Samstag, 7. Januar 2023

2.200 v. Ztr. - Als Apoll nach Griechenland kam

Apollon - Der griechischste aller Götter
- Sein Kult wurde begründet von Abgesandten der Hyperboräer um 2.200 v. Ztr.

Mit der antik-griechischen Kultur hat sich bislang die menschlichste aller menschlichen Kulturen verwirklicht. Sie hat dem Menschlichen - durch alle sozialen Schichten hindurch - den bislang höchsten Ausdruck gegeben. Das Menschliche hat sich in ihr nach allen Seiten hin am vollkommensten entfaltet.

Abb. 1: Apollon-Statue des Phidias von Athen (Hier jene Kopie aus dem Palazzo Massimo alle Terme in Rom, die "Tiber Apollo" genannt wird) (WikiCom)

Die Apollon-Statue des Phidias von Athen, die in nachfolgenden Jahrhunderten in vielfachen Kopien Verbreitung fand innerhalb des Römischen Reiches, mag als ein Ausdruck dieser Höchstentfaltung gelten (Abb. 1). Wie kan diese Höchstentfaltung zustande? Was waren ihre Entstehungsbedingungen?

Den antiken Griechen galt Apollon als der griechischste aller ihrer Götter.

Apollon aber für sich ist, so ist zu erfahren, kein ausgesprochen indogermanischer Gott. Es werden vielfältige Ursprünge für ihn erörtert (Wiki). Die Griechen selbst beschreiben nun aber, daß die Verehrung des Apollon auf Delos, in Delphi und in Olympia von Abgesandten der Hyperboräer eingeführt worden sei (Wiki). Über die Jahrhunderte hinweg hat Apollon auch vielfältige Bedeutungsveränderungen erfahren (Wiki):

Im archaischen Griechenland war er der Prophet, der Orakel-Gott, der in älteren Zeiten in Verbindung gebracht wurde mit "Heilung".
In Archaic Greece he was the prophet, the oracular god who in older times was connected with "healing". 

Da sich auf Delos die Gräber der Abgesandten der Hyperboräer - der Sage nach zwei Jungfrauen - an der Stelle erhalten haben und ausgegraben wurden, von der diesbezüglich in der griechischen Überlieferungen berichtet wurde, und da diese Gräber auf das Frühhelladikum III zu datieren sind (Wiki), und da das Frühhelladikum III (um 2.200 / 2.000 v. Ztr.) gut paßt zum ersten Auftreten indogermanischer Steppengenetik im Westen des Olymp, ist das alles ein recht zuverlässiger Hinweis darauf, daß sich die Apollon-Verehrung zeitgleich mit der sonstigen indogermanischen Götterwelt, sowie indogermanischen Sprache und Kultur in Griechenland ausgebreitet hat. Wenn die übrige Ausbreitung ähnlich erfolgt ist wie - der Sache nach - die Apollo-Verehrung, dann wäre die Ausbreitung dieser Kultur - wenigstens in Teilaspekten - auf völlig friedlichem Wege geschehen, gar über: Jungfrauen.

Wäre es in der Sagenwelt und Überlieferung nicht anders berichtet worden, wenn es anders gewesen wäre?

Man möchte fast voraussetzen, daß die Abgesandten der Hyperboräer auf ausdrucklichen Wunsch, ja, auf Einladung der Einwohner nach Griechenland gekommen sind, jedenfalls völlig in friedlicher Absicht. Und sie sind ja auch völlig friedlich willkommen geheißen worden (der Sage nach). 

Auch die schon behandelten acht Prozent indogermanische Steppengenetik und der Umstand, daß diese sich auf alle Teile der Bevölkerung verteilt und sich über viele Jahrhunderte noch am wenigsten in Attika gefunden haben, können ein Hinweis sein darauf, daß die "Indogermanisierung" der Griechen - gemeinsam mit der Einführung der Apollo-Verehrung - mehr friedlich als kriegerisch verlaufen sein könnte.

Die Hyperboräer

Aufgrund dieses einzelnen Hinweises bekommt für uns der Wikipedia-Artikel zu den Hyperboräern (Wiki) ein völlig neues Interesse und eine völlig neue Beleuchtung. Er wird viel spannender, als das sonst zu erwarten wäre.

Ursprünglich studierten wir ihn, weil uns der Gedanke gekommen war, daß in den Mythen rund um die Hyperboräer eine Erinnerung an die indogermanische Herkunftsgruppe der osteuropäischen Jäger und Sammler nachklingen könnte. Nach der Lektüre dieses spannenden Artikels können wir das aber gar nicht mehr für plausibel halten. Dafür stoßen wir in diesem jedoch auf den schon eingangs genannten ganz anderen, viel konkreteren Zusammenhang. Nämlich daß die Erinnerung an die Hyperboräer mit sehr konkreten religionsgeschichtlichen - und damit wohl auch geschichtlichen - Ereignissen rund um 2.200 v. Ztr. in Verbindung steht, rund um die Ethnogenese der antiken Griechen, rund um ihre Annahme indogermanischen Sprache, Religion und Kultur.

Um der Hyperboräer willen machten ansonsten sehr ordentlich arbeitende griechische Geographen Zugeständnisse an das ihnen zuverlässig übermittelte geographische Wissen und trugen auf ihrer Karte nördlich der Quellflüsse der Wolga ein Land ein, das es - zumindest zu ihrer Zeit - gar nicht gab, auf jeden Fall zu ihrer Zeit nicht mehr gab (1).

Zu den Hyperboräern gibt es eine reiche und vielfältige Überlieferung bei den antiken Griechen, eine solche, die auf Wikipedia chronologisch schön aufgeführt wird. Da lesen wir etwa über das Hyperboräer-Bild, das noch der griechische Dichter Pindar gegebenhat (Wiki):

Pindar (ca. 522-446 v. Chr.) beschreibt die Hyperboreer als ein gesegnetes Volk, das weder Alter noch Krankheit kennt und sich mit Tanz, Gesang, Flöte und Leier ganz dem Dienst der Musen hingibt. Allerdings sei es "weder zu Schiff noch zu Fuß" möglich, dorthin zu gelangen, nur Göttern und Heroen gelinge die Reise.

Nach anderen Überlieferungen sollen bei den Hyperboräern auch die "Hesperiden" gewohnt haben. Ihr Aufenthaltsort ist der "ferne Westen". Wichtig ist aber vor allem: Die Götter selbst sollen von Hyperboräa aus nach Griechenland gebracht worden sein.

Die genaueren Einzelheiten zu der eingangs erwähnten Überlieferung, daß Hyperboräer die Heiligtümer von Delphi, Delos und Olympia begründet haben, sind die folgenden (Wiki):

Es seien zwei Jungfrauen aus Hyperborea namens Arge (Ἄργη) und Opis nach Delos gekommen. Diese hätten (...) die Götter selbst nach Delos gebracht, denn sie seien in Begleitung von Apollon und Artemis-Eileithyia nach Delos gekommen und von dort habe sich der Kult dieser Götter über die Inseln und ganz Ionien verbreitet. Die Asche aus den Schenkelstücken des Opfers habe man auf ihr neben dem Artemision gelegenes Grab gestreut.  Die beiden Gräber werden von Herodot unterschieden: das Grab (σῆμα „Wahrzeichen“, „Grabmal“ bei Herodot) von Hyperoche und Laodike liegt ihm zufolge linkerhand innerhalb des Heiligtums der Artemis, das Grab von Opis und Arge (θήκη „Aufbewahrungsort“, „Behälter“ bei Herodot) liegt hinter dem Tempel der Artemis. Zwei der angegebenen Lage entsprechende bronzezeitliche Gräber wurden auf Delos gefunden. Es handelt sich um Tholoi, die Entsprechungen zu minoischen Gräbern aus den Periode Frühminoisch III / Mittelminoisch I aufweisen.

Was für ein spannendes Geschehen. Sozusagen "historisch bezeugt". Immerhin ist Frühminoisch III datiert auf den Zeitraum 2.200 bis 2.000 v. Ztr.. Und das ist genau jene Zeit, in der erstmals in Nordgriechenland indogermanische Steppengenetik auftritt (Stgen2021). Wir haben hier also eine geradezu frappierende Übereinstimmung. 

Dies wäre also tatsächlich auch schon genau jene Zeit, in der die vorindogermanischen Bewohner Griechenlands angefangen hätten, (auch) indogermanische Götter zu verehren und - vermutlich in Zusammenhang damit - auch eine indogermanische Sprache anzunehmen. Ob das nicht dennoch vor allem dadurch geschehen sein wird, daß es anfangs eine Oberschicht von Zuwanderern gab? Eine Oberschicht, die sich so schnell mit der einheimischen Bevölkerung vermischt hat, daß ihre Existenz schnell wieder in Vergessenheit geriet, außer daß die beiden Jungfrauen in Erinnerung blieben? Jedenfalls haben diese sich in der vornehmlich mündlichen Überlieferung vergleichsweise konkret als Erinnerung erhalten über 1500 Jahre hinweg.

Da wäre dann als nächstes zu fragen, wie die Verteilung der Völker und Kulturen um 2.200 v. Ztr. ausgesehen hat und wo man - von Griechenland und den griechischen Inseln in jener Zeit aus - das Land der Hyperboräer hätte verorten können. Da ist zunächst von Bedeutung, daß der "Boreas" für die Griechen die Verkörperung des winterlichen Nordwinds war (Wiki): 

Die Griechen glaubten, daß Boreas in Thrakien lebte, wo er gleichermaßen verehrt wurde. Herodot und Plinius beschreiben beide das Land Hyperborea ("jenseits des Nordwinds"), in dem die Menschen bis ins hohe Alter in vollständigem Glück leben.

Außerdem ist zu erfahren (Wiki):

Die antike Etymologie des Namens "jenseits des Nördlichen" (Boreas war der Gott des Nordwinds) gilt als wissenschaftlich ungesichert. Denkbar ist auch eine Ableitung von nordgriechisch *βόρις *boris "Berg", was einen Wohnsitz "jenseits der Berge" anzeigen würde.

Damit wären wir bei: Jenseits des Olymps, also genau in jener Region, in der bislang die erste und älteste indogermanische Steppengenetik in der Region festgestellt worden ist. 

"Jenseits des Nordwinds" / "Jenseits der Berge"

Insbesondere die Tatsache, daß frühere indogermanische Ausbreitungswellen (4.500 v. Ztr., 3.000 v. Ztr.) - zusammen mit Siedlungsabbrüchen vor Ort - bis nach Nord- aber nicht bis Südgriechenland gekommen sind (Stgen2021), läßt es plausibel erscheinen, daß die vorindogermanischen Griechen, die südlich des Olymp lebten, die Menschen nördlich desselben als "Hyperboräer" wahrgenommen haben in dem Sinne, daß sie "jenseits der Berge" lebten. 

Um so mehr die Griechen in späteren Jahrhunderten und Jahrtausenden dann womöglich noch besser bekannt geworden sind mit jenen Völkern, die nördlich des Olymp lebten (mit den Thrakern vor allem), um so weniger konnten sie dortigen Menschen dann noch mit jenen sagenhaften "Hyperboräern" identifizieren, von denen in ihrer sagenhaften Überlieferung gesprochen wurde. Dementsprechend bestand für sie die Notwendigkeit, den Wohnort der Hyperboräer in der mündlichen Überlieferung immer weiter nach Norden zu "verschieben", um so weniger sie jene Hyperboräer, die in ihrer Sage fortlebten, in Völkern finden konnten, die ihnen jeweils neu bekannt wurden. 

Das Land der Hypoerboräer, das in der viele Jahrhunderte alten Überlieferung nach und nach immer nebulöser und sagenhafter wurde, ist also vermutlich zunächst "jenseits der Thraker", später "jenseits der Skythen" angesiedelt worden, nachdem man die Thraker und die Skythen besser hat kennen lernen können und sie nicht mit den Hyperboräern hat in eins setzen können und wollen.

Daß aber in den "Hyperboräern" - angesichts dieser vergleichsweise zuverlässigen Überlieferung - eine Erinnerung an die osteuropäischen Jäger und Sammler nachklingen könnte (der Ausgangspunkt unserer Überlegungen), erscheint uns da dann sehr unwahrscheinlich. Aber auch falsche erste Annahmen können zu spannenden Einsichten führen. Wie uns bei dieser Gelegenheit einmal wieder bewußt wird. Eher könnte man dann schon vermuten, daß eine Erinnerung an die Jamnaja-Kultur in der Ukraine nachklingen könnte. Aber dafür sind Indogermanen letztlich schon zu früh nach dem nördlichen Griechenland gekommen und haben dort viele Jahrhunderte lang gelebt. Es sei denn, die Indogermanen, die in das Griechenland südlich des Olymp vorgedrungen wären, wären noch von "weiter her" gekommen, diese Möglichkeit besteht natürlich auch noch.

Es ist schließlich auch noch interessant, daß die Heiligtümer begründet wurden jeweils durch "Abgesandte" der Hyperboräer. Auch in dieser Angabe klingt wieder, was wir jetzt aus der Genetik wissen, daß es nur vergleichsweise wenig genetische Einmischung dieser "Hyperboräer" gegeben hat. Sie wurden also freundlich empfangen und geehrt. Sie wurde noch geehrt als auf Delos alle Gräber beseitigt wurden (im Zuge einer religiösen "Reinigung"). Nur die beiden noch heute dort vorhandenen Hyperboräer-Gräber ließ man unangetastet. Sie waren Abgesandte Gottes, sie wurden - freundlich - empfangen als Bringer eines neuen Kultus. Damit würde man einer These folgen, die 1957 schon einmal vertreten worden ist (Wiki):

Der niederländische Sprachwissenschaftler Albert Joris van Windekens (1915-1989) vertrat in den 1950er Jahren die These, die Hyperboreer seien eine primitive Kulturgemeinschaft gewesen, die im makedonisch-thrakischen Raum gelebt habe und in archaischer und klassischer Zeit zu einem mythischen Volk des Nordens umgedeutet worden sei.

Apoll

Daß Apollon ein ursprünglich indogermanischer Gott gewesen ist, steht infrage, denn es sind zwar indogermanische Götter bekannt, die Heiler-Funktionen hatten und für die Abwehr von Unheil angerufen wurden, nicht aber Götter mit Orakel-Funktionen und ähnlichem (Wiki):

Die indo-europäische Komponente von Apollo kann nicht seine starken Beziehungen mit Omen, Exorzismus und mit dem Orakel-Kult erklären.
The Indo-European component of Apollo does not explain his strong relation with omens, exorcisms, and with the oracular cult.

Apollon scheint also auch schon ein Gott gewesen zu sein, der von den Hyperboräern nördlich des Olymp zuvor zu ihrem eigenen Gott geworden war, allerdings aus nicht-indogermanischen Kulturen übernommen.

Abb. 2: Der "Piräus-Apollo", um 530 v. Ztr. (Wiki)

Eine der ältesten erhaltenen Apollon-Statuen ist der archaische Piräus Apollo (Wiki) (Abb. 2). 

Ergänzt sei, was wir schon in einem früheren Beitrag ausgeführt hatten (Stgen2021): Vermutlich sind die Daker, die Thraker und die Geten in Siebenbürgen und im Donauraum als Völker schon vor oder während der Bronzezeit entstanden - genauso wie die italischen Stämme in Italien oder wie die Griechen und Makedonen, nämlich durch Zuwanderung von Indogermanen und durch Vermischung der Indogermanen mit den zuvor in Siebenbürgen und im Donauraum wohnhaften Völker anatolisch-neolithischer Herkunft. In auffällig guten Beziehungen standen diese Daker und Thraker nun zu den "Hyperboräern", sprich, zu germanischen Völkern im Ostseeraum (Wiki):

Die Thraker pflegten friedliche Beziehungen zu verschiedenen Stämmen der Germanen, Sarmaten, sowie zu den Pannoniern, Illyrern und Epiroten. Überliefert ist, daß u. a. ein Stamm des Hohen Nordens - der jedoch nur als Hyperborea bekannt ist - regelmäßig Opfergaben an Heiligtümer im Gebiet des Epirus und ins Apoll-Heiligtum der Daker sandte. Es wird angenommen, daß es sich dabei um eine sehr alte Route zwischen der Ostsee und den Thrakern handelt, die über die Ostgermanischen Stämme führte. Auch eine baltische und an der Oder beginnende Bernsteinstraße führte nach Thrakien und wurde jahrhundertelang intensiv genutzt.

Somit muß es nicht völlig unmöglich sein, daß auch Teile der Daker, Geten und Thraker ursprünglich im Ostseeraum gelebt haben.

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  1. Max Kiessling: Ra, als Name der Wolga. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft Band I A,1 (1914) Sp. 1–8 (Wikisource)
  2. Albert Joris van Windekens: Les Hyperboréens. In: Rheinisches Museum für Philologie 100, 1957, S. 164-169, https://rhm.phil-fak.uni-koeln.de/en/inhaltsverzeichnisse/rhm-1950-1959, https://www.jstor.org/stable/41244043

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