Samstag, 3. November 2007

Gruppenselektion und kulturelle Evolution

In der Blogszene von Werbeleuten wird die "Memetik" im Zusammenhang mit der kulturellen Gruppenselektion im Sinne von Boyd und Richerson diskutiert. Dabei wird der Begriff "Rassismus" etwas inflationär und unpräzise verwendet. Ein Markus Roder äußert dort (Werbeblogger):

(...) Ich teile Deine Abneigung gegen Rassismus. Aber wie Du z.B. bei Michael Shermer oder in den Werken von Boyd & Richerson zum Thema “Gruppenselektion” sehr schön nachlesen kannst, ist Rassismus auch evolutions- und neuropschologisch “vorprogrammiert”.

Unser Hirn ist dank genetischer (nicht memetischer ;) Evolution darauf optimiert, Meme zu bevorzugen, die Gruppen-Zusammenhalt und Gruppen-Kooperation fördern - das beinhaltet tolle Sachen wie Altruismus und spieltheoretisch belegbares “Tit-for-Tat-Verhalten”, aber leider auch den Ausschluss scheinbar fremder Gruppen, wie im Rassismus oder in Religionskriegen praktiziert.

Das ist mit wenigen Worten gut zusammengefaßt. Aber man kann anstatt des Begriffes "Rassismus" auch neutraler den Begriff "Ethnozentrismus" verwenden. Eine ingroup-/outgroup-Unterscheidung kann human oder inhuman oder tendenziell inhuman geschehen, ist aber nicht per se inhuman, sondern wahrscheinlich sogar etwas, was den Menschen erst zum Menschen macht, bzw. gemacht hat (eben via Gruppenselektion).

Ingroup-/Outgroup-Unterscheidungen gibt es ja auf allen Ebenen gesellschaftlichen Zusammenlebens, nicht nur im Zusammenhang mit vordergründig genetischen Unterschieden zwischen Menschen, sondern auch schon im Zusammenhang mit weltanschaulichen oder politischen Unterschieden, also "memetischen".

Aus der "Memetik" würde ich übrigens kein wissenschaftliches Grundsatz-Programm machen. Es handelt sich einfach um die Evolution, bzw. Geschichte (Neubildung, Ausbreitung, Aussterben) kulturell weitergegebener Merkmale, Verhaltensweisen etc., wie sie ja schon traditionell von den Geisteswissenschaften seit Jahrhunderten beschrieben und erforscht werden.

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