Sonntag, 11. August 2024

Wir Indogermanen, wir Hirtennomaden

Zur Frühgeschichte der Indogermanen - Neuerkenntnisse, vorgetragen auf einer Fachtagung in Budapest April 2024
- Titel der Tagung "Die Umwandlung Europas im dritten Jahrtausend v. Ztr."

Auf einer Fachtagung in Budapest ist jüngst, Ende April 2024, eine Fülle von Neuerkenntnissen zur Entstehung und Frühgeschichte der Indogermanen referiert worden (1).

Abb. 1: Nackte Krieger, nur mit Gürtel bekleidet, so stellten sich die Urindogermanen auf ihren Stelen dar - Hier: Gallischer Speer-Krieger, nur mit Helm, Torques und Gürtel bekleidet - Römische Statuette, Museum Berlin 

Wir versuchen im folgenden, die für uns wichtigsten Neuerkenntnisse aus dem reichen Vortragsschatz heraus zu destillieren.*)

Die Indogermanen - Sie waren große Menschen

Die Jamnaja hatten einen viel robusteren Körperbau als alle umliegenden Bauern-Völker. Das ist ein Inhalt, der für die Tagung angekündigt worden war (laut Abstract-Band), der aber aufgrund von Krankheit der Referenten dann gar nicht vorgetragen worden ist (s. Abb. 1 und 2). 

Abb. 2: Vergleich der rekonstruierten durchschnittlichen Körpergröße und Robustizität der Männer der späten neolithischen Bauern (blau) und der Jamnaja-Hirtennomaden (rot) (pdf)

Man findet diesen Umstand auch schon auf Wikipedia erwähnt, basierend auf Literatur aus den Jahren 1991 und 2007 (Wiki):

Eine Untersuchung der physischen Überreste der Sredny Stog-Menschen hat ergeben, daß sie europoid waren. Ein ähnlicher Körpertyp ist bei den Jamnaja-Menschen vorzufinden, die groß und kräftig gebaut waren. Die Menschen der benachbarten Chwalynsk-Kultur waren weniger kräftig gebaut. Die Menschen der vorhergehenden Dnjepr-Donez-Kultur waren sogar noch kräftiger gebaut als die Sredny Stog und Jamnaja.
Examination of physical remains of the Sredny Stog people has determined that they were Europoid. A similar physical type prevails among the Yamnaya, who were tall and powerfully built. People of the neighboring Khvalynsk culture were less powerfully built. People of the preceding Dnieper–Donets culture were even more powerfully built than the Sredny Stog and Yamnaya.

Eva Rosentock und Martin Trautmann hätten einen Vortrag halten sollen über die unterschiedliche Körpergröße der indogermanischen Hirtennomaden einerseits im Vergleich zu ihren spätneolithischen bäuerlichen Nachbarn andererseits entsprechend der Ergebnisse aus der klassischen Physischen Anthropologie (pdf):

Skelettreste aus Jamnaja-Gräbern repräsentieren im Allgemeinen extrem große und robuste Menschen, während die zeitgenössischen benachbarten Bauernpopulationen in Europa und dem Nahen Osten durch einen viel kleineren und grazileren Phänotyp gekennzeichnet waren. Tatsächlich liegen sie beide nahe an den jeweiligen Extremwerten der Variation der Körpergröße, die in den letzten 10.000 Jahren in Europa festgestellt worden sind (Rosenstock et al. 2019). Diese Unterschiede wurden durch die Untersuchung von ca. 300 Skeletten durch einen der Autoren (Trautmann in Vorbereitung) bestätigt. Männer aus Jamnaja-Gräbern waren im Durchschnitt etwa 12 cm größer als ihre nicht-Jamnaja-Zeitgenossen.
Skeletal remains from Yamnaya burials generally represent extremely tall and robust people, while contemporary neighbouring farmer populations in Europe and the Near East were characterized by a much smaller and gracile phenotype. In fact, they are both close to the respective extreme ends of variation in body size found in Europe within the last 10,000 years (Rosenstock et al. 2019). These differences were confirmed by the examination of c 300 skeletons by one of the authors (Trautmann in prep.). Males from Yamnaya-type burials were on the average about 12 cm taller than their non-Yamnaya contemporaries.

So ähnlich haben ja auch die Römer die Germanen wahrgenommen, geht einem durch den Sinn. Und genau dieser Umstand wird dann auch schon in den weiteren Ausführungen angesprochen. Zur Zeit der Römer betrug der Größenunterschied gegenüber den nördlichen Barbaren nämlich nur noch die Hälfte jenes Unterschiedes im Spätneolithikum (pdf):

Der durchschnittliche Größenunterschied zwischen römischen Italikern und ihren „barbarischen“ keltischen und germanischen Nachbarn, die in der Antike als außergewöhnlich groß wahrgenommen wurden, betrug basierend auf osteologischen Aufzeichnungen etwa 6 cm, wie zahlreiche Studien belegen.
The average height difference of Roman Italians and their ‘barbarian’ Celtic and Germanic neighbours, which in antiquity were perceived as extraordinary tall, was about 6 cm based on osteological record, as numerous studies demonstrate.

Spannenderweise werden dann auch die indogermanischen Stein-Stelen angesprochen. Was allen gemeinsam ist, so wird ausgeführt, ist der Umstand, daß ein Gürtel dargestellt wird. Außerdem ist auf ihnen sehr häufig männliche Nacktheit dargestellt. Es wird dazu ausgeführt, daß das an viele Phänomene in vielen indogermanischen Kulturen im Lauf der Jahrtausende erinnert. Etwa an das Phänomen, daß die keltischen Krieger oft in ritueller Nacktheit in den Kampf zogen, so insbesondere die sogenannten "Gaisaten" (Abb. 1). 

Der griechisch-römische Gesechichtsschreiber Polybios schreibt über eine Schlacht zwischen den Kelten und Römern im Jahr 225 v. Ztr. in Norditalien (Wiki):

Die Gaisaten aber, in ihrer Ruhmgier und Tollkühnheit, warfen diese Kleidung ab und stellten sich in der vordersten Reihe der Streitmächte auf, nackt und nur mit den Waffen angetan. (...) Furchterregend waren auch das Aussehen und die Bewegung der unbekleidet in vorderster Reihe stehenden Männer; zeichneten sie sich doch durch jugendliche Vollkraft und Wohlgestalt aus. Alle diejenigen, welche das erste Treffen bildeten, waren mit goldenen Halsketten und Armreifen geschmückt. Als die Römer dies sahen, erschraken sie.

Dennoch konnten die Römer die Schlacht für sich entscheiden. Seit dieser Schlacht gerieten die Kelten in Norditalien gegenüber den Römern in die Defensive. Woran die Forscher nicht erinnern, ist der Umstand, daß zeitgleich auf Statuen in Mesopotamien ebenfalls rituelle Nacktheit dargestellt wurde. Sie war also nicht allein ein indogermanisches Merkmal.

Die Jamnaja - Die Erfinder des Hirtennomadentums

Auffälliger Weise sind ja die Jamnja ab 3.300 v. Ztr. am Unteren Dnjepr überhaupt entstanden kurz bevor die erste Hoch- und Schriftkultur um 3.200 v. Ztr. in Ur in Süd-Mesopotamien entstand. Sie bildeten das Urvolk der zweiten indogermanischen Ausbreitungswelle, sie waren die eigentlichen Vorfahren von uns, von uns indogermanischen Europäern.

Und diese Ethnogenese fand statt im Kontext des Hirtennomadentums (Abb. 3). Die Jamnaja scheinen die Erfinder dieser Lebensform gewesen zu sein. Die Bioarchäologin Sabine Reinhold betont, daß es in der Chwalynsk-Kultur ab 4.500 v. Ztr. an der Mittleren Wolga zwar domestizierte Schafe gegeben habe, daß es aber im Gegensatz zu den Menschen nördlich des Kaukasus bei ihnen zu dieser frühen Zeit noch keinen Verzehr von Milchprodukten gegeben hat (Yt, 13'14).

Und Svend Hansen stellt heraus (Yt), daß auch nördlich des Kaukasus bis zum Beginn der Jamnaja-Kultur nur Schafsmilch konsumiert worden ist. Diese ist zwar gesund, schmeckt aber nicht gut und könnte vor allem als Jogurth und Käse verzehrt worden sein. Erst seit der Jamnaja-Zeit wurden auch Produkte von Ziegen- und Kuhmilch (vereinzelt auch Pferdemilch, s.u.) verzehrt. Nun, die Menschen der Chwalynsk-Kultur hatten ja auch reichlich Fisch, den sie aus der Wolga holen konnten. Die Menschen der Chwalynsk-Kultur haben aber, als sie sich nach Süden ausbreiteten und sich mit den Menschen dort vermischten und die Vor-Maikop-Kultur bildeten, schnell auch den Verzehr von Milchprodukten angenommen.

Das Hirtennomadentum der ersten Welle der indogermanischen Ausbreitung, der Chwalynsk-Kultur war also vor allem von Schafshaltung geprägt und von Konsum von Schafsfleisch. Erst mit den Jamnaja entstand die seither bekannte "Vollform" des Hirtennomadentums. 

Auf der vorletzten Folie von Sabine Reinhold deutet sich an, daß es das Wollschaf spätestens ab 3.300 v. Ztr. gegeben hat, also womöglich auch von den Jamnaja "erfunden" wurde. Da darf man auf die weiteren Forschungsergebnisse gespannt sein.

Abb. 3: Hirtennomaden in der Steppe, hier: "Ein wanderndes Dorflager - Aul der Kundorofskischen Tataren in der Nogayischen Steppe", Kupferstich von Christian G. H. Geißler, 1793, koloriert erschienen 1812 (Stckh) (aus Abschluß-Folie in: Yt)

Auf der letzten Folie von Sabine Reinhold findet sich dann der eindrucksvolle Kupferstich "Ein wanderndes Dorflager - Aul der Kundorofskischen Tataren in der Nogayischen Steppe". Er stammt von dem Leipziger  Kupferstecher Christian Gottfried Heinrich Geißler (1770-1844) (Wiki). Er hat Südrußland in den Jahren 1793/94 bereist zusammen mit P. S. Pallas (2).

Die Nachkommen dieser Jamnaja-Hirtennomaden krempelten in der Folge ganz Europa noch einmal grundlegend um: genetisch, sprachlich und kulturell. Diese Umkrempelung Europas im 3. Jahrtausend v. Ztr. war das Rahmenthema der Tagung in Budapest ("The Transformation of Europe in the Third Millennium BC"). 

Frühes und Spätes Proto-Indoeuropäisch

David Anthony, der namhafte US-amerikanische Archäologe, der schon früh als recht einsamer Rufer in der Wüste die These vertrat, daß die Urheimat der Indogermanen in der Nordschwarzmeersteppe zu finden sei, trifft in seinem Tagungsbeitrag nun neuerdings die klare Unterscheidung zwischen dem "Frühen Proto-Indoeuropäischen" und dem "Späten Proto-Indoeuropäischen" (Yt, Minute 1:50). Das ist ein unglaublich weitreichender Gedanke. Er beruft sich dabei auf eine sprachgeschichtliche Arbeit aus dem Jahr 2002 (Ringe2002) (3), in der das allerdings so klar - womöglich - noch gar nicht formuliert worden war. Es scheint das eine neue Unterscheidung zu sein, die ihre Bestimmtheit insbesondere durch die neuen Erkenntnisse der Archäogenetik gewonnen hat.

Wenn man es recht versteht, wird in diesem Sinne also der Chwalynsk-Kultur an der Mittleren Wolga ab 4.500 v. Ztr. eine "Frühe Proto-Indoeuropäische Sprache" zugesprochen. Dann würde der aus dieser Kultur hervor gegangenen Maikop-Kultur im Kaukasus und nördlich davon eine "Mittlere Proto-Indoeuropäische Sprache" zuzusprechen sein. Und der Jamnaja-Kultur am Unteren Dnjepr ab 3.300 v. Ztr. würde dann eine "Späte Proto-Indoeuropäische Sprache" zugesprochen sein. Zwischen "früh" und "spät" läge der Sprachwandel von mehr als tausend Jahren. 

Um solcher unglaublich innovativer gedanklicher Ansätze ist diese Tagung in Budapest besonders begeisternd gewesen.

Die Hethiter waren Nachkommen der Maikop-Kultur und damit Abkömmlinge der Frühen Proto-Indoeuropäischen Sprache

Der Harvard-Archäogenetiker David Reich faßte zuvor schon in der für ihn so kennzeichnenden kurzen, prägnanten und übersichtlichen Art die Ethnogenese der Jamnaja-Kultur um 3.300 v. Ztr. am Unteren Dnjepr zusammen (Yt) so wie das hier auf dem Blog in zwei, bzw. drei ausführlichen Aufsätzen schon geschehen ist (Stgen2024a, b, c). Sie ist zustande gekommen dadurch, daß sich Menschen der Vor-Maikop-Kultur von der Kalmücken-Steppe über den Don zum Unteren Dnjepr ausgebreitet haben. 

Und David Reich vermutet nun außerdem noch, daß sich der anatolische Zweig der indogermanischen Sprachen als erster abgezweigt hat (noch vor Entstehung des Späten Proto-Indoeuropäischen am Unteren Dnjepr), und daß er sich über die Maikop-Kultur und den Kaukasus hinweg nach Anatolien hinein ausgebreitet hat, nämlich zusammen mit entsprechenden, neuerdings durch seine Forschungsgruppe nachgewiesenen, kleinen genetischen Steppen-Herkunftsanteilen. Damit wäre die indogermanische Sprache deutlich früher in Anatolien angekommen als sie in Griechenland angekommen wäre (letzteres nämlich erst nach 2.400 v. Ztr.). Und damit würden - wenig gut bezeugte - anatolische Sprachen wie das Hethitische oder Luwische Hinweise geben können auf die Beschaffenheit der "Frühen Proto-Indoeuropäischen Sprache" und der durch sie hervorgerufenen Kultur an der Mittleren Wolga und im Kaukasus!

Die Maikop-Kultur war eine Vorgänger-Kultur der Kura-Araxes-Kultur, die sich mit ihrer halbnomadischen Lebensweise über weite Teile Anatoliens ausbreitete und sich mit ihren Rinderherden zwischen die Lebensräume der befestigten Siedlungen schob (vergleichbar den zeitgleichen Schnurkeramikern in Europa). Vermutlich haben die Menschen dieser Kultur zwar schon geringe Anteile Steppengenetik in sich getragen. Das heißt aber noch nicht zwangsläufig, daß sie auch eine indogermanische, sprich anatolische Sprache gesprochen haben. Denn gut bezeugt ist, daß die bekannten Sprecher der anatolischen, indogermanischen Sprachen, die Hethiter, Luwier, Lyker und so weiter sich offenbar erst im 2. Jahrtausend v. Ztr. vom Kaukasus ausgehend in Anatolien ausbreiteten. Das hieße also, daß sich ihre Sprache bis dahin insbesondere in Nachfolgekulturen der Maikop-Kultur im Kaukasus gehalten gehabt hätte.

Mit diesen Erkenntnissen sind mit einem Schlag eine Fülle von Zusammenhänge deutlich besser zu klären als zuvor. Vermutlich gibt es insbesondere aus sprachgeschichtlicher Sicht für diese Annahme gute Gründe. Ansonsten hätten wir uns ja auch vorstellen können, daß die anatolischen indogermanischen Sprachen zu einer ähnlichen Zeit nach Anatolien gekommen wären wie das Griechische nach Griechenland und wie das Armenische nach Armenien. Das Armenische jedoch steht offenbar dem Griechischen sehr nahe, während das für die anatolischen indogermanischen Sprachen (Hethitisch usw.) nicht zu gelten scheint. 

Im Trojanischen Krieg (um 1200 v. Ztr.) hätten sich dann Abkömmlinge der Frühen Proto-Indoeuropäischen Sprache Abkömmlingen der Späten Proto-Indoeuropäischen Sprache gegenüber gestanden: Trojaner hier - Griechen da, Helena hier - Paris da, Hektor hier - Achilles da.

Ein in vielen wesentlichen Charakterzügen indogermanisch anmutendes Volk wie die Hethiter, das aber in seiner Hochzeit überhaupt keine Steppenherkunft mehr aufgezeigt hat, würde dann als ein noch krasseres Beispiel dafür gelten können, wie viel stärker noch der (proto-)indoeuropäische Geist - u.a. über die Sprache - weiter wirken konnte, auch dann, wenn die Genetik längst verloren gegangen war. Es könnte dann angenommen werden, daß sich bei der Ethnogenese der Hethiter (in Form der Maikop-Kultur um 3.900 v. Ztr.) ähnliche kulturpsychologische Gesetze der Kontrastwertung ausgewirkt haben, wie wir diesen schon bei der Ethnogenese der antiken Griechen ab 2.400 v. Ztr. nachgegangen waren, die am Ende des Prozesses auch - nur - neun Prozent indogermanische Steppengenetik aufgewiesen haben und die dennoch bis heute geradezu als die "Verkörperung" des indogermanischen Wesens gelten.

Damit scheint sich ein Gesetz erneut zu bestätigen, das wir schon andernorts formuliert hatten: Um so früher sich indogermanische Steppengenetik und Kultur irgendwohin ausgebreitet haben, um so weniger Einmischung von Genetik scheint es gebraucht zu haben, damit die Lebenshaltung der Indogermanen über die sprachliche Prägung dennoch kulturell sehr stark weiter gewirkt hat. Ein deutlich indogermanischer Charakterzug der Hethiter beispielsweise ist ihre große Freude an Pferden. Ob das nun auch als ein Hinweis dafür gelten kann, daß schon die Urindogermanen an der Mittleren Wolga Pferden eine solche Freude entgegen gebracht haben - auch wenn Domestizierungserscheinungen für diese Zeitepoche bei den Wildpferden noch nicht hat nachgewiesen werden können? Die Vorfahren der Hethiter in Form der Maikop-Kultur haben die Pferdkultur insbesondere dann im 3. Jahrtausend v. Ztr. angenommen. Sie haben die Pferde domestiziert.

Die Milchwirtschaft der Jamnaja 

Die größte Fülle an Neuerkenntnissen erhält man durch den Vortrag des US-amerikanischen Archäologen David Anthony (Yt). Er stellt unter anderem einmal erneut die Bedeutung von Rad und Wagen in den Vordergrund für die Kultur der Jamnaja.

Er sagt, daß es nur wenige Hinweise auf Begriffe für domestizierte Pflanzen im Frühen Proto-Indoeuropäischen gibt, im Späten Proto-Indoeuropäischen schon etwas mehr (Min. 5'28). Allerdings seien diese auch im Späten Proto-Indoeuropäisch noch nicht sehr reichhaltig. Die (späteren) Begriffe für domestizierte Pflanzen seien in ihrer großen Mehrheit aus nicht-indogermanischen Sprachen übernommen worden (also z.B. womöglich aus der Sprache der Cucuteni-Tripolje-Kultur). Immerhin gäbe es sprachlich und archäologisch auch bei den Jamnaja deutliche Hinweise auf das Vorhandensein von Hakenpflügen. 

Abb. 4: Die Ethnogenesen im Kaukasus und in der Nordschwarzmeer-Steppe - Brauchbare (leider noch unscharfe) Grafik aus einer neuen, unveröffentlichten Studie von Ayshin Ghalichi, Sabine Reinhold, Sven Hansen, Wolfgang Haak u.a. (in review) - orange=AHG, grün=CHG, blau: =EHG (Folie aus Yt)**)

Dann wird von David Anthony die große Bedeutung der Milchwirtschaft bei den Jamnaja heraus gestellt (31'30). Dasselbe geschieht in mehreren weiteren Vorträgen. Vielleicht gehörte die Milchwirtschaft schon zu einem jener kulturellen Merkmale, die die neue Lebensweise der Jamnaja ab 3.300 v. Ztr. besonders auszeichnete und die als ein Teil des eindrucksvollen "Neuen", "Fortschrittlichen" innerhalb dieser Zeitepoche angesehen wurde. 

Anthony vertritt dann ebenfalls die These, daß die Jamnaja die Erfinder des Hirten-Nomadentums gewesen seien, der hirtennomadischen Lebensweise. Sie haben eine neue Wirtschaftsweise erfunden, eine hochnomadische Lebensweise, die sie zu jenen Zeiten in aller Welt so erfolgreich machten.

Anthony führt aus, daß es im Späten Proto-Indoeuropäischen eine Fülle von Begriffen aus dem Bereich der Milchwirtschaft gibt, während es das für das Frühe Proto-Indoeuropäische überhaupt nicht gibt. In Übereinstimmung damit führt er eine Studie an, nach der Milchpeptide im Zahnstein von Menschen vor 4.000 v. Ztr. in der Steppe nicht nachgewiesen werden konnten, während das für die Jamnaja ab 3.300 v. Ztr. durchgängig der Fall ist. Am Unteren Don wurde auch Pferdemilch getrunken, was, wie Anthony betont, ein klarer Hinweis auf Domestikation von Pferden ist ("versuchen Sie mal ein wildes Pferd zu melken" ...).

Die Domestikation der (Przewalski-)Pferde

Außerordentlich spannend ist es dann weiterhin, was David Anthony über den langanhaltenden Domestikationsprozeß der Pferde bei den Ur-Indogermanen sagt. Es gibt hier viele ungeklärte Fragen. Und was Anthony dazu sagt, klingt insgesamt außerordentlich spannend und überzeugend. Die Wildform glich, so sagt er, den heutigen Przewalski-Pferden mit gedrungenem Körperbau, dickerem Hals, größerem Kopf. Ab 4.500 v. Ztr. sind Pferde archäologisch gefunden worden im Zusammenhang mit domestizierten Schafen in den Gräbern von Menschen (Opfertiere). Außerdem finden sich in dieser Kultur die hier auf dem Blog schon behandelten Tierkopf-Zepter der Chwalynsk-Kultur (Abb. 5) (s. Studgen2019, a, b), die gut in Beziehung gesetzt werden können zu den Köpfen der Przewalski-Pferde, die also doch Pferdekopf-Zepter darstellen könnten!

Das hieße also, daß es schon in der Chwalynsk-Kultur eine Hochwertung der (Wild-)Pferde gab. Sie werden ähnlich in Herden gehalten worden sein wie die Schafe und ähnlich wie sie als Fleischliferanten gegolten haben. 

Vielleicht war die Wesensart der (Wild-)Pferde für sie so anziehend, wie sie es auch heute noch für viele Menschen ist: Das Pferd als Freund, als Kamerad, womöglich gar als Zuhörer und Ratgeber des Menschen. Es darf an das Reinheimer Pferdchen aus der keltischen Kultur erinnert werden, das große Ohren hat. Es darf daran erinnert werden, daß die Hethiter den Pferdegott Pirwa (Wiki) verehrten, der auf einem Pferd stehend vorgestellt wurde. Und es darf daran erinnert werden, daß Pferde in vielen indogermanischen Mythologien den Sonnenwagen ziehen (Wiki).

Abb. 5: Wildpferde-Köpfe (!?!) - Die Entwicklung der indogermanischen Tierkopf-Zepter innerhalb des Volkes der Chwalynsk-Kultur (aus: Studgen2019)

Anthony hebt auf den Umstand ab, daß ein Hirte beritten drei mal so viele Herdentiere begleiten kann als ein unberittener Hirte. So richtig eingehen will uns dieser Gedanke noch nicht. Aber anhören kann man sich ihn ja einmal. Man könnte der Überlegung nachgehen, so geht uns durch den Kopf, daß insbesondere Wildpferde ja eigentlich nur dann als Herdentiere gehalten werden können, wenn man selbst eines dieser Pferde reitet ... Denn für einen zu Fuß gehenden Menschen, sind ja Wildpferde viel zu schnell. Oder hat man ihnen Fußfesseln angelegt? Fragen über Fragen!

Der Niedergang der mittelneolithischen Kulturen

Der dänische Archäologe Kristian Kristiansen berichtet davon, wie Archäologen Archäogenetikern Anregungen gegeben haben zu weiteren Forschungen. Er berichtet, daß Archäologen einen sogenannten "Neolithic Decline", einen "gesellschaftlichen Niedergang" im späten 4. Jahrtausend v. Ztr. feststellen, einen vergleichsweise unerwarteten demographischen und damit Siedlungsrückgang der vormals sehr blühenden europäischen mittelneolithischen Kulturen. Es könnte das zunächst die Folge eines Klimawandels sein. Insbesondere weist er darauf hin, daß sich die nördliche Grenze der Ausbreitung des Ackerbaus während des 4. Jahrtausends v. Ztr. nach Süden verschoben hat und daß in der zurück gelassenen Region bislang dort nicht einheimische Jäger-Fischer-Völker erneut Fuß gefaßt haben (Yt, Minute 3'00). Das erklärt einige bislang unverstandene Zusammenhänge zu diesen letzten mesolithisch lebenden Fischern, Jägern und Sammlern im Ostseeraum. 

Da das aber nicht die ganze Erklärung für den "Neolithic Decline" zu sein scheint, kam dann bei den Forschern die Vermutung auf, daß Epidemien eine Rolle gespielt haben könnten. Dafür haben sich nun jüngst auch Hinweise von Seiten der Archäogenetiker gefunden.

Allerdings ist nun noch zu klären, warum von diesen Epidemien die mittelneolithischen Völker - zum Beispiel auch in England - offenbar wesentlich stärker betroffen waren, bzw. gewesen sein sollen als die spätneolithischen, neu zugewanderten indogermanischen Völker. Wäre hier ein ähnliches Phänomen zu beobachten wie in Mittelamerika bei der Ankunft der Spanier? Gegen deren Krankheitskeime die Hochkulturen Mittelamerikas keine Immunabwehr hatten?

Hier sind noch viele Fragen offen. Womöglich erwies sich die noch halbnomadische Lebensweise der spätneolithischen indogermanischen Völker als besonders gut angepaßt an die Zeitumstände einer unerwarteten kulturellen und zivilisatorischen Abwärtsentwicklung. 

In mehreren Vorträgen wird darauf hingewiesen, daß die vorgeblichen "Waffen" der Indogermanen, etwa die "Streitäxte" der "Streitaxt-Kultur" Skandinaviens gar keine Waffen waren, sondern Status-Symbole, und daß insgesamt die indogermanischen Kulturen gar nicht so ausgeprägt kriegerisch gewesen sein müssen als bislang angenommen. Das heben auch jene Archäologen hervor, die die Kurgane im Nordschwarzmeer-Gebiet statistisch ausgewertet haben.

Die Siedlungsgrenze zwischen Kugelamphoren- und Jamnja-Kultur in der Nordukraine  

Dann aber hält insbesondere auch die polnische Archäologin Marzena Szmyt (geb. 1961) (Wiki, Scholar) einen unglaublich spannenden Vortrag (Yt). Nämlich über die Siedlungsgrenze zwischen der Jamnaja-Kultur im Süden und der Kugelamphoren-Kultur im Norden, und zwar jeweils am Mittleren Dnjepr, am Oberen Sereth und am Oberen Dnjestr und Bug. In den dort ergrabenen Jamnaja-Gräbern findet sich Keramik der Kugelamphoren-Kultur. Daraus könnte geschlossen werden, daß es in diesen Bereichen zur Ethnogenese der Schnurkeramiker gekommen ist, bei denen sich ja dann immer ein kleinerer Anteil Kugelamphoren-Genetik findet. Damit wären die "Vor-Germanen" und die "Vor-Balten", also die nordeuropäischen Indogermanen "Kinder der nördlichen Ukraine", bzw. "Kinder des südlichen Polen", bzw. "Kinder Wolhyniens".***) 

Wagengräber in der Steppe, Ochsengräber im Piedmont 

Svend Hansen stellt die Maikop-Kultur sehr eindrucksvoll in den weltgeschichtlichen Zusammenhang (Yt). Sie ist tausend Jahre älter als die Kultur von Ur und Uruk!! 

Abb. 6: Gemeinsam mit Wagen bestattet in der Steppe (orange), gemeinsam mit Zugochsen bestattet im Piedmont (kleine blaue Punkte stehen für Ochsenringe) (Folie aus: Yt)

An einer Stelle spricht er darüber, daß sich die einheitliche Maikop-Kultur ja - sonderbarerweise - aus zwei genetisch ziemlich deutlich unterschiedlichen und auch strikt getrennten Bevölkerungen zusammen setzt (wie hier auf dem Blog schon behandelt). Witzigerweise sagt er dazu: "Nun, das ist jetzt kein Kossinna-Lachen, sondern irgendetwas anderes." Das ist ein Bezug zum Aufsatz "Kossinna's Smile" von Seiten des Tagungs-Organisators Volker Heyd. Aber natürlich ist diese sehr strikte genetische Trennung zweier Bevölkerungen über tausend Jahre hinweg sehr wohl Grund für erneutes Kossinna-Lachen. Aber man merkt schon: dieser Begriff "Kossinna's Smile" wurmt und nervt die Archäologen weiterhin innerlich sehr deutlich (Stgen2017).  

Svend Hansen sagt, daß die Ringe, die die assyrische Göttin Ishtar auf vielen ihrer Abbildungen in der Hand hält, Ochsenringe wären, Nasenringe, um Ochsen zu dirigieren. Denn genau die gleichen Ringe sind in Zusammenhang mit Ochsengräbern am Fuße des Kaukasus gefunden worden. Dort hat man beim Tod des Besitzers das Ochsengespann desselben geopfert und neben dem Grab beigesetzt. Seinen Wagen aber hat man weiter benutzt, so Hansen (Abb. 7). In der Steppe hingegen habe man beim Tod des Besitzers denselben mit seinem Wagen bestattet und die Ochsen weiter genutzt. Das wäre ein klarer kultureller Unterschied zwischen Steppen-Maikop und Maikop (Abb. 6).

Und spannend genug ist dieser Unterschied schon. Interessanterweise finden sich Wagengräber im und südlich des Kaukasus gerade in jener Region (s. Abb. 6), in der nach 4.000 v. Ztr. auch besonders hohe Steppengenetik-Anteile gefunden wurden (nämlich in der Areni-Höhle). 

Könnte das heißen, daß den Indogermanen in der Steppe der Wagen das bedeutendere war, während den anatolisch-neolithischen Bauern im Kaukasus die Ochsen bedeutender waren in rituellen Zusammenhängen? Der Stier spielt ja in vielen Mittelmeer-Kulturen noch lange später eine besondere Rolle. Es sei an die Stier-Springer bei den Minoern erinnert, an die Tatsache, daß sich Zeus in einen Stier verwandelt, um Europa über den Hellespont zu tragen, an den Kult des Mithras, der einen Stier tötet, oder auch an den Stierkampf in Spanien bis heute.****)

Die Indogermanen könnten im Gegensatz dazu mehr von der Technik von Rad und Wagen beeindruckt gewesen sein. So wie das bei ihnen auch heute noch weithin der Fall ist (Stichwort SUV) und wie das oft in der Geschichte in Erscheinung trat (Streitwagen-Kultur, Sonnenwagen von Trundholm etc..)

Abb. 7: Ochsenringe aus Piedmont-Gräbern und die assyrische Göttin Ishtar (Folie aus: Yt)

Hansen zeigt einen Silberbecher der Maikop-Kultur, auf dem ein Wildpferd abgebildet ist zwischen einem Stier und einem Löwen. Indem wir diesem Silberbecher nachgehen, stoßen wir auf die Deutung (Resg), daß auf ihm eine Karte des Landes zwischen Kaukasus und dem Golf von Persien dargestellt ist und offenbar der Wildreichtum dieser weiten Gebiete. In der unteren Reihe sind außerdem noch dargestellt: Bergziege, Widder und Wildschwein (Abb. 8). Ist das schon der Blick der Kura-Araxes-Kultur nach Anatolien hinein?!

Das aber hinwiederum würde heißen, daß schon die Menschen der Maikop-Kultur ein sehr weitreichendes geographisches Wissen gehabt hätten. Zweifelnd fragt man sich, ob es nicht naheliegender sein könnte, daß hier die Flüsse Kura und Araxes abgebildet sind, die in das Kaspische Meer münden. Aber womöglich erlauben diese Flüße von ihrer Mündung aus keineswegs einen solchen Fernblick aufs Gebirge? Wie auch immer! Eine weitere Deutung geht davon aus, daß das Gebiet nordwestlich des Kaukasus dargestellt ist mit den beiden Flüssen Kuban und Belaja, die in das Asowsche Meer münden, dessen Meeresspiegel damals 3 Meter höher lag (Acad).

Sabine Reinhold stellt im übrigen heraus, daß es unter dem einheitlichen Dach der Maikop-Kultur über eintausend Jahre hinweg nicht nur zwei genetisch getrennte, unterschiedliche Populationen gegeben habe, sondern sogar fünf (Yt, 15'40)! 

Sie alle errichteten Grabhügel, benutzten Maikop-Keramik, kannten soziale Schichtung und Ansammlung von Wohlstand bei wenigen. Aber dennoch blieben sie über diese tausend Jahre hinweg genetisch voneinander getrennt.

Abb. 8: Maikop-Silberbecher - Przewalski-Pferd zwischen Stier und Löwe. Außerdem: Eine frühe Karte des Kaukasus und zweier Flüsse, die in den Bergen entspringen und in ein Meer münden (Tigris and Euphrat oder Kuban und Belaja?) (Resg)

Gerade die Veröffentlichung, auf die sie mehrfach Bezug nimmt ("Ayshin Ghalichi, Sabine Reinhold, Sven Hansen, Wolfgang Haak u.a. (in review)"), scheint noch unveröffentlicht zu sein. In ihr dürften sich noch viele weitere erhellende Inhalte finden, die auch vieles noch deutlicher werden lassen könnten als das in ihrem kurzen Vortrag hat geschehen können.

Insgesamt jedenfalls: Was für eine Tagung! Was für eine Fülle an Neuerkenntnissen!

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*) Referenten waren einige der bedeutendsten Vertreter ihres Faches: David Reich, der Archäogenetiker, David Anthony, der führende Archäologe der Frühgeschichte der Indogermanen, Kristian Kristiansen, der dänische Archäologe, der viel über die Ankunft und Geschichte der Indogermanen in Skandinavien geforscht hat, die polnische Archäologin Marzena Szmyt (Universität Posen), die Erforscherin der vorausgehenden Kugelamphoren-Kultur, Svend Hansen und Sabine Reinhold. Organisiert worden war die Tagung von dem deutschen Archäologen Volker Heyd, der an der Universität Helsinki arbeitet. Zügig sind die Tagungsbeiträge in Form von Videoaufzeichnungen zugänglich gemacht worden (1). Neben den genannten Forschern haben noch eine Fülle anderer Archäologen Vorträge gehalten. Unserer Meinung nach fallen sie aber oft inhaltlich weit ab von den Vorträgen der Genannten. Sie verlieren sich oft in ein Fachchinesisch, reden ganz ohne Begeisterung und Anteilnahme und stellen so gut wie keine Bezüge zu den spannenden Neuerkenntnissen der letzten Jahre her. Das macht deutlich, daß die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit innerhalb der Archäologie, soweit nur auf die Archäologie selbst geschaut wird, immer noch von Forscher zu Forscher sehr unterschiedlich sein kann. 
**) Sabine Reinhold präsentiert in ihren Folien unter anderem sehr übersichtliche Grafiken zu den "wilden", "verrückten" Ethnogenese-Prozessen im Kaukasus, an der Mittleren Wolga und im Nordschwarzmeer-Gebiet (Yt). Sie stammen aus einer noch unveröffentlichten Studie aus dem Archäogenetik-Team von Wolfgang Haak (4), zu der es heißt: "We present new genome-wide data of 131 individuals from 38 archaeological sites in the Caucasus, spanning 6,000 years", womit einem der Mund mehr als wässrig gemacht wird. In den Grafiken ist nun dargestellt die frühe Vermischung von iranisch- und anatolisch-neolithischer Genetik innerhalb von Anatolien und innerhalb des Kaukasus schon ab etwa 6.000 v. Ztr.. Der iranisch-neolithische Herkunftsanteil (CHG) ist um so höher, um so weiter nach Osten man kommt. Vom heutigen Georgien aus breitet sich das Volk der Darkveti-Meshoko (Wiki), bzw. der "Pricked Pearls Pottery culture" (der "Kultur der gestochenen Perlenkeramik") (russ) aus, die in die "Vor-Maikop-Kultur" übergeht. Zur gleichen Zeit breiten sich vom Kaspischen Meer herkommend die Wolga aufwärts noch völlig unvermischte Menschen der iranisch-neolithischen Völkergruppe nach Norden aus und vermischen sich an der Mittleren Wolga (um Chwalynsk herum) mit Menschen der osteuropäischen Jäger und Sammler. Sie bilden das Urvolk der Indogermanen, der Kurgan-Kultur, angenommener Maßen auch der Sprecher des Frühen Proto-Indoeuropäischen, aus der dann auch die Maikop-Kultur und die Hethiter hervor gegangen sind. In der Ukraine am Unteren Dnjepr vermischen sich west- und osteuropäische Jäger und Sammler miteinander. Scheinbar ist dann das das aller neueste Ergebnis, daß hier die iranisch-neolithische Genetik nachhaltigen Einfluß hatte wie hier dargestellt. Damit wäre erneut allerhand umgestoßen, was wir gerade erst durch die neue David Reich-Studie gelernt hatten. Mit dieser ersten Grafik ist auch nur die erste Phase der Ethnogenesen zwischen Kaukasus und Nordschwarzmeer-Raum beschrieben. Die Folie für die zweite Phase ist noch komplizierter und man darf sehr gespannt sein auf die neue, noch unveröffentlichte Studie.)
***) Marzena Szmyt ist Professorin an der Universität Posen und stammt aus einem Städtchen 70 Kilometer südlich von Posen. Sie gilt als Spezialistin für die Geschichte der Kugelamphoren-Kultur, deren kulturelles und wirtschaftliches Zentrum vermutlich im Kulmer Land nördlich von Posen gelegen hat (wir haben darüber schon seit längerem einen Blogartikel in Vorbereitung). (Wenn wir es recht verstehen, klingt im Namen von Frau Szmyt der deutsche Familienname Schmidt nach. Das heißt, daß sie auch von Deutschen abstammen wird. Bis 1914 gehörte die Provinz Posen ja auch zu Deutschland.)
****) Man möchte ja fast sagen, daß sich der Mittelmeer-Mensch im Stier verkörpert sah ähnlich wie im Marsyas-Mythos in Satyren (Studgen2023), und daß er erst durch das Überwinden, bzw. Besiegen seines "stier-haften" inneren Wesens sich dem "Apollinischen" näher fühlte, mit dem er sich so siegesgewiß durch das Indogermanentum konfrontiert gesehen haben könnte und mit dem er dann über Jahrtausende auch weiterhin konfrontiert blieb. Zum Beispiel auch innerhalb der Maikop-Kultur. Und zumindest solange Indogermanen keine assyrische oder monotheistische Religion angenommen hatten und sich dadurch womöglich in ihrem Wesen sehr deutlich Richtung "vorderorientalisch" veränderten, sprich, nicht mehr die Gottnähe als ihnen gemäße Wesensart erkannten, erlebten und durch ihr Handeln und Kulturschaffen bezeugten.

_______

  1. The Transformation of Europe in the Third Millennium BC. International Conference on the Third Millennium BC archaeology in Europe. Budapest, Hungary 24-27 April 2024. HUN-REN Bölcsészettudományi Kutatóközpont, Tagungsseite; 28 Videos (Playlist - unsortiert, für die richtige Reihenfolge siehe: Programm)    
  2. Travels through the southern Provinces of the Russian Empire, in the years 1793 and 1794. Translated from the german of P. S. Pallas, counsellor of state to his imperial Majesty of all the Russias, knight, & c. Second edition, illustrated with one hundred and twenty-one plates. In two volumes. Vol. I. London: Printed for John Stockdale, Piccadilly. 1812 (GB), S. 176
  3. Ringe, Don; Tandy Warnow and Ann Taylor. "Indo‐European and computational cladistics." Transactions of the philological society 100.1 (2002): 59-129. First published: 10 January 2003 (Resg)
  4. Ayshin Ghalichi, Sabine Reinhold, Sven Hansen, Wolfgang Haak u.a. (welcher Titel? wohl: "The rise and transformation of Bronze Age pastoralists in the Caucasus" ? [ebiacuk]) (in review) (siehe (Yt/Budapest2024)

5 Kommentare:

Friedland hat gesagt…

Sehr guter und wichtiger Beitrag, um der Vernichtung unserer Historie durch Brather, Rieckhoff (pers. bekannt) und Anderen entgegenzuwirken, weiter so, bin begeistert......!

Ingo Bading hat gesagt…

Sabine Rieckhoff (Leipzig) (geb. 1944), Sebastian Brather (Freiburg) (geb. 1964) - kenne die Namen gar nicht.
Was tun die denn, "um unsere Historie zu zerstören"? Kann ich mir gar nicht vorstellen.
"Historie zerstören" kann doch eigentlich nur der, der sich abseits der Wissenschaft bewegt. Leute wie Erich von Däniken u.dgl.. Aber doch nicht jemand, der sich im Rahmen der Wissenschaft bewegt.
Sollten sie sich in der "pots versus people"-Debatte mehr auf der pots-Seite bewegt haben, wären sie deshalb nicht schon welche, die "unsere Historie zerstören".

Anonym hat gesagt…

Bezüglich der genannten Personen (Rieckhoff, Prähistorikerin, Brather, Lehrstuhlinhaber Freiburg Vor-und Frühgeschichte) und auch aus den Reihen der "Grünen": Ein neuer Germanenbegriff oder die Dekonstruktion ethnischer Identitäten mit dem Ziel der Abschaffung und Auflösung der historisch gewachsenen Völker... . ...behaupten Brather und seine Anhänger, die archäologischen Kulturen, auf die sich die ethnische Deutung bezieht, seien nicht real, sondern lediglich Konstrukte der Archäologen...., mehr dazu in dieser bestürzenden Entwicklung bei A. Vonderach, in "Gab es Germanen?", 2017 ..... !!!

Ingo Bading hat gesagt…

Aha, danke, jetzt verstehe ich den Zusammenhang.
Ja, die Bemühungen von Andreas Vonderach werden schon redlich gewesen sein. Sie haben sich aber schneller erübrigt als jeder erwarten konnte. Die Germanen SIND genetisch sehr deutlich zu unterscheiden von den Kelten.
https://studgendeutsch.blogspot.com/2024/03/wir-germanen-wer-waren-wir-bevor-wir.html
Seit "Kossina's Smile"
https://studgendeutsch.blogspot.com/2017/11/kossinna-lacht-er-lacht-und-lacht-und.html
sind das alles Debatten des vorigen Jahrhunderts, auch wenn Archäologen manchmal (ein wenig) länger brauchen als andere Leute, um sich in der neuen Welt, die wir heute erkenntnismäßig haben, zurecht zu finden. (Ich hab das bei einigen Beiträgen der Budapest-Tagung sehr stark empfunden, die ich gar nicht referiert habe. Z.B. wird da noch lang und breit erörtert, ob die Kugelamphoren-Kultur nur ein KULTURELLES Phänomen wäre oder doch auch ein genetisches. Soweit ich das mitgekriegt habe, ist auch diese Frage längst von Seiten der Archäogenetik geklärt (z.B. in der Studie zu Böhmen). Und das hätte da einigen schläfrigen Archäologen womöglich noch mal erklärt werden müssen.)
Ich hab aber die sogenannte "Dekonstruktion" des Germanen-Begriffes eh nie als eine "Vernichtung unserer Historie" angesehen. Dazu war mir die Debatte eigentlich viel zu lächerlich. Viel eher kommt jetzt immer mehr raus, daß sich germanische Völker sehr oft ziemlich schnell selbst "vernichtet" haben. Die Goten, die an Schwarzen Meer ankamen und dann nach Italien gegangen sind, waren gar nicht mehr genetisch jenen reinen Germanen, die in Skandinavien los gewandert waren. Das haben sich der Felix Dahn und alle anderen Germanen-Verherrlicher vermutlich auch ein wenig zu einfach gedacht.
Angesichts der vielen, unerwarteten Ethnogenesen in der Weltgeschichte drängt sich viel mehr die Frage auf, was die Weltgeschichte sich bei dem Geschehen gegenwärtig in der Welt gedacht hat.
Zum Beispiel hat es 1945 östlich von Oder und Bayerischem Wald eine Fülle von "Zerstörung unserer Historie", sprich unserer Kultur gegeben. Das ist ganz klar. Aber diese Zerstörung unserer Kultur, in der stehen wir ja gerade mitten drin aufgrund der demographischen Entwicklung der Deutschen und Europäische-Stämmigen und des mangelnden Willens, dieser entgegen steuern zu wollen.

Anonym hat gesagt…

Stimme Ihnen vollkommen zu, vor allem zu dem letzten Satz, da ich als Sudetendeutscher selbst Teil der Kulturzerstörung nach 1945 bin und deshalb habe ich die von Ihnen angerissene Feststellung zur jetzigen umfassenden Zerstörung der deutschen Nation sehr intensiv verfolgt. Sie ist Teil eines Völkermordes an den Deutschen seit dem I. WK mit der Fortsetzung des WK II und dem jetzigen Versuch einer ethnischen Eliminierung des deutschen Volkes als Ergebnis eines II. Dreißigjährigen Krieges. Dazu gibt es von mir eine Publikation nach der jetzt kommenden "Wende" als Rückblick über eine 150jährige deutsche Geschichte, die den Völkermord an den Deutschen behandelt. Ja, es wird eine Wende geben nebst Beseitigung des Falschgeldsystems (seit 1913) mit dem der Tiefe Staat existenziell verbunden ist mit einer Wiederherstellung des Deutschen Reiches, Stand 30. Juli 1914..... . Liebe Grüße und alles Gute für Sie!

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