Die Vogelart der Baumhopfe (engl. "green woodhoopoe", lat. "Phoeniculus purpureus") lebt in Wäldern von fast ganz Afrika südlich der Sahara und ist entfernt mit den europäischen Wiedehopfen verwandt. Baumhopfe sind ein beliebtes Briefmarken-Motiv von afrikanischen Staaten und leben in Gruppen mit 2 bis 8 Individuen, von denen sich aber immer nur jeweils ein Paar fortpflanzt. Baumhopfe sind bei der Nahrungssuche in der Baumrinde ständig in Bewegung und schwer zu fotographieren. Ihr Territorium verteidigen sie das ganze Jahr über nach außen. Innerhalb der Gruppen gibt es aber wenig Auseinandersetzungen zwischen den Gruppenangehörigen.
Fast 60 % der Gruppen bestehen aus mehr Individuen als dem sich fortpflanzenden Paar. Die "Helfer am Nest" sind zu 90 % mit mindestens einem der beiden sich fortpflanzenden Individuen familiär verwandt (also z.B. Geschwister oder erwachsene Nachkommen des sich fortpflanzenden Paares). Die erwachsenen Tiere der Gruppe pflegen sich das ganze Jahr über mit der gleichen Regelmäßigkeit das Kopf- und Nackengefieder aus hygienischen Gründen. Das Pflegen des übrigen Gefieders hat wie das Fellausen bei den Primaten soziale Funktion. Seine Häufigkeit schwankt mit der Jahreszeit und es ist häufiger in größeren Gruppen.
In der östlichen Kap-Provinz Südafrikas hat der Vogel-Verhaltensforscher Andrew Radford in den waldreichen Flußtälern sechs Monate lang (zwischen November 2000 und Mai 2001) 12 solcher Gruppen beobachtet. (1) Die Größe der Territorien ändert sich offenbar in den Auseinandersetzungen zwischen Gruppen so gut wie nie.
Gruppenauseinandesetzungen ...
In der Regel verlaufen nun Gruppenauseinandersetzungen bei den Baumhopfen in der Weise, daß eine Gruppe in das Territorium der Nachbargruppe eindringt. Nur sehr selten kommt es zu physischen Auseinandersetzungen. Vielmehr beugen sich die Vögel auf und nieder und "skandieren" "chorweise" gegeneinander und gruppenweise abwechselnd ihre "Schlachtrufe". Die sich nicht fortpflanzenden Gruppenmitglieder tragen dazu mehr bei als das jeweils sich fortpflanzende Paar. Radford sagt, es geschehe das wie bei "Fußball-Fans", die die Fans der gegnerischen Manschaft zu "überstimmen" suchen. Die in Südafrika einheimischen Buschleute benennen diese Vögel nach diesem "Skandieren" mit dem Namen "Das schnatternde (oder gackerende) Lachen der Frauen".
Diese Konflikte können bis zu 45 Minuten dauern und auf dem Höhepunkt wird oft eine Blume oder eine Baumflechte in den Schnabel genommen und von einem Gruppenmitglied zum nächsten weitergereicht, "wie das Schwenken einer Fahne oder eines Schals während eines Fußballspiels" (so wiederum Andrew Radford laut "Telegraph" und "Times").
Wenn die eindringende Gruppe dieses Skandieren gewinnt, bleibt sie bis zu einer Stunde in dem Territorium, sucht hier nach Nahrung und untersucht Nestlöcher, während sich die einheimische Gruppe tiefer in dasselbe zurückzieht. In der Regel kehrt die eindringende Gruppe dann in ihr eigenes Territorium zurück. Verliert die eindringende Gruppe, kehrt sie sofort in ihr Territorium zurück.
... und das psychische "Wundenlecken"Während der Stunde nach dem Konflikt putzten sich die erwachsenen Gruppenmitglieder nun mehr als doppelt so häufig das Körpergefieder als in der sonstigen Zeit, laut Radford's Studie 2,45 mal pro Stunde im Gegensatz zu den sonstigen 0,86 mal pro Stunde. Und zwar besonders die beiden sich fortpflanzenden Tiere den sich nicht-fortpflanzenden. - Geradezu wie aus "Dankbarkeit", bzw. um sie bei künftigen Auseinandersetzungen zu ähnlichem tapferen Verhalten zu ermutigen. Besonders ausgesprägt war dieses Putzen nämlich bei jenen Gruppen, die verloren hatten - und zwar nach langen Auseinandersetzungen, nicht nur kurzen. "Der volle Einsatz der Gruppenmitglieder ist wichtig, denn die Gruppengröße bestimmt oftmals den Ausgang der Auseinandersetzungen," schreibt Radford.
Gruppenselektion?
Diese Studie und ihr Ergebnis ist für sich selbst sehr schön und anschaulich. Zu fragen bleibt, ob der theoretische Rahmen, in den diese Studie gestellt wird - nämlich dem der Gruppenselektion - besonders deutlich durch diese Studie bestätigt wird. Konkret: Würde der Zusammenhalt in den Gruppen und die Unterstützung innerhalb der Gruppe geringer sein, wenn der äußere Druck durch andere Gruppen nicht vorhanden wäre? So lautet ja die These dieser Studie:
Um das in diesem Fall plausibel machen zu können, müßten wohl noch viele von den in der Studie vorgeschlagenen Nachfolge-Studien unternommen werden. Sie werden wahrscheinlich ein recht differenziertes Bild und keineswegs ein so plattes Bild ergeben wie das vielleicht manche heutige Politiker gern hätten.
Offensichtlich ist aber schon jetzt, daß bei 90 % familiärer Verwandtschaft innerhalb der Gruppe besondere gruppenselektionistische Mechanismen gar nicht herangezogen werden müssen, um das altruistische Verhalten der "Helfer am Nest" zu erklären. Die hier beschriebenen Mechanismen könnten aber dennoch einen typischen gruppenpsychischen Mechanismus kennzeichnen, der auch das Verhalten von Gruppen mit weniger durchschnittlichem Verwandtschaftsgrad kennzeichnet. Aber ob ein solches Verhalten ganz ohne genetische Verwandtschaft langfristig evolutionsstabil wäre, ist doch stark infrage zu stellen und kann auch an dieser Tierart wohl gar nicht nachgewiesen werden.
(Ergänzende Auskünfte und auch Abbildungen auf dem Ergänzungsblog.)
1. Andrew N. Radford (2008). Duration and outcome of intergroup conflict influences intragroup affiliative behaviour Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, -1 (-1), -1--1 DOI: 10.1098/rspb.2008.0787
Fast 60 % der Gruppen bestehen aus mehr Individuen als dem sich fortpflanzenden Paar. Die "Helfer am Nest" sind zu 90 % mit mindestens einem der beiden sich fortpflanzenden Individuen familiär verwandt (also z.B. Geschwister oder erwachsene Nachkommen des sich fortpflanzenden Paares). Die erwachsenen Tiere der Gruppe pflegen sich das ganze Jahr über mit der gleichen Regelmäßigkeit das Kopf- und Nackengefieder aus hygienischen Gründen. Das Pflegen des übrigen Gefieders hat wie das Fellausen bei den Primaten soziale Funktion. Seine Häufigkeit schwankt mit der Jahreszeit und es ist häufiger in größeren Gruppen.
In der östlichen Kap-Provinz Südafrikas hat der Vogel-Verhaltensforscher Andrew Radford in den waldreichen Flußtälern sechs Monate lang (zwischen November 2000 und Mai 2001) 12 solcher Gruppen beobachtet. (1) Die Größe der Territorien ändert sich offenbar in den Auseinandersetzungen zwischen Gruppen so gut wie nie.
Gruppenauseinandesetzungen ...
In der Regel verlaufen nun Gruppenauseinandersetzungen bei den Baumhopfen in der Weise, daß eine Gruppe in das Territorium der Nachbargruppe eindringt. Nur sehr selten kommt es zu physischen Auseinandersetzungen. Vielmehr beugen sich die Vögel auf und nieder und "skandieren" "chorweise" gegeneinander und gruppenweise abwechselnd ihre "Schlachtrufe". Die sich nicht fortpflanzenden Gruppenmitglieder tragen dazu mehr bei als das jeweils sich fortpflanzende Paar. Radford sagt, es geschehe das wie bei "Fußball-Fans", die die Fans der gegnerischen Manschaft zu "überstimmen" suchen. Die in Südafrika einheimischen Buschleute benennen diese Vögel nach diesem "Skandieren" mit dem Namen "Das schnatternde (oder gackerende) Lachen der Frauen".
Diese Konflikte können bis zu 45 Minuten dauern und auf dem Höhepunkt wird oft eine Blume oder eine Baumflechte in den Schnabel genommen und von einem Gruppenmitglied zum nächsten weitergereicht, "wie das Schwenken einer Fahne oder eines Schals während eines Fußballspiels" (so wiederum Andrew Radford laut "Telegraph" und "Times").
Wenn die eindringende Gruppe dieses Skandieren gewinnt, bleibt sie bis zu einer Stunde in dem Territorium, sucht hier nach Nahrung und untersucht Nestlöcher, während sich die einheimische Gruppe tiefer in dasselbe zurückzieht. In der Regel kehrt die eindringende Gruppe dann in ihr eigenes Territorium zurück. Verliert die eindringende Gruppe, kehrt sie sofort in ihr Territorium zurück.
... und das psychische "Wundenlecken"Während der Stunde nach dem Konflikt putzten sich die erwachsenen Gruppenmitglieder nun mehr als doppelt so häufig das Körpergefieder als in der sonstigen Zeit, laut Radford's Studie 2,45 mal pro Stunde im Gegensatz zu den sonstigen 0,86 mal pro Stunde. Und zwar besonders die beiden sich fortpflanzenden Tiere den sich nicht-fortpflanzenden. - Geradezu wie aus "Dankbarkeit", bzw. um sie bei künftigen Auseinandersetzungen zu ähnlichem tapferen Verhalten zu ermutigen. Besonders ausgesprägt war dieses Putzen nämlich bei jenen Gruppen, die verloren hatten - und zwar nach langen Auseinandersetzungen, nicht nur kurzen. "Der volle Einsatz der Gruppenmitglieder ist wichtig, denn die Gruppengröße bestimmt oftmals den Ausgang der Auseinandersetzungen," schreibt Radford.
Gruppenselektion?
Diese Studie und ihr Ergebnis ist für sich selbst sehr schön und anschaulich. Zu fragen bleibt, ob der theoretische Rahmen, in den diese Studie gestellt wird - nämlich dem der Gruppenselektion - besonders deutlich durch diese Studie bestätigt wird. Konkret: Würde der Zusammenhalt in den Gruppen und die Unterstützung innerhalb der Gruppe geringer sein, wenn der äußere Druck durch andere Gruppen nicht vorhanden wäre? So lautet ja die These dieser Studie:
that the amount of intergroup conflict in which a group is involved could influence the amount of cooperation.Nach dem Motto: In Zeiten außenpolitischer Bedrohungen, in Kriegszeiten sind Gruppen oft zu größeren innenpolitischen Kompromissen bereit. Ein viel benutztes und mißbrauchtes Instrument in der menschlichen Politik.
daß also das Ausmaß der Zwischengruppen-Konfliktes das Ausmaß der Kooperation beeinflußten könnte.
Um das in diesem Fall plausibel machen zu können, müßten wohl noch viele von den in der Studie vorgeschlagenen Nachfolge-Studien unternommen werden. Sie werden wahrscheinlich ein recht differenziertes Bild und keineswegs ein so plattes Bild ergeben wie das vielleicht manche heutige Politiker gern hätten.
Offensichtlich ist aber schon jetzt, daß bei 90 % familiärer Verwandtschaft innerhalb der Gruppe besondere gruppenselektionistische Mechanismen gar nicht herangezogen werden müssen, um das altruistische Verhalten der "Helfer am Nest" zu erklären. Die hier beschriebenen Mechanismen könnten aber dennoch einen typischen gruppenpsychischen Mechanismus kennzeichnen, der auch das Verhalten von Gruppen mit weniger durchschnittlichem Verwandtschaftsgrad kennzeichnet. Aber ob ein solches Verhalten ganz ohne genetische Verwandtschaft langfristig evolutionsstabil wäre, ist doch stark infrage zu stellen und kann auch an dieser Tierart wohl gar nicht nachgewiesen werden.
(Ergänzende Auskünfte und auch Abbildungen auf dem Ergänzungsblog.)
1. Andrew N. Radford (2008). Duration and outcome of intergroup conflict influences intragroup affiliative behaviour Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, -1 (-1), -1--1 DOI: 10.1098/rspb.2008.0787
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