Donnerstag, 17. Juni 2021

Blonde Menschen in Pommern - Ab 3.000 v. Ztr.

Ein Ganggrab der Kugelamphoren-Kultur

Das Dorf Kerschkow in Pommern (Wiki) (poln. Kierzkowo) liegt 137 Kilometer östlich vom Ostseebad Neuwasser in Pommern (1), 75 Kilometer östlich von Stolp in Pommern und 40 Kilometer westlich der Halbinsel Hela in der Danziger Bucht. Das Dorf liegt fünf Kilometer vom Ostseestrand entfernt. Hier haben polnische Archäologen der Universität Posen auf einem Hügel am Kerschkower See ein 35 Meter langes Gangrab ausgegraben, das in die Zeit 3.000 bis 2.800 v. Ztr. datiert wird. Es ist das die Zeit, als die Siedlung von einheimischen Jägern und Fischern in Neuwasser in Pommern aufgegeben wird (1). Von solchen Gangräbern sind inzwischen mehrere in Pommern und Westpreußen erforscht worden (Wiki):

Die meisten der (...) Ganggräber liegen in trapezoiden Einfassungen und sind auf Nordkujawien konzentriert. Sie sind mit Stein- und Erdhügeln bedeckt und werden der Kugelamphorenkultur zugerechnet, die in ihrem Verbreitungsgebiet westlich der Oder allerdings durch den Bau von Steinkisten bekannt wurde. Ein Ganggrab könnte auch die stark gestörte „Stelle 27“ auf dem Gräberfeld von Łupawa (Ort und Fluß) in Pommern sein. Untersucht wurden bisher nur die Anlagen von "Strzelce Dolne" (dt. Nieder Strelitz, in der Woiwodschaft Bydgoszcz), wo sich zwei Ganggräber in einer Einfassung finden und Kierzkowo (dt. Kerschkow, in der Woiwodschaft Kujawsko-Pomorskie).

Insgesamt konnten zwei Frauen und sechs männliche Individuen unter den sehr unzusammenhängend und kleinteilig aufgefundenen Knochenresten identifiziert werden (2). Es fanden sich unter anderem die Knochen von zwei 50 bis 60 Jahre alten Schwestern, sowie jeweils einer ihrer Söhne, die beide höchstens 20 Jahre alt geworden waren, sowie einer der Väter dieser Söhne. Drei der Begrabenen hatten blaue Augen, helle, braune bis blonde Haare und helle Haut (2). Gene für davon abweichende phänotypische Merkmale wurden in diesem Grab nicht gefunden.

Abb. 1: Das 35 Meter lange Ganggrab bei Kerschkow am Kerschkower See in Pommern (aus: 2)

Man mag dieses Forschungsergebnis erstaunlich finden. Denn mehrheitlich waren diese Menschen ja immer noch anatolisch-neolithischer Herkunft. Und sie sollen außerdem - nach Studien bis 2017 - 25 % Herkunftsanteil westeuropäischer Jäger und Sammler aufgewiesen haben (3). Beide Herkunftsgruppen wiesen - nach bisherigen archäogenetischen Erkenntnissen - mehrheitlich andere phänotypische Merkmale auf. Diese neue Studie macht keine Angaben zu diesen Herkunftsanteilen (2).

Abb. 2: Das 35 Meter lange Ganggrab bei Kerschkow am Kerschkower See in Pommern (aus: 2)

Die hier Bestatteten konnten als Erwachsene rohe Milch nicht verdauen, obwohl es viele Hinweise darauf gibt, daß sie Milchprodukte konsumierten (2). Diesen Umstand findet man ja inzwischen für viele archäologische Kulturen. Der Anteil der Menschen, die die angeborene Fähigkeit besitzen, als Erwachsene rohe Milch verdauen können, hat erst während der Bronze- und Eisenzeit in Europa zugenommen (4). Die Menschen haben also zuvor vor allem Milchprodukte verzehrt in Form von Jogurth und Käse. Das ist leichter zu verdauen als rohe Milch. 

Für die Zeit um 2.800 v. Ztr. hat man an der Oberen Weichsel schon vor zwei Jahren Hinweise für gewaltsame Auseinandersetzungen in der Kugelamphoren-Kultur gefunden (5). 

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  1. Bading, I.: Ostseehandelsschiffahrt lange vor dem Ackerbau - Ein ausgestorbenes Fischervolk in Pommern 5.000 bis 3.000 v. Ztr. - Ausgrabungen in Neuwasser in Hinterpommern seit 2003, https://studgendeutsch.blogspot.com/2017/07/ostsee-handels-schifffahrt-lange-vor.html
  2. S Vai, MA Diroma, C Cannariato, A Budnik, M Lari, David Caramelli, Elena Pilli: How a Paleogenomic Approach Can Provide Details on Bioarchaeological Reconstruction: A Case Study from the Globular Amphorae Culture. In: Genes, 2021, 12, 910. https://doi.org/10.3390/genes12060910
  3. Bading, Ingo: 2017, https://studgendeutsch.blogspot.com/2017/11/kossinna-lacht-er-lacht-und-lacht-und.html
  4. Bading, Ingo:  "Polygenetische Risiko-Faktoren" vor 1.000 Jahren - Die Nachfahren der Wikinger blieben sich genetisch gleich in Skandinavien bist heute, 2019, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/07/polygenetische-risiko-faktoren-vor-1000.html
  5. Bading, I.: 2019, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/05/2800-v-ztr-die-einheimischen-bauern.html

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