Donnerstag, 10. Oktober 2019

Die ersten Schnurkeramiker - Noch nicht mit Bauern anatolisch-neolithischer Herkunft vermischt

Die ersten Schnurkeramiker im Weichselraum

Zwei neue Archäogenetik-Studien, einmal zu den Schnurkeramikern (Wiki) im Ostseeraum, und eine weitere lokale Studie zu einem Jahrtausend bronzezeitlicher Herrenfamilien im Lechttal sind soeben erschienen (1, 3).

Ergebnis der erst genannten Studie ist, daß die frühesten Schnurkeramiker im Weichselraum, sowie bis Lettland und Schweinfurt hinunter (um 2.700 v. Ztr.) noch reine Jamnaja-Genetik, also Steppen-Genetik des Ursprungsvolkes der Indogermanen aufwiesen. Erst in nachfolgenden Generationen scheinen sie sich mit einheimischen mitteleuropäischen Frauen anatolisch-neolithischer Herkunft vermischt zu haben. Die zweite Studie zeigt dann auf, daß der Herkunftsanteil der anatolisch-neolithischen Bauern zumindest in Süddeutschland über die gesamte Bronzezeit hinweg allmählich zugenommen hat. Aufgrund welcher Umstände, ist aber noch nicht geklärt (siehe unten).

Die erst genannte Studie erlaubt also einen tiefenschärferen Blick auf die Entstehung und Entwicklung dieser frühesten, mitteleuropäischen indogermanischen Kultur und damit auf die Ethnogenese der heutigen Mittel- und Nordeuropäer überhaupt. Damals entstanden jene sprachlichen Großgruppen, die später als germanische, baltische, keltische und italische Völkergruppen bekannt wurden. Damals entstanden "wir", wir heutigen Europäer.

Die zweite Studie erlaubt einen Blick in die Familienstruktur der indogermanischen Völker, die jener der indogermanischen Völker der nachmaligen Mittelmeer-Antike glich, allerdings eben schon tausend Jahre früher. 

Damals, während der Ausbreitung der Schnurkeramiker um 2.800 v. Ztr. und in wenigen Jahrhunderten danach ist das noch heute bestehende sprachlich-kulturell-genetische Gefüge, das sich bis heute in Mittel- und Nordeuropa fortsetzt, entstanden und mit ihm zusammen offenbar auch eine Familien- und Haushaltsstruktur, wie sie über die gesamte Bronzezeit hinweg fortbestanden hat bis zu den Kelten und den antiken Griechen und Römern. Mit jeder neuen archäogenetischen Studie werden also derzeit neue "große Linien" der Völkergeschichte Europas (oder weltweit) deutlich. So auch hier.

Abb. 1: Schnurkeramiker des Ostseeraumes: Grün = Steppenherkunfts-Anteil, Orange = anatolisch-neolithischer Bauern-Herkunftsanteil, blau = einheimischer Jäger-Fischer-Herkunfts-Anteil

Um die Entstehungsgeschichte der Schnurkeramiker zu verstehen, müssen wir uns in den Weichselraum begeben, sprich, an die Ostgrenze des Deutschen Reiches wie es bis 1918 bestanden hat, nämlich in die vormalige deutsche Provinz Posen. Heute gehört die Provinz Posen zu Polen. Aber bis 1918 war sie eine deutsch geprägte Provinz. Die Deutschen stellten das ursprüngliche Stadtbürgertum, sowie einen Teil des Adels und einen Teil der Bauernschaft. In der dortigen Stadt Wreschen (Wiki) zum Beispiel, gelegen noch etwa 50 Kilometer östlich der Stadt Posen, lebten im Jahr 1905 unter den 7000 Einwohnern 65 % Polen, 29 % Deutsche und 5 % Juden.

Und fünf Kilometer südwestlich dieser Stadt Wreschen liegt das Dorf Obłaczkowo (Wiki). 2006 und 2008 haben Archäologen in diesem Dorf Gräber der Schnurkeramiker ausgegraben, der ersten indogermanischen Kultur Mitteleuropas (1; Suppl.). Diese Gräber werden auf etwa 2.700 v. Ztr. datiert. Im Rahmen der erstgenannten archäogenetischen Studie wurden auch zwei der ausgegrabenen Individuen aus Obłaczkowo untersucht (1). Und diese beiden Skelette fallen schon in der für die Forschungsstudie erstellten Grafik (Abb. 1) deutlich heraus. Es handelt sich um die beiden fast rein grünen Balken in der Mitte der Grafik (benannt "poz44" und "poz81"). Und indem wir nach ihrer Erwähnung in der Forschungsstudie suchen, finden wir sofort die Kernaussage derselben (1):

Die schnurkeramischen Individuen aus Obłaczkowo in Polen (poz44 and poz81) zeigen einen extrem hohen Anteil von Steppen-Herkunft (größer als 90 %), welcher sich unterscheidet von dem Anteil bei späteren Angehörigen der Schnurkeramik, die in Pikutkowo (Polen) ausgegraben wurden, der aber einigen Schnurkeramikern, die in Deutschland, Litauen und Lettland ausgegraben wurden, gleicht. Interessanterweise werden die Individuen mit einem großen Anteil von Steppen-Herkunft in der Regel älter datiert als 2.600 v Ztr., wodurch sie zu den frühesten schnurkeramischen Individuen zählen, die bislang genetisch untersucht wurden. Diese Beobachtung, daß frühe Schnurkeramiker genetisch Jamnaja-Individuen ähneln, während spätere Schnurkeramik-Gruppen größere Anteile von europäisch-neolithischer Bauernherkunft aufweisen (...), legt nahe, daß die ursprüngliche Ausbreitung (der Schnurkeramiker) sehr schnell erfolgte.
Original: The CWC individuals from Obłaczkowo in Poland (poz44 and poz81) show an extremely high proportion of steppe ancestry (greater than 90%), which is different from the later CWC-associated individuals excavated in Pikutkowo (Poland) [23], but similar to some other CWC-associated individuals from Germany, Lithuania, and Latvia [2,8,31]. Interestingly, these individuals with a large fraction of steppe ancestry have typically been dated to more than 2600 BCE, making them among the earliest CWC individuals genetically investigated. This observation, i.e. early CWC individuals resembled (genetically) Yamnaya-associated individuals, while later CWC groups show higher levels of European Neolithic farmer ancestry (Pearson's correlation coefficient: −0.51, p = 0.006) (figure 2), suggests an initial dispersal that occurred rapidly.

Schnell deshalb, weil Schnurkeramiker mit "reiner" Jamnaja-(bzw. Steppen-)Herkunft (also ohne anatolisch-neolithische Herkunftsanteile) ja sowohl in Litauen und Lettland als auch im genannten Weichselraum als auch im heutigen Deutschland, nämlich in Bergrheinfeld bei Schweinfurt ("rise446") (s. 1; Supplement) (!!) zu finden sind. Und es wird weiterhin festgehalten (1):

Dieser Prozeß wurde vorangetrieben durch hereinwandernde Männer, die sich mit vor Ort lebenden Frauen vermischten. Der Vermischungsprozeß ist sichbar über den gesamten Schnurkeramiker-Raum hinweg, sogar in Regionen wie dem östlichen Ostseeraum, wo es niemals Trichterbecher-Gruppen oder verwandte Gruppen gegeben hat. Das heißt, daß der anatolisch-neolithische Herkunftsanteil dort über Wanderungen hingelangt sein muß, die jünger sind als 2.500 v. Ztr.. Denkbare Szenarien beinhalten einen großes allgemeines Netzwerk von Heiratspartnern über den gesamten Schnurkeramiker-Raum hinweg oder noch einmal Wanderungen besonderer Art in den östlichen Ostseeraum hinein.
Original: This process was driven by incoming males mixing mainly with local females [5,7,45,46]. The admixture process is evident across the entire distribution of the CWC, even in regions such as the eastern Baltic coast where no FBC groups or genetically related groups have been found. Consequently, farmer-related ancestry must have arrived in the eastern Baltic region via migrations more recent than 2500 BCE [7–9]. Possibilities include a generally large exchange network across the entire CWC horizon or specific migrations into the eastern Baltic region. 
Festgehalten wird auch (1):
Die Individuen (der Schnurkeramiker) wiesen ein gemischtes Erscheinungsbild auf mit hellem und dunklem Haar und braunen und blauen Augen.
Original: The individuals further displayed a mixed appearance with both light and dark hair and brown and blue eyes.
Eine leichte erste anteilsmäßige Zunahme der Laktose-Toleranz wie sie schon in anderen Zusammenhängen zu erkennen war (s. Stgen2019), zeigt sich auch in dieser Studie für die Schnurkeramiker des Spätneolithikums. Diese Zunahme in der Bevölkerung beschleunigte sich dann in der Frühbronzezeit. Über die 2006 und 2008 ergrabenen Schnurkeramiker in Obłaczkowo heißt es im Supplement noch, daß das Grab auf einem Hügel angelegt worden war und daß in ihm zwei Erwachsene und ein Kind gelegen haben (1; Suppl.):
Die Gräber gehörten zur ältesten Stufe einer kleinen, regionalen Schnurkeramiker-Gruppe, die sich über die Regionen von Großpolen und Kujawien erstreckte, und von der bislang etwa 40 Gräber bekannt sind.
The  grave  belongs  to  the  oldest  stage  of  a  small  regional  CWC  group,  covering  the  regions  of  Wielkopolska  and  Kujawy and known for ca. 40 burials.

Die Bezeichnung "klein" wird man infrage stellen können, schließlich ging vermutlich von hier eine gewaltige Expansion aus, die - auf noch ungeklärtem Weg - zum Aussterben und Untergang bevölkerungsstarker Bauernvölker im Norden, Westen und Süden führte (der Trichterbecher- und Kugelamphoren-Kulturen und ihrer Regionalkulturen) und zur Neubesiedlung dieser Gebiete durch die Schnurkeramiker.

Ein solcher Vorgang kann nicht bloß von "kleinen" Gruppen ausgegangen sein, sondern ist wohl nur durch großen Kinderreichtum der Schnurkeramiker zu erklären, auch wenn das heute in der Archäologie so noch nicht erkennbar ist, insbesondere weil Siedlungen der Schnurkeramiker bislang kaum gefunden worden sind. Das Individuum "poz81" in diesem Grab hatte übrigens vermutlich braune Augen, dunkle Haare und mittelhelle Haut (1; Suppl).

Der griechische Oikos und die römische Familia finden sich schon 2000 Jahre früher in Süddeutschland

Die eingangs genannten, parallel veröffentlichte archäogenetische Studie für das früh- bis mittelbronzezeitliche Lechtal in Bayern verdeutlicht, daß auf den Höfen der Nachfahren der Schnurkeramiker die Kernfamilie mit nicht verwandten anderen Menschen - aber derselben ethnischen Zugehörigkeit - zusammen gelebt haben (3). Diese letzteren waren in schlichteren, weniger gut ausgestatteten Gräbern bestattet und standen vermutlich in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum "Herrenhof". Das erinnert an den antik-griechischen Oikos (Wiki) und an die antik-römische "Familia" (Wiki, engl, Wiki). Hier aber finden sich diese Verhältnisse schon 2000 Jahre früher in Süddeutschland. Es wurde gefunden eine (4):

komplexe Sozialstruktur von Haushalten, wie sie aus dem klassischen Griechenland und Rom bekannt ist. So waren zu römischer Zeit auch die Sklaven Teil der Familie, hatten aber einen anderen sozialen Status. Die Menschen im Lechtal lebten jedoch mehr als 1.500 Jahre früher.
Sprich (5):
Bislang gingen die Forscher davon aus, daß sich erst in der klassischen griechischen und römischen Antike höher gestellte Familien ihren Haushalt mit Sklaven teilten. Aus prähistorischen Zeiten war das bislang nicht bekannt.
Aber (4):
Im Lechtal wurden Waffen und aufwändiger Schmuck nur eng verwandten Familienmitgliedern sowie Frauen, die aus 400 bis 600 Kilometer Entfernung in die Familie kamen, ins Grab gegeben.
Zu den wirtschaftlich abhängigen Unterschichten heißt es (4):
„Wir können leider nicht sagen, ob es sich bei diesen Individuen um Knechte und Mägde oder vielleicht sogar eine Art von Sklaven gehandelt hat“, sagt Alissa Mittnik. „Sicher ist, daß über die männlichen Linien die Bauernhöfe über viele Generationen hin vererbt wurden und dieses System über 700 Jahre stabil war.“

Womöglich ist schon hier zu beobachten die Herausbildung einer gesellschaftlichen Schichtung, die - über die Völker der germanischen Völkerwanderungszeit bis in die Frühe Neuzeit - aus Adligen, Freien und Unfreien bestand. Damit uns aber nicht womöglich wichtige Details entgehen, werfen wir noch einen Blick in die Originalstudie selbst. In ihr heißt es (3):

55 nicht miteinander verwandte Individuen wurden für die populationsgenetischen Analysen ausgewählt. Von diesen waren zwei mit der Schnurkeramischen Kultur assoziiert, zehn mit der Glockenbecher-Kultur, 34 mit der Frühen Bronzezeit und neun mit der Mittleren Bronzezeit.
55 unrelated individuals were selected for population genetic analyses. Of these, two were associated with the Corded Ware Culture (CWC; ca. 2750-2460 BC), ten with the Bell Beaker Complex (BBC, ca. 2480-2150 BC) (11), 34 with the EBA (ca. 2150-1700/1500 BC) and nine with the MBA (ca. 1700-1300 BC).

Es werden also populationsgenetische und verwandtschaftliche Entwicklungen über eine Zeitspanne von mehr als 1000 Jahre hinweg untersucht.

Abb. 2: Allmählicher Rückgang der Yamnaya-Herkunftsanteile (grün) über die Jahrhunderte hinweg (aus: 3)

Dabei finden die Forscher, daß der Anteil der anatolisch-neolithischen Herkunft über die Jahrhunderte hinweg in den sequenzierten Individuen wieder zugenommen hat (s. Abb. 2), vielleicht, so vermuten sie, durch Zuwanderung aus anderen Regionen (3):

We found that individuals carry significantly different amounts of Yamnaya_Samara- and Anatolia_Neolithic-related ancestries (Fig. 2A, figs. S5B and S7, and table S5), a variation that is significantly correlated to sample age (P = 0.002; t test for linear regression) (Fig. 2A) reflecting an increase over time in the proportion of Neolithic farmer ancestry. (...) A possible explanation for the gradual increase of Neolithic farmer-like ancestry in the Lech valley is ongoing admixture with co-existing groups in other regions who experienced less gene flow from steppe-related populations (table S9).

Bei den Schnurkeramikern wird im X-Chromosom ein viel geringerer Anteil von Steppen-Genetik gefunden als in ihrem übrigen Genom. Diese Ungleichverteilung verschwindet jedoch in den nachfolgenden Jahrhunderten (s. a. Abb. 2 rechts unten).

Junge Männer - Auf Brautschau in entfernten Regionen

Interessant ist auch das folgende Ergebnis (3):

Drei der erwachsenen Männer sind außergewöhnlich dahingehend, daß sie eine Veränderung der Strontium-Isotop-Anteile aufzeigen zwischen ihrem ersten und ihrem dritten Molar, was darauf hinweis, daß sie während ihrer Jugendphase nicht an ihrem Geburtsort gelebt haben, aber als Erwachsene an diesen zurückgekehrt sind.
Original: Three of the adult males are exceptional as they exhibit a shift of strontium isotope ratios from their first to their third molars (fig. S12), indicating a movement away from their birthplaces during adolescence, and a return as adults.

Man könnte hier vielleicht an den Austausch hochrangiger "Geiseln" zwischen benachbarten Fürstentümern und Königreichen zur Friedenssicherung denken oder auch an einen entspannteren Austausch von jungen Männern, der auch mit "Brautschau" zu tun gehabt haben könnte. Vielleicht haben sich die jungen Männer auch einfach nur Kriegszügen angeschlossen. Weiterhin wird berichtet (3):

Von zehn der entdeckten Eltern-Kinder-Paare bestanden sechs aus der Mutter und ihren Kindern und in allen Fällen waren die Kinder Männer und in neun von zehn Fällen waren sie im erwachsenen Alter. Das legt nahe, daß Töchter viel mehr als Söhne ihr Elternhaus verlassen haben und stimmt überein mit der weiblichen Exogamie, bzw. patrilokalen Wohnstruktur, die schon (in früheren Jahren) aus den Isotop-Daten waren abgeleitet worden. (...) In Haunstetten "Postillionstraße" findet sich eine Familienlinie, die vier oder möglicherweise fünf Generationen überspannt. Außerdem haben männliche Individuen, die nicht zu der vorherrschenden väterlichen R1b-Linie zählen, keine nahen Verwandten, die am selben Ort bestattet sind.
Original: Of the ten parent-offspring pairs detected, six were between mother and offspring, and the offspring was male in all cases (P = 0.001, one-tailed binomial test), and in nine of the ten cases of adult age. This indicates that daughters rather than sons left their parental home, consistent with female exogamy/patrilocal residence as evidenced by the isotope data (figs. S20 to S25). (...) Patrilocality is seen in a lineage at POST, which spans four or potentially five generations (Fig. 3). Moreover, male individuals who do not belong to the predominant paternal R1b-lineage have no close relatives buried at the same sites.

Die Tatsache, daß auch schon jüngere Männer mit reichen Grabbeigaben ausgestattet wurden, wird als Hinweis angesehen dafür, daß der Wohlstand vererbt und nicht jeweils neu erworben werden mußte. In Haunstetten-Postillionstraße wurden hochrangige Individuen auch unter einem Grabhügeln bestattet und die Gräber wurden durch hölzerne Pfosten oberirdisch makiert (3):

We observe a significant accumulation of grave goods among members of (multigenerational) families of both sexes within EBA cemeteries, evidenced by a correlation between the number of grave good types found and the rate of relatives of an individual (P = 0.022; t test for linear regression) (figs. S26 and S27 and table S11). When looking at males and females separately, this correlation remains significant for males (P = 0.012 vs. P = 0.064 for females; t test for linear regression) (fig. S27). Weapons appear significantly more often in graves of men with relatives than in the graves of men with no close relatives (P = 0.025, Fisher’s exact test). At the site of WEHR only three of the sixteen individuals were very well equipped (fig. S1), a mother (WEHR_1586) and her two sons (WEHR_1474 and 1564), indicating that wealth and status were inherited by offspring from their parents. Subadults were also well-furnished and provided with high-status objects (e.g., POST_131, OBKR_6, AITI_119) suggesting that their social status was inherited rather than acquired during their lifetime. Members of the core family were regularly buried in close spatial proximity (OBKR is an exception), highlighting their social cohesion (figs. S1 to S4). At POST, high status by grave goods is underlined by the construction of burial mounds (POST_50, POST_137) and marking of graves with alignments of wooden posts (POST_44, POST_50 and POST_137) (fig. S2). This indicates a connection between the affiliation to the core family and the elaborate form of burial practice.
Besides the group of biologically related and well-furnished burials, two other groups of burials were identified, which - according to radiocarbon dates - lived together with the members of the core families in each of the farmsteads (fig. S28). First, the group of non-local females with high strontium isotope values who arrived in the Lech valley from beyond the pre-Alpine lowlands (10) (figs. S10 to S25). These females are not part of any pedigree, but almost all of them were well furnished with burial goods (e.g., POST_32, OBKR_50) (fig. S25). Second, some individuals (e.g., AITI_50, UNTA85_1412) are not related to any other individual and poorly furnished in the grave. We find no significant differences in ancestry between these three groups (table S12 and fig. S29). Considering both grave furnishing and kinship, people of different status and biological relatedness likely lived together in the same household, which should therefore be seen as complex and socially stratified institutions.

Mit den folgenden Worten werden die Ergebnisse der Studie dann abschließend zusammen gefaßt (3):

Wir zeigen (...) komplexe Haushalte, die bestehen aus i) einer Kernfamilie von höherem Status, die ihren Wohlstand und ihren Status an ihre Nachkommen weiter vererbt, ii) nicht verwandten, wohlhabenden und hochstehenden Frauen nicht-lokaler Herkunft und iii) lokalen Individuen mit geringem Status. Durch Vergleiche der Grabbeigaben kann gesagt werden, daß mehrere der hochstehenden, nichtlokalen Frauen aus Bereichen der Aunjetitzer Kultur gekommen sein können, aus einer Entfernung von mindestens 350 Kilometern. Da diese Verhältnisse des Lechtales für den größten Teil Süddeutschlands für die Frühe Bronzezeit festgestellt werden können, wird nahegelegt, daß die Sozialstruktur unserer Mikroregion auch in einem weitaus größeren geographischen Bereich vorherrschend war. Die Haushalte der Frühen Bronzezeit im Lechtal scheinen dem späteren, historisch bekannten Oikos, dem Haushalt des klassischen Griechenland und ebenso der römischen Familia zu ähneln, die beide aus genetisch verwandten Familien und ihren Sklaven bestanden. Aber erst jetzt wird eine so lange Geschichte der sozialen Ungleichheit innerhalb von Haushalten sichtbar.
We show (...) complex households that consisted of i) a higher-status core family, passing on wealth and status to descendants, ii) unrelated, wealthy and high-status non-local women and iii) local, low-status individuals. Based on comparisons of grave goods, several of the high-status non-local females could have come from areas inhabited by the Únětice culture (6), i.e., from a distance of at least 350 km. As the EBA evidence from most of Southern Germany is very similar to the Lech valley, we suggest that social structures comparable to our micro-region existed in a much broader area. The EBA households in the Lech valley, however, seem similar to the later historically known oikos (24), the household sphere of classic Greece, as well as the Roman familia, both comprising the kin-related family and their slaves (25). Only now, the deep history of intra-household inequality has become visible.

Hier noch eine Karte jener Fundorte, auf die sich die Studie bezieht (Abb. 3).

Abb. 3: Das Lechtal mit Darstellung der Fundorte und der untersuchten Familien (POST = Haunstetten) (aus: 3)


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  1. Helena Malmström et al. The genomic ancestry of the Scandinavian Battle Axe Culture people and their relation to the broader Corded Ware horizon, Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences (2019). DOI: 10.1098/rspb.2019.1528, https://royalsocietypublishing.org/doi/10.1098/rspb.2019.1528
  2. DNA study sheds new light on the people of the Neolithic Battle Axe Culture  by Uppsala University, October 9, 2019, https://phys.org/news/2019-10-dna-people-neolithic-axe-culture.html
  3. Kinship-based social inequality in Bronze Age Europe. By Alissa Mittnik, Ken Massy, Corina Knipper, Fabian Wittenborn, Saskia Pfrengle, Nadine Carlichi-Witjes, Heidi Deeg, Anja Furtwängler, Michaela Harbeck, Kristin von Heyking, Catharina Kociumaka, Isil Kucukkalipci, Susanne Lindauer, Stephanie Metz, Anja Staskiewicz, Andreas Thiel, Joachim Wahl, Wolfgang Haak, Ernst Pernicka, Stephan Schiffels, Philipp W. Stockhammer, Johannes Krause  Published Online10 Oct 2019  DOI: 10.1126/science.aax6219, https://science.sciencemag.org/content/early/2019/10/09/science.aax6219
  4. Soziale Ungleichheit in bronzezeitlichen Haushalten, 10.10.2019, Uni Tübingen Pressemitteilung
  5. Vor 4.000 Jahren lebte Arm und Reich unter einem Dach, 10.10.2019, Bayerischer Rundfunk - Wissen 

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