Montag, 4. Juni 2007

Europäer im Sibirien der Bronzezeit

Die Verteilung der Rassen der Menschheit über die Erde sah in früheren Jahrtausenden ganz anders aus als heute. In Sibirien haben zum Beispiel heute Ureinwohner-Völker die Mehrheit, die sich dort erst nach der Zeit von Tschingis-Khan ausgebreitet haben. Das kultureller Bild Sibiriens muß man sich also schon in der Zeit davor ganz anders vorstellen. Und in noch früheren Jahrtausenden muß es noch einmal ganz anders dort ausgesehen haben. Das ist ja auch deshalb so wichtig, weil in Sibirien und an den Ufern des Baikalsees nach allen letzten genetischen Studien heute noch die nächsten genetischen Verwandten der Ureinwohner von Amerika leben - aber nur noch in spärlichen Überresten. Eben nicht als Bevölkerungsmehrheit, selbst unter den Ureinwohnern.

Erst seit den letzten Jahren beginnen wir, für all diese Dinge ein besseres Verständnis zu entwickeln. Darum war und ist "Studium generale" auch das Thema "Die Sogder und Tocharer in China" so wichtig, weil dieses Thema einen ersten guten Einblick, eine erste gut belegte Vorstellung gewährt von noch ganz anderen geschichtlichen Verteilung der Rassen der Menschheit über die Erde als heute. Dieses Wissen kann gut den "Horizont", die Vorstellungskraft erweitern, Mut machen, ganz andere Möglichkeiten zu bedenken.

Wie man auch schon lange aus anthropologischen Studien weiß, sind die frühesten europäischen Menschentypen, genannt nach Fundorten in Frankreich - Cro magnon und Combe campelle - zur Hoch-Zeit der Mammutjäger noch bis hoch nach Sibirien verbreitet gewesen. Und es gibt ja Vermutungen, daß diese die allerersten Vorfahren der amerikanischen Ureinwohner gewesen sind (der Clovis-Kultur, deren Speerspitzen erstaunliche Ähnlichkeit mit gleichzeitigen in Südfrankreich haben, der Kultur des Magdalenien).

Der deutsche Archäologe Hermann Parzinger hat in einem aufsehenerregenden Buch (Amazon), das letztes Jahr erschienen ist, das heutige reiche Wissen über die vielfältigen archäologischen Kulturen auf dem Boden der ehemaligen Sowjetunion zusammengetragen, ein Wissen, das lange Jahrzehnte für Wissenschaftler aus dem Westen so gut wie unzugänglich war. Und auch von diesen Forschungen her erhärtet sich immer mehr, daß das europäische Volk der "Skythen" und alle seine archäologischen Vorgängerkulturen den Menschentypus jener Zeiten bis hoch nach Sibirien gut charakterisiert.

Und dies wird nun - langer Vorspann!!! - durch neue ancient-DNA-Studien erhärtet. (Dienekes [mit Kommentaren]) Eine sehr typisch europäische Y-Haplogruppe - R1a1 - fand sich in sibirischen Gräbern der Bronzezeit. Aus den zum Teil gut informierten Kommentaren bei Dienekes seien Einzelheiten zitiert:

11 bone fragments were analyzed. One from the Afanassievo culture (3500-3500 BC.) , 3 to the Andronovo culture (2500-1500 BC.), 6 to the Tagar culture (800-200 BC) and 1 from the Tachtyk culture (200 BC.- 200 AD.). Y-DNA could not be recovered from the oldest and the youngest samples represented by Afanassievo and Tachtyk respectively but 8 of the remaining samples were assigned to R1a1 and 1 to C. The authors mentioned that they are to extract mtDNA from the same 11 samples and publish the results in another article.

... the analyzed remains are of the Andronovo and Tagar cultures (that is, probably Iranic speakers in the easternmost part of their range) ...

Es handelt sich hier also unter anderem um die bedeutendsten Vorgängerkulturen der Skythen. Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir die Details im Buch von Hermann Parzinger genauer anzuschauen, werde aber immer neugieriger darauf. Es sind in dem Buch viele Zeichnungen von kreisrunden Stadt- und Burg-Grundrissen in jener Zeit, über die man gern genaueres wüßte, da man darüber bislang so gut wie gar nichts wußte. Außerdem werden ja immer mehr gut erhaltene Gräber im Permafrost des abgelegenen Altai-Gebirges entdeckt. So letztes Jahr ebenfalls durch Hermann Parzinger (- der derzeit übrigens als Vorsitzender der Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehandelt wird, eine Aufgabe, die ihn der eigentlichen Forschung sehr entfremden dürfte).

Übrigens informiert uns ein Kommentator, der sich "Antigonos" nennt, bei Dienekes auch über neue Details zur Geschichte der Tocharer und ihr Weiterleben im Kuschan-Reich, einem Reich, dessen Zentrum südlich der Sogdiana lag und die Sogder teilweise mit beherrscht hat. Daß die Yueh-Chich (wahrscheinlich altaische Vorfahren oder Verwandten der Hunnen, bzw. Turkvölker) von den Tocharern beherrscht worden sein sollen, ist mir aber neu. Bisher bin ich davon ausgegangen, daß die Yueh-Chich die Tocharer z.T. verdrängt und z.T. unterworfen haben im zweiten Jahrhundert vor der Zeitenwende im Tarim-Becken und östlich davon (Hervorhebung im folgenden durch mich).

It is a fact that Tocharians were latter mixed with Mongoloids.
Yueh-Chich for example were Altaic tribes ruled by Tocharians (see the Kousana Empire in India).
We have coinage of the Kousan showing Mongoloid and Caucasoid faces too.
Of course the former were introduced only in the latter stage of the empire.
Hence since we know that the Kousan descended from Kucha and Tourfa cities of the Tarim basin and since we have texts from these cities which are in Tocharian we conclude that Tocharians were mixed in the end of their existence with Mongoloids.
Other White tribes in Central Asia had the same destiny too. Kirgizians, Pre-Ephtalites, Chorasmians (who mingled with the Turkoman Kanglis), Saka (who mingled with Huns) and finally Vou Soun (who were latter absorbed by Uigurs along with the Tocharians). Only exceptions were the Sogdians (latter Tajiks) and the Alan confederation of Sarmatian tribes (the propaganda that implies that Scythians were absorbed by Yellow races is a myth because when these latter started to invade Europe the Scythians were "ancient history" already absorbed by Slavs. The whole propaganda is an amalgam of political tactics on behalf of Mongoloid nationalism and some confusion created by the fact that every rider in history riding a horse and wielding a bow and arrows was labeled as Scythian by ancient scholars).
Besides the fact that Afanasievo was merely (and not totally) absorbed by Mongoloids is evidenced by the fully Mongoloid Okounevo culture who succeeded Afanasievo. Read JP Mallory's book: Searching for the Indoeuropeans.

Nun, wir nehmen auch Antigonos' Kommentar mit einer Prise Salz, d.h. Skeptizismus zur Kenntnis. Ich frage mich, ob die indisch und buddhistisch beeinflußte Kultur und die Münzdarstellungen des Kuschan-Reiches eine eindeutige anthropologische Zuordnung der abgebildeten Herrscher zuläßt. Nach meinem Eindruck nicht. Naja. Das sind Spezialfragen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen