Freitag, 11. Oktober 2024

Brückenkopf Nikopol Februar 1944 - Abschnürung und Ausbruch

Verteidigung und Räumung des Brückenkopfes Nikopol durch das Armeekorps Schörner
- Die Schlacht am Unteren Dnjepr 1943/44 - Teil 3

Der Kampf um den Brückenkopf Nikopol zwischen November 1943 und Februar 1944 hätte - wenn es nach dem Willen des befehlenden Generals Erich von Manstein gegangen wäre - nicht mit dem Verlust alles eingesetzten deutschen Materials an schweren Waffen und Fahrzeugen, der Ausrüstung von elf Divisionen enden müssen so wie es dann Mitte Februar 1944 geschehen ist, da die Fahrzeuge auf dem Rückzug im Schlamm stecken geblieben sind und aufgegeben werden mußten. Manstein hatte eine rechtzeitige Räumung des Brückenkopfes vorgeschlagen. Der Oberbefehlshaber Adolf Hitler hatte sich dagegen entschieden.

Abb. 1: "Nikopol 1944" (Reibt) - Deutsche Panzer - vermutlich auf dem Weg, die Durchbrüche der Sowjets von Norden her auf den Brückenkopf zu stoppen oder zu verlangsamen

Im folgenden soll ein grober Überblick über die Abläufe gegeben werden. Es wird deutlich werden, daß an vielen Stellen noch viele Einzelheiten hinzugefügt werden könnten. Zu viele Divisionen waren beteiligt. Zu wechselnd das Bild, an zu vielen unterschiedlichen Orten gleichzeitig vollzog sich das Geschehen.

Aber es haben sich doch auch erstaunlich viele Amateur-Fotografien von deutschen Soldaten aus den Kämpfen rund um Nikopol - und zum Teil auch Kriwoi Rog - erhalten. Sie werden gegenwärtig von ukrainischen Lokalhistorikern vor Ort gesammelt (s. z.B. Reibert). Auch viele Todesanzeigen von gefallenen deutschen Soldaten in deutschen Zeitungen, die in der Region gefallen sind, sind da zusammen gestellt. Zumindest für Kriwoi Rog wird auch die deutsche Besatzungszeit von örtlichen Historikern, Journalisten und Interessierten aufgearbeitet. Das von Lokalhistorikern gezeichnete Bild ist da mitunter doch facettenreicher ist als man es bislang gekannt und vermutet hatte.

Eine erste Phase der freundlichen Zusammenarbeit zwischen den Deutschen und den ukrainischen Nationalisten bis Winter 1942, die eine umfangreiche Förderung des ukrainischen Kultur- und Bildungswesens mit einschloß, wird da unterschieden von einer zweiten Phase, in der man deutscherseits den Ukrainern keine Schulbildung mehr über das 14. Lebensjahr hinaus zugestehen wollte (Literatur dazu schon im letzten Beitrag).

Zu der deutschen Besatzungspolitik innerhalb der Ukraine gibt es also auf den ersten Blick kein einheitliches Bild. Offenbar sind die ukrainischen Nationalisten - im Gegensatz zu der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit Erich Ludendorff im Jahr 1918 - im Jahr 1941 sehr früh auf sehr deutliche Distanz gegangen zu einer Zusammenarbeit mit den Deutschen. Sie wurden von deutscher Seite vor den Kopf gestoßen, als gleich am Anfang des Krieges gegen die Sowjetunion deutlich wurde, daß von deutscher Seite aus die Gründung eines ukrainischen Staates nicht vorgesehen war. Dieser Umstand spiegelt sich unter anderem in der Geschichte des Bataillons Nachtigall (Wiki) wieder. Auf dem ukrainischen Wikipedia-Artikel zur "Organisation ukrainischer Nationalisten" (OUN) wird all das schon vergleichsweise differenziert dargestellt (Wiki):

Deutschen Dokumenten zufolge änderte sich die Situation nach (einer Zeit) der loyalen Haltung der OUN und einer gewissen Zusammenarbeit mit der "Abwehr" (dem deutschen militärischen Geheimdienst) in der Anfangszeit des Zweiten Weltkriegs im August-September 1941 radikal. Die erste Welle von Massenverhaftungen von Mitgliedern der OUN(b) erfolgte auf geheimen Befehl des Chefs des RSHA, Reinhard Heydrich. 1.500 Menschen wurden verhaftet, mehrere Hundert davon in Wolhynien. Bis November 1941 hatten sich die Beziehungen zwischen der OUN (b) und Deutschland so stark verschlechtert, daß am 25. November 1941 eine geheime Weisung der deutschen Polizei „014-UdSSR“ erlassen wurde, aus der hervorgeht, daß die Gruppe um Bandera einen Aufstand im Reichskommissariat vorbereiten würde und daß alle als Plünderer zu verhaften, zu verhören und zu eliminieren seien.

In Kriwoi Rog dauerte allerdings die freundschaftliche Zusammenarbeit - nach den örtlichen Historikern - zumindest was die Förderung des ukrainischen Kultur- und Bildungssektors von deutscher Seite aus betrifft, noch bis zum Winter 1942 an. Auf solche Umstände ist unserer Kenntnis nach in der deutschen öffentlichen Berichterstattung noch nie hingewiesen worden. Vielleicht ist das in deutschsprachiger wissenschaftlicher Spezialliteratur vergraben. Am ehesten finden sich noch Hinweise z.B. auf die 14. Waffen-SS-Grenadier-Division „Galizien“ (Wiki), deren Angehörige Ende 1943 im Raum um Lemberg rekrutiert worden sind, und an die vor Ort gelegentlich in den letzten Jahren noch erinnert wird (Welt/oD).

Der Angriff zum Abschnüren des Brückenkopfes Nikopol ab 30. Januar 1943

Aber nun zu den deutschen Verteidigungsbemühungen im Brückenkopf von Nikopol 1943/44. An der Nordfront des Brückenkopfes Nikopol verteidigte nordöstlich von Kriwoi Rog das LVII. Panzerkorps, an dessen rechtem Flügel die 62. Inf. Div. stand, sowie beiderseits der Ortschaft Sofijewka (Wiki) (GMaps) am Fluß Kamenka die hessische 15. Inf. Div. (letztere mit ihrem 106. und 81. Gren. Reg.). Dann folgte weiter östlich das deutsche XXX. Armeekorps mit der 123. Inf. Div. (nicht eingezeichnet) und der 16. Pz.Gren.Div. an seinem linken Flügel (Willmer1968) (s. Abb. 2). Beim XXX. Armeekorps wurde Ende Januar von deutscher Seite her entsprechend der Feindaufklärung der gefährlichste, massivste Durchbruch erwartet.

Abb. 2: Der Angriff an der Nordfront des Brückenkopfes am 30. Januar 1944 auf das LVII. Panzerkorps und das XXX. Armeekorps - Von Westen nach Osten gehörten zum LVII. PzK die 62. Inf. Div. und die 15. Inf. Div. (mit 106. und 81. Gren. Reg.). Dann folgt das XXX. AK mit 123. Inf. Div. (nicht eingezeichnet) und 16. Pz. Div. (aus: Willmer1968)

Nach einer Divisionsgeschichte der 15. Infanterie-Division aus dem Jahr 1968 wird festgehalten (n. Willmer1968):

Am 30. Januar 1944 beginnt Punkt 4:00 Uhr bei völliger Dunkelheit mit einem gewaltigen Trommelfeuer die Schlacht. Die Lage der Einschläge war vom Divisionsgefechtsstand Juliewka durch die hellen Aufflammungen genau zu beobachten. Sie lagen in großer Ausdehnung rechts von der 15. I.D. im Abschnitt des XXX. Armeekorps und beim linken Nachbar, der 62. I.D.. Mittendrin lag - "in ein unheimliches Dunkel gehüllt" (Willemer) - der Abschnitt der 15. Infanteriedivision.

Womöglich hatte man sowjetischerseits erkannt, daß der Bereich der 15. Infanteriedivision keine "Schwachstelle" innerhalb der deutschen Front darstellte, da sie als besonders kampfstark galt. Weiter heißt es (n. Willmer1968):

Bei Dämmerungsbeginn legte der Gegner das Artilleriefeuer in die Tiefe und der Angriff begann. Die rechte Nachbardivision der 15., die 123. I.D. wird nur vom Ausläufer des Angriffs getroffen und hält stand. Dagegen gelingt den Sowjets ein Einbruch im Abschnitt der 16. Panzergrenadierdivision, die sich nach rechts an die 123. I.D. anschließt. Auch beim linken Nachbarn der 15., bei der 62. I.D., gelingt dem Gegner der Einbruch. Bald steht er tief im Kampffeld. Der Anschluß der 62. I.D. an das rechts anschließende G.R. 106 geht verloren. Daraufhin bildet das Flügelbataillon des G.R. 106 einen Abwehrhaken und hält so als Eckpfeiler der Front den ganzen Tag über gegen laufende Angriffe stand.

Nun kamen von deutscher Seite Panzer-Einheiten wie solche auf Abb. 1 fotografiert zum Einsatz (n. Willmer1968):

Die 6. Armee setzte daraufhin eine gepanzerte Kampfgruppe, bestehend aus der 9. und 23. Panzerdivision mit wenigen Panzern in Marsch. Diese wird unter dem Befehl der 15. I.D. im Raum der linken Nachbardivision (62.) zum Gegenangriff angesetzt. "Die Division begrüßt diese Entlastung, versteht aber nicht, warum die gepanzerte Gruppe nicht in dem weit gefährlicheren Angriffsraum des XXX. A.K. zum Einsatz kommt." (Willemer, S. 167) (...)
Am 30. Januar setzt Tauwetter ein, so daß die Wege verschlammen und die Zuführung der gepanzerten Eingreifreserve verzögert wird. Der Gegenangriff kommt somit erst am 31. Januar in Gang. Obwohl er nicht voll durch schlägt, werden die sowjetischen Angriffsspitzen zurück geworfen und die Abwehrfront der 62. I.D. gefestigt. Am Abend des selben Tages wird die Panzergruppe dann schließlich doch noch zum XXX. A.K. in Marsch gesetzt. Hier steht der sowjetische Angreifer mittlerweile kurz vor dem Durchbruch. Am 1. Februar 1944 greift der Feind sowohl beim XXX. A.K., bei der 62. I.D. und auch im Abschnitt der 15. I.D. an, deren Divisionsreserven längst auf dem linken Flügel eingesetzt wurden. Die Division kann zwar ihre Stellungen behaupten, muß sich aber mit Rücksicht auf die Gesamtentwicklung auf eine Sehnenstellung zurückziehen. Am 2. Februar tobt der Großkampf auf der gesamten Front; nur mit Mühe kann die 15. I.D. ihre Stellungen halten.

Die sowjetischen Angriffe sind - wie schon erwartet worden war - so massiv, daß die deutsche Front insgesamt zurück genommen werden muß (n. Willmer1968):

Vor allem beim XXX. Armeekorps hat sich die Lage schließlich so verschärft, daß am Morgen des 3. Februar um 3:30 Uhr bei der Division der Befehl zum Zurückgehen eingeht. (...) Die Truppe mußte auf den völlig verschlammten Wegen 7-10 km weit in die rückwärtige Stellung geführt werden. Bei Tagesanbruch war dies geschafft, die ganze Division befand sich abwehrbereit in der Ursula-Stellung.

Nun stand die 15. ID westlich von Juliewka (ukr. Nowojuliwka) (GMaps). 300 Meter westlich des Dorfausgangs vom heutigen Nowojuliewka sieht man auf Google Maps einen Grabhügel. Südöstlich des Dorfes Wyssoke Pole (GMaps) findet sich ebenfalls ein Grabhügel. Vielleicht ist letzterer der "Grabhügel 5,7" auf dem linken Flügel der 15. ID., der, wie wir im folgenden hören werden, "ständig ein Krisenpunkt" bleibt. In der Gegend gibt es aber sicherlich noch weitere Grabhügel, die dafür infrage kommen könnten. 

Abb. 3: Rücknahme der Front der 62. und 15. Infanteriedivision auf die "Ursula-Stellung" nordöstlich von Kriwoi Rog (aus: Willmer1968)

Aber die Notwendigkeit weiterer, umfangreicher Rücknahmen der Front deutet sich an, auf die von der Divisionsführung vorausschauend reagiert wird (n. Willmer1968):

Inzwischen waren aber die Sowjets beim deutschen XXX. Armeekorps durchgebrochen, und der Gegner bedrohte somit die rechte Divisionsflanke. Von dieser Sorge getrieben, ließ die Divisionsführung eine Sehenstellung in der Schleife des Flusses Ingulez südlich von Krivoi Rog erkunden und ausbauen. Außerdem werden alle nicht unbedingt benötigten Trosse als Sicherheitsbesatzung zum Südufer des Ingulez verlegt. So soll verhindert werden, daß die um Krivoi Rog stehenden deutschen Kräfte im Falle eines feindlichen Durchbruches abgeschnitten werden.

Wir wollen hier der Schilderung nicht mehr im einzelnen folgen. Im weiteren Verlauf verteidigte die 15. Infanterie-Division dann am Ostrand von Kriwoi Rog (Abb. 4) und ist dann unter zähen Abwehrkämpfen durch die Stadt Kriwoi Rog zurück nach Westen gegangen. 

Abb. 4: Kriwoi Rog während der deutschen Besatzung - Eine der ersten Farbaufnahmen der Stadt (aus: HistoryKR2023)

Im Wehrmachtbericht wurde die Division in diesen Tagen zum Stolz ihrer Angehörigen zwei mal erwähnt (n. Willmer1968):

"23.2. Die Stadt Krivoi Rog wurde nach erbitterten Kämpfen und nach Zerstörung aller kriegswichtigen Anlagen geräumt."

Und (n. Willmer1968):

"26.2. Im Südabschnitt der Ostfront hat sich die hessische 15. I.D. unter Führung von Generalmajor Sperl hervorragend bewährt."

Soweit können wir bislang mit diesem Bericht an das Kampfgeschehen vor Ort "heranzoomen". In der weiter gefaßten kriegsgeschichtlichen Darstellung von Major Dr. Frenck, festgehalten noch im Mai 1944, werden die geschilderten Ereignisse noch etwas anders dargestellt (Frenck1944, S. 20f):

Am 30.1. um 5.00 Uhr früh trat die sowjetische 3. ukrainische Front (...) an der Nordfront der Armee zu dem erwarteten Durchbruchsangriff zum Dnjepr an. Er nahm am ersten Tag einen unerwarteten Verlauf. Denn sein Schwergewicht lag zwar im Abschnitt des XXX. Armeekorps westlich des Busuluk (...), führte aber gerade dort trotz eines einstündigen Trommelfeuers von stärksten Außmaßen (...) zu keinem Erfolg. Seine nur durch schwächere Panzergruppen unterstützte massierte Infanterie wurde schon in den Bereitstellungen durch das wirksame eigene Artilleriefeuer soweit zerschlagen, daß es zu keinem zusammenhängenden Angriff auf breiter Front kam. (...) Das XXX. Armeekorps mit der 16. Panzergrenadier-Division, der 123. und 46. Infanteriedivision erzielten einen vollen Abwehrerfolg.

Das war - wie wir gesehen haben - von der Führung der 15. Infanterie-Division vor Ort etwas anders eingeschätzt worden. Frenck schreibt dann über die Gegend weiter westlich, und zwar östlich des Flusses Saksahan (Ssakssagan) (Frenck1944, S. 21ff): 

Dahingegen glückte den Sowjets zwischen Selenyj Gai und Kamenopol ostwärts des Ssakssagan mit dem geringen Aufwand von 3 Divisionen ein Überraschungserfolg. Die 62. Infanterie-Division, durch das starke Vorbereitungsfeuer offenbar sehr stark mitgenommen, hielt dem Druck nicht stand und konnte nach Verlust von 1/3 ihrer Gefechtsstärke die 8 km breite und 6 km tiefe Einbruchsstelle gerade noch notdürftig abriegeln.

Die beiden hier genannten Ortschaften finden sich heute unter "Kamjane Pole" und "Selenyi Hai" (GMaps), das heißt, westlich von Sofijewka (heute "Sofijiwka") am Fluß Kamenka. Der Angriff vom 30. Januar 1944 an der Nordfront auf die Sehne des Brückenkopfes und die weitere Entwicklung des Angriffes findet sich auch auf der folgenden Karte dargestellt (Abb. 5).


Abb. 5: Der entscheidende sowjetische Angriff an der Nordfront der deutschen Brückenkopfes Nikopol in Richtung Apostolowo - Er zwang schließlich zur Aufgabe des Brückenkopfes (Wiki)

Frenck schreibt weiter - wir bringen nur grobe Ausrisse aus seiner Darstellung (Frenck1944, S. 21ff):

Die Lage bekam ein völlig verändertes Bild, als der Feind am 31.1. seine örtlichen Einbrüche beim XXX. Armeekorps (...) unter Einsatz von etwa 130 Panzern zu einem 12 km breiten und 4 km tiefen Einbruch nach Süden und Südwesten erweitern konnte. (...) Das XXX. Armeekorps (...) schoß 70 Panzer ab und verhinderte einen Durchbruch.

Dennoch, so Frenck (Frenck1944, S. 21ff) ... 

... stand der Feind damit nur noch 30 km vor den für die Gruppe Schörner, insbesondere den Brückenkopf entscheidenden Verbindungen. (...) Der Flaschenhals am Dnjepr-Knie wurde immer enger. Die Bewegungsfähigkeit aller Fahrzeuge und schweren Waffen näherte sich im Schlamm dem Nullpunkt. Die Infanteristen wateten bis zum Stiefelschaft im Dreck.

Wenn man es recht versteht, befindet sich heute an dem Ort der genannten Kämpfe 12 Kilometer westlich des Busuluk eine sowjetische Kriegsgräberstätte (s. Abb. 7).

Abb. 6: Nordfront des Brückenkopfes Nikopol am 1. Januar 1944 (LdW) - Ganz links die 62. Infanterie-Division zwischen den Flüssen Ssakssagan und Kamenka

Sie befindet sich zwischen den Dörfern Petrowe und Schyroke auf dem Gelände des ehemaligen Dorfes Vysokoye (WCom) (GMaps):

Massengrab sowjetischer Soldaten, die bei der Befreiung gefallen sind im November 1943 - Januar 1944. 5061 Menschen wurden begraben, geborgen in der Steppe zwischen den Dörfern Shiroke (Menzhinka) und Petrovo. (...) Im Zeitraum 2010-2016 wurden 867 Überreste sowjetischer Soldaten begraben.

Siehe auch (Yt). Die künstlerische Gestaltung der Kriegsgräberstätte möchte man sogar als ansprechend charakterisieren (Abb. 7). Ob ihr Pathos allerdings der angemessene Ausdruck für einen Sieg des Kommunismus in der Ukraine ist, mag aus heutiger Sicht doch sehr dahin stehen. Wenn wir die Lagekarte vom 1. Januar 44 richtig lesen, hat in dieser Ortschaft die deutsche 16. Panzergrenadier-Division verteidigt (Abb. 6).

Abb. 7: Kriegsgräberstätte auf dem Gelände des ehemaligen Dorfes Vysokoye, 12 Kilometer westlich des Flusses Basuluk (Wiki)

Der Befehlshaber der Armeegruppe Schörner, General Schörner, hat nun am 1. Februar erneut die Räumung des Brückenkopfes Nikopol beantragt.

Keine Genehmigung zur Räumung des Brückenkopfes, 31. Januar 1944

Immer noch wurde diese nicht erteilt. Es wurde ebenso wenig genehmigt, daß die 3. Gebirgsdivision aus dem Brückenkopf insgesamt heraus gezogen würde (Frenck1944, S. 24):

Die Armee stellte daraufhin die 3. Gebirgsdivision als Reserve in die Tiefe des Brückenkopfes.

Das heißt, die 3. Gebirgsdivision, die südlich von Nikopol und vom dortigen Dnjepr den Brückenkopf verteidigte, dürfte schon zu diesem Zeitpunkt nach Norden über den Dnjepr herüber geholt worden sein. Bei diesem Anlaß werden viele Fotografien entstanden sein (Abb. 8 bis 12). Aber die Verlegung, bei denen viel fotografiert wurde, waren nicht die eigentlichen Kampflagen, die voraus gingen, und die auch sehr schnell wieder folgen sollten. Denn die Lage für die Armeegruppe wurde nun schnell bedrohlicher (Frenck1944, S. 24):

Am 2. Februar verlor die 15. Infanterie-Division Kamenka. (...) Bei Scholochowo war der Flaschenhals bis auf wenige Kilometer zu. 

Das Dorf Scholochowo (Wiki) (GMaps) liegt am Zusammenfluß des Busuluk mit der Solonaja (Ssolenaja). Scholochowo liegt 36 Kilometer nordwestlich von Nikopol auf dem Weg nach Krivoy Rog. Vierzehn Kilometer hinter Scholochow Richtung Krivoy Rog liegt das erwähnte Dorf Kamenka. 

Abb. 8: 3. Gebirgsdivision: "2 cm-Flak auf Selbstfahrlafette der Divisions-Fla-Kompanie. Kampf im Nikopol-Brückenkopf, Winter 1943/44. Alles verschlammt, kaum noch ein Vorwärtskommen"

Bei diesen Gegenden handelt es sich um eine archäologisch inzwischen bestens erforscht Region der Urheimat der Späten Urindogermanen, der Jamanaja-Kultur, der Vorfahren aller heutigen Europäer (s. Stgen2024). Auch auf Wikipedia findet sich die Angabe (Wiki):

In der Nähe von Scholochowo wurden Siedlungen und ein Grabhügel aus der Bronzezeit (III. - Anfang des I. Jahrtausends v. Ztr.) und eine Stätte aus der skythisch-sarmatischen Zeit (IV.-II. Jahrhundert v. Ztr.) entdeckt. In den 1976 ausgegrabenen Hügeln wurden reiche skythische Gräber gefunden. Es wurden Überreste der Siedlung der Tschernjachiw-Kultur des 4. Jahrhunderts entdeckt.

Mit Tschernjachiw-Kultur wird archäologischerseits das Volk der Goten benannt, die sich - zusammen mit ihren sagenhaften Königen - in dieser Region die Schlachten mit den Hunnen lieferten, die sie verloren haben. 

Am 3. Februar 1944 endlich wurde die Aufgabe des Brückenkopfes Nikopol von der obersten deutschen Führung genehmigt. 

Beginn des Abzuges aus Nikopol, 3. Februar 1944

Nächstes Angriffsziel der Sowjets war zu diesem Zeitpunkt schon - nachdem sie Scholochowo und Kamenka eingenommen hatten: Apostolowo (Frenck1944, S. 28):

Die mit schwachen Kräften auf weiter Flur allein kämpfende 9. Panzerdivision verteidigte die Stadt am 5.2. zusammen mit der eingesetzten Heeres-Flak und Alarmeinheiten bis zum letzten Schuß. (...) Erst als die Stadt von Osten und Westen vor der Einschließung stand und die Rohre der Flak nach der letzten Granate gesprengt worden waren, ging die Division mit 7 Panzern, im übrigen ohne Fahrzeuge und Nachrichten-Mittel zu Fuß beiderseits der Bahn hinhaltend kämpfend in Richtung Kronau zurück, um sich dort neu zu ordnen und zu munitionieren.

Hier wird nun wieder ein deutsches Dorf genannt. 

Abb. 9: Handschriftlich steht auf der Rückseite: "Unsere drei Trossfahrzeuge während der Überfahrt über die Nikopolbrücke, 3.2.44" (Reibt)

Es handelt sich um das deutsche Kolonisten-Dorf Kronau (Wiki) (GMaps). Es bis Herbst 1943 Teil der deutschen Mennonitensiedlung Kronau am Inguletz, die zu diesem Zeitpunkt schon eine bewegte Geschichte hinter sich hatte. Als Teil der Gesamtgeschichte der Ukraine im 20. Jahrhundert hatte sie alles erlebt, was es in dieser so zu erleben galt: Bürgerkrieg, Massaker ganzer Dörfer, Hungersnöte, Deportationen der Männer und vieles andere mehr. In einem künftigen Blogbeitrag soll das genauer behandelt werden. Frenck schreibt weiter (Frenck1944):

Die Armee, fast bewegungsunfähig (...), nur noch auf den zu Fuß durch den Schlamm watenden Grenadier, das Tragtier des Gebirgsjägers, das Pferd, die wenigen schlammbeweglichen Panzer und Zugmaschinen sowie auf die Transport-Ju's angewiesen, wandelte zwei bittere Wochen hindurch am Rande des Abgrundes. Himmel und Hölle hatten sich gegen sie verschworen. Die Wegelage steigerte sich von Stunde zu Stunde mehr zur Katastrophe. Im zähen Schlamm blieb ein Kraftfahrzeug nach dem anderen liegen. (...) Ein großer Teil aller Räder-Kraftfahrzeuge im Kampfraum mußte bereits als verloren angesehen werden.

Das Glück der Armeegruppe Schörner war, so schreibt Frenck, daß die Sowjets ihre Angriffsspitzen des Durchbruch-Angriffs teilten - Richtung Kriwoi Rog und Richtung Nikopol. Außerdem blieben sie selbst im Schlamm stecken. So gelang es den Sowjets zwar nicht, den Kessel vollständig abzuschnüren.  

Aber es mußten dennoch schwere und verlustreiche Ausbruchkämpfe am schmalen Durchbruch von Seiten mehrerer jener deutschen Divisionen geführt werden, die auch schon an der Molotschna und an der Südfront des Brückenkopfes in monatelangen schweren Abwehrkämpfen gestanden hatten. So unter anderem in Ortschaften wie Kostromka und Solotaja Balka am Dnjepr-Knie, in denen es heute große sowjetische Kriegsgräber-Gedenkstätten gibt.

Abb. 10: Handschriftlich steht auf der Rückseite: "Die rettende Nikopol-Brücke, Aufnahme 3.2.44. Im Hintergrund die Stadt" (Reibt)

Die dritte Gebirgsdivision konnte nun noch per Bahn Richtung Scholochowo und Kamenka gefahren werden. Sie wurde an der dortigen Front am 4. Februar ausgeladen und konnte noch am selben Tag und am Folgetag die Verteidigung dort aufnehmen (Frenck1944, S. 31):

258. I.D. drückte im Angriff den aus Scholochowo auf Alexandrowka vorstoßenden Feind zurück, 3. Geb. Div. schlug bei Hp.Tok mit Panzern angreifenden Feind zurück, so daß Flaschenhals an der Kamenka offen blieb.

Am 6. und 7. Februar wurde der Brückenkopf Lepaticha auf der linken, östlichen Seite des Dnjepr geräumt. 

Abb. 11: Übersetzen über den Dnjepr (aus Rolf Hinze/Rückzugskämpfe) (FdW)

Über diese waren mehrere andere deutsche Divisionen von der Südfront des Brückenkopfes auf die rechtsseitige Dnjepr-Seite hinüber geholt worden (Frenck1944):

Es gingen über den Dnjepr die 335. I.D., Teile 111. I.D. und Masse Art. 97. Jg.Div.. Bildung zweier engster Brückenköpfe Bol. Lepaticha und Ssergejewka. Feind drückte stark nach und erzielte kleine Einbrüche.

Ein Soldat namens Stauch, Angehöriger der hessischen 9. Infanterie-Division, die hier gar nicht genannt wird, aber ebenfalls über Lepaticha zurück ging, fand sogar noch Zeit zu einer künstlerischen Darstellung der auf der Rückzugsstraße im Schlamm stecken gebliebenen Fahrzeuge (Abb. 13). 

Am 8. Februar 1944 waren die Sowjet-Soldaten dann schon selbst über den Dnjepr übergesetzt und es heißt (Frenck1944):   

Gruppe Schörner entschloß sich, am 8.2. durch Angriff 17. und 302. I.D. den Raum Marinskoje - Nowo Woronzowka zu öffnen und mit dem Ausbruch zu beginnen.

Also die Nürnberger 17. Infanterie-Division, die schon bei Alt-Nassau an der Molotschna den Ostwall verteidigt hatte, sowie die mecklenburgische 302. Infanterie-Division, die weiter nördlich den Ostwall verteidigt hatte und die dann die südöstlichste Stellung des Brückenkopfes Nikopol gehalten hatte, sind jetzt Divisionen, die den Ausbruch der Armeegruppe Schörner freikämpfen müssen.

Durchbruch zwischen Kostromka und Solotaja Balka (ab 7. Februar 1944)

Die Ortschaften, denen gegenüber der Weg freigekämpft werden mußte, waren die beiden Ortschaften am Westufer des Dnjepr-Knies (GMaps). 50 Kilometer weiter westlich in Kronau (Wiki) (GMaps) stand die 9. Panzerdivision. Frenck schreibt über den 7. und 8. Februar (Frenck1944, S. 32):

9. Pz.Div. trat mit beweglichen Teilen aus dem Raum Kronau nach Osten an, um in Zusammenwirken mit 97. Jg.Div. Ausbruch Gruppe Schörner zu unterstützen. In Südwestteil von Bol. Kostromka eingedrungen. (...) Stadt Nikopol nach Zerstörung aller wirtschaftlichen und militärischen Einrichtungen planmäßig geräumt. 900 Schwerverwundete aus Nikopol im Bahntransport in die Ausbruchsstelle vorgefahren.

Bei "Bol. Kostromka" handelt es sich um "Bolschaja-Kostromka". Bolschaja ist ein anderen Wort für "groß", so daß der Name gleichbedeutend sein dürfte mit dem heutigen Namen Welyka Kostromka (Wiki), zu Deutsch Groß-Kostromka. Im Norden der Ortschaft gibt es auch noch Klein-Kostromka (Mala Kostomka = Малая Костромка) (Wiki). 

Abb. 12: Dritte Gebirgsdivision in der Nähe von Nikopol - nicht nur Infanterie, sondern auch Kanoniere und Panzerfahrer haben inzwischen ihre Fahrzeuge stehen gelassen und waten im Schlamm zurück

Ähnliche Vorsilben gibt es übrigens für Lepaticha auf der linken Seite des Dnjepr. Auch da gibt es ein Groß-Lepeaicha (Welyka Lepaticha oder Bolschaja Lepaticha) und ein Klein-Lepeticha (Mala Lepeticha). Bei Frenck ist vermutlich falsch von "Bollwerk Kostromka" die Rede. Es wird sich dabei um ein falsches Verständnis der Abkürzung "Bol." handeln.

In Groß-Kostromka soll übrigens ein "Held der Sowjetunion" im tapferen Kampf sein Leben gelassen haben. Er hätte im Kampf 26 deutsche Soldaten mit sich in den Tod genommen, so wird berichtet (Wiki). Das ist eine Art der Heldenverehrung, die es auf deutscher Seite nicht gibt. Soweit übersehbar, ist nie gezählt worden, wie viele feindliche Soldaten ein deutscher Soldat erschossen hat. (Aber wir mögen uns irren.) Bolschaja Kostromka war viele Tage lang schwer umkämpft. Es gibt dort deshalb auch eine sowjetische Kriegsgräberstätte (Drt). In Bolschaja Kostromka wollten die Sowjets der Armeegruppe Schörner von Norden her den Rückzug abschneiden. Das Grenadier-Regiment 21 als Teil der 17. Infanterie-Division half mit, Bolschaja Kostromka zu halten (LdW):

Am 8. Februar 1944 erfolgte zusammen mit der 3. Gebirgs-Division bei Apostolowo ein Gegenangriff nach Norden. Es gelang, eine Verbindung zum eingeschlossenen XVII. Armeekorps herzustellen und zwei Wochen offen zu halten, so daß dieses bei Bolschaja-Kostromka abfließen konnte.

Auch die 302. Infanterie-Division hatte teil an den Kämpfen um Bolschaja-Kostromka. 

Abb. 13: Rückzug des Grenadier-Regiment 116 im Rahmen hessischen 9. Inf. Div. bei Lepeticha Anfang Februar 1944 - Die Fahrzeuge im Schlamm versunken (wwii)

Wir lesen zunächst noch einmal über den Einsatz dieser Division an der Südfront des Brückenkopfes Nikopol und dann bei seiner Räumung (LdW):

Die linke Flanke war an das ca. 15 km breite, dicht bewachsene Flußtal des Dnjepr angelehnt. Das Grenadier-Regiment 570 wurde am Nordufer des Flusses eingesetzt, so daß die Division die verbliebene HKL nur noch stützpunktartig besetzen konnte. In schweren Abwehrkämpfen wurde der linke Flügel der Division von den Uferhöhen am Dnjepr heruntergedrückt. Anschließend festigte sich die Frontlinie in einer nun verkürzten Frontlinie, die bis Januar 1944 gehalten werden konnte. Da die Regimenter von den vorherigen Kämpfen stark geschwächt waren, wurden die III. Bataillone aufgelöst und auf die Regimenter verteilt. Die eigene Frontlinie lag unter beständigen russischen Angriffen.

Und zur großen Lage wechselnd (LdW)

Am 31. Januar und 1. Februar 1944 stieß die 8. russische Gardearmee mit überlegenen Kräften von Norden her in die Brückenkopffront mit der Absicht, den Brückenkopf abzuschnüren. Angesichts der bedrohlichen Lage wurde der Brückenkopf Nikopol aufgegeben. Die Division überschritt als Nachhut die Brücke von Kamenka nach Nikopol. Die von Apostolowo nach Süden vorgehenden russischen Verbände hatten inzwischen Bolschaja-Kostromka genommen und so 11 deutsche Divisionen bis auf eine kleine Lücke von etwa 7 km eingeschlossen. Die 302. Infanterie-Division erhielt den Auftrag, den über Bolschaja-Kostromka vorgestoßenen Feind zurückzuwerfen und Bolschaja-Kostromka zu nehmen, um ein Abfließen der deutschen Verbände zu ermöglichen. Der Angriff der Division begann am 8. Februar mit den bereits eingetroffenen Teilen der Division und führte zur Rückeroberung von Bolschaja-Kostromka. Bis zum 26. Februar 1944 wurde der Ort unter schweren Verlusten gehalten, dann konnten sich die Reste der Division über den Inguletz zurückziehen.

Wie dramatisch sich das Geschehen entwickelte, wird auch daran erkennbar, daß die Sowjets auf der Ostseite der Ausbruchsfront, am Ufer des Dnjepr-Knies bei Solota Balka (GMaps) sehr bald einen Brückenkopf bilden konnten (wie schon erwähnt). Solota Balka liegt in der Luftlinie nur wenige Kilometer nördlich des Stammeszentrums der Späten Urindogermanen bei Michailowka (Mykhailivka) (Wikirussukr), wo, wie wir gleich hören werden, die Sowjets ebenfalls schon gelandet waren. Sie waren ebenso südlich von Michailowka bei der bei Ruine Falz Fein gelandet.

Abb. 14: Karte der Region Nikopol, Dneprowka und Lepaticha, auf der auf der Westseite des Dnjepr auch das Dorf Girly eingetragen ist

Über den 9. und 10. Februar 1944 wird von den sowjetischen Landeköpfen auf der rechten, westlichen Seite des Dnjepr berichtet (Frenck1944, S. 33):

Feind bildete zwischen Michailowka und Solotaja Balka weitere Landeköpfe, um Gruppe Schörner in den Rücken zu fallen und sich mit der nördlichen Angriffsgruppe im Raum Bol. Kostromka zu vereinigen.

Über den 11. und 12. Februar wird berichtet (Frenck1944, S. 34):

Osthälfte von Solotaja Balka genommen. Bereits Masse von 6 Schützen Divisionen und 3 mech. Brigaden des II. Gd.mech.Kps. über den Dnjepr gesetzt. (...) Süd- und Ostteil von Bol. Kostromka genommen. 320. I.D. nahm Höhe 3 km ostwärts Bol. Kostromka.

Und über den 13. und 14. Februar (Frenck1944):

In den feindlichen Landköpfen am Dnjepr, insbesondere bei Ruine Falz Fein und Solotaja Balka heftige Kämpfe. Feind versuchte in letzter Stunde von dort Ausbruch Gruppe Schörner nach Süden zu verhindern. Gruppe Schörner nach Süden abgedreht. (...) Durch einen Großangriff auf Bolschaja Kostromka versuchte Feind heute noch einmal, die Gruppe Schörner abzuschneiden. 97. Jg.Div. und 302. I.D. schlugen Angriff zurück und gewannen im feindbesetzten Nordteil des Ortes Boden.

Um das Dorf Marjanske am Dnjepr-Knie (GMaps) fanden ebenfalls schwere Kämpfe statt (Wiki):

Am 11. Februar 1944 rückte das 179. Regiment (...) in Richtung Marjanske vor, um die Straße nach Nowo Woronzowka zu unterbrechen. Mehr als 70 sowjetische Soldaten starben in den Kämpfen um die Befreiung von Marjanske, darunter: Gardemajor V.I. Fokin, Gardehauptmann A.K. Kamenev, Gardeunterleutnants M.I. T. M. Vorobyov und andere. Im Zentrum des Dorfes liegt ihr Massengrab.

Über den 14. und 15. Februar 1944 ist zu lesen (Frenck1944, S. 34):

Erbittertes Ringen an den Dnjeprlandeköpfen. Tiefer Einbruch bei Solotaja Balka wurde beseitigt, Feind drang in Südteil von Girly ein.

Das Dorf Girly findet sich auf der Karte in Abb. 14. Im weiteren wird die Ortschaft "Werchne Michailowka" erwähnt, das könnte für "Oberes Michailowka" stehen. Es handelt sich jedenfalls um eine Häusergruppe südlich von Nowossemeniwka (GMaps) (s. Abb. 15), die auf Google Maps heute gar nicht mehr ausgewiesen ist. Sie darf nicht verwechselt werden mit dem Dorf Michailowka am Dnjepr-Ufer. Frenck schreibt (Frenck1944):

Feind stieß mit stärkeren Kräften in die Westflanke des IV. A.K. und erzielte auf Werch. Michailowka einen 4 km tiefen Einbruch, saß der Gruppe Schörner damit im Rücken.

Zum 15. und 16. Februar heißt es (Frenck1944, S. 35):

Frost, Besserung der Wege- und Versorgungslage. Da Gruppe Schörner kräftemäßig nicht in der Lage, den tiefen Einbruch bei Werch. Michailowka zu beseitigen, wurden IV. und XVII. A.K. heute Nacht auf die allgemeine Linie Nowo Woronzowka Nord Bolschaja Kostromka zurück genommen.

Damit, so Frenck, war der Ausbruch abgeschlossen.

Abb. 15: Die Ausbruchskämpfe der Armeegruppe Schörner (aus Rolf Hinze/Rückzugskämpfe) (FdW) - Werchne Michailowka liegt nordöstlich von Bolschaja Kostromka - Der sowjetische Brückenkopf zwischen Solotaja Balka und Ruine Falz Fein ist nicht dargestellt   

Das heißt aber nicht, daß die Kämpfe um Bolschaja Kostromka zu Ende gewesen wären. Am 19. Februar 1944 fiel dort bei einem Gegenstoß Karl Pongratz, Angehöriger der 3. Gebirgsdivision (RegioWiki). Ob er einer derjenigen war, der von dem "Helden der Sowjetunion" mit in den Tod genommen worden ist?

Ebenso gingen die Kämpfe westlich von Solotaja Balka weiter. Im Südteil der Ortschaft Chreschtscheniwka (Wiki), von Solotaja Balka einige Kilometer landeinwärts gelegen, gibt es ebenfalls eine sowjetische Kriegsgräberstätte (GMaps). Die dort begrabenen Soldaten werden in den Kämpfen Ende Februar gefallen sein. 

Abb. 16: Neue Angriffe auf die noch nicht gefestigte deutsche Front bei Schirokoje am 5. März 1944 (aus Rolf Hinze/Rückzugskämpfe) (FdW)

Nach der Aufgabe von Bolschaja Kostromka und weiterer Rücknahme der Front verläuft diese am 5. März schließlich am rechten Dnjepr-Ufer nördlich von Dultschina (heute: Dudtschany) (Wiki) (GMaps) (s. Abb. 16).

Rückblick: Der Ablauf der Räumung von höherer Warte aus gesehen

Über die Schicksale 3. Gebirgs-Division im Brückenkopf heißt es zusammenfassend (Wiki):

Es begann in der ersten Februarhälfte die planmäßige Räumung des Brückenkopfes. Der Rückzug nach Westen war äußerst schwierig, weil tagelanger Regen die Straßen unpassierbar gemacht hatte. Schlamm und Morast behinderten die Rückführung der schweren Waffen, so daß vor allem die Geschütze der Artillerie gesprengt werden mußten.
Bei diesem Rückzug wurde die 3. Gebirgs-Division zum ersten Mal eingekesselt, konnte aber bis zum 12. Februar nach Krassnyj bei Nikolajew ausbrechen. Die Lagekarte des OKH vom 29. Februar 1944 zeigte als Momentaufnahme die angespannte Situation der Heeresgruppe Süd. Die Gebirgs-Division war darauf in einem Raum nordwestlich des ehemaligen Brückenkopfgebietes im Zentrum der Verteidigungslinie des XXIX. Armeekorps zu finden. In der Zeit vom 13. bis 27. Februar zogen sich die Verbände der Gebirgs-Division stets bedrängt von der Roten Armee bis zum Fluß Ingulez zurück. Angelehnt an den Fluß wurde wieder Front gemacht und den nachstoßenden Sowjeteinheiten bis zum 7. März energischer Widerstand entgegengesetzt, ehe aufgrund einer erneuten Überflügelung durch die Rote Armee (Beresnegowatoje-Snigirjower Operation) der Rückzug angetreten werden mußte.

Es kann nun auch noch einmal eine Zusammenfassung der Rückzugsschlacht um Nikopol vom 30. Januar bis 29. Februar 1944 gegeben werden (Wiki):

Das deutsche IV., XVII. und XXIX. Armeekorps befand sich noch in einem östlichen Frontvorsprung an der Dnjepr-Linie. Um die Wehrmacht von der Richtung eines Hauptangriffes aus dem Raum 40 Kilometer nordwestlich von Saporischja abzulenken, begann am 30. Januar von Süden her durch die 5. Stoßarmee eine neue Offensive gegen den Nikopoler Brückenkopf. Um diesen Stoß aufzuhalten, wurden zwei deutsche Panzerdivisionen dorthin verlegt, ein Umstand der bald dem sowjetischen Hauptangriff nützte. Nachdem der Fehler erkannt wurde, wurden die 9. Panzer-Division zurückverlegt, doch der sowjetische Hauptstoß hatte derweil die Verbindung zu dem bei Kriwoi Rog stehenden XXX. Armeekorps abgeschnitten. Am 5. Februar befreite die sowjetische 46. Armee (General Glagolew) die Kleinstadt Apostolowo, rechts von ihr spaltete die 8. Gardearmee (General Tschuikow) die 6. Armee in zwei Teile. General Hollidt befahl daraufhin seinen abgeschnittenen Armeeteilen den Rückzug. Die 4. Ukrainische Front, die am 31. Januar eine Offensive begann, eroberte mit der 3. Gardearmee (General Leljuschenko) den Nikopoler Brückenkopf und befreite am 8. Februar zusammen mit Teilen der 6. Armee der 3. Ukrainischen Front die am nördlichen Dnjepr-Ufer liegende Stadt Nikopol.
Am 11. Februar begann ein Gegenschlag des XXXX. Panzerkorps in Richtung auf Apostolowo, um den noch offenen Korridor entlang des rechten Dnjeprufers für die zurückweichenden deutsche Truppen zu halten. Die sowjetischen Truppen wurden zwar verlangsamt, aber die zurückgehenden Einheiten der Wehrmacht erlitten hohe Verluste. Am 17. Februar setzte die 3. Ukrainische Front ihre Offensive fort, die sowjetische 37. und 46. Armee befreiten am 22. Februar Kriwoi Rog und erreichte zum 29. Februar den Fluß Ingulez.
Die Rote Armee zerschlug zwölf deutsche Divisionen (darunter drei Panzer-Divisionen und eine motorisierte) und eroberte die Mangan- und Eisenerzvorkommen.

Rund um die Ortschaft Apostolowo finden sich wiederum viele Grabhügel der Urindogermanen. Über das hier erwähnte XXX. Armeekorps lesen wir (Wiki):

Zu Beginn 1944 waren dem XXX. Korps die 46., 257., 304., 306. und 387. Infanterie-Division sowie die 16. Panzer-Grenadier-Division unterstellt. Das Oberkommando der übergeordneten 1. Panzerarmee wurde aus dem Dnjepr-Bogen herausgezogen und in die westliche Ukraine umgruppiert. Der Frontabschnitt der 6. Armee (Generaloberst Hollidt) verlängerte sich dadurch vom Brückenkopf Nikopol bis ostwärts Kirowograd, wo das LVII. Panzerkorps als linker Flügel die Front bis nordwestlich Kriwoi Rog verlängerte. Die Russen griffen wieder verstärkt das XXX. A.K. an, die 9. Panzer-Division mußte zur Stützung eingreifen. Einsetzendes Tauwetter machte das Gelände bald unpassierbar, Wasser sickerte in die Unterstände ein. Als die kurzweilig zugewiesene 24. Panzer-Division plötzlich abgezogen wurde, folgte am 31. Januar der Durchbruch der sowjetischen 8. Gardearmee und zweier Panzerkorps auf Apostolowo. Mit großer Mühe gelang es, dem um Kriwoj Rog konzentrierten XXX. Korps am Fluß Ingulez eine Zwischenstellung aufzurichten. Am 22. Februar wurde Kriwoj Rog geräumt, am 26. Februar setzten die erwarteten schweren Angriffe auf den Ingulez-Abschnitt ein.

Detaillierter ist zu erfahren (Wiki):

Hinter der deutschen Frontlinie im Brückenkopf von Nikopol befand sich die sumpfige Überschwemmungsebene des Dnjepr, die im Winter selten zufror. Die einzigen Ausgänge vom Brückenkopf waren eine Behelfsbrücke im nördlichen Sektor östlich von Nikopol und ein Paar einspuriger Pontonbrücken am äußersten südlichen Ende des Brückenkopfes bei Velikaya (Bolshaya) Lepetikha. Der Rest des Sektors der 6. Armee, der nach Norden und leicht nach Osten ausgerichtet war, erstreckte sich zwischen Stellungen 29 km nördlich von Krivoi Rog und 48 km nördlich von Apostolovo, wo die einzige Eisenbahnlinie, die die Armee versorgte, nach Norden und in Richtung Nikopol abzweigte. Die Stellungen verliefen über offene Steppe, die rechtwinklig durch zahlreiche Schluchten und die Wasserläufe von fünf großen Flüssen geteilt war.

In einem sowjetischen Film mit englischen Untertiteln ist die Eroberung der Brückenkopfes von Nikopol Thema (Yt). Die großen Verluste an Waffen und Fahrzeugen aller Art auf deutscher Seite werden in diesem Film heraus gestellt.

Wie man auf deutschen Lagekarten aus dem Januar 1944 für die Kämpfe rund um Nikopol und westwärts Nikopol entnehmen kann, war das gesamte Gebiet des heutigen Kachowka-Stausees eine feuchte Niederung. In dieser Region verteidigte das XXXX. Armeekorps unter dem Gebirgsjäger-General Ferdinand Schörner (1892-1972) (Wiki). Über Schörner lesen wir (Wiki):

Ende Oktober 1943 Monats übernahm Schörner die Führung der in diesem Brückenkopf stehenden drei Korps, die als Gruppe Schörner oder Armeeabteilung Nikopol bezeichnet wurden. Am 17. Februar 1944 erhielt Schörner das Eichenlaub zum Ritterkreuz für die erfolgreiche Räumung des Brückenkopfes bei Nikopol. Allerdings gab er einen Rückzugsbefehl über den Dnjepr so spät, daß die Armeegruppe Nikopol alle ihre Kraftfahrzeuge verlor.

Solche zurückgelassenen deutschen Wehrmachtfahrzeuge mag man auf einem der wenigen zeitgenössischen Fotografien aus dem Februar 1944 von einer Ausfallstraße von Nikopol sehen (s. Abb. 17). 

Abb. 17: Die Überreste des Armeegruppe Schörner - Im Februar-Schlamm des Jahres 1944 stecken geblieben und zurückgelassen: Wehrmachtfahrzeuge rechts und links der Ausbruchstraße von Nikopol nach Frosteinbruch und nach Einnahme durch die Rote Armee, Ende Februar 1944 (Wiki)

Noch genauer lesen wir über dieses von Schörner geführte Armeekorps (Wiki):

Ende Oktober 1943 wurde das Korps bei der 8. Armee eingesetzt, um den ersten sowjetischen Angriff auf Kriwoy Rog abzuschlagen. In dieser Zeit waren unterstellt: 14. und 24. Panzer-Division, 376. Infanterie und Teile der 3. SS-Division Totenkopf. Ab 27. November 1943 wurde das Generalkommando nach ihren Kommandierenden Generalen auch als Gruppe Schörner und ab 1. Februar 1944 als Gruppe von Knobelsdorff bezeichnet. Den ganzen Winter war der Großverband im Rahmen der 1. Panzerarmee zusammen mit dem XVI. Armeekorps für die Verteidigung im Dnjepr-Brückenkopf von Nikopol zuständig. Der übergeordneten Gruppe Schörner (Generalkommando XXXX.) waren dabei Ende 1943 große Teile der 6. Armee taktisch zugeteilt:
XVII. Armeekorps, General der Gebirgstruppe Hans Kreysing
123., 125. und 294. Infanterie-Division
IV. Armeekorps, General der Infanterie Friedrich Mieth
24. Panzer-Division
3. Gebirgs-, 17., 79., 111., 258. und 302. Infanterie-Division
XXIX. Armeekorps, General der Panzertruppe Erich Brandenberger
97. Jäger-, 9. und 335. Infanterie-Division
1944
Nachdem die Rote Armee die Nikopol-Kriwoi Roger Operation vom 10. Januar bis 29. Februar 1944 erfolgreich gegen das deutsche LVII. und LII. Armeekorps begonnen hatte, drohte der Gruppe von Knobelsdorff die Abschneidung aller Verbindungen. Schließlich mußte der Brückenkopf von Nikopol Mitte Februar geräumt werden. Während der zweiten Phase der Dnjepr-Karpaten-Operation mußte sich das Korps ab 5. März 1944 dem allgemeinen deutschen Rückzug durch die südwestliche Ukraine anschließen.

Wenn man es der Lagekarte recht entnimmt, befand sich der Befehlsstand von Schörner zeitweise östlich des Dorfes Marjanske am Nordufer des Dnjepr (GMaps).

Soweit ein grober Überblick über die Abläufe eines höchst vielfältigen Geschehens. Bei Gelegenheit sollen noch weitere Details dem hier gezeichneten Bild hinzugefügt werden. Man erhält als Deutscher ein ganz anderes Verhältnis zu dieser Landschaft, wenn man sich tiefergehender mit solchen Vorgängen beschäftigt, die erst zwei oder drei Generationen zurück liegen. Die Ukraine ist damit nicht mehr "irgendein" Land. Es ist zu viel hier geschehen, es sind zu viele Anstrengungen unternommen worden, als daß es uns jemals wieder ganz gleichgültig lassen könnte, was in dieser Landschaft und den Menschen darin geschieht.

Wir wollen uns in diesem Zusammenhang daran erinnern: Diejenigen Kräfte, die in allen Völkern glaubwürdig für ein gedeihliches Miteinander der Völker stehen, tauchen in der Politik und in den großen Medien im Grunde gar nicht mehr auf. In Politik und Medien weltweit ist eine "Zwischenwelt" entstanden und geschaffen worden, die mit den Lebensinteressen der Völker, für die diese zu sprechen vorgeben, gar nichts mehr zu tun hat. 

Völker Europas, schaut auf die Ukraine. Hier liegen eure Wurzeln. Und ein Land, in dem man wurzelt, das ehrt man.

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  1. Major Dr. Frenck: Die Winterschlachten der 6. Armee im Großen Dnjepr-Bogen, im Brückenkopf Nikopol und im Raum Nikopol-Apostolowo-Kriwoi Rog vom 10.1. bis 18.2.1944. Armee-Oberkommando 6, Mai 1944 (wwii)
  2. Marc: Die Schlacht um Krivoi Rog30. Januar - 22. Februar 1944. Nach: Wilhelm Willemer, Paul Zärban: Die 15. Infanterie-Division im Zweiten Weltkrieg. Selbstverlag, Wiesbaden 1968 (15ID)
  3. Wie Kriwoi Rog während der Besatzung aussah (1941-1944) (HistoryKR2023)
  4. Rolf Hinze: Rückzugskämpfe in der Ukraine 1943/44 (FdW
  5. Lagekarte (wwii).
  6. Sowjetische Wochenschau offenbar über die Einnahme des Brückenkopfes Nikopol Anfang 1944 (Yt)
  7. Roman Digger: Wilde Amateur-Ausgrabungen am Brückenkopf Nikopol (Yt)

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