- Sie hatten deutlich mehr europäische Herkunft als die mongolischen Hunnen, Awaren und Mongolen
- Sie glichen in ihrer vielschichtigen genetischen Herkunft den Tataren und Baschkiren
- Sie haben in Ungarn kaum genetische Spuren hinterlassen
- Nur ihre finno-ugrische Sprache, das Ungarisch, wird dort heute noch gesprochen
Die Urheimat der finno-ugrische Sprach- und Völkergruppe findet sich auf der Taimyr-Halbinsel im nördlichsten Norden Sibiriens. Darauf haben wir hier auf dem Blog schon 2018 hingewiesen (1). Schon Anfang des 2. Jahrtausends v. Ztr. breitete sich diese Völkergruppe bis in das heutige Finnland aus. Dort hat sich die Sprache und zum Teil auch die Genetik dieser Völkergruppe bis heute gehalten.
Von der Taimyr-Halbinsel in den südlichen Ural - 2000 v. Ztr.
Das heutige südlichste Volk der finno-ugrischen Sprachgruppe, die Ungarn, sprechen eine Sprache, deren ursprüngliche Träger in Ungarn heute genetisch ausgestorben sind. Auch das haben wir schon letztes Jahr hier auf dem Blog behandelt (2). Die Genetik aller finno-ugrischen Völker weist eine sibirische ("Nganasanen"-)Herkunftskomponente auf, die es bei all diesen Völkern gibt - nur nicht mehr bei den Ungarn. Schon während der sogenannten Landnahme-Zeit der Ungarn im 10. Jahrhundert war diese Genetik bei diesem Reitervolk der Ungarn nur noch in Restbeständen vorhanden, nämlich zu etwa 13 % (siehe unten).
Die von diesem Reitervolk getragenen Ungarn-Einfälle (Wiki), die bis nach Italien und Spanien reichten, haben im Frühmittelalter maßgeblich dazu beigetragen, daß sich die Deutschen als kulturelle und politische Einheit zu empfanden begannen und sich als solche auch zur Abwehr gegen die Ungarn ein starkes Königtum gaben, nämlich zunächst König Heinrich I., den "Vogler". Er wurde in Fritzlar in Nordhessen zum König gekrönt und wies die Salbung durch einen Bischof bestimmt zurück. Er bezeichnete sich ihrer als nicht würdig. Sein Sohn war dann Kaiser Otto I., der "Große", der dann wieder nach Rom zog, um sich die kirchliche Salbung durch den Papst geben zu lassen. Beide aber schlugen die Ungarn. Der letztere in der berühmten Schlacht auf dem Lechfeld.
Wer waren jene Gegner, die die Gründung des Deutschen Reiches bewirkten?
Aufgrund einer neuen Studie kann die Urheimat und die Ethnogenese der Landnahme-Ungarn seit kurzem sehr viel präziser eingeordnet werden als jemals zuvor. Und die genetische Geschichte dieses Volkes der Landnahme-Ungarn kann nun - endlich, erstmals - vollständig rekonstruiert werden (3). Das darf man als ein kleines Wunder bezeichnen. Hier taucht also sozusagen ein Volk aus dem "Dunkel der Geschichte" auf und kann in seinen Entstehungsprozessen und in seinem Werdegang verstanden werden. Auf Englisch werden die Ungarn der Landnahmezeit übrigens "conquering Hungerians" bezeichnet.
Wo nun waren sie her gekommen? In einer zusammenfassenden Grafik der neuen Studie sind die neuen Erkenntnisse dargestellt (Abb. 1). Sie sind möglich geworden durch den archäogenetischen Vergleich von Genomsequenzierungen entsprechender Menschenfunde in Ungarn und über die gesamte Steppe hinweg. Die Zahl derselben ist inzwischen so umfangreich geworden, daß diesbezüglich sichere Erkenntnisse möglich geworden sind.
Die Ungarn der Landnahmezeit sind eine Hervorbringung der Jahrtausende langen Völkerbewegungen zwischen Europa und Asien. Diese seien hier nur in den gröbsten Zügen angedeutet: Zunächst erfolgte die Ausbreitung der anatolisch-neolithischen Völkergruppe im Frühneolithikum bis nach Osteuropa hiein, dann im Mittelneolithikum als Kugelamphorenkultur. Im Spätneolithikum breiteten sich die Indogermanen in einer ersten und einer zweiten Ostwanderung aus. Daraus gingen auch die Völkerschicksale zum Beispiel der Skythen, der Sarmaten und der Goten hervor. Auf deren Untergang folgte dann im Frühmittelalter die Westwanderung der Mongolen als Hunnen und Awaren.
Wir sehen in der genannten Grafik, daß sich das Urvolk der finno-ugrischen Völkergruppe, also Menschen, die die Genetik der heutigen "Nganasanen" in sich trugen, in der Bronzezeit nicht nur bis nach Finnland, sondern auch bis in die Region südlich des Ural und des westlichen Sibirien ausgebreitet hatte (oder womöglich auch schon immer dort gelebt hatten) (Abb. 1a).
Vermischung der "Nganasanen" mit den Nachkommen der Schnurkeramiker ("Ariern") - 1.400 v. Ztr.
Bis hierhin hatten sich auch Nachkommen der schnurkeramischen Andronowo-Kultur ausgebreitet, also Menschen jener Völkergruppe, die in Nordindien als "Arier" bezeichnet wurden, und deren Nachkommen im südlichen Ural allerhand Jahrhunderte später als "Sarmaten" bekannt werden sollten. Auf die bronzezeitliche - schnurkeramische - Cherkaskul-Kultur (Wiki) folgte dort die spätbronzezeitliche - schnurkeramische - Mezhovskaya-Kultur (Wiki) - wie sie von den Archäologen benannt worden sind.
Und in diesen beiden Kulturen kam es nun - so zeigt sich in der Archäogenetik - während der Bronzezeit zur Vermischung von Menschen indogermanischer (schnurkeramischer) Herkunft mit Menschen nordsibirischer Abstammung, also mit Menschen mit Nganasanen-Herkunft. Das waren Menschen, die sich zu jenem Zeitpunkt auch schon bis Finnland ausgebreitet hatten. Es darf vermutet werden, daß dieses Volk als Reitervolk gelebt hat. Denn Nachfahren dieses Volkes, die sich seit der Bronzezeit genetisch und sprachlich unvermischt erhalten haben, sind die Völker der Mansen (Wiki) und der Chanten (Wiki).
Obwohl sie um 500 n. Ztr. weit nach Norden gewandert sind und dort Rentier-Züchter geworden sind, lebt in ihren Sagen die Erinnerung daran fort, daß sie vormals Reitervölker waren. Vermutlich war es diese Nordwanderung, die dazu führte, daß dieses Volk seine ugrische Sprache beibehalten hat und keine indogermanische Sprache angenommen hat. Einen ähnlichen Prozeß hat es in der Bronzezeit bei den Basken in Nordspanien gegeben, die sich mit indogermanischen Glockenbecher-Leuten vermischt haben, ihre Sprache aber bis heute beibehalten haben.
Abb. 1: Die 3.000-jährige komplexe Herkunfts-Geschichte der Ungarn der Landnahme-Zeit ("Conq_Asia_Core") (1300 v. Ztr. bis 900 n. Ztr.) (aus 2) |
Das so entstandene Volk hatte genetisch gesehen etwa 48 % indogermanische Schnurkeramiker-Genetik, 44 % sibirische Nganasanen-Genetik und 8 % Botai-Genetik. Über Menschen solcher Herkunft kann man sich ein Bild machen anhand der schon erwähnten Mansen und der Chanten von heute, die ihre bronzezeitliche Genetik bis heute bewahrt haben (4). Ihnen glichen also ursprünglich auch die Vorfahren der Ungarn der Landnahme-Zeit, in Abbildung 1a bezeichnet als "Proto-Ugors", in Abbildung 1b bezeichnet als "Conq_Asia_Core" (jeweils farblich grün gekennzeichnet).
Die Nganasanen (Wiki, engl) sind das Volk, das innerhalb Europas am nördlichsten lebt, nämlich auf der Taimyrhalbinsel. Die Nganasanen sprechen zwar heute eine samojedische Sprache, will heißen eine finno-ugrische Sprache. Sie werden aber zu den paläo-sibirischen Völkern gezählt, die sprachlich "samojedisiert" wurden, als die Rentier züchtenden Samojeden von Süden in ihr Gebiet einwanderten. Sie lebten bis zum 19. Jahrhundert nur vom Fischen und Jagen, seither auch von der Rentierzucht. Dem Volk gehören heute noch etwa 900 Menschen an.
Ihre "paläosibirische Genetik" hat sich später bis auf die Kola-Halbinsel zu den Samen ausgebreitet, ebenso lebt sie in einigen Völkern der Waldtundra weiter, etwa bei den Besermenen und Udmurten und ebenso bei vielen stolzen Reitervölkern wie den Tataren, den Baschkiren, den Altaiern, den Tubalaren und den Kasachen. Und ursprünglich gehörten offenbar auch die Mansen und Chanten zu diesen stolzen Reitervölkern, bevor sie sich - ab 500 n. Ztr. - in weit entlegenere Gebiete zurück zogen und der Rentier-Zucht widmeten.
Abb. 2: Frauen der Mansen aus dem Nordural - 50 % indogermanische, 30 % sibirische Genetik (3) |
Es
handelt sich bei den Nganansanen um eine andere Herkunftsgruppe als
jene, von denen die Mongolen abstammen. Die ursprüngliche
Herkunftsgruppe der Mongolen wird am ehesten durch das Volk der Ultschen
am Amur-Fluß repräsentiert. Dem äußeren Erscheinungsbild nach finden
sich aber sowohl bei Nganasanen wie bei Ultschen "mongolische" (sprich
"asiatische") Gesichtszüge. Ob es also zwischen beiden Herkunftsgruppen
trotz der vermutlich langen Isolation voneinander in Mesolithikum
dennoch auch deutlichere genetische Gemeinsamkeiten gibt, wäre noch
einmal gesondert zu klären. Die Genetiker scheinen jedenfalls diese
beiden Herkunftsgruppen aufgrund Jahrtausende langer Isolation
voneinander in Eiszeit, Mesolithikum und Neolithikum gut unterscheiden
zu können.
Wir hatten übrigens schon letztes Jahr auf folgende Anteile von Schnurkeramik-Genetik in den Völkern des heutigen Rußland und seiner Nachbarländer hingewiesen (2):
- Litauer 67 %
- Udmurten 63 %
- Russen 62 %
- Finnen 57 %
- Samen 51 %
- Mansen 50 % (neben 30 % paläosibirischer Genetik)
- Chanten 30 %
Abb. 3: Ein Manse aus dem Nordural - Etwa 50 % indogermanische und 30 % sibirische Genetik (3) |
Wenn man das Leben der Mansen auf alten Bildern sieht (4) - in Wäldern, in Schnee, mit Rentieren, Rentierschlitten, Lederzelten, Holzhäusern, Holz-Skiern, Feuerstellen, der warmen, wattierten Kleidung - dann erhält man einen Eindruck von dem Jahrtausende langen entbehrungsreichen Leben dieser Menschen in den Weiten Sibiriens. Von Menschen dieser Art stammen die Samen also ebenso ab wie die Ungarn der Landnahme-Zeit.
Vermischung mit indogermanischen Sarmaten und mongolischen Hunnen - 640 v. Ztr. bis 315 n. Ztr.
Die vielfältige Herkunft der Ungarn der Landnahme-Zeit wird nun in der Erläuterung zu Abbildung 1 folgendermaßen zusammen gefaßt (3):
a, Proto-Ugrische Stämme entstanden aus einer Vermischung von Mezhovskaya- und Nganasan-Populationen in der Späten Bronzezeit.b,
- Während der Eisenzeit trennten sich die Mansen.
- Vorfahren der Landnahme-Ungarn vermischten sich zwischen 643 und 431 v. Ztr. mit Frühen Sarmaten und
- 217 bis 315 n. Ztr. mit frühen Hunnen.
a, Proto-Ugric peoples emerged from the admixture of Mezhovskaya and Nganasan populations in the late Bronze.b, 1. During the Iron Age Mansis separated.2. proto-Conquerors admixed with Early Sarmatians 643-431 BCE and 3. with early Huns 217- 315 CE.
Das wäre also zwei weitere Vermischungs-Ereignisse, die die Mansen und die Chanten nicht mehr mitgemacht haben. Die Mansen und die Chanten repräsentieren heute also den ursprünglicheren Zustand der ugrischen Völker.
Die Mansen können modelliert werden als 48 % Mezhovskaya, 44 % Nganasan und 8 % Botai, während die Landnahme-Ungarn ("Conq_Asia_Core1") modelliert werden können als 52 % Mezhovskaya, 13 % Nganasan, 20 % Altai-Skythen und 15 % Mongolen, wobei deutlich wird, daß die Nganasanen-ähnliche Herkunft sehr weitgehend ersetzt wurde durch eine Skytho-sibirische Herkunft, einschließlich Marghiana-Kultur-Herkunft aus der Altai-Mongolischen Region.From pre-Iron Age sources Mansis could be qpAdm modelled from 48% Mezhovskaya, 44% Nganasan and 8% Botai, while Conq_Asia_Core1 from 52% Mezhovskaya, 13% Nganasan, 20% Altai_MLBA_o and 15% Mongolia_LBA_CenterWest_4D (Supplementary Table 7a and 7b) confirming shared late Bronze Age ancestries of these groups, but also signifying that the Nganasan-like ancestry was largely replaced in Conq_Asia_Core by a Scytho-Siberian-like ancestry including BMAC derived from the Altai-Mongolia region.
Es bleibt auch hier wieder erstaunlich, wie sich bei den Landnahme-Ungarn die Sprache der Nganasanen-Herkunft erhielt, obwohl deren Genetik am Ende nur noch 13 % betrug. Auch während der nachfolgenden Vermischungen wurde die kulturelle Identität über die Sprache aufrechterhalten.
Die Vermischung mit indogermanischen Sarmaten, bzw. Altai-Skythen einerseits und mongolischen Hunnen andererseits ist in Abbildung 1b dargestellt. Die Vermischung mit den indogermanischen Sarmaten ist archäologisch und genetisch auf die Zeit 640 bis 430 v. Ztr. datiert. Sie wäre also geschehen schon mehrere Jahrhunderte, bevor die ostgermanischen Goten von Schweden aus weichselabwärts sich ausbreiteten und schließlich die Ukraine besiedelten. Die Vermischung mit den Hunnen ist archäologisch und genetisch auf 215 bis 314 n. Ztr. datiert. Sie wäre in der Zeit des Bestehens des ostgotischen Reiches in der Ukraine geschehen, und bevor die Goten schließlich von den Hunnen 375 geschlagen worden sind und vor den Hunnen nach Westen flüchteten oder im Gefolge der Hunnen nach Westen zogen. Die Hunnen selbst haben sich aber nicht nur mit den Landnahme-Ungarn vermischt, sondern auch mit verschiedenen Sarmaten-Stämmen, später auch mit Goten. Weiter heißt es (3):
c, Während des 5. Jahrhunderts eroberte das von den Xiongnu stammende Hunnen-Reich Osteuropa und vereinnahmte seine vormaligen Bewohner; das Rouran-Khaganat entstand auf dem früheren Xiongnu-Territorium.d, Während der Mitte des 6. Jahrhunderts eroberte das Awaren-Khaganat das Territorium des früheren Hunnen-Reiches und vereinnahmte seine vormaligen Bewohner.c, By the 5th century the Xiongnu descent Hun Empire occupied Eastern Europe incorporating its population, and the Rouran Khaganate emerged on the former Xiongnu territory.d, By the middle 6th century the Avar Khaganate occupied the territory of the former Hun Empire incorporating its populations. 4. By the 10th century Conquerors associated with the remnants of both empires during their migration and within the Carpathian Basin.
Wir lesen (3):
"Landnahme_Ungarn_Kernasien"-Genome wiesen die höchste genetische Ähnlichkeit auf mit modernen sibirischen Populationen, die uralische Sprachen sprechen; Nganasanen (Samojedisch), Mansen (Ugrisch), Selkup (Samojedisch) und Enets (Samojedisch).Conq_Asia_Core1 shared highest drift with modern Siberian populations speaking Uralic languages; Nganasan (Samoyedic), Mansi (Ugric), Selkup (Samoyedic) and Enets (Samoyedic).
Die Ungarn der Landnahmezeit
wiesen - im Gegensatz zur Genetik der Hunnen und Awaren - eine Genetik
auf, die den asiatischen Altai-Skythen und auch den frühen Hunnen (Xiongnu) ähnelte, bevor
bei diesen die Mongolen die genetische, politische und kulturelle Vorherrschaft
gewonnen hatten. Sie glichen genetisch viel mehr den Menschen der
Pazyryk-Kultur oder der frühen westlichen Hunnen vor ihrer Unterwerfung durch die östlichen, mongolischen Hunnen.
Weiter heißt es jedenfalls (1):
Die Landnahmezeit-Ungarn haben ugrische, sarmatische und Hunnen-Herkunft(...) Sie korrespondieren damit mit den heutigen Baschkiren und Wolga-Tataren und sie stehen den östlichen Skythen, westlichen Xiongnu und den TianShan-Hunnen nahe.The Conquerors have Ugric, Sarmatian and Hun ancestry(...) The PCA position of Conq_Asia_Core corresponds to modern Bashkirs and Volga Tatars (Fig. 2a) and they cluster together with a wide range of eastern Scythians, western Xiongnus and Tian Shan Huns.
Um sich also ein Bild vom Reitervolk der Ungarn der Landnahmezeit zu machen, wird es Sinn machen, sich Menschen der heutigen Baschkiren und Wolga-Tataren anzusehen, die eine ähnliche Herkunft haben, aber keine finno-ugrische Sprache sprechen (Abb. 4 bis 6).
Abb. 4: Die Baschkiren und Wolga-Tataren ähneln noch heute genetisch den Ungarn der Landnahmezeit - Hier eine Volksmusik-Gruppe der Baschkiren (Wiki) |
Wie die genetische Geschichte der Baschkiren und Wolga-Tataren zu beschreiben ist, wäre noch einmal gesondert zu betrachten.
Abb. 5: Die Baschkiren und Wolga-Tataren ähneln noch heute genetisch den Ungarn der Landnahmezeit - Hier ein Festumzug um der Baschkiren (Wiki) |
Auf Fotos auf Wikipedia sieht man, daß es bei den Baschkiren sowohl Menschen mehr asiatisch-sibirischer Herkunft gibt wie auch Menschen eher europäischer Herkunft.
Abb. 6: So in etwa sagen die Landnahme-Ungarn aus - Wie junge Baschkiren heute (Wiki) |
Ähnliches gilt für die Wolga-Tataren, wobei es bei diesen vielleicht noch mehr Menschen gibt, die eher europäisches Aussehen haben.
Mit Menschen dieses Schlages also schlugen sich unsere Vorfahren im 10. Jahrhundert herum, als sie - zum Schutz vor ihren Raub- und Plünderungszügen - die Ungarnwälle (Wiki) errichteten und sich auf Berge und in Wälder zurück zogen.
Abb. 7: Einzige zeitgenössische Abbildung von König Heinrich I. (Wiki) als siegreichem Heerführer: Mit schmalem Diadem, die Fahnenlanze geschultert, den Schild erhoben |
Über die Landnahme-Zeit und die Ungarn-Einfälle lesen wir (Wiki):
Die Magyaren wanderten, angeführt von dem Großfürsten Árpád, Ende des 9. Jahrhunderts, angeblich im Jahr 896 in das Karpatenbecken ein und führten Raubzüge durch ganz Europa. Diese wurden auch von Árpáds Nachfolgern erfolgreich weitergeführt, bis 955 Otto I. die Angriffe der Ungarn durch einen vernichtenden Sieg auf dem Lechfeld zurückschlagen konnte. Das Königreich Ungarn wurde am 20. August 1000 von Stephan I. gegründet, der das Land gegen den erbitterten Widerstand des alten Adels nach karolingischem Vorbild gestaltete (Begründung des bis heute bestehenden Komitatswesens).
Es gilt allerdings zu beachten, daß die Ungarn der Landnahme-Zeit sich schon in der ersten Generation mit den in Ungarn damals einheimischen Menschen vermischten.
1235 reisten ungarische Dominikaner-Mönche in die Urheimat der Landnahme-Ungarn "Magna Hungaria". Sie reisten in die Hauptstadt der Wolgabulgaren und fanden zwei Tagreisen östlich von dort tatsächlich die Magna Hungaria. Allerdings war sie schon damals bedroht von den Mongolen, die es kurz nach ihrer Abreise vernichteten (Wiki).
Auch in Ungarn selbst wurde die Bevölkerung dann wenig später im Mongolensturm um die Hälfte dezimiert. Deshalb blieb schließlich von der Genetik der Ungarn der Landnahmezeit kaum noch etwas erhalten.
Ergänzung 13.2.22: Die folgende Überlegung schließt sich an: Wenn Wolga-Tataren und Baschkiren ein genetisches Profil aufweisen, das dem der Landnahme-Ungarn ähnelt, obwohl es zugleich so vielschichtig ist, wenn alle drei Volksgruppen aus derselben Region zwischen Wolga und Ural stammen, bzw. dort immer noch beheimatet sind, eine Region, in die die Ungarn noch um 1235 eine Delegation gesand haben, weil sie dort ihre Verwandten und ihre Urheimat vermuteten, dann ist es naheliegend, in den Vorfahren der Wolga-Tataren und Baschkiren ursprüngliche "Landnahme-Ungarn" zu sehen, die womöglich ursprünglich ebenfalls eine ugrische Sprache gesprochen haben.
Sie könnten in ihrer Heimat - irgendwann ab 600 n. Ztr. oder auch erst mit dem Mongolen-Sturm ab den 13. Jahrhundert - entweder durch die Wolga-Bulgaren oder durch Turksprachen-Stämme im Gefolge der Mongolen - "türkisiert" worden sein, also entweder im prosperierenden Großbulgarische Reich (Wiki) oder später unter der Herrschaft der "Goldenen Horde" (6). Im Reich der Goldenen Horde war Mongolisch Staatssprache. Deshalb könnte die "Türkisierung" auch schon zuvor stattgehabt haben.
Wie es um die Verwandtschaft der (ausgestorbenen) Oghurischen Sprache der Wolgabulgaren (die auch die Hunnen und Awaren gesprochen haben könnten) (Wiki) und der Kiptschakischen Sprachen der Wolga-Tataren und Baschkiren bestellt ist, darüber findet sich gegenwärtig auf Wikipedia nur wenig, eigentlich nur die Bemerkung (Wiki):
Sowohl das Urum als auch das Krimtatarische sind genuin kiptschakische Sprachen, die jedoch oghusisch beeinflußt sind.
Eine solche Beeinflussung durch das Oghusische sollte dann ja auch für das Wolgatartarische und das Baschkirische festgestellt werden können. Aber vielleicht sind sie auch erst türkisiert worden, durch Turksprachen-Stämme, die mit den Mongolen der Goldenen Horde nach Westen gekommen sind.
Ergänzung 14.2.22: In geringen Prozentsätzen findet sich die sibirische Herkunftskomponente auch in der estnischen Bevölkerung. Estnische Genetiker ziehen aus dieser die folgenden Schlußfolgerungen bezüglich von Eigenschaften, die mit ihr verbunden sind (7):
Die sibirische Herkunftskomponente ist verbunden mit dunkler Haar-Pigmentierung, höherer Herzschlag-Rate, geringer Neigung zu Koffein-Konsum und - am hervorstechendsten - zu grüner Augenfarbe und zu niedrigen Menarche-Alter.The Siberian ancestry is connected with dark hair pigmentation, higher heart rate, lower caffeine consumption, and most prominently, green eye color and lower age at menarche.
________________
- Bading, I.: 1900 v. Ztr. - Sibirische Jäger und Sammler wandern nach Ost-Skandinavien ein Forschungen zur Entstehung und Ausbreitung der finno-ugrischen Völkergruppe, 2018, https://studgendeutsch.blogspot.com/2018/07/1900-v-ztr-sibirische-jager-und-sammler.html
- Bading, I.: Die mitgebrachte sibirische Genetik - Sie ging in Ungarn bis heute völlig verloren, 2021, https://studgendeutsch.blogspot.com/2021/08/die-mitgebrachte-sibirische-genetik-sie.html
- Whole genome analysis sheds light on the genetic origin of Huns, Avars and conquering Hungarians. Zoltan Maroti, Endre Neparaczki, Oszkar Schutz, Kitti Maar, Gergelyx I. B. Varga, (...) Szilard Sandor Gaal, Peter Tomka and Tibor Torok, bioRxiv. posted 20 January 2022, 10.1101/2022.01.19.476915, http://biorxiv.org/content/early/2022/01/20/2022.01.19.476915 (pdf)
- Vladimir and Lidiya Androsov: "My friends the Mansi". Sammlung von Fotografien, https://dyatlovpass.com/gallery-mansi
- Tracing genetic connections of ancient Hungarians to the 6-14th century populations of the Volga-Ural region. Bea Szeifert, Daniel Gerber, Veronika Csaky, Peter Lango, (....) Balazs Egyed, Balazs Gusztav Mende, Attila Turk, Anna Szecsenyi-Nagy bioRxiv 2022.02.04.478947; doi: https://doi.org/10.1101/2022.02.04.478947, 8.2.2022, http://biorxiv.org/content/early/2022/02/08/2022.02.04.478947?ct=ct
- Bading, I.: Die Wolgabulgaren, 2021, https://studgendeutsch.blogspot.com/2021/06/die-wolgabulgaren-ein-schlussel-volk.html
- Marnetto, D., Pankratov, V., Mondal, M., Montinaro, F., Pärna, K.,
Vallini, L., ... & Estonian Biobank Research Team. (2022). Ancestral
genomic contributions to complex traits in contemporary Europeans. Current Biology (pdf)
Sehr spannend!
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