Sonntag, 25. Oktober 2020

Der Balkan und Mitteleuropa als Heimat der Seevölker ....

Zum Beispiel: Die Phryger

Eine neue steinerne Inschrift des späthethitischen Königs Hartapu (Wiki, engl) aus dem 8. Jahrhundert vor der Zeitreichung ist 2019 von einem türkischen Bauern gefunden worden (1, 2). Sie stammt also aus der Zeit als die "Ilias" des Homer entstand. Der König Hartapu eroberte das Land Muska (Wiki), damit ist Phrygien gemeint, das im Zentrum Kleinasiens lag, 80 Kilometer westlich des heutigen Ankara.

 

Abb. 1: Phrygische Krieger - Detail aus einer Rekonstruktion eines phrygischen Gebäudes in Pararli, Türkei, 7.  bis 6. Jhdt. v. Ztr. (Wiki)

Interessant ist, was schon alles auf Wikipedia über die Phryger verzeichnet ist. Danach stammen sie vielleicht sogar aus der Lausitz und sind im Zuge des Seevölkersturms um 1200 v. Ztr. über den Balkan nach Anatolien gewandert. In der Ilias des Homer sind die Phryger als Verbündete der Trojaner angeführt. Teile der Phryger seien - nach der Ilias - nach dem Fall Trojas nach Italien ausgewandert und hätten dort die Stadt Padua gegründet. Als Hauptstadt der Phryger in Anatolien gilt Gordion, eine zuvor von Hethitern bewohnte Stadt. Seit einigen Jahren sind die Phryger auch archäologisch besser faßbar und verstanden als das Jahrhunderte zuvor der Fall gewesen war. Wir erfahren (Wiki):

Die Muški/Muschki werden in den Annalen von Tiglat-Pileser I. (ca. 1114–1076 v. Chr.) genannt. Im ersten Jahr seiner Herrschaft kämpfte er gegen Muški, die unter dem Befehl von fünf Königen standen, am oberen Euphrat-Bogen. Seinen Berichten nach hatten sich die Muški bereits fünf Jahrzehnte zuvor in Ostanatolien niedergelassen. (...) Mindestens zwei antike Quellen berichten, daß die Phryger vor ihrer Auswanderung aus dem Balkan noch den Namen Bryger gehabt hätten. (...) Fakt ist, daß es intensive ionisch-thrakische Wechselwirkungen gab, in deren Folge europäische Stämme nach Anatolien eingewandert, aber auch umgekehrt anatolische Stämme nach Europa eingewandert sind. (...) Gordion ist wahrscheinlich bereits im 12. Jahrhundert v. Chr. - nur kurz nach der Aufgabe der hethitisch geprägten Stadt - wieder besiedelt worden. Die Keramik der neuen Bewohner weist teilweise starke Ähnlichkeiten zur ungefähr gleichzeitigen Buckelkeramik aus Troja, Schicht VIIb2 (12./11. Jahrhundert v. Chr.) auf. Vergleichbare Keramik findet sich häufig im Gebiet von Thrakien, Dakien, der mittleren Donau und sogar bis nach Mitteleuropa (z. B. Lausitz). Da die Hethiter bereits Keramik mit der Töpferscheibe herstellten, ist der Ursprung dieser Handgemachten Keramik vermutlich in Europa zu suchen.

Hier haben wir also erneut den Hinweis auf ein Volk, das im Zusammenhang mit dem Seevölkersturm um 1200 v. Ztr. von Mitteleuropa aus nach Kleinasien gelangt ist. Wir erfahren weiter (Wiki):

Nach griechischen und assyrischen Quellen muß das Phrygerreich in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. von großer Bedeutung gewesen sein. Legendär sind mehrere Könige mit den Namen Gordios und Midas in griechischen Schriften. Der historische Midas von Phrygien ist aus griechischen Quellen gut bekannt. Er heiratete eine Griechin und spendete in Delphi einen kostbaren Thron. In assyrischen Annalen taucht erstmals 738 v. Chr. ein gewisser Mita von Muschki auf. (...) In den Annalen Sargons (ca. 722–705) ist Mita an verschiedenen Stellen erwähnt. Zwar wurde er letztlich tributpflichtig, bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, daß das Phrygerreich sowohl geographisch (Ostanatolien) in den Blickpunkt der Assyrer geriet, als auch, daß Mita als bedeutender Herrscher und Taktierer galt. Man kann daher berechtigterweise von einem phrygischen Großreich sprechen.

Nun weist die schon genannte, 2019 entdeckte, späthethitische Inschrift aus dem 8. Jahrhundert auch eine Weltauffassung auf, wie sie in der "Ilias" zu finden ist, nämlich daß die Götter eng mit den Menschen, bzw. Königen und Heerführern "zusammen arbeiten". Die Inschrift lautet, hier übersetzt nach der englischsprachigen Ausdeutung (1):

Als Großkönig Kartapu, Held und Sohn des Mursili, das Land Muška eroberte, kam der Feind in das Land herunter. Aber der Sturmgott des Himmels und alle die Götter gaben seine 13 Könige in die Hände seiner Majestät, des Großkönigs Hartapu. In einem einzigen Jahr unterwarf er die 13 Könige und alle ihre Waffenträger der Autorität von zehn stark befestigten Burgen. Und dort sind sie die Statthalter seiner Majestät ...

Englisch: When Great King Kartapu, Hero, son of Mursili, conquered the country of Muška, the enemy descended upon (his) territory (lit. came down into the land), but the Storm God of Heaven (and) all the gods delivered (its) 13 kings (to) His Majesty, Great King Hartapu. In a single year he placed the 13 kings, the(ir) weapons (= troops?), and wild beasts?? under (the authority of) ten strong-walled fortresses. And th[ey (?)] are there (as) His Maje[sty’s] Chiefs(?)-of-the ... 

"Der Sturmgott des Himmels und alle die Götter gaben seine 13 Könige" also "in die Hände seiner Majestät", so wie Adolf Hitler glaubte, von der Vorsehung geführt worden zu sein. Damals, vor 2.800 Jahren, stand eine solche Leitung durch die Vorsehung der Götter noch nicht so stark im Widerspruch mit einem wissenschaftlichen Weltbild wie das spätestens für die Zeit seit dem 18. Jahrhundert gelten muß ....

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  1. Goedegebuure, P., Van den Hout, T., Osborne, J., Massa, M., Bachhuber, C., & Şahin, F. (2020). TÜRKMEN-KARAHÖYÜK 1: A new Hieroglyphic Luwian inscription from Great King Hartapu, son of Mursili, conqueror of Phrygia. Anatolian Studies, 70, 29-43. doi:10.1017/S0066154620000022
  2. https://twitter.com/Sasseville20/status/1313841615837032448

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