Freitag, 6. Juli 2007

Wir stammen genetisch aus der Bronzezeit

Susanne Hummel am Anthropologischen Institut der Universität Göttingen hat schon für manche interessante Entdeckung bei der Erforschung von Gen-Resten in archäologischen Menschenknochen-Funden gesorgt. So zum Beispiel bei der Erforschung der Skelettreste des letzten heidnischen Sachsenkönigs Widukind (des Gegners Karls des Großen), der (höchstwahrscheinlich) in der von ihm nach seiner Taufe gegründeten Kirche in Enger in Westfalen zusammen mit zwei Verwandten bestattet worden war. Er starb im Jahr 807 - vor genau 1200 Jahren. (Widukind-Museum)

Nun gibt es wieder neue spannende Nachrichten. Und zwar aus dem Harz. (Süddeutsche Zeitung) Menschen, die in der "jüngeren Bronzezeit" (also etwa zwischen 1600 und 1200 v. Ztr.) im Harz gelebt haben, haben offenbar Nachkommen hinterlassen, die noch heute im Harz leben. Es ist das die Zeit gewesen, in der an der Unstrut, im Osten und in Sichtweite des Harzes die Himmelsschreibe von Nebra angefertigt, benutzt und als Weihgabe niedergelegt worden ist. Stammen noch heute Menschen im Harz von diesen ältesten bekannten Astronomen auf der Welt ab? Dafür gibt es nun einige neue Hinweise.
In der Lichtsteinhöhle im Kreis Osterode im Harz war 1980 eine noch unversehrte Kultstätte aus der jüngeren Bronzezeit entdeckt worden. Neben Schmuck und anderen Gegenständen fanden die Forscher auch die sehr gut erhaltenen Knochen von 40 Menschen sämtlicher Altersstufen. (...)

Wissenschaftler konnten die 3000 Jahre alte DNA in den Knochen nahezu vollständig analysieren. Das Erbgut sei meistens aus pulverisierten Zahnwurzeln entnommen worden, sagte Hummel.

Es sei schließlich gelungen, das verwandtschaftliche Beziehungsgeflecht einer großen bronzezeitlichen Familie zu rekonstruieren: "Wir konnten zwei Kernfamilien und weitere Verwandtschaften bestimmen.“ Um deren mögliche Verwandtschaftsverhältnisse in die heutige Zeit zu rekonstruieren, entnahmen die Forscher Speichelproben von 273 Probanden.

Die DNA-Muster von mehreren Menschen aus dem Südharzer Sösetal seien identisch mit denen von rund 3000 Jahre alten Skeletten, die in der Lichtensteinhöhle im Kreis Osterode gefunden wurden, berichteten Forscher am Donnerstag in Göttingen. (...)

"Jeder von uns hat Vorfahren in der Bronzezeit, aber nicht alle Menschen aus der Bronzezeit haben heute lebende Nachfahren“, sagte Projektleiterin Susanne Hummel.

So hätten insgesamt elf Probanden genetische Muster aufgewiesen, die mit denen der Skelette aus der Bronzezeit identisch seien. In weiteren fünf Fällen gab es große Ähnlichkeiten der Muster. Ein Beweis steht laut Hummel aber aus, weil die entdeckten Muster auch in einigen anderen Teilen Deutschlands und Europas vorkämen.
Zu Beginn der Zeitrechnung lebten im Großraum um den Harz herum germanische Stämme, über die wir manches von römischen Historikern wissen. Denn ein römisches Herr zog unter Drusus bis an die Elbe, wo der germanische Stammesverband der Semnonen siedelte. Von diesen germanischen Stämmen sind größere Teile in der Völkerwanderung (nach 375) abgewandert, ein Teil der Angeln und Sachsen nach England, die Alemannen und Langobarden von der Niederelbe nach Südwestdeutschland, in die Schweiz und nach Norditalien, die Franken bekanntlich nach Frankreich und andere Regionen, wiederum andere Stämme vom Harz in die Rhön, nach Hessen und Thüringen. Und die Könige des Thüringer Reiches verheirateten ihre Töchter nicht nur an den Höfe der Merowingerkönige in Reims, sondern auch an den Hof des Gotenkönigs Theoderich der Große nach Ravenna, wie vor einigen Monaten hier auf dem Blog berichtet wurde.

Schon 1500 Jahre vorher hatte es am Ende der Bronzezeit (1200 v. Ztr.) schon viele Völkerwanderungen bis in den Mittelmeerraum hinein gegeben (dort der sogenannte "Seevölkersturm" und in Griechenland die "Dorische Wanderung"). In Süddeutschland und Frankreich formierten sich durch diese Wanderungen und Abwanderungen die Stämme und Kulturen der Kelten und ihrer Vorgängerkulturen.

Es hätte also nicht notwendigerweise sein müssen, daß im Harz eine biologische (genetische) Kontiunität der Einwohner bis in die Bronzezeit zurück festgestellt werden kann. Die Ergebnisse von Susanne Hummel deuten aber darauf hin, daß offenbar in all den Wanderungen niemals alle Bevölkerungsteile vollständig abgewandert und durch neu zugewanderte Bevölkerungsteile ersetzt worden sind. Es wäre interessant, von den anderen Teilen Deutschlands zu erfahren, in denen nahe Verwandte der bronzezeitlichen Bewohner des Harzes heute noch leben. Vielleicht wären das neue Hinweise auf geschichtliche Vorgänge.

Noch heute stammen Menschen also höchtwahrscheinlich von bronzezeitlichen, himmelskundigen weisen Frauen und Männern ab ("Hagedisen", im Mittelalter "Hexen" genannt), die in der Bronzezeit möglicherweise auch kenntlich waren an ihren spitzen, astronomisch-kalendarischen "Goldhüten". Und es ist nicht unwahrscheinlich, daß die spitzen Hüte der heutigen "Hexen" und "Zauberer" auf diese alten hohen Hüte der Bronzezeit zurückgeführt werden können.

Es sind das übrigens Hinweise darauf, daß schon sehr früh in der Menschheits-Geschichte astronomische Forschungen als Tätigkeiten empfunden wurden, die etwas mit Religiosität zu tun haben. Dies ist in der christlichen Zeit weitgehend in Vergessenheit geraten. Dazu diente ja auch die Umdeutung vormals weiser Frauen und Männer durch die christlichen Bekehrer zu "Hexen" und Dämonen.

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Ergänzung 2009/10: Daß wir Mitteleuropäer genetisch im Wesentlichen nicht von Völkern des Mesolithikums oder des Frühneolithikums abstammen, haben Forschungen der Folgejahre erbracht, über die "Studium generale" zwischenzeitlich berichtete, zuletzt --> hier.

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