Donnerstag, 31. Dezember 2020

Starburst-Galaxien ...

... und ihre bis zu 33-fach erhöhte Sternentstehungsrate
- Zusammenstöße von Galaxien mit anderen - Sie intensivierten die Entstehung schwerer Elemente
 
/ Dritter Beitrag in der unserer Reihe "Wir sind Sternenstaub" /

Küßten sich zwei Galaxien - und aus diesem Kuß gingen hunderte, ja tausende von jungen, hellen, fröhlichen Sternenkindern hervor. So könnten wir die folgende Geschichte erzählen. Aber wir wollen in der Sprache der Wissenschaft bleiben und sagen (Wiki):

Die meisten Galaxien erfahren wahrscheinlich im Verlauf ihrer (Milliarde Jahre langen) Existenz mindestens einmal ein sehr bedeutsames Zusammentreffen mit einer weiteren Galaxie.
Original: Most galaxies probably undergo at least one significant collision in their lifetimes.

Und aus einem solchen Zusammentreffen entstehen "Starburst-Galaxien" (Wiki). Was für ein Name: Starburst-Galaxie. "Burst" heißt auf Deutsch: platzen, ausbrechen, explodieren. Mit "Starburst" ist aber hier gar nicht das Explodieren von Sternen gemeint. (Das wäre ja erst das Ende eines Sterns und nicht alle Sterne enden als eine solche Explosion, als Supernova - wenn auch deren Auftreten in dieser Art von Galaxie ebenfalls häufiger zu beobachten ist.) Vielmehr ist hier damit gemeint die deutliche Erhöhung von Sternentstehungsraten innerhalb einer Galaxie. Sie kann sich durch das Zusammentreffen von Galaxien um das 33-fache erhöhen gegenüber den gewöhnlichen Lebensphasen einer Galaxie.

Abb. 1: Sternentstehungsgebiete in der Whirlpool-Galaxie M 51 (Wiki) - Die vielen hellen, rosa gefärbten Stellen sind Sternentstehungsgebiete. Die Galaxie wabert von Sterngeburten (Aufnahme vom Hubble-Weltraumteleskop)

Der Grund liegt in den "Gezeiten-Wirkungen", die dabei ausgelöst werden, also in den Wirkungen, die die Gravitation der beiden Galaxien auf das in den beiden Galaxien wabernde interstellare Medium ausübt. Der dadurch erhöhte Druck innerhalb der Wolken des interstellaren Mediums bewirkt die erhöhten Sternentstehungsraten.

Starburst-Galaxien sind mithin der eigentliche Schwangerschaftszustand einer Galaxie. Starburst-Galaxien feiern Hochzeit, mitunter in einem erhabenen, hingebungsvollen Taumel (Abb. 1 und 2). Aber eben so ist die Rate der Sternentode in solchen Galaxien erhöht, also - unter anderem - von Supernova-Ereignissen, sowie von der Produktion Roter Riesen und Roter Zwerge. Sprich, das ganze "Leben" einer Galaxie ist in Starburst-Galaxien vervielfältig, erhöht, beschleunigt. Sie befinden sich in einem ganz anderen "Erregungszustand". 

Eine Starburst-Galaxie wabert von Sterngeburten und Sternentoden. Unter diesen Sternentoden gibt es auch viele Rote Riesen, die "rußen" und die dabei besonders viel "lebenswichtigen" Kohlenstoff erzeugen und diesen in jenen sogenannten "Planetarischen Nebeln" zurücklassen, die sie von sich abstoßen, wenn sie zu Weißen Zwergen erlöschen. Die wichtigste Folge von einem solchen vervielfältigten Geschehen von Sterngeburten und Sternensterben der verschiedensten Art ist: Die "Metallizität" der Galaxie, der Anteil an schweren Elementen in ihr steigt. Und diese Metallizität gilt als Voraussetzung dafür, daß auf Planeten, die um Sterne kreisen, Leben entstehen kann.

Allerdings ist es ebenfalls wohl noch keineswegs besonders genau bestimmt, wie hoch die Metallizität insgesamt sein muß, damit protoplanetare Scheiben, Planeten und auf ihnen Leben entstehen kann. Hierzu erscheinen zur Zeit immer wieder neue Forschungsartikel. Auf einige von ihnen werden wir im nachfolgenden Beitrag noch genauer eingehen. Auch erscheinen gerade erst seit 2018 Forschungsartikel, die aufzeigen können, welche Kollisionsgeschichte, also welche "Starburst"-Geschichte eigentlich unsere eigene Milchstraße hinter sich hat. Dazu am Ende diess Beitrages mehr. Erst wollen wir noch einige Grundlagen legen.

Sterne der "Populationen III" und "II" werden als die älteren Sterngenerationen in den Galaxien unseres Universums bezeichnet (s. Anmerkung 1). Um so älter die Sterne in den Galaxien unseres Weltalls sind, um so geringer ist ihre "Metallizität". "Metallizität" ist geradezu der Zentralbegriff für die Fragestellung unserer Beitragsreihe "Wir sind Sternenstaub". Denn in welcher Weise wir Sternenstaub sind, hängt immer und immer nur wieder von der jeweiligen "Metallizität" eines Sterns, bzw. der Molekülwolke ab, aus der dieser Stern entsteht. "Metallizität" nun ist (Wiki) ...

... eine Bezeichnung für die Häufigkeit der schweren chemischen Elemente in Sternen. Als "Metalle" werden dabei (...) alle Elemente außer Wasserstoff und Helium bezeichnet, seltener die Elemente ab Kohlenstoff, also ab einer Kernladungszahl von sechs. (...) Sterne mit niedriger Metallizität (Population II) sind in einem früheren Entwicklungsstadium des Universums entstanden, als erst wenige "Metalle" vorhanden waren. Sterne mit hoher Metallizität (Population I) sind zu einem späteren Zeitpunkt aus der mit schweren Elementen angereicherten "Asche" früherer Sternengenerationen entstanden.

Es war der deutsche, Hamburger Astronom Walter Baade (1893-1960), der während des Zweiten Weltkrieges in den USA die Grundlagen zu diesen Erkenntnissen legen konnte, da er als deutscher Emigrant nicht zu kriegswichtigen Forschungsarbeiten herangezogen wurde und so im Gegensatz zu seinen US-amerikanischen Astronomie-Kollegen in aller Ruhe astronomische Forschungen dort betreiben konnte (s. Anhang 1). Wie kommt es nun, daß Sterngenerationen aufeinander folgen können in der Geschichte der Galaxien unseres Universums? 

"Whirlpool-" und wilde "Antennen-Galaxien"

Als Beispiel für eine Galaxie mit besonders vielen aktiven Sternentstehungsgebieten wird oft die "Whirlpool-Galaxie" (Wiki) angeführt (Abb. 1). Sie ist 25 Millionen Lichtjahre von uns entfernt und seit weit über hundert Jahren ein beliebtes Beobachtungsobjekt für Amateur-Astronomen. Die Whirlpool-Galaxie war auch jene Galaxie, bei der 1845 ein irischer Adliger zum ersten mal die Spiralstruktur von Galaxien entdeckt hat. Zuvor hatte man von allen Galaxien angenommen, daß es sich um bloße Sternenhaufen handeln würde ohne weitere innere Struktur.

Als zwei weitere bekannte Starburst-Galaxien, die im Erscheinungsbild zudem noch in mehrfachster Hinsicht eindrucksvoll sind, gelten die "Antennen-Galaxien" (Wiki) (Abb. 2). Welcher menschliche Künstler hätte auf die Idee kommen können, sich ein solches herrisches, stolzes, völlg exzentrisches Geschehen vorzustellen und zu malen? Fast möchte man es angesichts eines solchen Bildes als bedauernd ansehen, daß unsere eigene Galaxie - nach derzeitigem Kenntnisstand - eine solche völlig außer sich geratene Geschichte nicht hinter sich hat (siehe unten).

Abb. 2: In herrischer, wilder, erhabener, stolzer Selbstaufgabe befindlich: Zwei der bekanntesten Starburst-Galaxien, die beiden "Antennen-Galaxien" (Wiki)

Bleiben wir aber zunächst bei der Whirlpool-Galaxie. Sie hat - obwohl man das auf den ersten Blick gar nicht als wichtig nimmt - einen nahen, "wechselwirkenden" Begleiter, die Begleitgalaxie NGC 5195 (in Abb. 1 am rechten Bildrand). Dieser nahe "wechselwirkende" Begleiter ist nun keineswegs so unwichtig als wie man ihn auf den ersten Blick erachten würde. Er erst macht diese Galaxie zu einer wirklich interessanten, "Sternen-schwangeren" Galaxie. Wie nämlich die Forschung seit den frühen 1970er Jahren immer besser versteht, ist ein solcher Begleiter keineswegs bloß eine "Nebensache" für die Lebensgeschichte von Galaxien und den darin geborenen Sternen.

Denn insbesondere solcher Wechselwirkungen mit anderen Galaxien scheint es zu bedürfen, um die Sternentstehungsrate in einer Galaxie um ein solches Vielfaches zu erhöhen, daß sie zu einer "Starburst-Galaxie" wird.

Sollte die Monogamie-These auf die Galaxien-Welt erweitert werden?

Mit großem Erstaunen fragt man: Warum hat sich die Natur so etwas ausgedacht? Kann etwa die "Monogamie-These" zur Evolution von Komplexität in der Organismenwelt, die wir hier auf dem Blog schon umfangreich behandelt haben, erweitert werden auf die Sternenwelt? Immer wieder stehen wir fasziniert vor neuen, höchst erstaunlichen Tatsachen, nun auch in der Sternenwelt. Hören wir weiter über die "Whirlpool-Galaxie" (Wiki):

In M 51 findet derzeit eine außergewöhnlich aktive Sternentstehung statt, die vermutlich durch die Gezeitenwechselwirkung mit NGC 5195 verursacht wird. Deswegen hat die Galaxie einen hohen Anteil junger und massereicher Sterne, die aber mit einigen Millionen Jahren nur vergleichsweise kurzlebig sein werden. In M 51 wurden innerhalb von 17 Jahren drei Supernovae beobachtet.

Massereiche Sterne heißt: Sie werden in einigen Millionen Jahren in einer Supernova enden. Und das heißt wiederum: In diesen Sternen wird jene Metallizität produziert und dann mitsamt der Supernova im jeweiligen Galaxienarm verteilt, die notwendig ist, damit sich die Metallizität der Sterne allmählich innerhalb der Entwicklung unseres Universums erhöhen kann und damit vermutlich zugleich auch die Fähigkeit und Wahrscheinlichkeit, daß auf jenen Planetensystemen, die die daraus entstehenden Sterne begleiten, Leben entstehen kann. Über - für Leben bewohnbare - "Habitable Zonen" in Galaxien erfahren wir (Wiki):

So wird gesprochen (...) von einer habitablen Zone einer Galaxie, in der sich bereits genügend schwere Elemente gebildet haben, aber andererseits nicht zu viele Supernova-Explosionen ereignen.

Das Konzept der galaktischen, habitablen Zone wurde erstmals 2001 von dem Astrophysiker Guillermo Gonzales formuliert (4). Das heißt, Starburst-Galaxien eignen sich zwar zur Anreicherung schwerer Elemente. Weil es in ihnen aber auch so viele Supernova-Explosionen gibt, ist in ihnen die Entstehung und Milliarden Jahre lange Fortexistenz von Leben weniger wahrscheinlich (Wiki):

Ursprünglich bezog sich dies Konzept (englisch galactic habitable zone, GHZ) nur auf den chemischen Entwicklungsstand einer galaktischen Region, wonach genügend schwere Elemente in einer Region einer Galaxie vorhanden sein müssen, damit Leben entstehen kann. (...) In den inneren Regionen einer Galaxie läuft diese Nukleosynthese schneller ab als in den äußeren Regionen, weswegen man einen maximalen Radius der galaktischen habitablen Zone definieren kann.  Später kam als weiteres Kriterium hierzu die Sternbildungsrate in der jeweiligen Region einer Galaxie hinzu. Befindet sich ein Stern mit einem Planeten zu dicht an einer Supernovaexplosion, die bevorzugt in Regionen mit aktiver Sternbildung stattfinden, wird dadurch die Atmosphäre des Planeten zu sehr gestört und der Planet zu starker kosmischer Strahlung ausgesetzt, als daß sich Leben dauerhaft entwickeln könnte. Für Spiralgalaxien wie der Milchstraße steigt die Supernovarate zu den inneren Regionen einer Galaxie hin an. Daher kann man auch einen inneren Radius der galaktischen habitablen Zone angeben. Das bedeutet, daß die galaktische habitable Zone einer Spiralgalaxie wie der Milchstraße einen Ring um das Zentrum der Galaxie bildet. Innerhalb dieses Rings ist die Sterndichte zu hoch, außerhalb ist die Dichte zu gering, als daß genug Sterne schon genug schwere Elemente produziert haben. Im Laufe der Zeit vergrößert sich der Bereich jedoch nach außen. Andererseits sind viele dieser Parameter sehr unsicher, sodaß es auch durchaus möglich sein kann, daß die gesamte Milchstraße in diesem Sinne „bewohnbar“ ist.

Wie gut - oder: welch Zufall! - daß unsere Galaxie, die Milchstraße vermutlich ihre letzte Galaxien-Kollision schon vor 9 Milliarden Jahre hatte und seither - verglichen mit anderen Galaxien - auf eine außergewöhnlich ruhige Lebensgeschichte zurück blicken kann (siehe unten). Wie gut für uns, offenbar. Zu viel Exzentrik hätte - womöglich - unsere Existenz gefährdet.

Abb. 3: Wenn sich Galaxien küssen .... entstehen besonders viele neue, kleine, helle Sternenkinder - Galaxien aber sind "Lebenskünstler" mit den vielfältigsten Kußtechniken .... (Wiki)

 

Gibt es erst seit 5 Milliarden Jahren ausreichende Metallizität in unserem Universum für Leben?

Bei dieser Gelegenheit erfahren wir, daß auch das "kosmische habitable Zeitalter" begrenzt sein könnte (Wiki):

Dem Konzept des habitablen Alters des Universums (englisch cosmic habitable age, CHA) liegen die chemische Entwicklung der Galaxien seit dem Urknall und die Erkenntnisse über die Strukturentwicklung der Galaxien und Galaxienhaufen zugrunde. Ausgehend von den Erfahrungen der chemischen Evolution auf der Erde kann im Universum seit mindestens 3,5 Milliarden Jahren Leben existieren und wahrscheinlich seit höchstens 5 Milliarden Jahren. Andererseits wird sich in Zukunft die Nukleosynthese durch Sterne soweit verlangsamen, daß in voraussichtlich 10 bis 20 Milliarden Jahren geologisch wichtige radioaktive Elemente nicht mehr in ausreichender Menge im interstellaren Medium vorhanden sein werden, um auf einem neu entstandenen Planeten Plattentektonik in Gang zu halten und ihn so durch den Carbonat-Silicat-Zyklus für die Bildung von Leben im Sinne der zirkumstellaren habitablen Zone geeignet zu machen.

In der Tat scheint die Forschung das Zeitfenster für das Entstehen von Leben in unserem Universum immer mehr zu verkleinern. ... Sollten am Ende wir die einzige Zivilisation im Universum sein, um derentwillen dasselbe entstanden ist? Da sagen natürlich alle "nüchternen" Naturwissenschaftler nach 500 Jahren Demütigung des menschlichen "Mittelpunktwahnes" innerhalb unseres Universums: Welch vermessene Überheblichkeit, so zu denken! Aber warum Überheblichkeit? Womöglich würde damit erst das "Prinzip Verantwortung", formuliert von Philosophen wie Hans Jonas sein volles Gewicht bekommen. Wenn man bedenkt, daß so viel Exzentrik in unserem Universum vom atomar Kleinen bis zum universal Großen nur allein um unseretwillen sich in Szene gesetzt haben könne - sollte das nicht Einfluß auf das menschliche Selbstverständnis haben können? Und zwar nicht in Richtung Überheblichkeit, nein, ganz im Gegenteil. Vielmehr in Richtung: Demut. Universum, welche Gedanken gibst du uns ein, während wir deinen Gesetzen nachspüren? - - - Auf der Whirlpool-Galaxie sind nun all die "rosa" Pünktchen überall verteilt, die "ultravioletten" Sternentstehungsgebiete (s. Abb. 1). Über sie lesen wir (Wiki):

Der ultraviolette Spektralbereich wird von den Spiralarmen von M 51 dominiert. Das liegt daran, daß dort aktive Sternentstehungsgebiete liegen und somit viele junge Sterne früher Typen, also besonders heiße Sterne, existieren, die im Ultraviolett stark strahlen. Das Sternentstehungsgebiet im Spiralarm zwischen M 51 und dem Begleiter ist besonders deutlich zu sehen. Die Sterne der Begleitgalaxie sind in diesem Spektralbereich dagegen so gut wie unsichtbar. 

Es ist doch in der Tat besonders spannend, daß unter den vielen aktiven Sternentstehungsgebieten in der Whirlpool-Galaxie sich die größte Häufigkeit derselben in der nächsten Nähe zum Galaxien-Begleiter findet. Was für eine "Anregung" geht von diesem unauffälligen Begleiter aus! Ist man da nicht erinnert an die "Wallfahrt" der "Frommen Helene", ausgeführt, um dem Kindersegen in einer kinderlosen Ehe auf die Sprünge zu helfen? Hören wir kurz hinein (W. Busch):

Aber dort im Sonnenscheine
Geht Helene traurig-heiter,
Sozusagen, ganz alleine,
Denn ihr einziger Begleiter,
Still verklärt im Sonnenglanz,
Ist der gute Vetter Franz ...

... Durch solch einen unauffälligen Begleiter kann der Kindersegen in einer Ehe dann doch wieder in Schwung kommen. Doch kehren wir aus dem Bereich des "Allzumenschlichen" zurück in die Sternenwelt ...

Wiederkehrende "Schöpfungsmelodien"

Wechselwirkungen einer Spiralgalaxie mit einer anderen - so verstehen die Astronomen seit Anfang der 1970er Jahre also immer besser - rufen besonders viele Sternentstehungsgebiete hervor (Wiki). Es ist also, als bedürfe es auch in der Sternenwelt - wie im Leben der meisten Pflanzen- und Tierarten, sowie der Menschen - der Begegnung mit einem zweiten Elternteil, der "Anregung" durch dieses, damit "Nachkommen" - in diesem Falle Sternenkinder - in besonders großer Häufigkeit entstehen können (- und warum sollte das denn auch immer ausgerechnet der "gesetzlich Vorgesehene" sein?). Und immer wieder drängt sich die Frage auf: Warum sich wohl die Natur das so und nicht anders ausgedacht hat? Warum wir wohl immer wieder auf solche "wiederkehrenden Melodien" innerhalb der Kosmologie und Evolution stoßen? Wir vertiefen uns weiter in die Thematik und lesen (1):

"Galaxienkollisionen beginnen als eleganter Walzer in den enormen Räumen und Zeitspannen der Galaxienwelt", schreibt Curtis Struck von der Iowa State University in seiner Monographie zum Thema. "Und sie enden wie Paarungen von Gottesanbeterinnen oder wie der Wettbewerb zwischen Firmen: indem die größere die kleinere schluckt."

Das heißt, indem eine Verschmelzung beider Galaxien miteinander stattfindet. Aber es geschieht noch Erstaunlicheres (1):

So dramatische Folgen Kollision und Verschmelzung für eine Galaxie hat, ihre Sterne wechseln lediglich das Umfeld. Im Extremfall werden sie vielleicht in den intergalaktischen Raum geschleudert, bleiben ansonsten aber unbehelligt. Warum, könne man sich klarmachen, schreibt Curtis Struck, wenn man die Maßstäbe in Gedanken so weit schrumpfen läßt, daß ein Stern nur noch so groß ist wie ein Sandkorn. Die Milchstraße hätte dann den Durchmesser der Mondbahn, aber zwischen ihren sandkorngroßen Sternen befände sich im Mittel 140 Kilometer leerer Raum. Treffen zwei derart lockere Sandwolken aufeinander, ist eine Kollision zweier Körner extrem unwahrscheinlich. Anders sieht es für Gas- und Staubwolken aus. Sie werden bei einer Galaxienkollision in großem Umfang so weit verdichtet, daß sie an vielen Stellen unter ihrer eigenen Schwerkraft kollabieren und neue Sterne entstehen. Das ist der Grund für das viele Blau und Rosa in Bildern interagierender oder frisch verschmolzener Galaxien: Blau strahlen kurzlebige Riesensterne, und rosa leuchten Gaswolken, die von deren Ultraviolettlicht beschienen werden. Beides sind charakteristische Phänomene in Sternentstehungsgebieten.

Hier werden wir wieder an die Größenverhältnisse der Umlaufbahn der Elektronen um den Atomkern in der Welt des atomar Kleinsten erinnert. Auch diese kehren als "wiederkehrende Schöpfungsmelodie" im Strukturaufbau des Universums - offenbar - wieder. Die hier zu benennenden entscheidenden Zusammenhänge sind noch einmal im Klappentext zum hier zitierten Buch von Curtis Struck aus dem Jahr 2011 benannt (2):

Begegnungen von Galaxien miteinander sind der Schlüsselvorgang für den Bau von Galaxien. Sie geben den Anstoß für die Sternenentstehung und damit für den Aufbau von schwereren Elementen, die die Entstehung von Planeten und Sonnensystemen erlauben.
Galaxy collisions are the key process in building galaxies, triggering the formation of stars and the build-up of heavy elements that allow the formation of planets and solar systems. 

Wir wollen es an dieser Stelle unentschieden lassen, ob es wirklich erlaubt ist, eine solche Aussagen in einer solchen allgemeinen Form zu treffen. Aber wenn es so wäre, wäre noch einmal die Frage zu stellen: Warum ist unser Universum aus sich selbst heraus so durchgestaltet, daß solche "wiederkehrenden Melodien" in ihm zu finden sind? Daß - offenbar - die häufigste Form der Sternenentstehung nicht - sozusagen - "asexueller" Natur ist? Warum beruht - womöglich - sogar unsere eigene Existenz darauf, daß die Sternenentstehung in unserer Galaxie einstmals angestoßen, angeregt worden war durch Wechselwirkung mit anderen Galaxien? Was für ein faszinierender Gedanke.

Galaxien-Kollisionen - Im frühen Universum deutlich häufiger als heute

Um so mehr wir begeistert sind von unserer eigenen Existenz, mit um so mehr Liebe werden wir auf jene "anregenden" Vorgänge der Begegnung und Verschmelzung von Galaxien schauen, die einstmals - - - die Wahrscheinlichkeit, die Möglichkeit von Leben auch in unserer Galaxie erhöht haben werden. Brüder und Schwestern dort in fernen Galaxien, geheiligt seien jene Vorgänge, denen ihr, denen wir unser Dasein verdanken. Preiset das Universum, preiset das Leben, fühlt Euch erhoben beim Anblick der Sterne. Wir lernen weiter (Wiki):

Heute finden sich nur noch etwa eine bis zwei von hundert Galaxien im direkten Prozeß einer Verschmelzung. Es deutet Vieles darauf hin, daß in der Zeit etwa eine Milliarde Jahre nach dem Urknall die damals häufigen Zwerggalaxien vielfach miteinander verschmolzen. (...)
Verschmelzungen von Galaxien dauern mehrere hundert Millionen Jahre bis 1,5 Milliarden Jahre, die Beruhigungsprozesse dauern noch wesentlich länger. Dabei nähern sich die Objekte zunächst einander an und umkreisen sich. Hier spielt es eine Rolle, wie groß bzw. wie schwer die Galaxien im Vergleich zueinander sind. Die Bezugspunkte für die Kreisbahnen sind hier die Zentren (Kerne) der Sterneninseln. Die Umkreisungen werden dann immer enger. In den meisten Fällen durchdringen sich die Galaxien dabei mehrmals gegenseitig, bevor sie schließlich verschmelzen. Durch das gegenseitige Durchdringen werden die ursprünglichen Formen gesprengt und es wird Materie wie Gas und Sterne ausgetauscht. Die Schwerkraft muß ausreichen, um die zerrissenen Galaxien zusammenzuhalten. Im anderen Fall driften sie nach dem ersten Durchdringen auseinander. 

Ist es nicht fast so, als würden hier Annäherungsprozesse zwischen Einzellern beschrieben? Auch hier finden wir Zellannäherung (Wiki), Konjugation (Austausch von DNA) (Wiki) und Kopulation (Verschmelzung) (Wiki), bzw. Endosymbiose (Wiki) (so ja etwa auch bei der Verschmelzung von Samenzelle und Eizelle bei der Entstehung eines neuen Lebewesens). Und erinnern all diese Vorgänge nicht auch an Verhalten von Tieren und von Menschen bei der "Paarung" - mit den Verhaltensübergängen von freundschaftlicher Annäherung, von "Umwerben", "Umtanzen" über Zurückgehen in die Distanz bis hin zum Austausch von Gedanken, Gefühlen, Umschmeicheln - bis hin zur Verschmelzung zweier Wesen in einer geschlechtlichen Vereinigung? Auch so manchen Flüssen haben die Menschen ja solche Verschmelzungen zugeschrieben. Erinnert sei etwa an den Weserstein bei Hannoversch Münden. Das zugehörige kleine Gedicht lautet (Wiki):

Wo Werra sich und Fulda küssen
Sie ihre Namen büßen müssen,
Und hier entsteht durch diesen Kuß
Deutsch bis zum Meer der Weser Fluß.

Wohl uns, wenn wir noch Poesie in der Natur sehen können. Über die Verschmelzungsphase zweier Galaxien ist zu erfahren (Wiki):

Die Bewegungen der Galaxien zueinander geraten in immer kreisförmigere und engere Bahnen, was die Zusammenstöße der Gaswolken intensiviert. Daraus bildet sich unter hohem Druck eine dichte Gaswolke im Zentrum. Diese Wolke wird durch den hohen Druck instabil und fällt zusammen. Dabei bildet das Gas neue Sterne. Auf diese Weise entstehen extrem viele Sterne, was in dieser Form Sternentstehungsausbruch (englisch Starburst) genannt wird. Ein großer Anteil des Gases wird durch die gewaltigen Energien der neuen Sterne aus dem Sternensystem hinaus geblasen. Es verbleiben viele Sterne und wenig Gas. Dadurch können in diesen Galaxien später lange keine oder fast keine neuen Sterne mehr entstehen. Eine auf diese Art neu gebildete Galaxie besteht also aus gemeinsam alternden Sternen, wobei kaum mehr jüngere Sterne nachkommen. Bei der Verschmelzung von größeren Galaxien entstehen meist elliptische Galaxien (vgl. Abschnitt über die kosmologische Hierarchie). In den heutigen elliptischen Galaxien befinden sich daher fast ausschließlich sehr alte Sterne gleicher Generation (Sternpopulation) mit ähnlicher Masse wie die Sonne. In anderen Galaxietypen sind sowohl unterschiedliche Sternpopulationen als auch höhere Mengen an Gas vorhanden.

Zwei besonders eindrucksvolle, wilde, "herrische" Starburst-Galaxien sind die Antennen-Galaxien. Ihre Vereinigung erscheint stolz, kühn, herrisch, voller herrlicher Leidenschaft (Abb. 2). Ganze Hymnen, möchte man schreiben beim Anblick der Vereinigung dieser beiden Galaxien. Bislang hat die Forschung "leider" nicht festgestellt, daß es bei den frühen Kollisionen der Milchstraße ähnlich herrisch und - sozusagen: "gleichberechtigt" - zugegangen wäre (siehe unten).

Es sei wiederholt: In einer solchen Starburst-Galaxie ist die Sternentstehungsrate bis zu 33 mal höher als in Galaxien während ihrer "normalen" Lebensphase (Wiki):

Galaxien, die sich in der Mitte eines Starburst, eines Ausbruchs von Sternengeburten befinden, zeigen regelmäßig entweder Gezeitenschweife, die ein Hinweis auf ein enges Zusammentreffen mit einer anderen Galaxie sind oder sie befinden sich in der Mitte eines Verschmelzungsvorgangs selbst. (...) Es ist gezeigt worden, daß eine starke Korrelation besteht zwischen dem asymetrischen Aufbau einer Galaxie und der Jugend ihrer Sternpopulation. Um so asymetrischer die Galaxien sind, um so jüngere, zentrale Sternenpopulationen haben sie. Da Asymetrien durch Gezeiten-Wechselwirkungen und Verschmelzungen zwischen Galaxien entstehen können, ist dieses Ergebnis ein weiterer Hinweis darauf, daß Verschmelzungen und Gezeiten-Wechselwirkungen zentrale Sterngeburten in einer Galaxie auslösen können und den Ausbruch von Sterngeburten beschleunigen können. (...) Starburst-Galaxien scheinen in unserem Teil des Universums sehr selten zu sein und sind viel häufiger weiter entfernt - dies legt nahe, daß es Milliarden von Jahren früher mehr von ihnen gegeben hat.
Original: Galaxies in the midst of a starburst frequently show tidal tails, an indication of a close encounter with another galaxy, or are in the midst of a merger.(...) It has been shown that there is a strong correlation between the lopsidedness of a galaxy and the youth of its stellar population, with more lopsided galaxies having younger central stellar populations. As lopsidedness can be caused by tidal interactions and mergers between galaxies, this result gives further evidence that mergers and tidal interactions can induce central star formation in a galaxy and drive a starburst. (...) Starburst galaxies seem to be quite rare in our local universe, and are more common further away - indicating that there were more of them billions of years ago.
Der erste Teil des Zitats bezieht sich auf eine Arbeit aus dem Jahr 2009 (3). Um so deformierter und asymetrischer also die Galaxien bei einem Zusammentreffen und Verschmelzen werden, um so mehr neue Sterne entstehen. In der Studie aus dem Jahr 2009 ist auch eine Studie aus dem Jahr 2004 zitiert, in der es heißt (4):
Wir finden eine enge Korrelation zwischen der Sternenmasse und der Metallizität (einer Galaxie) über 3 Größenordnungen in der Sternenmasse hinweg und einen Faktor von 10 in der Metallizität.
We find a tight (±0.1 dex) correlation between stellar mass and metallicity spanning over 3 orders of magnitude in stellar mass and a factor of 10 in metallicity. 

Das heißt also:  Um so mehr Sterne sich in einer Galaxie der Masse nach finden, um so mehr schwere Elemente finden sich in ihr. Dabei kann die Metallizität um den Faktor 10 erhöht sein, wenn die Sternenmasse höher wird. Viele Sterne in einer Galaxie bedeuten also zugleich viele schwere Elemente in ihr. Deshalb wird es auch einen ähnlichen Zusammenhang geben mit der Helligkeit einer Galaxie: Um so heller eine Galaxie ist, um so mehr schwere Elemente finden sich in ihr (Wiki) ("Metallicity has a positive correlation with the absolute magnitude (luminosity) of a galaxy.") Aufgrund der Verschmelzungen von Galaxien vor allem in der Frühzeit des Universums sind Galaxien heute in der Regel größer und schwerer als damals.

Abb.: Eineinhalb Jahre nach Erscheinen dieses Beitrages ist das Thema auch in der deutschsprachigen Wissenschaftspresse angekommen (Spektrum der Wissenschaft 3/2022)

In unserer Milchstraße entstehen heute nur etwa zehn neue Sterne pro Jahr. In 12,2 Milliarden Lichtjahren Entfernung aber wurde 2008 eine Galaxie aus der Frühzeit unseres Universums entdeckt, ihr Name schon ist Programm: "Baby Boom-Galaxie" (Wiki). In ihr entstehen bis zu 4.000 Sterne pro Jahr. Also eine um mehr als das Hundertfache erhöhte Sternbildungsrate.

Die Hochzeiten unserer eigenen Galaxie ....

Ganz so spektakulär wie auf den Abbildungen 1 bis 3 scheint es bei den Verschmelzungsereignissen unserer eigenen Galaxie vor 11 bis 9 Milliarden Jahren - nach den bisherigen Forschungen - nicht zugegangen zu sein. Aber zu diesem Thema sind seit 2018 auch erst die ersten belastbaren Studien erschienen. Angesichts all der bisherigen Feststellungen in diesem Beitrag war ja schon lange im Hinterkopf die Frage entstanden, ob es denn auch Hinweise darauf gibt, daß auch die Milchstraße in ihrer Geschichte schon solche "anregenden", "erregenden" Begegnungen mit anderen Galaxien hatte. Und auf dem Blog "Alpha Cephei" des Astrophysik-Bloggers "Alderamin" (Jg. 1964), dessen Blogartikel gerne auch einmal von "Bild der Wissenschaft" übernommen werden, werden wir fündig. Er schrieb im letzten Jahr zunächst (7) (Alpha 2019):

Heutige Galaxien sind größer und erleiden weniger Kollisionen als im frühen Universum. Die Kollisionen haben die Galaxien durcheinander gewirbelt und aufgebläht, und da die Abstände im Weltall gewachsen sind, geschehen heute viel weniger Kollisionen als im frühen Universum.

Für die Milchstraße sind - gerade erst im Jahr 2018 - zwei frühe Kollisionen nachgewiesen worden (7) (Alpha 2019):

In vergangenen Artikeln hatte ich schon beschrieben, daß auch die Milchstraße offenbar kleine und größere Galaxien verschluckt hat.

Aha, so lesen wir ganz überrascht. Und am angegebenen Ort lesen wir dann weiter (8):

Man weiß aus dem Alter der ältesten Roten und Weißen Zwerge, daß die Milchstraßenscheibe ungefähr zwischen 11 und 8 Milliarden Jahre vor unserer Zeit entstanden sein muß. Der Halo aus Sternen und Dunkler Materie, der die Milchstraße umgibt, muß noch älter sein, das Alter der Kugelsternhaufen liegt zwischen 11 und 13 Milliarden Jahren, nur wenig jünger als das Weltalter von knapp 14 Milliarden Jahren überhaupt. (...) Die Autoren proklamieren den Einschlag einer Galaxie in der Milchstraße von rund 50 Milliarden Sonnenmassen beginnend vor ca. 11 Milliarden Jahren.

Hierzu sei erläutert: Unsere Milchstraße wiegt heute 1,5 Billionen, sprich 1.500 Milliarden Sonnenmassen. Eine Galaxie mit "nur" 50 Milliarden Sonnenmassen ist im Vergleich dazu also eine solche, die recht leicht zu "verspeisen" war. Da wir aber schon anhand des Beispiels der Whirlpool-Galaxie gesehen haben, das auch kleinere, unaufälligere Begleiter eine Galaxie in einen großen Erregungszustand versetzen können, muß das hier erforschte Ereignis vor 11 Milliarden Jahren keineswegs so unbedeutend gewesen sein als es auf den ersten Augenmerk anmuten mag. (Wir können es nicht unterlassen darauf hinzuweisen, daß auch kleingewachsene Ponyhengste hochbeinige Stuten in starke Erregung versetzen können.)

Der Astronomie-Satellit Gaia revolutioniert die Astronomie

"Aleramin" beendet seine Ausführungen in Teil 1 seines Beitrages mit den Worten (8):

Ist es nicht ungemein faszinierend, wie der Astronomie-Satellit Gaia die Astronomie revolutioniert? Zusammen mit den Daten anderer Kataloge wie des SDSS läßt sich Astro-Archäologie der Milchstraße betreiben und die Ausgrabungen in den Daten lassen die Relikte längst vergangener Ereignisse erkennen. Gaia ist viel mehr als ein einfacher Astrometriesatellit zur Messung von Sternörtern - sie ist eine Big-Data-Maschine, in deren Archiv noch viele Schätze auf ihre Ausgrabung warten. 

Aleramin faßt die Erkenntnisse des Teiles 1 einleitend im Teil 2 noch einmal folgendermaßen zusammen (8):

Im ersten Teil der Astro-Archäologie haben wir davon erfahren, daß ein englisches Forscherteam die Spuren einer Kollision der Milchstraße mit einer großen Galaxie in den Gaia-DR2-Daten gefunden hat, deren Sterne heute noch auf stark elliptischen Bahnen um das Zentrum der Milchstraße kreisen, die sie weit hinaus in deren Halo tragen.

Noch einmal: Trotz der kleinen Masse dieser Galaxie kann durchaus eine bedeutende Erregung für unsere Galaxie von ihr damals ausgegangen sein. Das behandelt Aleramin aber leider noch gar nicht besonders. Er führt dann über eine zweite Studie des Jahres 2018 aus, die einen weiteren Zusammenstoß vor 10 bis 9 Milliarden Jahren postuliert (8):

Aus dem Metallgehalt schließen die Autoren, daß die “blauen” Sterne aus einer Galaxie mit einer kleineren Sternentstehungsrate als die Milchstraße entstanden sind, die etwa 600 Millionen Sonnenmassen an Sternmasse (ohne Dunkle Materie) gehabt haben soll - etwa die Masse der Kleinen Magellanschen Wolke. Mit dunkler Materie wären es ca. 2,4 Milliarden Sonnenmassen, etwa 1/4 der mutmaßlichen Masse der dicken Scheibe der Milchstraße zur Zeit der Kollision (10 Milliarden Sonnenmassen), was ausgereicht haben dürfte, diese so aufzuheizen, wie wir sie heute vorfinden. Etwa 30.000 Sterne in der Sonnenumgebung gehören zur “blauen” Population. Bis zu 80% der Halosterne könnten auf diese Kollision zurückgehen, schätzt Autorin Helmi. Nicht weniger als 13 Kugelsternhaufen bewegen sich synchron zu den Sternen der eingefangenen Galaxie und dürften von ihr beigetragen worden sein. 

Die Worte "was ausgereicht haben dürfte, diese so aufzuheizen, wie wir sie heute vorfinden" deuten an, daß Aleramin sich durchaus bewußt ist, daß die interstellaren Gase eine bedeutende Anregung durch diese Verschmelzung erfahren haben. Es wäre dann eben noch zu fragen, wie sich das auf die Sternentstehungsrate in unserer Galaxie insgesamt - damals (oder bis heute) - ausgewirkt hat. Immerhin, unsere eigene Sonne wurde erst vor 4,7 Milliarden Jahren geboren, sicherlich aus einer vorhergehenden Sternengeneration, die als Supernova oder als Planetarische Nebel geendet haben. Aber diese vorhergehende Sternengeneration, die könnte doch von jenen Verschmelzungsprozessen vor 11 bis 9 Milliarden Jahren in ihrer Entstehung ausgelöst worden sein. Immerhin wäre das doch ein spannender Gedanke.

Die Autoren selbst benennen die hier behandelte Studie aus dem Jahr 2018 mit dem Titel "Der Zusammenstoß, der die Entstehung des inneren Sternenhalos und der dicken Scheibe der Milchstraße bewirkte" ("The merger that led to the formation of the Milky Way's inner stellar halo and thick disk"). Der Galaxie, die damals mit der Milchstraße verschmolzen ist, und die sie in einen erhöhten Erregungszustand versetzt hat, haben sie den Namen "Gaia Enceladus" gegeben. Gaia Enceladus, dürfen wir dir danken, daß du mitgewirkt hast an unserer Existenz? Gäbe es uns, wenn es dich nicht gegeben hätte?

Mit dem für uns zentralen Suchwort "Metallizität" stoßen wir aber auf eine noch neuere Forschungsstudie, in der die Milchstraße und ihre frühen Verschmelzungsereignisse durch Galaxien-Simulationen inzwischen weiter erforscht worden ist (9) (MPG 2020):

Um der hochgeordneten Rotation der Sterne in der Milchstraße zu entsprechen, müssen die simulierten Galaxien in den letzten 12 Milliarden Jahren eine sehr "ruhige" Verschmelzungsgeschichte gehabt haben.

Also kein herrischer Verschmelzungsprozeß wie in den Antennen-Galaxien. Wie schade. Aber die exzentrischsten Lebensäußerungen sind ja auch nicht immer diejenigen, die die nachhaltigsten Ergebnisse mit sich bringen. Kinderreiche Familien fallen auch in der Menschenwelt in der Regel am wenigsten durch Exzentrizität auf (sagen wir einmal: in Normalzeiten der Weltgeschichte zumindest). Wir lesen weiter (9):

Das heißt, daß keine massereiche Galaxie (größer als 10% der Masse der Milchstraße) in dieser Zeit mit der Galaxie verschmolzen sein kann. Die Begründung hierfür ist, daß die Bahnen ihrer Sterne durcheinander geraten, wenn eine massereiche Galaxie mit einer anderen verschmilzt. Dies würde zu einer weniger geordneten Bewegung und damit zu einer höheren Geschwindigkeitsdispersion führen. (...) Die Wissenschaftler des MPA können jetzt mit dieser Studie eine obere Grenze für die Masse von Gaia Enceladus angeben: Gaia Enceladus kann maximal 10% so massereich wie die Milchstraße gewesen sein, wahrscheinlich war ihre Masse aber nur 3% der Milchstraße.

Es ist spannend, wie hier die Forschung nach und nach voranschreitet. Und keineswegs zu langsam. Wir wollen uns vornehmen, solche Dinge hier auf dem Blog künftig im Auge zu behalten.

Junge Sterne - Sie sind aus der Asche alter Sterne entstanden

Nun noch einige weitere Überlegungen. Unsere Sonne ist aus der Asche früherer Sternengenerationen entstanden. Man wird fragen dürfen, wie vieler Sternengenerationen es eigentlich bedurfte, um die Metallizität unserer Sonne hervorzubringen. Aber es gibt auch einen Stern, der ist zwar nur 190 Lichtjahre von uns entfernt, dennoch aber schon 14,5 Milliarden Jahre alt. Er weist nur eine sehr geringe "Metallizität" auf ("HD 140283" - s. Wiki). Schon 1951 wurde beobachtet, daß er beträchtlich weniger Metalle aufweist als die Sonne (Wiki):

Moderne spektroskopische Analysen haben einen Anteil an Eisen vorgefunden, der um den Faktor 250 geringer ist als der Eisenanteil der Sonne.
Modern spectroscopic analyses find an iron content about a factor of 250 lower than that of the Sun.

Der Eisenanteil ist für die Astronomen in den Spektrallinien am leichtesten zu bestimmen. Der Massenanteil des Eisens an der Sonnenmasse beträgt etwa 0,16 %. Unsere Sonne ist 4,5 Milliarden Jahre alt. Das Alter von Sternen, die nur 0,04 % Eisenanteil aufweisen, wird auf 11,75 Milliarden Jahre geschätzt, das Alter von Sternen, die 0,4 % Eisenanteil aufweisen, wird auf 2,4 Milliarden Jahre geschätzt. Das Alter von Sternen, die 5 % Eisenanteil aufweisen, wird auf 550.000 Jahre geschätzt (Wiki). Schon hier wollen wir festhalten, daß es einen Anteil an schweren Elementen in unserer Galaxie und andernorts in unserem Weltall gibt, der in dieser Größe gar nicht notwendig war, um das Leben im Umkreis unserer Sonne hervorzubringen. Es gibt neuere Studien, die auf diesen Umstand auch noch auf andere Weise stoßen. Im nächsten Beitrag werden wir nämlich eine Forschungsstudie behandeln, nach der zu viele schwere Elemente in einem Stern keine erdähnlichen  Planten in seiner protoplanetaren Scheibe hervorbringen kann, sondern eher Gasriesen (siehe nächster Beitrag).

Allgemein heißt das jedenfalls: Es findet eine ständige Aufeinanderfolge der Neuentstehung von Sternen und Supernoven statt, nach denen aus der dabei entstehenden Asche neue Sterne entstehen, die dann einen höheren Anteil an Eisen aufweisen. Das scheint fast vorauszusetzen, daß das interstellare Medium, aus dem neue Sterne entstehen, insgesamt ständig durchmischt wird innerhalb einer Galaxie, daß also der Eisengehalt im interstellaren Medium insgesamt ständig wächst. Es scheint auch vorauszusetzen, daß das interstellare Medium insgesamt größtenteils die Asche früherer Sterne darstellt. Galaxien produzieren jedenfalls insgesamt in sich immer mehr schwere Elemente (Wiki):

Die Mehrzahl der Elemente im Universum, die schwerer sind als Wasserstoff und Helium ("Metalle"), werden während der Sternentwicklung im Innern der Sterne gebildet. Im Verlauf der Zeit verteilen Sternenwinde und Supernoven die Metalle in der näheren Umgebung, reichern damit das interstellare Medium an und stellen recyclebares Material zur Geburt neuer Sterne zur Verfügung.
Original: The majority of elements heavier than hydrogen and helium in the Universe ("metals", hereafter) are formed in the cores of stars as they evolve. Over time, stellar winds and supernovae deposit the metals into the surrounding environment, enriching the interstellar medium and providing recycling materials for the birth of new stars.

Was für ein Geschehen. Wir sind also in der Tat die "Kinder" vielfacher Wiedergeburten von Anteilen schwerer Elemente in Sternen. Wenn diese Wiedergeburten allerdings über das Ziel hinaus schießen, wie das seit Entstehung unserer Sonne und unserer Erde immer häufiger in diesem Weltall geschieht, scheint die Wahrscheinlichkeit, daß aus der dabei entstehenden Metallizität noch erdähnliche Planeten entstehen können, wieder zu sinken (siehe nächster Beitrag). Was für ein geradezu "unheimliches" Geschehen!!! Aber weiter (Wiki):

Unterschiede in dem Anteil chemischer Elemente in unterschiedlichen Sterntypen, basierend auf ihren Spektraleigenschaften, die später ihrer Metallizität zugeschrieben wurden, brachten den Astronomen Walter Baade 1944 dahin, zwei unterschiedliche Populationen von Sternen vorzuschlagen. Diese wurden bekannt als Population I (reich an Metallen) und Population II (arm an Metallen). Eine dritte Sternpopulation wurde 1978 als Population III eingeführt. Diese extrem metallarmen Sterne wurden theoretisch postuliert als die "erstgeborenen" Sterne, die in unserem Universum entstanden sind.
Original: Observed changes in the chemical abundances of different types of stars, based on the spectral peculiarities that were later attributed to metallicity, led astronomer Walter Baade in 1944 to propose the existence of two different populations of stars. These became commonly known as Population I (metal-rich) and Population II (metal-poor) stars. A third stellar population was introduced in 1978, known as Population III stars. These extremely metal-poor stars were theorised to have been the "first-born" stars created in the Universe. 

Wir haben also in Galaxien - und so auch in dem Orion-Spiralarm unserer Spiralgalaxie, in dem wir leben -  ein buntes Nebeneinander sowohl sehr junger wie sehr alter Sterne. Eine Galaxie ist also ein brodelnder Kessel von Sterngeburten, von langlebigen Sternen aber auch von Sternen, die sich in der Spät- und Endphase ihrer Existenz befinden, die vielleicht Überreste von Supernoven sind. Allerdings: Die meisten Sterne der Milchstraße - Rote Zwerge - sind schon vor langer Zeit entstanden, sie sind sehr alt und noch keiner von ihnen ist gestorben. Welchen "Zweck" sie wohl haben? Sie tragen nicht zur Metallizität einer Galaxie bei. Sie sind einfach nur "da". Womöglich dienen sie der Stabilität einer Galaxie? Ihrer Formgebung?

Die konkrete Frage für uns lautet allerdings weiterhin: Aus der Asche welcher Sonnen, welcher Sterne sind wir hervorgegangen? Gibt es diese Sterne noch? Im womöglich ausgebrannten Zustand als Weiße Zwerge? Sollten wir ihnen Dankbarkeit bezeugen, daß sie einstmals die Möglichkeiten unserer Existenz schufen, daß wir Sein von ihrem Sein waren in dem brodelnden Kessel ihrer Sternen-Schwangerschaft? Wo ist ganz konkret unser Mutterstern innerhalb unserer Muttergalaxie? Oder auch: Wie viele Muttersterne trugen zu unserer Existenz bei, wie viele Muttersterne besaßen und schufen einst jene schweren Elemente, aus denen unsere Sonne und unsere Erde entstanden sind? Diese Fragen konnten wir bislang in diesem Blogbeitrag noch gar nicht beantworten. Und sie scheinen so konkret auch beim derzeitigen Forschungsstand noch gar nicht beantwortbar zu sein. Es deutet sich aber an, daß die Forschung sich immer näher an konkrete Antworten heran tastet.

Unser Orion-Spiralarm

Die Milchstraße, unsere Heimatgalaxie ist 13,6 Milliarden Jahre alt. Unsere Sonne, die erst 4,5 Milliarden Jahre alt ist, ist also ein sehr junges Kind dieser Galaxie. Aber freilich gibt es auch Kinder, die noch viel jünger als unsere Sonne sind. Die meisten Sterne in unserer Galaxie (Rote Zwerge) sollen aber schon gleich zu Anfang in ihr entstanden sein.

Für einen Umlauf um das Zentrum braucht ein Galaxienarm - und somit auch unser Orionarm - 240 Millionen Jahre. Seit es einfaches, einzelliges Leben auf unserer Erde gibt, hat sich also unser Orionarm - und womöglich mit unserem Sonnensystem - erst vier mal um das Zentrum der Milchstraße gedreht.

In den 3,5 Milliarden Jahren davor, in der es unser Sonnensystem ebenfalls schon gab, hat sich unser Orion-Spiralarm also entsprechend zwölf bis 15 mal um das Zentrum gedreht.

Aber jene Sterne dieses Orionarmes, die heute am hellsten an unserem Nachthimmel erstrahlen, die Sterne des Sternbildes Plejaden, gibt es dort erst seit höchstens der Hälfte eines Umlaufs um das Zentrum der Milchstraße, nämlich erst seit 125 Millionen Jahren. Beteigeuze im Sternbild Orion ist gar erst 8 Millionen Jahre alt. In unserer Galaxie gibt es somit Sterne, die fast so alt sind wie das Universum selbst (oft unsichtbar, oft in vergleichsweise großer Nähe zur Sonne) und es gibt Sterne, die erst 8 Millionen Jahre alt sind. 

Höhere Metalliziät erleichtert die Bildung kleinerer Sterne

Abschließend sei noch einmal der Astrophysiker Josef M. Gaßner zitiert. Er erklärt mit Hilfe der Strahlungskühlung die Auswirkung der Metallzität einer Molekülwolke auf die Art der Sternentstehung in ihr ("St., Weltall u. d. Leb." 2017):

Der entscheidende Einfluß der Metallizität eines Sterns auf seine Lebensdauer geschieht bereits bei der Entstehung. Schwere Elemente und deren Molekülverbindungen bieten eine Menge unterschiedlicher Energieniveaus, die angeregt werden können und anschließend durch Strahlungsemission wieder in den Grundzustand fallen. Diese Strahlung kann aus einer kollabierenden protostellaren Wolke entweichen und bestimmt somit entscheidend die Kühlung. Effektive Kühlung führt dazu, daß auch kleinere Wolkengebiete erfolgreich zu Sternen kollabieren. Umgekehrt benötigen Wolken niedriger Metallizität extreme Massen um die weniger effektiv gekühlten Bereiche mit brachialer Gravitationsgewalt doch noch zum Stern zu zwingen ... 

Wir lernen damit: Die Metallizität einer Molekülwolke hat Einfluß auf die größere oder geringere Wahrscheinlichkeit, mit der in ihr Sternen entstehen. In der Urzeit des Universums und seiner Galaxien bedurfte es also viel größerer Molekülwolken, um Sterne entstehen zu lassen als in späteren Zeiten. Gaßner weiter:

Ergo: niedrige Metallizität führt zu massereichen Sternen, die nur kurz leben, weil ihre Temperatur im Inneren das Fusionskarussell kräftig drehen - insbesondere auch den CNO-Zyklus. Hohe Metallizität ermöglicht massearme Sterne, die ihren Brennstoff vergleichsweise sparsam verheizen und lange leben....

Mit letzteren sind wohl insbesondere auch Rote Zwerge gemeint, von denen noch keiner bislang im Universum ausgebrannt ist, und von denen sich viele in der stellaren "Umgebung" unseres Sonnensystems befinden. 

Was für ein grandioses Bild, was für ein grandioser Vorlauf, um in einem Universum "habitable" Zonen zu schaffen.

In einem weiteren, vierten Beitrag unserer Reihe "Wir sind Sternenstaub" wollen wir einigen angerissenen Fragen in diesem Fragenkreis noch vertiefter nachgehen.

Wir bewegen uns mit diesen Beiträgen ganz auf den Spuren des großen deutschen Philosophen Immanuel Kant, der sein Buch "Kritik der prakischen Vernunft" 1788 mit den Worten abgeschlossen hat (Zeno):

"Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. Beide darf ich nicht als in Dunkelheiten verhüllt, oder im Überschwenglichen, außer meinem Gesichtskreise, suchen und bloß vermuten; ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewußtsein meiner Existenz. Das erste fängt von dem Platze an, den ich in der äußern Sinnenwelt einnehme, und erweitert die Verknüpfung, darin ich stehe, ins unabsehlich-Große mit Welten über Welten und Systemen von Systemen, überdem noch in grenzenlose Zeiten ihrer periodischen Bewegung, deren Anfang und Fortdauer. Das zweite fängt von meinem unsichtbaren Selbst, meiner Persönlichkeit, an, und stellt mich in einer Welt dar, die wahre Unendlichkeit hat, aber nur dem Verstande spürbar ist, und mit welcher (dadurch aber auch zugleich mit allen jenen sichtbaren Welten) ich mich nicht, wie dort, in bloß zufälliger, sondern allgemeiner und notwendiger Verknüpfung erkenne. Der erstere Anblick einer zahllosen Weltenmenge vernichtet gleichsam meine Wichtigkeit, als eines tierischen Geschöpfs, das die Materie, daraus es ward, dem Planeten (einem bloßen Punkt im Weltall) wieder zurückgeben muß, nachdem es eine kurze Zeit (man weiß nicht wie) mit Lebenskraft versehen gewesen. Der zweite erhebt dagegen meinen Wert, als einer Intelligenz, unendlich, durch meine Persönlichkeit, in welcher das moralische Gesetz mir ein von der Tierheit und selbst von der ganzen Sinnenwelt unabhängiges Leben offenbart, wenigstens so viel sich aus der zweckmäßigen Bestimmung meines Daseins durch dieses Gesetz, welche nicht auf Bedingungen und Grenzen dieses Lebens eingeschränkt ist, sondern ins Unendliche geht, abnehmen läßt."

Sogar schon der Blick in die Sterne läßt uns heute unsere Existenz nicht mehr bloß in ihrer zufälligen, sondern ebenfalls auch in ihrer allgemeinen und notwendigen Verknüpfung erkennen. Mit wie viel mehr Berechtigung können wir dann auf die Erfüllung der zweiten Verheißung von Immanuel Kant hoffen, das moralische Gesetz in uns, das uns leitet - oder leiten sollte - immer besser und besser verstehen zu lernen. 

Ergänzung, 10.6.21: Auch "Spektrum der Wissenschaft" hat sich des Themas inzwischen angenommen. Es ist hier sogar von einem "Lebenszyklus der Galaxien" die Rede (10). Worauf sich hier das Wort "Lebenszyklus" bezieht, wird in diesem Podcast aber noch gar nicht so recht klar. Es sind hier wohl eher die Lebenszyklen einzelner Sterne und Sterngenerationen gemeint, die sich innerhalb der Galaxien vollziehen.

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Anmerkung 1: Über die Arbeit des Hamburger Astronomen Walter Baade (1893-1960) in den USA während des Zweiten Weltkrieges ist zu erfahren (Wiki):

Baade untersuchte die Strukturen der Milchstraße und entdeckte, daß unsere Galaxis aus Sternen zweier unterschiedlicher Populationen besteht.

Die entsprechende Arbeit veröffentlichte Baade 1944.  Heute weiß man, daß es prinzipiell drei unterschiedliche Stern-Populationen gibt. Die älteste als "Population III" benannte wird aber nur theoretisch angenommen aufgrund der Zusammensetzung der ältesten Sterne der "Population II", Beobachtungsdaten liegen zu "Population III" noch nicht vor (Wiki):

Bereits kurz nach dem Urknall gab es Sterne, die aufgrund ihrer großen Masse schnell in Paarinstabilitätssupernovae endeten und dabei jene Metalle bildeten und in den Raum schleuderten, die sich schon in den ältesten Sternen der Populationen II finden. Sollten damals auch vereinzelt massearme Sterne gebildet worden sein, so werden sie als kalte Zwerge die noch hypothetische Population III bilden.

Über die hier erwähnte zweitälteste Sternenpopulation II erfahren wir (Wiki): 

Sterne der Population II sind an ihrer geringeren Metallizität zu identifizieren (...). Sie sind überwiegend älter als sechs Milliarden Jahre und finden sich, oft in Kugelsternhaufen, im ausgedehnten galaktischen Halo, dessen Dichte zum galaktischen Zentrum hin zunimmt.

Über die jüngste Sternen-Population I ist zu erfahren (Wiki):

Im Band der Milchstraße, der galaktischen Scheibe, gehören die meisten Sterne zur Population I. Dies sind relativ junge, stabil leuchtende Sterne, die sich auf annähernden Kreisbahnen um das galaktische Zentrum bewegen, meist in den Spiralarmen. Sterne der Population I enthalten einen relativ hohen Anteil schwerer Elemente, die in früheren Sterngenerationen entstanden sind und Metalllinien im Spektrum verursachen.

 

/ Ergänzt 7.3.2022 /

// Dies ist der dritte Beitrag in unserer 
Blogartikel-Serie "Wir sind Sternenstaub"
 Die anderen Beiträge:

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  1. Rauchhaupt, Ulf von: Tanz der Welten. FAZ, 26.10.2018, https://www.faz.net/aktuell/wissen/weltraum/tanz-der-welten-wenn-galaxien-kollidieren-15852274.html
  2. Struck, Curtis: Galaxy Collisions. Forging New Worlds from Cosmic Crashes. Springer Praxis Books. 2011 (Amazon
  3. Reichard, T.A.; Heckman, T.M. (January 2009). "The Lopsidedness of Present-Day Galaxies: Connections to the Formation of Stars, the Chemical Evolution of Galaxies, and the Growth of Black Holes". The Astrophysical Journal. 691 (2): 1005–1020. arXiv:0809.3310. doi:10.1088/0004-637X/691/2/1005
  4. Tremonti, C. A. et al. 2004, ApJ, 613, 898, https://iopscience.iop.org/article/10.1086/423264.
  5. Guillermo Gonzalez, Donald Brownlee, Peter Ward: The Galactic Habitable Zone: Galactic Chemical Evolution. In: Icarus. Band 152, 2001, S. 185–200, https://arxiv.org/abs/astro-ph/0103165.
  6. Gonzalez, Guillermo: The Priviledged Planet. How our place in the Universe was designed for discovery. 2004
  7. Alderamin: Gab es den Urknall wirklich? In 7 Teilen. "Alpha Cephei"-Scienceblog, 2019, https://scienceblogs.de/alpha-cephei/2019/03/27/gab-es-den-urknall-wirklich-uebersicht/.
  8. Alderamin: Galaktische Astro-Archäologie mit Gaia, 2018, https://scienceblogs.de/alpha-cephei/2018/11/11/galaktische-astro-archaeologie-mit-gaia-teil-1/, https://scienceblogs.de/alpha-cephei/2018/11/22/galaktische-astro-archaeologie-mit-gaia-teil-2/.
  9. Fragkoudi, Francesca: Unsere Milchstraße - keine typische Spiralgalaxie, 1. Januar 2020, https://www.mpa-garching.mpg.de/799158/hl202001.
  10. Marc Zimmer und Mike Beckers: Wie Sterne und Galaxien entstehen - Lebenszyklus der Galaxien, Spektrum-Podcast, 4.6.21, https://www.spektrum.de/podcast/spektrum-podcast-wie-sterne-und-galaxien-entstehen/1881106
  11. Aaron S. Evans und Lee Armus: Wenn Galaxien kollidieren - Im Kosmos stoßen immer wieder Galaxien zusammen - mit dramatischen Folgen. Neue Erkenntnisse über solche Vorgänge enthüllen, 16.2.2022, https://www.spektrum.de/magazin/wenn-galaxien-kollidieren/1974532

1 Kommentar:

  1. Ergänzung, 10.6.21: Auch "Spektrum der Wissenschaft" hat sich des Themas inzwischen angenommen. Es ist hier sogar von einem "Lebenszyklus der Galaxien" die Rede (10). Woraus das Wort "Lebenszyklus" in diesem Zusammenhang genau bezogen ist, wird in dem Podcast aber noch gar nicht so recht klar. Es sind hier wohl eher die Lebenszyklen einzelner Sterne und Sterngenerationen gemeint, die sich innerhalb der Galaxien vollziehen.

    Marc Zimmer und Mike Beckers: Wie Sterne und Galaxien entstehen - Lebenszyklus der Galaxien, Spektrum-Podcast, 4.6.21, https://www.spektrum.de/podcast/spektrum-podcast-wie-sterne-und-galaxien-entstehen/1881106

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