Im letzten Winter gab es in Speyer eine große Ausstellung zum gegenwärtigen Stand der "Amazonen-Forschung". Der Ausstellungskatalog liest sich sehr eindrucksvoll (1). Es werden ziemlich eindeutige Belege für Frauengräber mit oft vollständiger "männergleicher" Waffenausstattung gegeben für:
1. die Kultur der Urindogermanen in der Nordschwarzmeer-Steppe, nämlich in einem der ältesten Grabhügel der Menschheitsgeschichte überhaupt (4.800 - 4.300 v. Ztr.) (1, S. 170 - 173),
2. die antike Kultur der Skythen im gleichen Raum bis hin zum Altai-Gebirge (1, S. 99 - 167),
3. die Kultur der germanischen Völkerwanderungs-Völker, insbesondere die Alemannen, nämlich das Grab der Frauenkrieger von Niederstrotzingen (um 670 n. Ztr.) (1, S. 178 - 181).
4. außereuropäische Kulturen (Amerika, Afrika).
Über die skythische Kultur wird in diesem Zusammenhang unter anderem auch folgende Zahlenangabe getätigt (1, S. 116):
Im Rahmen der am Certomlyk erzielten Ergebnisse entfielen von insgesamt 50 skythischen Bestattungen aus dem 4. vorchristlichen Jahrhundert sechs (evtl. sieben) auf Gräber von Kriegerinnen.
Skythische Darstellung einer Kriegerin, 4. Jhdt. v. Ztr. |
Das wären gut 10 von Hundert. Waffenbeigaben schlossen aber zumeist typisch weibliche Grabbeigaben wie Schmink-Gerät und ähnliches keineswegs aus. Zwischenzeitlich sind übrigens auch die Wikinger in England dazu gekommen ("Wikingerinnen waren keine Hausmütterchen"). (Als die Wikinger im 9. Jahrhundert England eroberten, hatten sie von Anfang an ihre Frauen dabei, die wenigstens zum Teil auch bewaffnet waren.)
Breiten Raum nehmen in der Ausstellung auch die antiken Mythen rund um die Amazonen ein, die sich um diesen "historischen Kern" von weiblichen Kriegerinnen bei dem antiken Volk der Skythen rankten. Diese Mythen behaupten zusammengenommen die Existenz von Amazonen in fast allen Kulturen rund um das Schwarze Meer, in der Ägäis und in Lybien (siehe gute Karte dazu ganz vorne). Vor allem nehmen Frauen in diesen Mythen auch nirgendwo eine verachtete oder untergeordnete Stellung ein, sondern eine ebenso geachtete Stellung wie die der Männer.
Aus all diesen archäologischen und literarischen Befunden spricht, so möchte man meinen, ein ganz anderer Geist, als jener Geist, der gegenüber Frauen seit Einführung des Christentums und des Islam in den europäischen und vorderasiatischen Völkern vorherrschend geworden ist. Damit erst, so möchte man meinen, wurde das bekannte "Hausmütterchen" der abendländischen Geschichte geboren.
Aus all diesen archäologischen und literarischen Befunden spricht, so möchte man meinen, ein ganz anderer Geist, als jener Geist, der gegenüber Frauen seit Einführung des Christentums und des Islam in den europäischen und vorderasiatischen Völkern vorherrschend geworden ist. Damit erst, so möchte man meinen, wurde das bekannte "Hausmütterchen" der abendländischen Geschichte geboren.
Mit diesen Worten sollten nur kurz einige der wesentlichsten Inhalte des gegenwärtigen Forschungsstandes benannt sein. Der Inhalt des Ausstellungskataloges entspricht in vielem dem aktuellen Wikipedia-Artikel zu "Amazonen" (Wikip.), wobei allerdings der Ausstellungskatalog noch ein weitaus lebendigeres und vollständigeres Bild unseres heutigen archäologischen Wissens zeichnet. Hier haben die Wikipedianer noch einiges nachzutragen. ;-) (Weiterführend siehe auch: Google.)
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1. Rolle, Renate; Börner, Lars: Amazonen. Geheimnisvolle Kriegerinnen. Eine Ausstellung des Historischen Museums der Pfalz, Speyer 2010. Edition Minerva GmbH, München 2010
2. Shane McLeod: Warriors and women: the sex ratio of Norse migrants to eastern England up to 900. In: Early Medieval Europe 2011 19 (3) 332–353
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