Montag, 20. September 2021

Die Japaner sind größtenteils Han-Chinesen - Genetisch gesehen

Ab 300 n. Ztr. strömte die Han-chinesische Genetik nach Japan

Der Forschungsstand zur Ethnogenese der Japaner erfährt im Jahr 2021 große Umwälzungen. Anfang des Jahres hatte man noch angenommen, die Japaner würden neben einer Jomon-Herkunft aus der Jäger-Sammler-Zeit südchinesische Herkunft aufweisen, die mit dem Reisanbau nach Japan gekommen sei. Wir hatten da noch ausdrücklich festgehalten (1):

"Einig scheinen sich alle zu sein, daß die Japaner keine Inland-Han-Chinesen-Hirse-Bauern-Herkunft aufweisen."

Dieser Forschungsstand ändert sich gerade mit der neuesten archäogenetischen Studie zum Thema drastisch (2).

Abb. 1: Die Herkunftskomponenten der Japaner in der Jomon-Zeit, in der neolithischen Yayoi-Zeit und seit der eisenzeitlichen Kofun-Zeit (aus 2)

Genau ein solcher Han-Chinesen-Herkunftsanteil, der seit 300 n. Ztr. nach Japan geströmt ist, macht nach jetzigen Forschungsstand sogar zwei Drittel der Herkunft der Japaner aus (Abb. 1). Eine eigene südchinesische Herkunftskomponente, die mit dem Reisanbau nach Japan gekommen sei, wird sogar ausgeschlossen. Vielmehr sei der Reisanbau aus der Liadong-Halbinsel, wo es durchaus südchinesische Herkunft gegeben hat, allein mit nordostasiatischer Amur-Fluß-Genetik nach Japan gekommen und habe sich dort mit der Jomon-Herkunft vermischt (2):

Unsere Ergebnisse legen nahe, daß der Reisanbau durch Menschen eingeführt wurde, die irgendwo rund um die Liaodong-Halbinsel lebten (also im Nordwesten des heutigen Korea), und die eine Hauptkomponente ihrer Herkunft auf Populationen weiter im Norden zurückführten, obwohl der Ursprung des Reisanbaus südlich des West-Liao-Flußtales liegt.
Our findings imply that wet rice farming was introduced to the archipelago by people who lived somewhere around the Liaodong Peninsula but who derive a major component of their ancestry from populations further north, although the spread of rice agriculture originated south of the West Liao River basin.

Erstaunlich, daß der Forschungsstand hier noch so stark im Fluß sein kann. 

Nun ist es also erst die Kofun-Zeit (300-538 n. Ztr.) (Wiki, engl), in der die Han-Genetik nach Japan kommt und sozusagen die bisherige Ethnogenese der Japaner - so wie wir sie heute kennen - abgeschlossen hat. Die Han-Genetik selbst ist ja eine Mischung aus Amur-Fluß-Genetik und südostasiatischer (Reisbauern-)Genetik. Daß die Ethnogenese der Japaner so stark allein durch die südchinesische Genetik hatte geprägt sein sollen, hatte uns Anfang des Jahres auch durchaus gewundert. Der jetzige Forschungsstand mutet auch insgesamt "plausibler" an.

Somit kann gesagt werden, daß die Japaner seit dieser Zeit gekennzeichnet sind gegenüber den Chinesen durch einen höheren Anteil von Amur-Fluß-Genetik (gelber Herkunftsanteil in Abb. 1), sowie durch den spezifischen Anteil von Jomon-Genetik, von der zusätzlich gesagt wird, daß diese zwar von der Andamanen-Genetik abstammt, sich aber in vielen Jahrtausenden unabhängig entwickelt hätte mit kleiner Populationsgröße (2), also auch starke Veränderungen erfahren haben kann in dieser Zeit.

Außerdem konnte natürlich auch noch innerhalb Japans in den letzten 2000 Jahren viel genetische Selektion stattfinden, die auf Japan beschränkt geblieben ist.

Auch die historischen Quellen sprechen von chinesischen Zuwanderungen ab 300 n. Ztr.

Über diese Ethnogenese finden sich ausreichende Angaben tatsächlich auch in den traditionellen Wissensquellen zur Geschichte Japans. Und zwar in erstaunlich genauer Weise. In Berichten aus der Kofun-Zeit wird nämlich sogar sehr genau angegeben, welche ausländischen Familien von wo in China oder Korea gekommen sind. Es gab nämlich viel kulturellen Austausch mit China und Korea. Von China und Korea wurden die chinesische Schrift mitgebracht, es wurde der Buddhismus eingeführt, die größeren stadtartigen Siedlungen wurden mitgebracht.

Man bedenke hierbei auch die Asynchronität der Weltgeschichte. Zur gleichen Zeit zerschlagen die Hunnen im Westen das Römische Reich, das bis dahin Stadtkultur nach allein Richtungen hin ausgebreitet hatte.

Auf dem englischsprachigen Wikipedia ist jedenfalls schon gut wiedergegeben, daß die Zuwanderung aus China und Korea nach Japan in dieser Zeit vergleichsweise detailliert festgehalten worden ist. Aber vermutlich hatte man bis heute nicht angenommen, daß sie sich damals auf genetischer Ebene so umfangreich ausgewirkt hat wie jetzt von den Genetikern festgestellt (Wiki) :

Toraijin
Toraijin wurden Menschen genannt, die aus dem Ausland nach Japan kamen, einschließlich Chinesen vom Festland, die das antike Japan von den Ryukyu-Inseln und von der koreanischen Halbinsel kommend bewohnten. Sie führten zahlreiche, bedeutende Aspekte der chinesischen Kultur in Japan ein. Indem die Regierung von Yamato dem chinesischen Wissen und der Kultur Wertschätzung entgegenbrachte, behandelte sie die Toraijin bevorzugt. Nach dem 815-Buch wurde 317 von 1182 Klans in der Kinai-Region von Honshu ausländische Herkunft zugesprochen. 163 stammten aus China, 104 aus Baekje (Korea), 41 aus Goguryeo (Korea), 6 aus Silla (Korea) und 3 aus Gaya (Korea). Sie dürften zwischen 356 und 645 nach Korea eingewandert sein. ....
Toraijin 
Toraijin refers to people who came to Japan from abroad, including mainland Chinese who inhabited ancient Japan via the Ryukyu Islands or the Korean Peninsula. They introduced numerous, significant aspects of Chinese culture to Japan. Valuing Chinese knowledge and culture, the Yamato government gave preferential treatment to toraijin. According to the 815 book, Shinsen Shōjiroku, 317 of 1,182 clans in the Kinai region of Honshū were considered to have foreign ancestry. 163 were from China, 104 from Baekje ("Paekche" in the older romanization), 41 from Goguryeo, 6 from Silla, and 3 from Gaya. They may have immigrated to Japan between 356 and 645.
Chinese migration
According to the Shinsen Shōjiroku (used as a directory of aristocrats), Chinese immigrants had considerable influence. The Yamato imperial court edited the directory in 815, listing 163 Chinese clans.  According to Nihon Shoki, the Hata clan (descendants of Qin Shi Huang) arrived in Yamato in 403 (the fourteenth year of Ōjin) as the vanguard of 120 provinces. According to the Shinsen Shōjiroku, the Hata clan were dispersed throughout a number of provinces during the reign of Emperor Nintoku and forced to practice sericulture and silk manufacturing for the court. (...) The heads of the family were apparently financial officials of the court. In 409 (the twentieth year of Ōjin), Achi no omi (阿知使主) - ancestor of the Yamato-Aya clan [ja], which was also composed of Chinese immigrants - arrived with immigrants from 17 districts. According to the Shinsen Shōjiroku, Achi received permission to establish the province of Imaki. The Kawachi-no-Fumi clan, descendants of Gaozu of Han, introduced elements of Chinese writing to the Yamato court. The Takamuko clan [ja] is descended from Cao Cao. Takamuko no Kuromaro observed the Taika Reforms.
Korean migration
Some of the many Korean immigrants who settled in Japan beginning in the 4th century were the progenitors of Japanese clans. According to Kojiki and Nihon Shoki, the oldest record of a Silla immigrant is Amenohiboko: a legendary prince of Silla who settled in Japan at the era of Emperor Suinin, possibly during the 3rd or 4th centuries. Baekje and Silla sent their princes as hostages to the Yamato court in exchange for military support. King Muryeong of Baekje was born in Kyushu (筑紫) of Japan as the child of a hostage in 462, and left a son in Japan who was an ancestor of the minor-noble Yamato no Fubito (和史, "Scribes of Yamato") clan. According to the Shoku Nihongi (続日本紀), Yamato no Fubito's relative (Takano no Niigasa) was a 10th-generation descendant of King Muryeong of Baekje who was chosen as a concubine for Emperor Kōnin and was the mother of Emperor Kanmu. In 2001, Emperor Akihito confirmed his ancient royal Korean heritage through Emperor Kanmu.

Man wird annehmen dürfen, daß die Koreaner insgesamt eine ähnliche genetische Geschichte und Herkunft aufweisen wie die Japaner.

In einer neuen Buchveröffentlichung wird in der Einleitung darauf hingewiesen, daß die japanischen Archäologen und Historiker erst in den letzten drei Jahrzehnten diese Frage der "Über das Meer Gekommenen" wissenschaftlich genauer behandelt haben (3). Durch die genetischen Erkenntnisse wird dieser Thematik nun noch einmal neues Gewicht gegeben.

Man darf sicherlich auch fragen, warum Japan eines der letzten Länder der Weltgeschichte ist, in denen sowohl Ackerbau wie Stadtkultur eingeführt worden sind.

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  1. Bading, Ingo:  Tibeter, Tocharer, Japaner, Chinesen - Das Werden der ostasiatischen Völker klärt sich weiter, Februar 2021 https://studgendeutsch.blogspot.com/2021/02/tibeter-tocharer-japaner-chinesen.html
  2. Ancient genomics reveals tripartite origins of Japanese populations. Niall P. Cooke et. al., Science Mag. 17.9.2021, https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abh2419
  3. Song-nai Rhee, C. Melvin Aikens, Gina L. Barnes: Archaeology and History of Toraijin. Human, Technological, and Cultural Flow. Archaeopress, Oxford 2021, https://books.google.de/books?id=gN1GEAAAQBAJ

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