Donnerstag, 10. Mai 2007

Die Sogder, ein "Schlüsselvolk" zwischen Griechenland und China

Selbst einem sehr belesenen und kulturbewußten Europäer wird heute das Volk der Sogder ein sehr unbekanntes Volk sein. Aber durch neue Forschungen gewinnt seine Kultur immer mehr Profil, um nicht zu sagen: seine Bedeutung für die Weltgeschichte überhaupt wird allmählich schärfer erkennbar.

Die Sogder waren ein Volk im nordöstlichsten Teil des Persischen Weltreiches. Sie bewohnten spätestens seit dem 7. Jahrhundert v. Ztr. die "tausend" befestigen Städte der Provinz ("Satrapie") Baktrien mit den Hauptstädten Samarkand und Baktra. Dies ist eine Gegend im heutigen nördlichen Afghanistan, Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz galt damals als ungeheuer reich und wohlhabend. (Die Kultur der Sogder stellt darum auch heute einen wichtigen Bestandteil des kulturellen Erbes dar, auf das Tadschikistan und Usbekistan stolz sind, und auf das sie auch große touristische Hoffnungen setzen.) Die Soldaten der Sogder, die ihre Herkunft von einem indogermanischen, den Skythen und anderen iranischen Völkern verwandten Steppenkrieger-Volk nicht verleugnen können, waren über tausend Jahre hinweg in den Nachbar-Völkern und -Reichen immer an den für sie typischen Mützen mit Ohrenklappen erkennbar. (Auf dem Foto die beiden rechts - Nachbildungen von Soldaten der persischen Armee.) Auch Spitzhüte sind für sie typisch. (Siehe unten.)

Abb. 1: Nachbildungen von Soldaten des persischen Heeres, die beiden rechts Sogder
Die nördlichen Nachbarn der Sogden waren die nomadisch lebenden Steppenkrieger der Saken und Massageten. Den stolzen Perser-Kriegern gelang es nicht, die Massageten zu unterwerfen. In harten Kämpfen fügte die massagetische Königin Tomiris dem Perserkönig Cyrus dem Großen eine schwere Niederlage zu und ließ seinen Kopf in einen Lederbeutel vollgefüllt mit Blut stecken, um seinen "Blutdurst" zu stillen, wie sie sagte. So berichtet es zumindest der griechische Geschichtsschreiber Herodot. (Netzverweis) Die Sogder gehörten seit 540 v. Ztr. zum persischen Weltreich. Baktrien "war berühmt für seine Fruchtbarkeit und seinen Reichtum. Es wurde daher auch das 'Reich der 1000 Städte' genannt, wobei der Urbanisierungsgrad Baktriens wohl auch sehr hoch war. Das Land war außerdem für seine Pferde berühmt, die baktrische Reiterei stellte denn auch einen wichtigen Bestandteil des persischen Heeres dar." (Wikipedia)

490 v. Ztr. kämpften die Sogder auch bei Marathon und Salamis, um Griechenland dem Perserreich zu unterwerfen - bekanntermaßen erfolglos. Als der Makedonen-König Alexander "im Gegenzug" das Perserreich unterwarf, kam er als letztes 327 v. Ztr. auch nach Baktrien, wohin der letzte Perserkönig geflohen war, und wo dieser auch ums Leben kam. Eine in der Nähe von Samarkand gelegenen Festung, der berühmte "Sogdische Felsen" (Wikipedia engl., dt.) wurde von Alexander belagert. Die Belagerten höhnten, nur wenn er Flügel hätte, könne er ihre Festung erobern. Doch es gelang kletterkundigen Soldaten Alexanders auch ohne Flügel, in der Nacht die Burgzinnen zu erkletterten und die Belagerer in die Festung hineinzulassen. Hier lernte Alexander die 16-jährige Roxane kennen, eine sogdische Prinzessin, deren Vater als Satrap über Baktrien geherrscht hatte, und der diese Stellung nun auch unter Alexander beibehalten sollte. Roxane soll den makedonischen Soldaten Alexanders neben der Perserkönigin als die schönste Frau vorgekommen sein, die ihnen im ganzen Perserreich begegnet sei. Alexander heiratete Roxane, die später neben zwei weiteren Nebenfrauen seine Lieblingsfrau blieb. Bei der Heirat überging Alexander auch seine vorherige griechische Geliebte. (Netzverweis 1, 2) Die Heirat zwischen Alexander und Roxane ist ein beliebtes Motiv der europäischen Malerei, Literatur und Oper. Willibald Gluck schrieb eine letztere zu diesem Thema. Auch das Kino hat sich dieses farbenprächtigen historischen Themas an der Grenze zwischen vielfältigen Kulturen angenommen. (Nach dem Tod von Alexander wurde Roxane ermordet, nachdem sie selbst andere ermordet hatte.)

So hatten die Sogder früh Verbindungen bis nach Makedonien und Griechenland, während sie später mindestens ebenso enge Verbindungen bis nach Zentralchina hinein und zum chinesischen Kaiserhof haben sollten. Also nach dem Land jenseits des "Himmelsgebirges" (Tian-shan), das das Tarim-Becken von der Wüste Gobi und Zentralchina trennt.

Abb. 2: Der Tian-shan, das Himmelsgebirge am Ostrand des Tarim-Beckens
Diese Verbindungen werden der Wissenschaft und der interessierten Öffentlichkeit erst in den letzten Jahren immer deutlicher und klarer in ihrem ganzen Umfang bewusst. 1999 wurde das Grab von Yu Hong in Taiyuan, in einer zentralchinesischen Provinz am Gelben Fluss, ausgegraben und entpuppte sich als das Grab des Führers ("Sabao") der Sogden innerhalb des chinesischen Reiches, der im Jahr 592 n. Ztr. starb und mit einer chinesischen Adeligen verheiratet war, die auch mit ihm begraben wurde. Während man in seinen Knochen aus molekular-genetischer Sicht einen typischen europäischen Haplotypen fand, fand man in denen seiner mit ihm bestatteten Frau einen typischen ostasiatischen Haplotypen. (Siehe Studium generale 1, 2, 3)

Im Jahr 2000 grub man in der chinesischen Provinz Xian das Grab eines weiteren Führers ("Sabao's") der Sogden im chinesischen Reich aus, von Anjia (An Jia), der zwischen 517 bis 579 n. Ztr. lebte. Sein Grab war ebenso wie das von Yu Hong mit prächtigen Darstellungen (Wandmalereien) geschmückt. (Markus Mode) (Siehe Fotos und Erläuterung weiter unten.) Und im Jahr 2003 wurde in der Provinz Xian "das spektakulärste von allen", ein Grab des Sogders Squire Shi aus der Zeit der "Nördlichen Zhou", entdeckt. Von all diesen "spektakulären Funden" bekommt derzeit die westliche Welt immer nur sehr verspätet und spärlich Kunde.

Schaut man sich aber überhaupt die chinesische Kunst und Kultur jener Zeit, der Tang-Zeit, genauer an, so wird einem bewusst, welche gar nicht geringe Rolle "Ausländer" - und unter diesen vor allem die Sogder - im damaligen chinesischen Reich spielten. An den Adelshöfen und am Kaiserhof stellten sie die in China damals beliebtesten Schauspielertruppen, Komödianten, Tänzer und Musikanten. Außerdem lieferten sie als Fernhandelskaufleute in Handelszügen von der sogdischen Hauptstadt Samarkand aus mit vielen hundert Kamelen kommend viele begehrte ausländische Waren nach China. Außerdem dienten sie als politische Gesandte des chinesischen Kaiserhofes.

Hier (Abb. 3) zunächst ein Kamel-reitender Sogder - ausgewiesen durch seine europäischen Gesichtszüge und seinen spitzen Hut, zugleich - aus chinesischer Sicht - als Komödiant dargestellt.

Abb. 3: Chinesische Kunst der Tang-Zeit: Kamelreitender Sogder
Dazu gehörig wohl diese heitere Gruppe mit einem Affen auf einem Kamel (Abb. 4):

Abb. 4: Chinesische Kunst der Tang-Zeit
Hier eine weitere typische Komödianten-Darstellung eines Sogders wie man sie in den Museen der Welt häufig als Objekte chinesischer Kunst findet (viele weitere Beispiele unter 1, siehe Literaturverzeichnis unten) (Abb. 5):

Abb. 5: Chinesische Kunst der Tang-Zeit
Die folgende Figur wurde 1973 in Astana nahe Turfan im Tarim-Becken gefunden (Abb. 6):

Abb. 6: Chinesische Kunst der Tang-Zeit
Aber das ist nur eine kleine Auswahl. - Schon über Jahrhunderte hin verfügten die Sogder über besondere politische Beziehungen zu den Hunnen, jenem alttürkischen Volk, das ursprünglich im Altai-Gebirge beheimatet war und bekanntermaßen 375 n. Ztr. die Goten in Russland unterwarf und damit die europäische, germanische Völkerwanderung auslöste. Ihr König war Attila und residierte auf seinem hölzernen Königshof in Ungarn. Diese Hunnen hatten schon Jahrhunderte lang vorher das chinesische Reich von Norden her bedrängt, ebenso die Tocharer im Tarim-Becken (Talimakan-Wüste) und schließlich die Sogder in Baktrien, wohin sich offenbar auch Reste der im Tarimbecken von den Hunnen unterworfenen Tocharer geflüchtet hatten (Wiki):
141 – 129 v. Chr. war Baktrien von den Yüe-tschi" (das sind die Tocharer aus dem Tarim-Becken) besetzt. Auf Hermaios (letzter griechischer König von Baktrien) folgte im 1. Jahrhundert v. Chr. ein nichtgriechischer König, Kadphizes (Kushana, Yüe-tschi-Reich).
Das heißt, ab 141 v. Ztr. wurden die Sogder mindestens einige Jahrzehnte lang von den Tocharern aus dem Tarim-Becken regiert.

In Wandgemälden im ausgegrabenen Alt-Samarkand finden sich die sehr speziellen Beziehungen von sieben sogdischen Städten (Fürstentümern) zum hunnischen Königshof dargestellt (von Markus Mode, Halle, eingehend ausgewertet). Die politischen (und kulturellen) Verflechtungen zwischen den Hunnen und Sogdern waren wohl in Mittelasien ähnlich eng wie in Europa zwischen den Hunnen und den germanischen Völkern der Völkerwanderung. Der Sogder Anjia nun leitete eine chinesische Gesandtschaft, die mit den Hunnen verhandelte. Als solcher ging er in die chinesische Geschichte ein. Und das ist auch auf den Wandgemälden seines Grabes dargestellt (Abb. 7).

Abb. 7: Chinesische Kunst der Tang-Zeit - Wandrelief aus dem Grab des Anjia 
Markus Mode schreibt dazu:
Eine besonders interessante Szene aus An Jias Bilderwelt findet sich auf dem rechts abgebildeten oberen Feld einer der Reliefplatten (hier Abb. 7 und 8): Zwei Reiter begegnen einander in einer baumbewachsenen Landschaft. Rechts sieht man den Sabao An Jia, erkennbar an seiner Kappe. Ihm gegenüber erscheint ein Reiter mit langen schwarzen Haaren und streckt dem Sabao die Hand entgegen. An Jia begrüßt ihn seinerseits mit einem goldenen Gefäß, in dem sich Früchte (?) befinden. Ganz offensichtlich handelt es sich bei dem linken Reiter um einen Vertreter der
  (Alt-)Türk(en, bzw. Hunnen oder Awaren).
An seiner Seite steht ein Stammesgenosse, während An Jia von zwei unberittenen Sogdern begleitet wird. Die Begegnung ist keine zufällige. Es handelt sich um ein offizielles Treffen, welches die Aufnahme von Verhandlungen einleitet. Diese Verhandlungen sind dann im unteren Teil der gleichen Reliefplatte wiedergegeben.
Dargestellt auf der nächsten Abbildung (Abb. 8):

Abb. 8: Chinesische Kunst der Tang-Zeit - Wandrelief aus dem Grab des Anjia
Überhaupt kann vermutet werden, dass das Volk der Sogder, nachdem es sich intensiver hat "hellenisieren" lassen als umliegende Völker, in Mittel- und Ostasien eine vielleicht vergleichbare Rolle als Kulturvermittler einnahm, wie im Westen (im Römischen Reich) die Griechen. Zu den Sogdern flüchteten sich auch die im Westen verfolgte Sekte der Manichäer. Und diese Manichäer breiteten sich mit den Sogdern dann ins Tarimbecken und weiter nach China hinein aus, wo sie bis in die Zeit Marco Polos hinein Bedeutung behielten (Netzverweis). Hier ein Gemälde, das Manichäer in China darstellt, teilweise mit europäischen Gesichtszügen (Abb. 9):

Abb. 9: Manichäer in China
Nicht nur reisten Sogder nach China, auch Chinesen bereisten das Land der Sogder und berichteten beeindruckt (Netzverweis):
According to Chinese monk-pilgrim of the 7th century Xuan Zang, half of Sogdian population was engaged in farming, whereas the other half carried on trade. (...) At the age of five, the boys studied books, and after getting their teens they were sent to learn trading. Having reached their 20th year, young men went to neighboring lands to engage in profitable trade.
Aber in gleicher Weise vermittelten die Sogder auch den Buddhismus Indiens nach China und von dort weiter nach Korea und Japan. Und dementsprechend gibt es manche Darstellungen in China von dem ältesten Schülers des Buddha, Kasyapa, der mit ausgeprägt europäischen Körpermerkmalen dargestellt, fast karikiert wird (lange Ohren, spitze Nase, spitzes Kinn etc.) (Netzverweis) (Abb. 10).

Abb. 10: Der älteste Schüler Buddha's, Kasyapa
Der Buddhismus wurde also in China - zumindest am Anfang - klar als eine ausländische Religion empfunden, die man dementsprechend auch mit "Ausländern" in Verbindung brachte. Der Historiker Hans Wilhelm Haussig weist immer wieder auf Kulturelemente hin, die von den Sogdern über die Chinesen bis nach Korea und zu den Yajoi-Japanern hin Verbreitung fanden. So die von den Sogdern sehr früh von den Römern übernommenen rechteckigen Schilde und andere Rüstungsteile. So auch "goldene Mützen", die nicht nur Verwandtschaft mit ähnlichen in Japan, sondern - wie mir scheint - auch mit solchen der heutigen tibetischen Mönche aufzeigen. (Der Stellung Tibets zwischen den damaligen Völkern und Kulturen müsste man noch einmal gesondert nachgehen. Ihre Gesandten tauchen oft auf chinesischen Darstellungen gemeinsam mit sogdischen Gesandten am chinesischen Kaiserhof auf. Zum Beispiel auf der folgenden Abbildung [Abb. 11], auf der neben einem Sogder auch ein Tibeter dargestellt zu sein scheint.)

Abb. 11: Gesandte am chinesischen Kaiserhof der Tang-Zeit
Wie deutlich werden soll, kann man sich einen guten Eindruck von den Sogdern verschaffen, wenn man ihre Darstellungen in der Kunst kennt, vor allem auch in der - bislang wenig bekannt gebliebenen - chinesischen. Es ist dabei auch folgendes von Interesse: 690 n. Ztr. wurde der chinesische Kaiser Qian Long in einem ungeheuer prächtigen Grab bestattet. An der Kilometer-langen Straße, die zu diesem Grab hinführte (siehe folgende Abb. 12 bis 14), stehen aufgereiht die Vertreter der trauernden Völker und Provinzen des Kaiserreiches.

Abb. 12: Grab des chinesisches Kaisers Qian Long (690 n. Ztr.) 
Abb. 13: Grab des chinesisches Kaisers Qian Long (690 n. Ztr.)
61 Figuren mit ausländischen ("europäischen") Gesichtern wurden zwischenzeitlich die Köpfe abgeschlagen. Dies geschah, weil chinesische Bauern einmal diese "Ausländer" in einer Dürreperiode für ihre Nöte verantwortlich machten. (Netzverweis)

Abb. 14: Grab des chinesisches Kaisers Qian Long (690 n. Ztr.)
Dies zeigt eine sehr typische Reaktion, die Jahrhunderte lang in China gegen alles Ausländische vorherrschte. Aber noch das Grab seiner Enkeltochter, der Prinzessin Yongtai, die 705 n. Ztr. starb (Abb. 15 bis 18), weist neben all den chinesischen Hofdamen, die auf den Wänden dargestellt sind, als Figur einen "ausländischen Besucher" zu Pferde auf (Abb. 18).

Abb. 15: Grab der chinesischen Kaiserenkelin Yongai (705 n. Ztr.)
Abb. 16: Grab der chinesischen Kaiserenkelin Yongai (705 n. Ztr.)
Abb. 17: Grab der chinesischen Kaiserenkelin Yongai (705 n. Ztr.)
Abb. 18: Aus dem Grab der chinesischen Kaiserenkelin Yongai (705 n. Ztr.)
Solche Zusammenstellungen von Kunstwerken vermitteln einen ersten Eindruck von der zahlenmäßigen Bedeutung von "Ausländern" am chinesischen Kaiserhof der Tang-Zeit.

Dass China einstmals in umfangreicherem Maße kulturell und politisch vom Ausland beeinflusst, ja oft sogar regiert worden ist, wurde im traditionellen Geschichtsbild der Chinesen Jahrhunderte lang sehr vehement verdrängt und unterschlagen. Dieses Vorgehen ist noch heute in China nicht völlig überwunden. Deshalb darf vermutet werden, dass jene Zeugnisse, die auf ausländische Einflüsse in China aufmerksam machen, noch heute gar nicht vollständig zu überblicken sind, da man gegenwärtig erst angefangen hat, sie systematischer historisch aufzuarbeiten (vgl. Netzverweis). China befindet sich diesbezüglich derzeit in einer tiefgreifenden Umwälzung seines eigenen Geschichtsbildes. Und diese Umwälzung seines Geschichtsbildes betrifft auch Umwälzungen im Geschichtsbild der Menschheit überhaupt, da viele an China angrenzende Völker davon betroffen sind, die bislang kaum in das Kulturbewusstsein der Menschheit getreten sind und die erst über Zeugnisse der chinesischen Kultur umfangreicher bekannt werden können.

712 eroberten die Araber Samarkand nach heftiger Gegenwehr der Einwohner. Sie zerstörten die ganze alte Kultur der Sogder mit ihren Palästen, Bibliotheken und Manuskripten. Es sind mit diesem Beitrag erst wenige Teilausschnitte von dem gebracht, was über die sogdische Kultur bekannt ist.

Noch bis in 17. Jahrhundert hatte die sogdische Sprache weite Verbreitung in Tadschikistan. Heute gibt es nur noch 2.000 Sprecher im Hochgebirge, die Jagnaben. Ihre Sprache hat sich wahrscheinlich deshalb so lange halten können, weil sie sich lange gegen die Islamisierung gewehrt haben. Von den Jagnaben sagen die Tadschiken:
Sie sind mit der Axt zum Islam bekehrt worden.
Auch nach 1920 blieben die Jagnaben stolz auf ihre Sprache und Identität (Verweis).

Abb. 19: Die berühmte Seidenstraße
Hans-Wilhelm Haussig (1916-1994)
Eine Persönliche Ergänzung, 29.11.2014

Als ich 1990 bis 1992 an der Freien Universität Berlin Geschichte studierte, besuchte ich, wenn ich es recht in Erinnerung habe, auch bei Semesterbeginn einmal ein oder zwei mal ein Seminar von Hans-Wilhelm Haussig (1916-1994). Wie ich gerade sehe, ist er 1994 gestorben und erhielt auch einen Nachruf in der FAZ (5). Dass er ein "Orchideenfach" vertrat, war klar und auch ablesbar an der mäßigen Zahl der Studenten im Seminar. Das alles wirkte damals auf mich ein wenig "schrullig", besonders und eigenartig. Aber damals war ich mir auch der Bedeutung seiner Themen absolut noch nicht so bewusst und im Klaren, wie ich es mir mit diesem Blogbeitrag geworden bin. Eigentlich mehr als schade.

Abb. 20: Hans Wilhelm Haussig (1994)
Ist meine Erinnerung richtig, dass Herr Haussig aus einem Berg von mit ganz kleiner Schrift eigenhändig beschriebenen Zetteln vortrug, und dass man sich nie ganz sicher war, wer den Sieg davon tragen würde in seinem Kampf mit dem reichen Material und der Gedankenfülle, die er vortragen wollte, nämlich er als Vortragender oder ob nicht viel mehr das Material und die Gedankenfülle, die er vortragen wollte, ihn knapp dabei waren "zuzudecken" - ?

Und sprach aus ihm nicht auch ein Gefühl der "Zurückgesetztheit", das Gefühl, ein Fach und Themen zu vertreten, die viel mehr Aufmerksamkeit von Seiten der Öffentlichkeit verdient hätten, als sie es erfuhren? Womöglich sind meine Erinnerungen nicht ganz falsch, heißt es doch schon einleitend in dem Nachruf in der FAZ (5):
Hans Wilhelm Haussig war als Wissenschaftler ein Wanderer zwischen den Welten und den Kulturen. Seinen Arbeiten haftete manches Mal etwas Schillerndes an, wie es bei Grenzgängern mitunter nicht ausbleibt.
Ich glaube, heute, nachdem dieser Blogartikel geschrieben wurde, würde ich ihm und seinen Ausführungen mit viel größerem Verständnis und viel größerer Aufmerksamkeit folgen, als ich es damals getan habe. Dieser Blogartikel sei deshalb - nachträglich - auch gewidmet dem Andenken eines sicherlich bedeutungsvollen - und eines wahrscheinlich auch oft verkannten und zurückgesetzten - liebenswürdigen Forschers.

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Literatur:

  1. Haussig, Hans Wilhelm: Archäologie und Kunst der Seidenstraße. Wissenschaftl. Buchgesellschaft, Darmstadt 1992 (Bildband, Zusammenstellung von Kunstobjekten verteilt in vielen Museen der Erde)
  2. Haussig, Hans Wilhelm: Die Geschichte Zentralasiens und der Seidenstraße in vorislamischer Zeit. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt (2. Aufl.) 1992
  3. Mode, Markus: Sogdien und die Herrscher der Welt. Türken, Sassaniden und Chinesen in Historiengemälden des 7. Jahrhunderts n. Chr. aus Alt-Samarkand. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 1993
  4. Stawskij, Boris J.: Die Völker Mittelasiens im Lichte ihrer Kunstdenkmäler. Archäologische Reise durch die Geschichte Alt-Mittelasiens. Keil Verlag, Bonn 1982
  5. Clauss, Manfred: Grenzgänger Hans Wilhelm Haussig gestorben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 09.05.1994, S. 038 (Feuilleton)

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