"... Wer lange sitzt, muß rosten!Den allersonnigsten SonnenscheinLäßt uns der Himmel kosten.Jetzt reicht mir Stab und OrdenskleidDer fahrenden Scholaren,Ich will zur schönen SommerzeitIns Land der Franken fahren."Viktor von Scheffel, 1859 (Wiki)
Angenommen, du kennst schon so manche kulturelle und landschaftliche Sehenswürdigkeit in Oberfranken (WikiVy, a). Und angenommen, du schaust auf eine alte Straßenkarte, ob es noch irgendwo etwas zu "entdecken" geben könnte. Womöglich findest du dann "landschaftlich schöne
Strecken" ausgewiesen rund um einen Ort, der sich Wallersberg (Wiki)
nennt. Und zwar womöglich - je nach Straßenatlas - sogleich in alle vier Himmelsrichtungen hinweg. "Da will ich hin," ruft dann womöglich dein entdeckungsfreudiges Herz.
Abb. 1: Das Kleinziegenfelder Tal in Oberfranken mit der Weihersmühle - Postkarte von 1962 |
Und wäre es dir gegeben, geflügelte Worte berühmter Menschen zu prägen, so würdest du vielleicht ausrufen:
"Franken ist wie ein Zauberschrank, immer neue Schubfächer tun sich auf und zeigen bunte, glänzende Kleinodien."
Ein wildromantisches Tal findest du, bei dem du auf den ersten Blick gar nicht siehst, wie du durch all diese Felsen, die du vom Talgrund aus immer wieder siehst, hinauf kommen sollst zu etwaigen Wanderwegen in der Höhe. Bei dem du auf den ersten Blick gar nicht siehst, wie du überhaupt einen "Überblick" gewinnen sollst über diese Vielfältigkeit der Eindrücke (1-9). Ein Tal, in dem du einfach nur verzaubert bist.
Die zitierten Worte stammen übrigens von dem Fürsten Pückler-Muskau, einem preußischen Landschaftskenner aus dem 19. Jahrhundert. 1834 sind sie gedruckt worden.
Abb. 2: Das Kleinziegenfelder Tal (aus: EObrfr) |
Wir befinden uns im verwunschenen Tal der Weismain (Wiki), auch genannt das "Kleinziegenfelder Tal". Keine Landschaftsfotografie fängt den eigentümlichen Reiz dieses Tales ein. Auch die in diesem Beitrag zusammen gestellten Fotografien (Abb. 1-6, 9) können nur als hilflose Versuche gewertet werden, sich den landschaftlichen Schönheiten dieses Tales anzunähern. Der bezaubernde Eindruck entsteht dadurch, daß du ständig einen "Gesamteindruck" hast. Und dieser "Gesamteindruck" ist mit der Wiedergabe nur einer einzelnen Blick-Perspektive in nur einer einzelnen Richtung gar nicht wiederzugeben.
Auch Filmaufnahmen können den Reiz dieses Tales nicht wirklich einfangen (7-9). Deshalb mag eine Postkarte aus dem Jahr 1964, auf der mehrere Perspektiven nebeneinander zusammen gestellt sind, noch am ehesten eine Annäherung sein, die der Wirklichkeit gerecht wird (Abb. 1).
Aber letztlich bleibt eine solche Wiedergabe unmöglich.
Und nur wer dort war, wird jemals wissen, "wie es dort ist".
Das Kleinziegenfelder Tal ist gar nicht so lang. Mit dem Auto ist es womöglich in fünf Minuten durchfahren.
Beim Durchfahren wartet es aber ständig mit neuen, überraschenden Eindrücken auf. Hier ragt ein Felsen in die Höhe, dort wieder einer und dort wieder. Man kommt aus dem Staunen gar nicht heraus. Und ist verzaubert. Um diesen Eindruck festzuhalten, entstand dieser Beitrag.Abb. 3: Das Kleinziegenfelder Tal mit Blick auf die Waßmannsmühle, Postkarte aus dem Jahr 1922 |
Ordnen wir das Kleinziegenfelder Tal in den größeren landschaftlichen Zusammenhang ein.
Ausgangspunkt Obermain-Tal
Wie in einem großen Bogen von Südosten nach Südwesten umzieht das Obere Maintal die Nördliche Fränkische Alp (Abb. 7). Die Randbereiche dieses Maintales sind touristisch bestens erschlossen und werden von den nahegelegenen Ballungsregionen Bamberg und Nürnberg eifrig als Naherholungsraum genutzt. Fährst du aber von dort auch einmal etwas tiefer hinein in diese Fränkische Alp, werter Freund entzückender Landschaften, dann kommst du eben in dieses Kleinziegenfelder Tal, in dieses Zauberschubfach der Fränkischen Alp:
"Hier läuft der Weg von einem Paradies durchs andere."
Jean Paul ist auch einer dieser berühmten Menschen, der ein solches Wort prägten, 1798, und zwar über die Fränkische Schweiz etwas weiter im Süden. Die landschaftlichen Reize des Kleinziegenfelder Tales haben Fotografen und Filmemachern immer wieder an die Grenzen ihrer Kunst gebracht. Zu "unübersichtlich" sind die geographischen Gegebenheiten, zu unübersichtiglich die wechselnden Eindrücke, die der reisende Mensch vor Ort gewinnen kann. Zu "bescheiden" auch jeweils die Motive im einzelnen.
Diese einstige Touristen-Region ist heute als solche - wegen ihrer Abgelegenheit - wieder eingeschlafen (1). Auch das ein anrührender Umstand.
Abb. 4: Weihermühle im Kleinziegenfelder Tal, Oberfranken |
Noch bis zu einem Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg war das anders (3):
Unter dem Einfluß der Heimatschutzbewegung, die im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts meinungsbildend wirkte, wußten immer mehr Menschen solches Idyll zu schätzen. (...) Gerade das Kleinziegenfelder Tal erregte seit dem 19. Jahrhundert die Bewunderung von Naturliebhabern.
Die Weismain entspringt in dem Dorf Kleinziegenfeld im Süden und fließt bis zur Stadt Weismain im Norden durch besagtes Tal (Wiki):
Viele steile trockene, felsige Hänge sind von Wacholderbüschen bewachsen und bilden auf diese Weise einen ebenfalls sehr charakteristischen Landschafts-Eindruck (WikiCom).Die Seiten des Tales werden von hoch aufragenden Kalksteinfelsen gebildet, die von Kletterern eifrig benutzt werden. In ihm liegen die zur Stadt Weismain gehörenden Orte Kleinziegenfeld, Großziegenfeld, Arnstein, Wallersberg, Schammendorf und Weismain. Die bekanntesten Felsen sind die Rote Wand, der Rolandsfelsen, der Versteinerte Riese, die Klinge, der Steinerne Mönch und sein Pendant, die Betende Nonne.
Die achzehn Kilometer lange Weismain darf nicht verwechselt werden mit dem 51 Kilometer langen, viel ehrwürdigeren "Weißen Main" (Wiki), dem rechten und nördlichen Quellfluß des Mains, der dementsprechend auch gar nicht mehr zur Fränkischen Alp gehört, sondern zum Frankenwald weiter im Osten. Der linke und südliche Quellfluß des Mains, der Rote Main begrenzt hingegen die Fränkische Alp nach Nordosten hin.
Abb. 5: Weihersmühle, Abzweig hinauf nach Wallersberg - Fotograf Immanuel Giel, 2011 (Wiki) |
Das Kleinziegenfelder Tal gehört somit zum nördlichsten Teil der nördlichen Fränkischen Alp (Wiki). Mit diesem Tal beginnen im Norden diese charakteristischen Felsformationen in tief eingeschnittenen Tälern. Die Fränkische Alp, auch Fränkischer Jura oder Franken-Jura genannt, erstreckt sich - insgesamt gesehen - vom Oberen Maintal zwischen Lichtenfels und Bamberg - über Nürnberg - bis hinunter ins Donautal zwischen Donauwörth, Ingolstadt und Regensburg. Eine Entfernung von mehr als 200 Kilometer. Diese ist übersät von landschaftlichen Reizen und Schönheiten. Ein Fußweg von Lichtenfels über Parsberg nach Donauwörth würde 236 Kilometer betragen.
Die Fränkische Alp erstreckt sich bis Donauwörth
Der bekannteste Teil der Fränkischen Alp gehört zwar ebenfalls noch zu der nördlichen Fränkischen Alp, liegt aber eben viel weiter südlich als unser kleines Kleinziegenfelder Tal. Es ist das die bekanntere Fränkische Schweiz (Wiki). Grob liegt diese südöstlich von Bamberg und nordöstlich von Forchheim.
Die landschaftlichen Schönheiten der Fränkischen Alp fangen jedoch schon mit den großzügigen Landschaftszügen des Obermain-Tals an, die man zum Beispiel auf dem viel begangenen Wander- und Pilgerweg zwischen Vierzehnheiligen und Staffelberg auf sich wirken lassen kann.
Jedes Tal von dort aus, von Lichtenfels oder Bad Staffelstein nach Süden hin in die Fränkische Alp hinein und in das Jura hinein ist mit seinen liebevollen fränkischen Fachwerk-Dörfern anmutig und entzückend.
Abb. 6: Arnstein (Weismain) - Fotograf: Trollhead (Wiki) |
Von solchen Dörfern aus läßt sich etwa der Dornig erreichen, ein "Bruder-Berg" des Staffelberges, es läßt sich Siebenlinden erreichen (auch genannt Veitsberg) mit seiner herrlichen Aussicht über das Obermain-Tal bis nach Bamberg hinunter, es lassen sich Ortschaften erreichen wie Ützing oder Klosterlangheim.
Von dort weiter hinein in die nördliche Fränkische Alp erreicht man etwa den "Hohlen Stein" bei
Schwabtal, wo unsere frühesten Vorfahren hier vor Ort, die Schnurkeramiker Gräber hinterlassen haben. Diese Gräber enthielten noch
keine domestizierten Pferde, sondern Wildpferde - wie vorletztes Jahr
von der Forschung heraus gebracht worden ist (s. Stgen2021).
Abb. 7: Landschaftlich schöne Strecke südlich der Stadt Weismain: Das Kleinziegenfelder Tal (ViaMichelin) |
Von Bad Staffelberg zum Hohlen Stein hinter Schwabtal sind es grob zehn Kilometer. Und vom Hohlen Stein noch einmal zehn Kilometer weiter hinein in die Fränkische Alp kommt der Landschaftsfreund nun entweder nach dem hoch über Felsen gelegenen Dorf Wallersberg oder nach dem tief ins Tal eingebetteten Kleinziegenfeld. Zur Herkunft des Namens Wallersberg finden wir die Angabe (Wiki):
Der Name könnte vom Waldriesen Welderich aus der germanischen Mythologie kommen, dessen Name Beherrscher des Waldes bedeutet und mit dem Motiv des wilden Mannes gleichgesetzt wird.
Auf jeden Fall würde es sich um eine zur Landschaft passende Erklärung handeln. Die Hochebene des Wallesberges ist ebenfalls schon seit der Spätbronzezeit besiedelt. Nämlich bis in die letzten vorchristlichen Jahrhunderte hinein von keltischen Stämmen. Diese sind dann in großen Zahlen abgewandert nach Süden. Sie haben ihre entzückende Heimat verlassen, um noch mehr Sonne zu sehen, noch lichtere Erdregionen kennen zu lernen, angezogen von der reichen Kultur des Mittelmeerraumes.
Eine anmutige Autofahrt kann es also sein, sagen wir von Lichtenfels über die Dörfer Mistelfeld, Klosterlangheim, Mönchkröttendorf, Lahm, Köttel (derzeit ist eine Umleitung notwendig über Altendorf, Siedamsdorf), über Kaspauer nach Schammendorf an der Weismain und von dort ins Kleinziegenfelder Tal (Abb. 8).
Abb. 8: Eine Autofahrt vom Obermain-Tal ins Kleinziegenfelder Tal - Abfahrt in Lichtenfels, Ankunft in Bad Staffelstein - durch den nördlisten Teil der Fränkischen Alp (von GMaps) |
In diesem dann an der Waßmannsmühle vorbei, an der Weihersmühle vorbei, und dann die gewundene Bergstraße über die berühmten Wacholderhänge hinweg (7) hoch nach Wallersberg. Auf dem Rückweg könnte man über die Dörfer Arnstein, Bojendorf, Rothmannstal Richtung Hohler Stein fahren und von dort zurück nach Bad Staffelstein.
Das Dorf Eiching hätte man bei dieser Runde umfahren. Aber auch dieses Kleinod
möchte man sich womöglich nicht entgehen lassen, weshalb auch hierhin ein Abstecher sinnvoll sein könnte. Es liegt auf dem Weg zwischen
Lahm und Rothmannstal.
Versuchen wir eine kleine Zusammenfassung. Sehenswert insgesamt in der Region Obermain-Jura, bzw. im nördlichsten Teil der Fränkischen Alp sind unter anderem:
- natürlich der Staffelberg, der heilige Berg der Franken
- das Kloster Vierzehnheiligen mit dem Viktor von Scheffel-Blick (nordöstlich vom Staffelberg)
- der Dornig (südlich vom Staffelberg)
- Siebenlinden, bzw. der Veitsberg (noch weiter südlich vom Staffelberg)
- Ützing und Klosterlangheim (östlich vom Staffelberg)
- der Hohle Stein (östlich vom Staffelberg)
- der Kemnitzenstein (östlich vom Staffelberg)
- der Aussichtspunkt Wattendorf - mit Wacholderheide
- die Islinger Tanzlinde (östlich vom Staffelberg)
- das Eichiger Felsenlabyrinth (kurzer, mystischer Spaziergang) (östlich vom Staffelberg)
- und schließlich: das wildromantische, felsige Kleinziegenfelder Tal (noch weiter östlich vom Staffelberg)
- sowie natürlich und sowieso: die romantischen Fachwerk-Städte Bad Staffelstein, Lichtenfels, Bamberg, Coburg, Kulmbach ... und viele andere mehr
Das also ist die Obermain-Region zwischen Bamberg und Lichtenfels: eine beliebte Urlaubs- und Wanderregion.
Abb. 9: Gasthof Weihersmühle, Kleinziegenfelder Tal |
Herrliche Berge wie der Staffelberg, der heilige
Berg der Franken. Alles erzählt von der großen
Vergangenheit der Kelten in dieser Region. Dementsprechend gibt es Kelten-Wanderwege und
vieles ähnliche mehr. Auch geologisch und erdgeschichtlich kann man in dieser Region viel lernen.
Aber dieser nördlichste Teil des nördlichen Teiles der Fränkischen Alp birgt noch viele weitere landschaftliche Zauber-Schubfächer, und als eines der geheimnisvollsten das Kleinzigenfelder Tal.
Wie übrigens in diesem Tal an seinen imposanten Felsen geklettert wird, kann man sich ebenfalls ansehen (s. Yt).
_______
- Schuler, Jana Margarete: Das Haus im Nebel. Obermain Jura-Magazin 2/2022 (pdf)
- Kleinziegenfelder Tal - Schöne Wanderwege. https://schoene-wanderwege.de/kleinziegenfelder-tal/
- Dippold, Günter: Weismain schon im 19. Jahrhundert beliebte Sommerfrische (Obermain), 15. Juni 2020
- Kleinziegenfelder Tal. Auf: NaturErlebnis Fränkische Schweiz 2007, https://www.naturerlebnis-fs.de/Bildergalerie/73_kleinziegenfelder_tal_bg.html
- https://www.andreassebald.de/2018/04/rundweg-kleinziegenfeld-weihersmuehle/
- https://www.echt-oberfranken.de/kleinziegenfelder-tal/
- Artenreichtum durch Beweidung im Kleinziegenfelder Tal. Auf: LBV-Fuchsenwiese Bamberg, 18.5.2021, https://youtu.be/dJWKmxyd7CM.
- Kleinziegenfelder Tal Winter 2021, Airspeed Oberfranken, https://youtu.be/bbhMMTIs7tk.
- Bärental Weismain 2022 Airspeed Oberfranken, https://youtu.be/fNdO6SZVd6c.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen