Montag, 25. Juni 2007

Gläubiger Christ und Lügner - folgerichtig oder ein Gegensatz?

"Du sollst nicht lügen," heißt es in der Bibel. Und Tony Blair bezeichnet sich als gläubigen Christen und hat die demokratische Öffentlichkeit auf Teufel komm raus belogen. (Zeit) Und kein Aufschrei, keine Distanzierung in den großen Kirchen? Bei der katholischen Kirche und ihrem Vertuschen von Skandalen muß einen das nicht allzu sehr wundern. Und wie sieht es mit den protestantischen Kirchen aus? Die "Zeit" schreibt:

»Moralität« heißt im Westen überwiegend ein auf monotheistischen Restvorstellungen beruhender großer Simplifikationsapparat.

Also: Die Guten und die Bösen.

Wer weiß, dass er die Weltsituation in Umrissen richtig überblickt und moralisch korrekt beurteilt, kann sich die Mühe einer genauen Kenntnisnahme der vielen Details sparen. Wenn die Aufgabe unendlich wichtig ist, sind kleine oder auch größere Unwahrheiten lässliche Sünden. Was zählt schließlich eine kleine Lüge verglichen mit der Bekämpfung des Terrors?

Das ist genau diejenige Moral und Ethik, die mir als zutiefst verabscheuenswert erscheint. (Dazu zuletzt hier oder hier.) Es sind die typischen Lügnereien der "Public Relation-Industrie", die wir in vielen Dingen schon so verinnerlicht haben, daß wir in ihnen schwimmen wie in Kakao (und den Kakao trinken, durch den man uns zuvor gezogen hat - Erich Kästner). Und wenn darunter auch Menschen, Gesellschaften leiden, sterben - egal. Hauptsache uns geht's gut.

Vor der Invasion des Iraks hat eine Gruppe führender Nahostexperten bei Tony Blair vorgesprochen, um ihn vor den Folgen einer unüberlegten Entscheidung zu warnen. Die Situation im Irak sei sehr komplex, man könne das Gleichgewicht der politischen, religiösen, und nationalen Kräfte leicht stören, man müsse vorher genau wissen, was man vorhat, wie man die Besetzung des Landes zu organisieren gedenke und so weiter. Blair soll nur widerwillig und gelangweilt zugehört haben, die Reden der Akademiker aber immer wieder mit derselben Frage unterbrochen haben: »Saddam ist aber ein Bösewicht, nicht wahr?« (»But Saddam is evil, isn’t he?«).

Selbstverständlich (!!! man höre auf den Kakao: "selbstverständlich"!!!) hat Blair eine Reihe ganz normaler, dicker Lügen erzählt und ist ein Meister im gezielten Gebrauch der Halbwahrheiten. So hat er das britische Parlament wiederholt über die Zielsetzung seiner Irakpolitik belogen. Dass Saddam Hussein einen Krieg verhindern und unbehelligt an der Macht bleiben könne, wenn er sich nur dem Willen der UN beugte, hat Blair monatelang verkündet, obwohl er schon mit George W. Bush beschlossen hatte, Saddam in jedem Fall, gegebenenfalls mit militärischer Gewalt, zu stürzen. Er hat vertrauliche, von den britischen Sicherheitsdiensten vorgelegte Analysen, die zu dem Schluss kamen, Hussein stelle keine Gefährdung des Friedens im Nahen Osten dar, in ihr Gegenteil verkehrt und in dieser gefälschten Form veröffentlicht. Die französische Position in der Frage der sogenannten »zweiten Irak-Resolution« hat er zielbewusst falsch dargestellt, um die »Schuld« für das Nichtzustandekommen dieser Resolution den Franzosen anzulasten. Von solchen Beispielen ließen sich noch weitere anführen.

- Wer sich da nicht an die Geschichte des 20. Jahrhunderts erinnert fühlt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Blair ist genau so ein Lügner wie Gerhard Schröder, wie Joschka Fischer, wie Wladimir Putin und so unendlich viele andere in dieser Traditionslinie. Fast scheint das ein Auswahlkriterium für Politiker zu sein: Wer am besten lügen kann, ist am besten geeignet Kanzler, Minister oder Präsident zu werden. Tony Blair jedoch wird - wie alle seine Freunde - ein hochgeachteter Mann bleiben ... - Und wie, wenn "all das" tatsächlich am Christentum läge?

Ich glaube, Richard Dawkins muß noch einen Nachfolge-Band schreiben zu genau dieser Thematik.

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