Freitag, 1. Juni 2007

Krippen und ADHS - (k)ein Zusammenhang?

Daß ADHS so viel häufiger in den neuen als in den alten Bundesländern vorkommt, muß nicht unbedingt oder vorwiegend etwas mit einer dortigen weitaus häufigeren Krippen-Kinderzeit zu tun haben. Aber wer wollte so frischweg behaupten, daß es damit überhaupt nichts zu tun hätte? Ganz bestimmt niemand. - Merkwürdig deshalb schon, daß das niemand bei den möglichen Ursachen mit aufzählt. (Welt, Berliner Zeitung) - In jedem Fall zeigt es, daß es noch mehr als nur genetische Ursachen geben muß, denn so stark genetisch unterschiedlich werden Kinder östlich und westlich der Elbe nicht sein.

.... Der Studie zufolge werden Jungs im Osten fünfmal so häufig wegen ADHS stationär behandelt als Mädchen. Gegenüber den Jungs in den westlichen Ländern liegt die Rate bei den ostdeutschen Jungs insgesamt dreimal so hoch: Kommen im Osten auf 100 000 Einwohner statistisch gesehen 25,3 ADHS-Jungs, so sind es im Westen nur 8,7. Die höchste Rate wurde in Brandenburg verzeichnet, gefolgt von Thüringen und Sachsen-Anhalt. Den niedrigsten Wert ermittelte Studienleiter Professor Andreas Stang, Leiter der Medizinischen Epidemiologie der Universität Halle, in Hamburg. Er hat die bundesweite Krankenhausdiagnosestatistik ausgewertet. (...)

Stang spricht von "umweltbedingten Faktoren" als möglicher Ursache: "Beispielsweise könnten soziale Risikofaktoren für ADHS wie niedrige soziale Schicht, insbesondere der Mutter, Alkoholprobleme beim Vater sowie weitere psychosoziale Faktoren in Ostdeutschland als Folge der deutlich höheren Arbeitslosigkeit und möglicherweise auch häufigeren sozialen Entwurzelung nach der Wiedervereinigung häufiger vorkommen als in Westdeutschland." Denn auch bei anderen Erkrankungen, die auf diese Faktoren zurückzuführen seien, habe sich gezeigt, so Stang, dass diese in Ostdeutschland häufiger auftreten als in den westlichen Bundesländern.

ADHS-Kinder sind unkonzentriert, wirken überdreht und sind leicht ablenkbar, sie handeln unüberlegt, unorganisiert und haben eine niedrige Frustrationstoleranz. Zudem tragen sie ein höheres Risiko für andere psychiatrische Erkrankungen. Auch die Gefahr des Drogenmissbrauchs ist bei diesen Kindern deutlich erhöht. (...)

Was den meisten Kindern fehle, seien "feste Strukturen", sagt er. Hüther rät daher: "Es ist zum Beispiel schon eine strukturgebende Maßnahme, das Kind anzuschauen, vielleicht sogar anzufassen, wenn man mit ihm spricht. Dadurch merkt das Kind, dass es bedeutsam ist. Und Bedeutsamkeit ist eine Struktur. Man sollte im Familienleben auf feste Strukturen achten. Gibt es gemeinsame Mahlzeiten, Einschlafrituale? Rituale sind für Kinder extrem wichtig, sie sind strukturbildend."


Feste Strukturen? Die festeste Struktur wäre, so möchte man meinen, zunächst schon einmal eine gute Mutter-Kind-Bindung, bzw. Vater-Kind-Bindung. Auch über die Einflüsse von "Bildschirmen" (Fernsehen etc.) wird hier nichts gesagt. Es scheint jedenfalls, als ob eine innere Ruhe, ein inneres Gleichgewicht gänzlich verloren gegangen ist.

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