Dienstag, 19. Januar 2021

Die Generation Hoimar von Ditfurth

Ein wesentlicher Abschnitt der Wissenschaftsgeschichte

In einem Beitrag von vor einem Monat stellten wir die Wissenschaftsvermittlung durch den Fernsehmoderator und Buchautor Hoimar von Ditfurth (1921-1989) (Wiki, priv. Ditfurth-SeiteGoogle Scholar) als einen Orientierungspunkt dar in einer Gesellschaft, die immer mehr im "Delta der Beliebigkeit" (P. Sloterdijk) zu versumpfen scheint (1). Was sind eigentlich die Gründe dafür, daß diese so gut als Orientierungspunkt gelten kann? Dieser Wissenschaftvermittlung liegt, so wird uns bei etwas genauerer Beschäftigung mit seinem Leben noch einmal deutlich, eine fest umrissene wissenschaftlich-philosophische Grundhaltung zugrunde.

Und diese kann in letzter Instanz auf die Evolutionäre Erkenntnistheorie von Konrad Lorenz zurück geführt werden. Dieser breite Horizont scheint fast allen Menschen, die im deutschsprachigen Raum Wissenschaftsvermittlung seither betrieben haben, mehr oder weniger zu fehlen, bzw. scheint er nicht deutlich genug in die Grundhaltung eingeflossen zu sein. Dieser Horizont selbst schon kann nur mit Ehrfurcht vor den Erkenntnismöglichkeiten des Menschen verbunden sein, ebenso mit Ehrfurcht vor den prinzipiellen Grenzen dieser Erkenntnismöglichkeiten.

 

Abb. 1: Hoimar von Ditfurth

Indem uns diese Gedanken einmal erneut klar werden, wird auch die Frage in uns wach, wie sich diese wissenschaftlich-philosophische Grundhaltung im Leben Hoimar von Ditfurths eigentlich geformt hat. Wenn man es genau betrachtet, eigentlich aus Enttäuschung über die wenigen beruflichen Möglichkeiten, die sich ihm angesichts der von ihm angestrebten Hochschullehrer-Laufbahn Ende der 1950er Jahre eröffneten.

Der Lebensweg des Hoimar von Ditfurth scheint deshalb keineswegs ein irgendwie geradliniger oder repräsentativer zu sein. Ursprünglich strebte von Ditfurth nämlich eine "ganz banale" Hochschullehrer-Laufbahn an einer Universitätsklinik an. Da er hier aber nicht weiter kam, wechselte er 1959 "in die Industrie". Und zwar als erkennbar wurde, daß in seinem Bereich - der Psychiatrie - für ihn so bald kein Lehrstuhl in Deutschland frei werden würde. In der Industrie, als leitender Angestellter bei Boehringer-Mannheim, kam er dann - eher durch Zufall oder weil die dort arbeitenden Menschen "wacher" waren als im akademischen Bereich - in persönliche Berührung mit dem berühmten Verhaltensforscher Konrad Lorenz.

Wie Hoimar von Ditfurth für eine gar zu "banale" Hochschullehrer-Laufbahn verloren ging

von Ditfurth arbeitete nämlich an der Entwicklung von Medikamenten gegen Schizophrenie, an sogenannten "Neuroleptika". 1961 war man auf der Suche nach geeigneten Versuchstieren, um von den Chemikern neu entwickelte Stoffe an ihnen auszuprobieren. von Ditfurth schreibt (2, S. 328):

Professor Johann-Daniel Achelis, der ideenreiche Leiter unserer Forschungsabteilung, hatte noch einen anderen höchst interessanten Einfall. Das Neuartige der Neuroleptika bestehe offenbar doch, so erklärte er mir eines Tages, in der Tatsache, daß diese Stoffgruppe im Unterschied zu allen dahin bekannten Narkotika nicht zuerst an der Hirnrinde angreife (worauf deren bewußtseinstrübende Wirkung zurückzuführen sei), sondern daß sie, gleichsam "unter Umgehung der Hirnrinde", direkt auf die daruntergelegenen, tieferen Zentren des Hirnstammes wirkten. ...

Nebenbei bemerkt, ist hier einer der Grundgedanken seines späteren Buches "Der Geist fiel nicht vom Himmel" angesprochen. Weiter im Zitat (2, S. 328):

... Und da gebe es nun im Max-Planck-Institut Seewiesen, in der Nähe des Starnberger Sees, einen gewissen Professor Lorenz, Konrad mit Vornamen, der die neue Forschungsdisziplin der "tierischen Verhaltensphysiologie" begründet habe. Ich hatte davon 1961 noch nie etwas gehört. (...) Diese angeborenen Verhaltens- oder Instinktprogramme, so fuhr er fort, seien allem Anschein nach im Stammhirn lokalisiert. Daher denke er, Achelis, an die Möglichkeit, daß sich die neuroleptische Wirkung chemischer Substanzen bei Tieren dadurch zu erkennen geben könnte, daß sie die von den Seewiesener Wissenschaftlern genau beschriebenen Verhaltensweisen unterdrückten oder beeinflußten, ohne die Tiere zu narkotisieren. Jetzt war ich fasziniert. Der Einfall erscheint mir noch heute hervorragend.

Über Telefon wurde der Kontakt mit Konrad Lorenz hergestellt, der von Ditfurth zum persönlichen Besuch in Seewiesen einlud (2, S. 328):

Der persönliche Kontakt zu dem von mir verehrten Lorenz und mehreren seiner Mitarbeiter blieb über die Zeit des dienstlichen Anlasses hinaus bestehen. (...) Mein seit dieser Zeit nie mehr erlahmtes Interesse für Evolutionsforschung und Evolutionstheorie geht auf den persönlichen Kontakt mit Lorenz zurück und die verschwenderische Fülle von Anregungen, die ich diesem geistvollen und liebenswerten Mann verdanke.

Was für schöne Worte. Nach so manchen menschlichen Enttäuschungen im akademischen Bereich, von denen von Ditfurth zuvor berichtet hatte, muß das Erlebnis mit Konrad Lorenz um so hervorstechender gewirkt haben.

Als Jahrgang 1921 gehörte von Ditfurth zu jenen Jahrgängen, die während des Zweiten Weltkrieges unter den Männern die höchsten Verluste aufzuweisen hatte. von Ditfurth hatte nach seinem Abitur im Jahr 1939 in Potsdam Medizin an der Universität Berlin studiert. Von August 1941 bis Februar 1942 war er dann nach der vorschriftsmäßigen Ableistung des Arbeitsdienstes und der militärischen Grundausbildung für ein halbes Jahr auf "Frontbewährung" als Soldat an den Nordabschnitt der Ostfront geschickt worden. Auch er hatte dabei die damalige Erfahrung seiner Generation von mangelnder Winterbekleidung gemacht, beißender Kälte, der unberechenbaren Gefahr russischer Scharfschützen und vieler ähnlicher Dinge mehr. Nach einem als "unendlich" erlebten halben Jahr wurde er abgelöst. Er arbeitete dann als Sanitätssoldat in mehreren Lazaretten.

Ab Anfang 1943 wurde er dann von der Wehrmacht für das weitere Medizin-Studium an der Universität Hamburg freigestellt. Für die damals noch erwarteten, neuen deutschen Kolonien, so schreibt von Ditfurth, wollte man ausgebildete Ärzte in Bereitschaft haben. Deshalb sei er vom Kriegsdienst für das Studium freigestellt worden, in Hamburg auch noch in den Endtagen des Krieges, während die zeitgleichen Berliner Medizinstudenten in den dortigen Endkämpfen noch zum Einsatz kamen und hohe Verluste hatten. 1946 promovierte von Ditfurth dann in Hamburg zum Doktor der Medizin.*)

Von 1948 bis 1960, also vom 27. bis zum 39. Lebensjahr war er dann als Assistenzarzt an der Universitätsklinik Würzburg tätig, insbesondere in der dortigen Nervenklinik. 1949 heiratete er (2, S. 278). Vier Kinder gingen aus der Ehe hervor. In Würzburg verbrachte er eine wissenschaftlich anregende Zeit, so schreibt er. Aber sein eigentliches Leben hätte doch erst viel später begonnen.

Immerhin, schon in dieser Zeit hat er vereinzelt Aufsätze allgemeineren Charakters veröffentlicht, etwa in der Zeitschrift "Deutsche Rundschau" von 1947 den Aufsatz "Vom Ebenbild Gottes zum Homo sapiens - Wandlungen menschlichen Selbstverständnisses". Oder im Wochenmagazin "Zeit" 1950 den Aufsatz "Liebe, Haß und Hunger ferngesteuert - Die Entdeckung biologischer Grundlagen freien Verhaltens" (Dith.). Schon hier also war die Tendenz erkennbar, den Tunnelblick des Fachwissenschaftlers zu vermeiden und die Augen weit über eine breitere Landschaft des Wissens wandern zu lassen.

1958 wurde er Facharzt für Nerven- und Geisteskrankheiten, 1959 habilitierte er sich. Dann war er - wie schon gesagt aufgrund der Aussichtslosigkeit, in Deutschland bald einen Lehrstuhl bekommen zu können - in die Industrie gegangen.

1961 - Die Zeitschrift "Naturwissenschaft und Medizin" wird begründet

1960 wurde er Leiter des pharmako-psychiatrischen Forschungslaboratoriums des Pharmakonzerns Boehringer in Mannheim. Und wie schon geschildert, hat er in diesen beruflichen Zusammenhängen Konrad Lorenz persönlich kennenlernen können. Es ist doch kaum zu bezweifeln, daß es dieser Anregung durch Konrad Lorenz bedurfte, daß aber dann mehr auch nicht mehr nötig war, um die entscheidende Wende in seinem Leben einzuleiten: Da sich bald herausstellte, daß in der Entwicklung von Neuroleptika keine großen Fortschritte mehr zu erwarten waren, schaute sich von Ditfurth nach neuen Wirkungsmöglichkeiten um. Und nun kam er auf die Idee, die seinem Begabungsspektrum am nächsten kam, er schlug seinem Konzern vor, eine moderne wissenschaftliche Zeitschrift zu begründen. Diese Idee kam an. 1961 wurde die Zweimonats-Zeitschrift "Naturwissenschaft und Medizin (n+m)" gegründet, eine Zeitschrift für Ärzte des Pharmakonzerns Boehringer. Sehr bald machte sie sich einen Namen bis weit in den akademischen Bereich hinein. Sie (Wiki) ...

... war eine „grundsätzlich neuartige Zeitschrift“, die dem Arzt neben medizinischen Themen auch grundlegende oder aktuelle Themen aus allen Gebieten der Naturwissenschaft „in allgemeinverständlicher Form“ nahe bringen wollte. (...) Die Zeitschrift veröffentlichte Originalartikel von anerkannten wissenschaftlichen Autoren aus dem In- und Ausland. Im ersten Heft schrieb der Zoologe und Verhaltensforscher Konrad Lorenz „Über die Wahrheit der Abstammungslehre“, in Heft 2.1964 schrieb der US-amerikanische Chemiker, Biochemiker und Nobelpreisträger Melvin Calvin „Über die Entstehung des Lebens auf der Erde“. Jedes Heft enthielt auch einen medizinischen Beitrag für Allgemeinmediziner mit Fortbildungscharakter.

Von Ditfurth erläutert (2, S. 333):

Es half sehr, daß Konrad Lorenz für das erste Heft (ich konnte den Autoren für diese Ausgabe ja noch kein sichtbares Beispiel präsentieren!) auf meinen Wunsch einen brillanten Aufsatz "Über die Wahrheit des Abstammungslehre" beisteuerte, der in den folgenden Jahren von den verschiedensten Verlagen (und unter den verschiedensten Titeln) mehrfach nachgedruckt wurde. 

In den Folgejahren kamen nach und nach weitere namhafte Autoren dazu (2, S. 333):

Das Eis war gebrochen. Die Auflage der Hefte mußte wegen zahlreicher Nachfragen laufend erhöht werden. Schon nach kurzer Zeit wurde "n+m" nicht nur von den Ärzten gelesen, sondern auch von Chemikern, Biologen und anderen Naturwissenschaftlern an vielen Universitäten und Instituten. Boehringer konnte mit der Resonanz zufrieden sein. Für meine berufliche Entwicklung sind die Jahre der redaktionellen Arbeit an dieser Zeitschrift von entscheidender Bedeutung gewesen.

Ein angefragter Beitrag über die Relativitätstheorie mußte nicht nur übersetzt, sondern um der Verständlichkeit willen auch gründlich umgearbeitet werden, wozu sich von Ditfurth Hilfe von fachwissenschaftlicher Seite holte:

Seitdem weiß ich, was es mit der Relativitätstheorie auf sich hat!

Das etwa zeitgleiche Angebot, Mitglied der Geschäftsführung in der Firma Boehringer zu werden, schlug er - nach einem Jahr Probe - trotz eines damit verbundenen, ansehnlichen Gehaltes aus (2, S. 336):

Es ist der glücklichste Entschluß, den ich in meinem Leben, wenn auch unter Bangen, getroffen habe. (...) Jetzt begann für mich mein eigentliches Leben, relativ spät - ich war schon fast fünfzig Jahre alt -, nach langen Lehr- und Wanderjahren.

Von 1963 bis 1967 hielt Hoimar von Ditfurth viele Rundfunk-Vorträge, vornehmlich für den WDR. Diese wiesen schon die ganze Breite der Themen auf, die für Hoimar von Ditfurth so kennzeichnend ist, nämlich von der Astrophysik über die biologischen Wissenschaften bis hin zur Psychiatrie und bis zur Kultur- und Technikgeschichte (Rundfunk). Dieselbe thematische Breite findet sich in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift wieder. 1964 kam in dieser einer der wichtigsten Schüler von Konrad Lorenz zu Wort, nämlich Wolfgang Wickler.

1964 fand auf Einladung der Forschungsabteilung der Firma Boehringer Mannheim (also Hoimar von Ditfurths) im Rahmen der "Starnberger Gespräche" eine Tagung statt, die dem Thema Angst gewidmet war. Das Schlußwort dieser Tagung sprach damals übrigens, man höre und staune: Jürgen Habermas (Dith.). 1968 leitete von Ditfurth im Rahmen der "Starnberger Gespräche" eine zweite solche Tagung, auf der unter anderem auch der Lorenz-Schüler Klaus E. Großmann, heute Regensburg. Er ist Ehemann von Karin Großmann. Dieses Ehepaar hat der Autor dieser Zeilen selbst noch in Seewiesen auf einer Soziobiologie-Tagung kennen und schätzen gelernt.

In der Zeitschrift kam 1968 ein weiterer Lorenz-Schüler, nämlich Otto Koenig zu Wort. Und so kamen eben auch andere bedeutende Forscher aus allen Bereichen der Naturwissenschaft mit Beiträgen zur Geltung.

1970 schrieb er über die Blindheit nur geisteswissenschaftlich gebildeter Menschen im Wochenmagazin "Der Spiegel" (3). (Der Aufsatz ist in dem Sammelband "Unbegreifliche Realität" von 1987 enthalten.) Im Jahr 1970 kam bei Hoffmann und Campe in Hamburg auch sein erstes Buch heraus "Kinder des Weltalls", das, wie von Ditfurth schreibt, einen unerwartet großen Erfolg hatte.

1971 - Die Sendereihe "Querschnitt" wird begründet

Wichtig war es aber auch, im Fernsehen ein zweites wirtschaftliches Standbein zu haben (Dith.):

Seit 1964 produzierte Hoimar von Ditfurth beim WDR-Fernsehen in größeren Abständen einige populärwissenschaftliche Sendungen, die - wie er selber sagte - "in den Sendehäusern und bei den Zuschauern ganz gut angekommen waren". Trotzdem wurden ihm beim WDR die von ihm vorgeschlagenen sechs Sendungen pro Jahr nicht eingeräumt. Deshalb nahm Hoimar von Ditfurth Kontakt mit dem ZDF auf und bekam innerhalb kurzer Zeit einen Vertrag für eine zweimonatlich auszustrahlende wissenschaftliche Sendereihe. So konzipierte und moderierte Hoimar von Ditfurth von 1971 bis 1983 die populärwissenschaftliche Sendereihe Querschnitte, eine der bekanntesten Wissenschaftssendungen des deutschen Fernsehens überhaupt (bis zu 10 Millionen Zuschauer). Anfangs hieß die Sendung Querschnitt (Singular) wurde aber später in Querschnitte (Plural) umbenannt.

Die erste und die elfte Folge dieser Sendereihe sind derzeit frei im Internet zugänglich (4, 5) und heute noch so sehenswert und begeisternd wie damals (1). Mit wie einfachen Mitteln hat Hoimar von Ditfurth einen Millionenpublikum wesentliche wissenschaftliche Zusammenhänge nahe gebracht. Das geht einem emotional sehr nahe. Denn es wird erkennbar: Es bedarf keines umfangreichen Bombastes von - mit neuester Technik hergestellten  -"Animationen", um für Wissenschaft zu begeistern. Dafür sind ganz andere Zutaten notwendig. Und diese sind hier vorhanden: Kein langes Palaver, gleich mitten in die Sache hinein. Auch gar nicht lange bei einzelnen Themen verweilen, stringent weiter gehen. Und ähnliche Dinge mehr.

Im November 1971 handelte eine Folge "Über die Entstehung eines Sterns". Das war ja auch der Themenbereich seines ersten Buches gewesen. Zwei Wochen später hieß eine Folge "Urmeer in unseren Adern". In dieser wurde dem gleichen Gedanken Ausdruck verliehen, den der Delbrück-Schüler Gerold Adam in Konstanz in seiner Antrittsvorlesung zu jener Zeit zum Ausdruck brachte, nämlich daß Blut letztlich verdünntes Meerwasser ist (6). 

1972 - Das "Mannheimer Forum" wird begründet

Zeitlich parallel dazu wurde ab 1972 die herausgegebene wissenschaftliche Konzern-Zeitschrift in das ebenso bedeutende Jahrbuch "Mannheimer Forum" (Wiki) umgewandelt. von Ditfurth war nun längst nicht mehr leitender Angestellter des Konzerns. Auch dieses Jahrbuch begann wieder mit einem Beitrag von Konrad Lorenz ("Wissenschaft, Ideologie und das Selbstverständnis unserer Gesellschaft. Kritische Anmerkungen zur "empty organism"-Doktrin der behavioristischen Schule"). Im selben Jahrbuch findet sich ein Beitrag des Lorenz-Schülers Bernhard Hassenstein und einer des Begründers der Biophysik, nämlich von Max Delbrück. Außerdem findet sich ein Beitrag des bedeutenden britischen Archäologen James Mellaart. Wie begeisternd es doch ist, die Treffsicherheit des Hoimar von Ditfurth zu beobachten darin, einige der wirklich bedeutendsten damaligen Vertreter der  jeweiligen Fachbereiche für Beiträge auszuwählen.

Im nächsten Jahr kommt im Jahrbuch Manfred Eigen zu Wort. Im darauffolgenden der Psychologe Hans Jürgen Eysenck. Im darauffolgenden Jahr Karl R. Popper. 

Im September 1973 geht Hoimar von Ditfurth in einer Folge der Sendereihe "Querschnitte" der Frage nach "Wie wahrscheinlich ist außerirdisches Leben?". (Antwort damals vermutlich: sehr wahrscheinlich.) Ein Jahr später erscheinen die Sendungen in Buchform. Im Inhaltsverzeichnis erhalten wir einen Überblick zu dem Inhalt dieser letztgenannten Sendung (Dith.):

Planet auf Bahn - Kanäle auf dem Mars - Überraschende Funkbilder - Das neue Marsrätsel - Höllische Zustände auf der Venus - Rahmenbedingungen für das Leben - Wie wahrscheinlich war irdisches Leben? - Automatische Lebenssuche - Ein Dorf in der Milchstraße.

Zu diesem Thema gibt es natürlich heute schon wieder einen ganz anderen Kenntnisstand. Im selben Buch findet sich das tief philosophische Kapitel (Dith.):

Mimikry: Verstand ohne Gehirn - Die älteste Methode, sich unsichtbar zu machen - Anpassungskünstler auf dem Meeresboden - Auffallen um jeden Preis - Wer blufft, braucht keinen Stachel - Wie entsteht Mimikry? - Der rettende Augenblick - Wölfe im Schafspelz - Mimikry in der Werbung.

Die Frage, wie Mimikry entsteht, ist bis heute nicht wirklich klar (7). Ein weiteres Kapitel behandelt die damalige Intelligenzforschung (Dith.):

Gedanken über Intelligenz - Intelligenztests bei Kindern - Schulzeugnis und Intelligenz - Lese- und Rechtschreibschwäche - Hirnströme als Intelligenzmesser - Intelligenztests bei Erwachsenen - Der Intelligenzquotient - Künstliche Intelligenz - Ererbt oder anerzogen? - Affen in der Schule - Intelligenzunterschiede schon bei Geburt? - 1,3-Liter-Denkmaschine.

Ob auch hier schon jene berühmte Minnesota-Studie zur Zwillingsforschung des Forschers Bouchard behandelt ist, auf die der Autor dieser Zeilen erstmals hingewiesen wurde durch eine begeisternde Querschnitt-Sendung (siehe unten), stehe dahin. Mit aktuellerem Interesse (Stichwort: sogenanntes "False-Memory-Syndrom") wird man vielleicht auch noch einmal gerne in das Kapitel hineinschauen (Dith.):

Künstliche Erinnerungen - Angeborene Erfahrungen - Die Grundlagen der Instinkte - Erworbene Erfahrungen - Erinnerungen aus der Spritze - Dunkelangst - chemisch geschrieben - Sprachkurse durch Injektion? - Gedächtnis und Erfahrung.

1975 erschien der Aufsatzband "Evolution", in dem viele wertvolle Aufsätze aus der Zeitschrift (unter anderem von Lorenz, Wickler, Dobzhansky, König) einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. von Ditfurth schreibt in der Einleitung zu diesem Buch (Dith.):

Den Anfang macht Konrad Lorenz mit einem seinerzeit stark beachteten Aufsatz "Über die Wahrheit der Abstammungslehre", der wahrscheinlich besten und umfassendsten Darstellung dessen, was "Darwinismus" eigentlich ist, die es heute in deutscher Sprache gibt. Den Autor, der durch zahlreiche, auch populäre, Veröffentlichungen bekannt wurde und für seine verhaltensphysiologischen Untersuchungen 1973 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, braucht man kaum vorzustellen.

Immerhin, 15 Jahre zuvor hatte Hoimar von Ditfurth diesen Autor noch gar nicht gekannt, obwohl er damals Hochschullehrer für Psychiatrie werden wollte ... Und zu dem Dobzhansky-Aufsatz schreibt er:

"Sind alle Menschen gleich erschaffen?" Mit dieser Frage stellt sich der Verfasser, international renommierter Genetiker an der University of California, dem provozierenden Widerspruch zwischen der moralischen Forderung nach der Gleichberechtigung aller Bewohner dieses Planeten und der unbestreitbaren Tatsache ihrer genetischen Verschiedenheit.

1976 erschien dann das so außerordentlich wichtige Buch "Der Geist fiel nicht vom Himmel", ein Buch, das der Autor dieser Zeilen einstmals 1995 im Doktoranten-Seminar des weltoffenen Professors August Nitschke (1926-2019) (Wiki) in Stuttgart vorgestellt hat. Der Autor dieser Zeilen suchte damals einen Weg aus der Zeitgeschichtsforschung, in der er seine Magisterarbeit erarbeitet hatte, hinüber in den Bereich der "Historischen Anthropologie", der er - auch mit diesem Referat - ein naturwissenschaftliches Fundament zu geben bestrebt war, ein Unterfangen allerdings, das noch heute, 25 Jahre später, keine gar zu auffallenden Fortschritte gemacht hat.

Fortschritte in diesem Bereich würden auch ein umfangreicheres emotionales Engagement erfordern, da unsere Gesellschaft noch heute nicht wirklich auf solche Fundamente hin ausgerichtet ist. Sondern - wie eingangs betont - im "Delta der Beliebigkeit" zu versinken geradezu bestrebt ist. Ja, der Autor dieser Zeilen muß sich das in Erinnerung rufen. Deshalb schreibt er diesen Beitrag. Die "Generation Hoimar von Ditfurth" hat ein Erbe hinterlassen, dem gerecht zu werden als echte Herausforderung angesehen werden kann. Die Errungenschaften der "Generation Hoimar von Ditfurth" wirken auf vielfältigen Wegen hinein in das Leben und Schicksal der auf ihr folgenden Wissenschaftler-Generation, ob letztere nun gewillt ist, sich das bewußt zu machen oder ob sie eher gewillt ist, das Wissen darum zu verdrängen und zu ignorieren.

Es sind vor allem die von der vorhergehenden Generation erarbeiteten Erkenntnismöglichkeiten, die so stark nach zweierlei Richtung hin wirken. -

Im Januar 1977 behandelt eine Folge der Sendereihe "Querschnitte" das Thema "Vom Ursprung des Denkens". Womöglich wurden hier Grundgedanken der Evolutionären Erkenntnistheorie nach Konrad Lorenz behandelt, also des grundlegendsten Selbstverständnisses der Wissenschaftsvermittlung durch Hoimar von Ditfurth.

1978 - Die Sendung über Zwillingsforschung wird ausgestrahlt

Am 1. Februar 1978, einem Mittwoch, wird im ZDF in der Sendereihe "Querschnitte" die Folge 41 ausgesendet mit dem Titel "Diktatur der Gene". Damals war der Autor dieser Zeilen 12 Jahre alt und er kann sich sehr gut an den starken Eindruck erinnern, den diese Sendung, die im Familienkreis angesehen wurde, auf ihn gemacht hat. Es wurde über getrennt aufgewachsene eineiige Zwillinge berichtet, die im Rahmen der Minnesota-Zwillingsstudie von Professor Bouchard erforscht wurden. Und es wurden hier eindrucksvollste Beispiele angeführt. Es wäre schön, wenn diese Sendung der Öffentlichkeit frei zur Verfügung stünde. Sie enthält Erkenntnisse, die auch heute noch "umstürzend" genannt werden können.

Im selben Jahr kam ein zweiter Buchband mit den Inhalten der Querschnitt-Sendungen auf den Markt. Ein Kapitel darin ist wiederum mit einem bis heute hoch aktuellen Thema befaßt (Dith.):

Unsterblichkeit wird nicht geboten. Probleme der Alternsforschung - Wie alt wurden die Römer? - Leben die Großen länger? - Das Hayflick-Phänomen - Unsterblichkeit ist tödlich - Biochemischer Müll - Fehler oder Programm - Eingriff in die Teilungsuhr - Teure Altersbremsen - Tiefgekühlte Abwehrzellen - Im Falle der Unsterblichkeit.

Hoimar von Ditfurth hat sich in diesen Jahren nicht nur mit Erich von Däniken angelegt - in seiner Sendung über die Pyramiden, in der er ihn sogar ausführlicher zu Wort kommen läßt (8) - sondern auch mit den Astrologen. Im Zusammenhang damit kam es sogar zu Gerichtsverfahren. Es ist übrigens immer herrlich, wenn man sieht, wie von Ditfurth über all die Psi- und "Parawissenschaften" spricht. In seiner Generation war diesbezüglich die Welt noch einigermaßen in Ordnung und versandete noch nicht im Delta der Beliebigkeit, sondern bewahrte sich klare Urteile.

1978 erschien ein weiterer Aufsatzband, in dem nicht nur der bedeutende Schweizer Biologe Adolf Portmann zu Wort kam, sondern auch - neuerlich - Wolfgang Wickler, Konrad Lorenz, sowie - zum ersten mal - I. Eibl-Eibesfeldt, Georg G. Simpson und andere bedeutende Evolutionsforscher (Dith.). Auch der Botaniker Karl Mägdefrau kam zu Wort mit dem Aufsatz "Die Geschichte der Pflanzen". Es war das das Thema der mündlichen Prüfung im Fach Botanik im Ersten Staatsexamen gewesen, das sich der Autor dieser Zeilen dafür wählte, weil er damals - und bis heute - unglaublich fasziniert war von diesem Thema, insbesondere schon damals von den auffälligen "Konvergenten Evolutionen" zwischen Pflanzen und Tieren im Bereich der Fortpflanzung, die zu erwähnen selbst Simon Conway Morris bislang nicht wagte (unseres Wissens nach).

1979 bricht Hoimar von Ditfurth im "Spiegel" eine Lanze für die Evolutionäre Erkenntnistheorie (10).

1978/79 kommt im "Mannheimer Forum" der Paläontologe Heinrich K. Erben zu Wort. 1980/81 der Chemiker und Nobelpreisträger Ilya Prigogine, der Erforscher Komplexer Systeme (Chaostheorie). Im Jahrbuch von 1983/84 kam dann der schon erwähnte, so wichtige US-amerikanische Zwillingsforscher Thomas J. Bouchard auch in Schriftform im "Mannheimer Forum" zu Wort ("Genetische Aspekte menschlicher Individualität", über dessen Minnesota-Projekt Hoimar von Ditfurth ja schon 1978 eine Querschnitt-Sendung gemacht hatte. Im gleichen Heft kommen der britische Astrophysiker Paul C. Davies und der deutsche Ägyptologe Jan Assmann zu Wort. Kann man mehr "klingende" Namen, die für ein breiteres Spektrum wissenschaftlicher Themen stehen, an einem Ort zusammen bringen als es Hoimar von Ditfurth damals tat? Wohl kaum. Dieses Jahrbuch "Mannheimer Forum" steht noch heute einzigartig da in der Wissenschaftslandschaft.

Im englischsprachigen Bereich gibt es bis heute "Science" und "Nature" und "Scientific American" und "New Scientist". Im deutschsprachigen Bereich gab es - einstmals - das "Mannheimer Forum". An dieses "Mannheimer Forum" reichen alle heutigen Veröffentlichungen von "Spektrum der Wissenschaft" oder "Bild der Wissenschaft" nicht wirklich heran, so wie die Sendungen des Harald Lesch niemals an die Sendungen des Hoimar von Ditfurth heranreichen werden. Es fehlt hier einfach immer die eingangs angesprochene angemessene wissenschaftlich-philosophische Grundhaltung. Die genannten deutschsprachigen Publikationen sind thematisch so aufgestellt, als würden sie zwar in der Regel Technik- und Wissenschafts-Interessierte befriedigen wollen, nur allzu selten aber Philosophie-Interessierte. - Dieser Umstand kann einem viel zu denken geben.

Im nächsten Jahrbuch antwortete dann der deutsche Humangenetiker Friedrich Vogel auf den Bochard-Artikel des Vorjahres. Damals gab es noch keine gar zu krassen halben oder Dreiviertel-Tabus gegenüber der modernen Erforschung angeborener Intelligenz- und Verhaltensunterschiede. 1985/86 kommt im Mannheimer Forum Max Delbrück sogar ein zweites mal zu Wort. Max Delbrück war übrigens von derselben wissenschaftlich-philosophischen Grundhaltung geprägt wie Hoimar von Ditfurth, wie Konrad Lorenz.

1981 - "Wir sind nicht nur von dieser Welt"

Auf Wikipedia wird dann über den Umgang Hoimar von Ditfurths mit den für die Wissenschaft nicht mehr zugänglichen Bereichen der Welt, also für die nicht vollständig rational erfaßbare Welt - unter Verweis auf das Ditfurth-Buch "Wir sind nicht nur von dieser Welt" (1981) - folgendes Wertvolle ausgeführt (Wiki):

Er sah sowohl im Kosmos selbst als auch in der Psyche gleichsam Hinweise auf eine nicht mehr wissenschaftlich zugängliche, sich „dahinter verbergende Wirklichkeit“, für die er den religiösen Begriff des „Jenseits“ benutzte. Ein weiterer Ausgangspunkt für diese Hypothese, die er als solche auch kennzeichnete, waren für ihn die Erkenntnisse der Relativitätstheorie und der Quantenphysik (...). Ditfurth ging davon aus, daß sich hinter unserer erkennbaren und erlebbaren Welt eine jenseitige, „transzendentale Wirklichkeit“ befinde, die (...) auf die erkennbare Wirklichkeit einwirken könne.

Das sind starke Sätze. Sie gelten auch für Konrad Lorenz und für viele andere, die neben wissenschaftlichen Interessen außerdem noch philosophische Interessen aufweisen. Eine ähnliche Grundhaltung findet sich dementsprechend dann auch in dem zwei Jahre später veröffentlichten Buch von Konrad Lorenz wieder, nämlich in "Der Abbau des Menschlichen". Die "Generation Hoimar von Ditfurth" - erst in ihr formte sich - einigermaßen abschließend - das Weltbild der Zukunft.

1984 - Sind wir doch allein im All?

1984 setzt sich Hoimar von Ditfurth im "Spiegel" mit der These des deutschen Paläontologen Heinrich K. Erben (1921-1997) auseinander, daß wir allein im All wären (10). Erben war zu einer gegensätzlichen Einschätzung diesbezüglich als von Ditfurth gelangt. Und bei dieser Gelegenheit sieht man zum ersten mal, daß Hoimar von Ditfurth auch ganz schön angefressen schreiben konnte. Die letzten Worte lauten hier (10):

"Die Antwort der Evolutionsbiologie", wie der Untertitel es verheißt? Wohl kaum. Eher die Antwort eines Mannes, der sich entsetzlich geärgert hat und dessen Argumente von den Spuren dieses Ärgers tiefer gezeichnet sind, als ihnen gut tut.

Womöglich schreibt Hoimar von Ditfurth hierbei aber auch über sich selbst? Schon zu Anfang dieser Buchbesprechung hatte er geschrieben (10):

Mein anfängliches Vergnügen wich nach wenigen Kapiteln indessen zunehmendem Verdruß. Nicht deshalb, weil ich das Pech habe, zu den vom Autor vehement attackierten Fürsprechern der "exobiologischen Hypothese" zu gehören. (...) Verdrießlich stimmte mich die Lektüre vielmehr wegen eines zentralen Widerspruchs der Argumentation und wegen einer das ganze Buch durchtränkenden polemischen Attitüde, die so überzogen ist, daß der Autor sich damit selbst im Wege steht. 

Womöglich hat Hoimar von Ditfurth sogar recht. Aber man sieht schon: Diese bis heute ungeklärte Frage hat da zwei Männer der Wissenschaft - gleichen Jahrgangs!!!! - ganz schön umgetrieben in "Ärger und Verdruß".

Aber wenn man die Aufsätze von Hoimar von Ditfurth im "Spiegel" insgesamt liest, wird einem erst bewußt, daß man Aufsätze von solchem Niveau im "Spiegel" eigentlich zu keinem Zeitpunkt in den letzten 40 Jahren bewußt gelebten Lebens erwartet hatte, weil man sie - sonst - dort auch so gut wie nie erlebt hat. Was für ein riesiges, hohes Niveau im Vergleich zu dem sonstigen Schund, den man in solchen Zeitschriften in der Regel antrifft für - sogenanntes - "Bildungsbürgertum".

Die Generation Hoimar von Ditfurth

Fassen wir zusammen: Die Generation von "Hoimar von Ditfurth" wollte noch das für sich klären, was damals zu klären war. Nämlich die grundlegende Verhältnisse, wie menschliche Erkenntnis zustande kommt, und wie das Zustandekommen zu deuten ist, die Frage, ob es eine real existierende Außenwelt gibt und in welchem Verhältnis das innere Erleben des Menschen zu dieser real existierenden Außenwelt steht. Mit der "Generation von Hoimar von Ditfurth" waren diese Fragen dann eigentlich geklärt.

Heute wird - soweit übersehbar - in der Philosophie nur noch selten bestritten, daß es eine real existierende Außenwelt gibt.

Die nachfolgenden Generationen tun nun aber so, als hätten sie keine großen Rätselfragen mehr an die Natur oder an das Wesen der menschlichen Erkenntnis zu richten. Hoimar von Ditfurth suchte noch die Auseinandersetzung mit der Evolutionären Erkenntnistheorie von Konrad Lorenz und war in höchstem Maße erstaunt über das damit verbundene Weltbild. Heute wird es in Nebensätzen so nebenhin abgetan, daß diese Fragen einigermaßen abschließend "geklärt" wären.

Ein Zweig, der heute von Philosophen als besonders wichtig angesehen und behandelt wird, ist die "Philosophie des Geistes" (Wiki), die Frage nach der Natur des menschlichen Bewußtseins und des menschlichen, geistigen Lebens in seinem Verhältnis zur körperlichen, materiellen Welt. Es fragt sich, ob hier nicht im Wesentlichen Scheinprobleme erörtert werden. Dasselbe gilt für all die sprachanalytischen Ansätze, deren Zielrichtung man schon in den Schriften von Werner Heisenberg klar kritisiert findet. Denn schon Werner Heisenberg hat darauf hingewiesen, daß ein naturwissenschaftlicher Sachverhalt, der mathematisch klar ist, deshalb noch lange nicht in der menschlichen Sprache ebenso klar "zur Sprache" gebracht werden kann.

Viele in diesem Beitrag angerissenen Gedankengänge sollen in künftigen Beiträgen fortgesetzt und vertieft werden. Ja, das kann gesagt werden, daß dieser Blog es als seine Aufgabe ansieht, den Geist der "Generation Ditfurth" lebendig zu erhalten, damit aus ihm heraus neue Höhen wissenschaftlicher und philosophischer Erkenntnisse gewonnen werden können.

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*) Sein Erinnerungs-Buch (2) enthält übrigens eine Fülle von Beobachtungen und moralischen Bewertungen zu Fragen von Politik und Zeitgeschichte rund um das Dritte Reich und seine Folgen. Diese Teile des Buches scheinen selbst schon wieder vom Zeitgeist des Jahres 1989 angehaucht zu sein und deshalb heute in vielen Aspekten auch schon wieder überholt zu sein. Um ihrer willen ist das Buch jedenfalls gewiß nicht sonderlich lesenswert, enthalten sie doch nur die üblichen Allgemeinplätze, die man als anpassungswilliger und anpassungsbereiter Deutscher seiner Generation äußern sollte, wenn man berufliche Nachteile vermeiden wollte. Nur selten wird an diesem Lack gekratzt, etwa wenn von Ditfurth das "Erbe des Neandertalers" anhand der angeborenen Emotionen der Gruppensolidarität erörtert, die bezüglich des gesellschaftlichen Ansehens des Soldaten im Kampfeinsatz während des Zweiten Weltkrieges natürlich auch in Deutschland und in seiner eigenen Familie abrufbar waren, und die dafür sorgten, daß er als Student in dieser Zeit immer ein wenig das Gefühl eines schlechten Gewissens zurück behielt dafür, daß er studierte statt an der Front zu stehen. Darüber Rechenschaft abzulegen, ist immerhin redlich. Ob er als wissenschaftlich gebildeter US-Amerikaner, Brite oder Russe diese Emotionen der Gruppensolidarität aber mehr oder weniger abwertend als "Erbe des Neandertalers" charakterisiert hätte, wird doch stark infrage gestellt werden dürfen.

/ Begonnen: 10.12.2020 /

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  1. Bading, Ingo: Überlegungen zur Glaubwürdigkeitskrise der modernen Wissernschaft - "911 aus der Sicht der Physik" und "Covid 19 aus der Sicht der Medizin"  Was haben beide miteinander zu tun?, 2.12.2020, https://studgenpol.blogspot.com/2020/12/911-aus-der-sicht-der-physik-und-covid.html.
  2. Ditfurth, Hoimar von: Innenansichten eines Artgenossen. Meine Bilanz. dtv München 1989 
  3. Ditfurth, Hoimar von: Amoklauf eines Einäugigen - Besprechung des Buchs "Adam und der Affe" von Peter Bamm. In: Der SPIEGEL Nr. 05, 1970, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45226360.html.
  4. Ditfurth, Hoimar von: Eine Reise in die Vergangenheit. 1. Folge der Sendereihe "Querschnitt durch die Wissenschaft", eine Produktion des ZDF, Erstausstrahlung 18.1.1971, https://youtu.be/j6EfZseJIfk, https://youtu.be/MY9KeM5B1MA, https://youtu.be/m9QgnbLZHpI, https://youtu.be/dbhwCTX0xz8.
  5. Ditfurth, Hoimar von: Pflanzen - die heimlichen Herrscher, 11. Folge der Sendereihe "Querschnitt durch die Wissenschaft", ZDF, Erstausstrahlung 6.11.1972, https://youtu.be/Q2krQTBnCcg.
  6. Adam, Gerold: Die Steuerung des Ionentransportes durch die Zellmembran. Druckerei u. Verlagsanst. Konstanz Universitätsverl. Konstanz 1970
  7. Bading, Ingo: "Epigenetik und die Evolution der Instinkte", 2017, https://studgendeutsch.blogspot.com/2017/10/sind-instinkte-durch-punktmutationen.html
  8. Ditfurth, Hoimar von: Das Geheimnis der Pyramiden. Sendereihe "Querschnitte", 1976, https://youtu.be/t_t7tTZuJGc.
  9. Ditfurth, Hoimar von: An der Grenze zwischen Geist und Biologie - Besprechung des Buchs "Biologie der Erkenntnis" von Rupert J. Riedl. In: Der SPIEGEL Nr. 40, 1979, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-39868836.html.
  10. Ditfurth, Hoimar von: Der Mensch - einzig denkendes Wesen im All? - Besprechung des Buchs "Intelligenz im Kosmos?" von Heinrich K. Erben. In: Der SPIEGEL Nr. 27, 1984, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13508110.html.

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