relative to background diversification and a simulated binary trait. Extracting the date of each transition in the phylogenies and informed by 65 my of global palaeoclimatic data, we tested the nonexclusive hypotheses that viviparity evolved under the following: (a) cold, (b) long-term stable climatic conditions and (c) with background diversification rate. We show that stable and long-lasting cold climatic conditions are correlated with transitions to viviparity across squamates. This correlation of parity mode and palaeoclimate is mirrored by background diversification in squamates, and simulations of a binary trait also showed a similar association with palaeoclimate, meaning that trait evolution cannot be separated from squamate lineage diversification. We suggest that parity mode transitions depend on environmental and intrinsic effects and that background diversification rate may be a factor in trait diversification more generally.

In vielen früheren Blogartikeln haben wir uns mit der Evolution von Plazenta-Tieren bei den Säugetieren beschäftigt (6-11). Aus diesen geht hervor, daß Kloakentiere und Beuteltiere schon in der Unteren Kreidezeit evoluiert sind und "echte Säugetiere", also Plazentatiere - nach dem Forschungsstand von 2016 - erst in den fünf Millionen Jahren vor dem endgültigen Aussterben der Dinosaurier (9). Wie nun verhält sich dies für die Evolution der Viviparie bei Schlangen und Eidechsen? Wir lesen (5):

Bei den Schlange und Echsen (also Squamatae/Schuppenkriechtieren) haben sich die meisten Übergänge von der Oviparie zur Viviparie innerhalb der letzten 66 Millionen Jahre ergeben, maximal höchstens drei Übergänge haben sich schon vorher vollzogen. (...) Die meisten dieser Übergänge vollzogen sich innerhalb der letzten 25 Millionen Jahre (mehr als 73 % aller Übergänge). (...) Der Höhepunkt in der Häufigkeit der Übergänge liegt in der Zeit von 16 bis 11 Millionen Jahren. 25 bis 29 % aller Übergänge vollzogen sich in dieser Zeitspanne. Im größeren erdgeschichtlichen Überblick kann gesagt werden, daß die Übergänge zur Lebensform Lebendgebärend vom Späten Oligozän an (vor ungefähr 25 Millionen Jahren) deutlich häufiger wurden und daß ihre Häufigkeit im Spätem Miozän (vor 5 Millionen Jahren) wieder zurück ging.
Most transitions from oviparity to viviparity in squamate reptiles occurred within the last 66 million years (Table 1), with only up to maximally three transitions occurring earlier than that. (...) Transitions tended to occur most frequently within the last 25 million years (>73% of all transitions, irrespective of cut-off). (...) The peak of transitions was between 11 and 16 mya, with 25.0%–28.8% of all transitions occurring in this time period. On geological scales, origins of viviparity increased markedly in frequency from the late-Oligocene (around 25 mya) and decreased in the late-Miocene (around 5 mya).

Daraus wäre zu schlußfolgern, daß Schlagen und Echsen deutlich länger brauchten, um auf die Lebensform Lebendgebärend zu kommen als die "schnelleren" Kloakentiere, Beuteltiere und Echten Säugetiere. Interessanterweise gibt es für all diese Angaben auch keinerlei Unterschiede zwischen Schlangen einerseits und Echsen andererseits. Dies zeigt sehr deutlich auf, wie ähnlich sich diese beiden Gruppen in den grundlegenderen Organisationsvoraussetzungen und -strukturen, in ihrer Lebensweise sind, in dem genetisch festgelegten Rahmen der Art ihres Lebens, und zwar auch hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, einen Übergang zu lebendgebärend zu vollziehen.

All diese "Gleichzeitigkeiten", bzw. das "Vorpreschen" und Hinterherhinken" in dem Erwerben von Eigenschaften innerhalb der Evolution - ob diese nicht doch noch mancherlei tiefere Geheimnisse bergen? Deuten sie nicht auf grundlegendere Gesetzmäßigkeiten, die es erst noch zu finden gilt? Liegen hier nicht Antworten auf die Frage, warum Tiere überhaupt so sind wie sie sind? Der von uns so geschätzte britische Evolutionsforscher Simon Conway Morris schüttete die vielen Beispiele von konvergenter Evolution in seinem wegleitenden Buch von 2003 nur "wild durcheinander" vor dem Leser aus. Nur wenig gedanklich sortiert und geordnet. Nach weiteren Gesetzmäßigkeiten, die für konvergente Evolution gelten könnten, außer daß etwas konvergent evolutiert ist, fragte er damals noch nicht. Sein Buch war ja auch nur der erste Schritt in ein neues Forschungsfeld. Aber die Klärung solcher Fragen wird die Forschung sicherlich in vielerlei Hinsicht nach und nach deutlich weiter bringen. Nämlich im Verständnis sowohl der Spielräume wie auch der Zwänge, innerhalb denen Evolution insgseamt stattgefunden hat und auch Evolution einzelner Zweige im Artenstammbaum.

Man könnte ja - beispielsweise, auch - angesichts der späten Übergänge bei Schlagen und Echsen - die These aufstellen, nämlich für alle Zweige des Artenstammbaumes, in denen sich keine Übergänge zur Lebensform Lebendgebärend finden: Womöglich hatten diese anderen Zweige nur noch nicht genügend "Zeit", um schließlich doch auch noch auf diesen Trichter mit der Lebensform Lebendgebärend zu kommen. Also quasi noch spätere "Spätzünder" als die Schlangen und Echsen. Aber das soll nur eine von vielen möglichen Vermutungen und Hypothesen andeuten, denen jetzt nachgegangen werden kann.

Ergänzung 8.7.2021: Über die Anliegen auf dem Gebiet grundlegender evolutionstheoretischer Erwägungen des soeben verstorbenen US-amerikanischen Evolutionsbiologen David Wake (1936-2021) (Wiki) wird berichtet:

Die Arbeit von Dave hob die Notwendigkeit hervor, auch intrinsische Faktoren zu berücksichtigen wie etwa Entwicklungsmerkmale, die für einen Zweig des Artenstammbaums spezifisch sind oder konservierte anatomische Muster, die eine Auffächerung der Artenvielfalt in einem Zweig des Artenstaumbaums in bedeutsamer Weise sowohl erleichtern wie beschränken können, oft im Gegensatz zu dem, was die natürliche Selektion bewirkt.
Dave’s work highlighted the need to also consider intrinsic factors, such as lineage-specific developmental traits or conserved anatomical features, which may both facilitate and constrain diversification in significant ways, often in opposition to natural selection.

David Wake stammt übrigens von einer Familie norwegischer Auswanderer ab (13).

Abb. 2: Genomische Prägung bei lebendgebärenden Tieren: Beuteltiere, Säugetiere und Fische (aus 14) 

Ergänzung 20.5.22: In einem soeben erschienenen Übersichts-Artikel gibt es neue Überlegungen zu den Nützlichkeitserwägungen bei der Evolution der Lebensform "Lebendgebärdend". 

Die Rolle der genomischen Prägung im Zusammenhang mit der Lebensform Lebendgebärend

Es wird einleitend zunächst ausgeführt (14):

Unterschiedliche Theorien sind vorgeschlagen worden, um die Evolution jedes der Merkmale (der Lebensform Lebendgebärend) in den unterschiedlichen Artengruppen zu erklären. Keine jedoch kann auf alle lebendgebärenden Wirbeltier-Arten angewandt werden, weil die vorausgesetzten ökologischen Vorteile wie Kontrolle der Bruttemperatur oder Schutz der Eier gegen Freßfeinde sich zwischen den Artengruppen sehr stark unterscheiden.
Different theories have been proposed to explain the evolution of each of its traits in the different taxa. None, however, is applicable to all the viviparous vertebrates, since the derived ecological advantages such as controlling incubating temperature or protecting eggs against predation differ amongst clades.

Ob der Artikel nun insgesamt bessere Vorschläge zur Theoriebildung macht, sei an dieser Stelle dahingestellt. Es sei aber angeführt, daß dieser Artikel seinen Ausgang zu nehmen scheint von der interessanten Entdeckung, daß das Phänomen der genomischen Prägung einen besonderen Zusammenhang aufweisen könnte mit der Eigenschaft Lebendgebärend (14) (s. Abb. 2):

Genomische Prägung ist nachgewiesen für die Theria (Beuteltiere und Säugetiere). Außerdem ist bekannt, daß sie bei Kloakentieren oder Vögeln nicht vorkommt. Weiterhin gibt es Hinweise darauf, daß sie in mindestens einer der Arten der Fischfamilie Goodeidae (Saldivar Lemus et al. 2017) vorkommt. Die Möglichkeit der Evolution von Genablesung, die von Eltern geprägt wird, bei Reptilien, Amphibien und Fischen ist bislang wenig erforscht worden (O’Neill et al. 2000; Griffith et al. 2016; Schwartz and Bronikowski 2016). Sie bedarf größerer Aufmerksamkeit in der Zukunft.
Genomic imprinting has been documented in therian mammals, and it is known to be absent (N) in monotremes or birds. There is evidence that suggest that it is also present in at least one species of the fish family Goodeidae (Saldivar Lemus et al. 2017). The possibility of the evolution of a parent-of-origin gene expression in reptiles, amphibians and fish has been poorly investigated (O’Neill et al. 2000; Griffith et al. 2016; Schwartz and Bronikowski 2016) and deserves further attention.

Der innige Zusammenhang zwischen Muttertier und den Nachkommen während der Schwangerschaft scheint es also erst zu sein, der das Phänomen der genomischen Prägung ermöglicht. Im Forschungsbereich der Epigenetik, in den das Thema genomische Prägung gehört, gibt es ja inzwischen sehr differenzierte Überlegungen und Forschungen (siehe z.B. Stgen2017, Stgen2020). Es wäre sicherlich interessant, diese Forschungen unter dem Aspekt der her sich andeutenden Erkenntnis neu zu bewerten.  

______________

  1. Kreidezeitliche Schnecken-Lebendgeburt 9. Juni 2021, https://www.wissenschaft.de/erde-klima/kreidezeitliche-schnecken-lebendgeburt/
  2. Adrienne Jochum, Tingting Yu, Thomas A. Neubauer, Mother snail labors for posterity in bed of mid-Cretaceous amber, Gondwana Research, Volume 97, 2021, Pages 68-72, https://doi.org/10.1016/j.gr.2021.05.006. (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1342937X21001453
  3. Conway Morris, Simon: Jenseits des Zufalls. Wir Menschen im einsamen Universum. Berlin University Press, 2008, (um wichtige Eingangs-Kapitel gekürzte deutsche Fassung von: "Life’s Solution: Inevitable humans in a Lonely Universe". Cambridge University Press, 2003)
  4. Bading, Ingo: Altruismus und Tierstaaten - In welchen Erdepochen evoluierten sie in der jeweiligen Tiergruppe? Datierungen anhand der Fossilgeschichte und der Genomvergleiche, 15. Februar 2018, https://studgendeutsch.blogspot.com/2018/02/altruismus-und-tierstaaten-in-welchen.html
  5. Recknagel, H., Kamenos, N. A., & Elmer, K. R. (2021). Evolutionary origins of viviparity consistent with palaeoclimate and lineage diversification. Journal of Evolutionary Biology, 00, 1– 10. https://doi.org/10.1111/jeb.13886  
  6. Bading, Ingo: Säugetier-Evolution - Berichterstattung erweckt falschen Eindruck, 2007, https://studgendeutsch.blogspot.com/2007/04/sugetier-evolution-berichterstattung.html
  7. Bininda-Emonds, O., Cardillo, M., Jones, K. et al. The delayed rise of present-day mammals. Nature 446, 507–512 (2007). 29.3.2007, https://doi.org/10.1038/nature05634 
  8. Bading, Ingo: Die lange Evolution der frühen Säugetiere, 2008, https://studgendeutsch.blogspot.com/2008/01/die-lange-evolution-der-frhen-sugetiere.html
  9. Bading, Ingo: Plazentatiere - Sie entstanden erst unmittelbar vor Aussterben der Dinosaurier, 2016, https://studgendeutsch.blogspot.com/2016/08/plazentatiere-sie-entstanden-erst.html
  10. Bading, Ingo: Parallele Evolution gesteigerter Nachkommenfürsorge bei Pflanzen und Tieren, 2017, https://studgendeutsch.blogspot.com/2017/08/parallele-evolution-gesteigerter.html
  11. Bading, Ingo:  Ein Blick in das innere Getriebe der Evolution - Das Wiederaufblühen des Lebens nach Massenaussterben auf der Erde kann zeitlich immer genauer nachvollzogen werden, 2020, https://studgendeutsch.blogspot.com/2020/01/ein-blick-in-das-innere-getriebe-der.html
  12. David Wake: Why are there so many kinds of organisms (but especially salamanders)? James Hanken Proceedings of the National Academy of Sciences Jul 2021, 118 (27) e2110321118; DOI: 10.1073/pnas.2110321118 
  13. David Wake, 20.02.2020, UC Berkeley Retirement Center, https://youtu.be/oHKA4k7uff8.
  14. Saldívar-Lemus, Yolitzi, and Constantino Macías Garcia. "Conflict and the evolution of viviparity in vertebrates." Behavioral Ecology and Sociobiology 76.5 (2022): 1-21, https://link.springer.com/article/10.1007/s00265-022-03171-z. (Resg)

1 Kommentar:

Ingo Bading hat gesagt…

In einem neu erschienenen Übersichts-Artikel gibt es neue Überlegungen zu den Nützlichkeitserwägungen bei der Evolution der Lebensform "Lebendgebärdend".

Es wird einleitend zunächst ausgeführt (14):

"Unterschiedliche Theorien sind vorgeschlagen worden, um die Evolution jedes der Merkmale (der Lebensform Lebendgebärend) in den unterschiedlichen Artengruppen zu erklären. Keine jedoch kann auf alle lebendgebärenden Wirbeltier-Arten angewandt werden, weil die vorausgesetzten ökologischen Vorteile wie Kontrolle der Bruttemperatur oder Schutz der Eier gegen Freßfeinde sich zwischen den Artengruppen sehr stark unterscheiden."
(Different theories have been proposed to explain the evolution of each of its traits in the different taxa. None, however, is applicable to all the viviparous vertebrates, since the derived ecological advantages such as controlling incubating temperature or protecting eggs against predation differ amongst clades.)

Ob der Artikel nun insgesamt bessere Vorschläge zur Theoriebildung macht, sei an dieser Stelle dahingestellt. Es sei aber angeführt, daß dieser Artikel seinen Ausgang zu nehmen scheint von der interessanten Entdeckung, daß das Phänomen der genomischen Prägung einen besonderen Zusammenhang aufweisen könnte mit der Eigenschaft Lebendgebärend (14) (s. Abb. 2):

"Genomische Prägung ist nachgewiesen für die Theria (Beuteltiere und Säugetiere). Außerdem ist bekannt, daß sie bei Kloakentieren oder Vögeln nicht vorkommt. Weiterhin gibt es Hinweise darauf, daß sie in mindestens einer der Arten der Fischfamilie Goodeidae (Saldivar Lemus et al. 2017) vorkommt. Die Möglichkeit der Evolution von Genablesung, die von Eltern geprägt wird, bei Reptilien, Amphibien und Fischen ist bislang wenig erforscht worden (O’Neill et al. 2000; Griffith et al. 2016; Schwartz and Bronikowski 2016). Sie bedarf größerer Aufmerksamkeit in der Zukunft."
(Genomic imprinting has been documented in therian mammals, and it is known to be absent (N) in monotremes or birds. There is evidence that suggest that it is also present in at least one species of the fish family Goodeidae (Saldivar Lemus et al. 2017). The possibility of the evolution of a parent-of-origin gene expression in reptiles, amphibians and fish has been poorly investigated (O’Neill et al. 2000; Griffith et al. 2016; Schwartz and Bronikowski 2016) and deserves further attention.)

Der innige Zusammenhang zwischen Muttertier und den Nachkommen während der Schwangerschaft scheint es also erst zu sein, der das Phänomen der genomischen Prägung ermöglicht. Im Forschungsbereich der Epigenetik, in den das Thema genomische Prägung gehört, gibt es ja inzwischen sehr differenzierte Überlegungen und Forschungen (siehe z.B. Stgen2017, Stgen2020). Es wäre sicherlich interessant, diese Forschungen unter dem Aspekt der her sich andeutenden Erkenntnis neu zu bewerten.

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