Montag, 12. Dezember 2022

Sie hatte "das Hauptverdienst am größten Teil der griechischen Kultur"

Die mediterrane Herkunftsgruppe 

- Nach der Einschätzung von Madison Grant im Jahr 1925  

Kurzfassung: Die Bedeutung der mediterranen Herkunftsgruppe für die Geschichte der europäischen Völker ist von dem US-amerikanischen Autor Madison Grant (1865-1937) (Wiki) (1) im Jahr 1925 in wesentlichen Zügen schon richtig heraus gearbeitet worden. Dies ist von Seiten paralleler deutscher Autoren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht geschehen. Ein kleines Stück Wissenschaftsgeschichte.

Über das geschichtliche Werden und Vergehen der Völker, über das Aufblühen und Vergehen der Hochkulturen machen sich die Menschen seit mehr als 300 Jahren Gedanken. Wohl wenige Völker haben dabei so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie das antik-griechische. 

Hölderlin über das Werden Griechenlands

Um 1800 hat man für das Erklären des Werdens der Völker vorwiegend kulturelle oder klimatische Faktoren in Betracht gezogen. Da gibt es etwa die berühmte Passage in Friedrich Hölderlin's "Hyperion" aus dem Jahr 1796:

Wir sprachen unter einander von der Trefflichkeit des alten Athenervolks, woher sie komme, worin sie bestehe.
Einer sagte, das Klima hat es gemacht; der andere: die Kunst und Philosophie; der dritte: Religion und Staatsform.
Athenische Kunst und Religion, und Philosophie und Staatsform, sagt ich, sind Blüten und Früchte des Baums, nicht Boden und Wurzel. Ihr nehmt die Wirkungen für die Ursache.
Wer aber mir sagt, das Klima habe dies alles gebildet, der denke, daß auch wir darin noch leben.
Ungestörter in jedem Betracht, von gewaltsamem Einfluß freier, als irgend ein Volk der Erde, erwuchs das Volk der Athener. Kein Eroberer schwächt sie, kein Kriegsglück berauscht sie, kein fremder Götterdienst betäubt sie, keine eilfertige Weisheit treibt sie zu unzeitiger Reife. Sich selber überlassen, wie der werdende Diamant, ist ihre Kindheit. Man hört beinahe nichts von ihnen, bis in die Zeiten des Pisistratus und Hipparch. Nur wenig Anteil nahmen sie am trojanischen Kriege, der, wie im Treibhaus, die meisten griechischen Völker zu früh erhitzt' und belebte. - Kein außerordentlich Schicksal erzeugt den Menschen. Groß und kolossalisch sind die Söhne einer solchen Mutter, aber schöne Wesen, oder, was dasselbe ist, Menschen werden sie nie, oder spät erst, wenn die Kontraste sich zu hart bekämpfen, um nicht endlich Frieden zu machen.
In üppiger Kraft eilt Lacedämon den Atheniensern voraus, und hätte sich eben deswegen auch früher zerstreut und aufgelöst, wäre Lykurg nicht gekommen, und hätte mit seiner Zucht die übermütige Natur zusammengehalten. Von nun an war denn auch an dem Spartaner alles erbildet, alle Vortrefflichkeit errungen und erkauft durch Fleiß und selbstbewußtes Streben, und soviel man in gewissem Sinne von der Einfalt der Spartaner sprechen kann, so war doch, wie natürlich, eigentliche Kindereinfalt ganz nicht unter ihnen. Die Lacedämonier durchbrachen zu frühe die Ordnung des Instinkts, sie schlugen zu früh aus der Art, und so mußte denn auch die Zucht zu früh mit ihnen beginnen; denn jede Zucht und Kunst beginnt zu früh, wo die Natur des Menschen noch nicht reif geworden ist. Vollendete Natur muß in dem Menschenkinde leben, eh es in die Schule geht, damit das Bild der Kindheit ihm die Rückkehr zeige aus der Schule zu vollendeter Natur.
Die Spartaner blieben ewig ein Fragment; denn wer nicht einmal ein vollkommenes Kind war, der wird schwerlich ein vollkommener Mann. -
Freilich hat auch Himmel und Erde für die Athener, wie für alle Griechen, das ihre getan, hat ihnen nicht Armut und nicht Überfluß gereicht. Die Strahlen des Himmels sind nicht, wie ein Feuerregen, auf sie gefallen. Die Erde verzärtelte, berauschte sie nicht mit Liebkosungen und übergütigen Gaben, wie sonst wohl hie und da die törige Mutter tut.
Hiezu kam die wundergroße Tat des Theseus, die freiwillige Beschränkung seiner eignen königlichen Gewalt.
O! solch ein Samenkorn in die Herzen des Volkes geworfen, muß einen Ozean von goldnen Ähren erzeugen, und sichtbar wirkt und wuchert es spät noch unter den Athenern.
Also noch einmal! daß die Athener so frei von gewaltsamem Einfluß aller Art, so recht bei mittelmäßiger Kost aufwuchsen, das hat sie so vortrefflich gemacht, und dies nur konnt es!
Laßt von der Wiege an den Menschen ungestört! treibt aus der engvereinten Knospe seines Wesens, treibt aus dem Hüttchen seiner Kindheit ihn nicht heraus! tut nicht zu wenig, daß er euch nicht entbehre und so von ihm euch unterscheide, tut nicht zu viel, daß er eure oder seine Gewalt nicht fühle, und so von ihm euch unterscheide, kurz, laßt den Menschen spät erst wissen, daß es Menschen, daß es irgend etwas außer ihm gibt, denn so nur wird er Mensch. Der Mensch ist aber ein Gott, so bald er Mensch ist. Und ist er ein Gott, so ist er schön.

Hölderlin hält also den Gottesdienst der Athener für ihren "eigenen", nicht für einen "fremden". Wir wissen aber inzwischen, daß ihr indogermanischer Götterdienst samt Sprache und Kultur zu großen Teilen in Hellas ursprünglich "fremd" war. Wir haben also heute schon allein an diesem Punkt ein ganz anderes Wissen und eine ganz andere Sichtweise auf die Ursprünge von Hellas. Aber immer bewundernswürdig werden dennoch solche aus Begeisterung heraus ausgesprochenen, ausgerufenen Gedanken sein.

Abb. 1: Der Jüngling von Antikythera, 340 v. Ztr. (Wiki)

Wir wissen heute: Die Athener und Griechen sind aus einer "Dialektik" heraus entstanden, die gerade den so gerne dialektisch denkenden Freunden Hölderlin und Hegel besonders eindrucksvoll hätte vorkommen müssen, wenn sie denn die Möglichkeit gehabt hätten, davon zu wissen.

Versuchen wir also, uns dieser Dialektik anzunähern. Seit dem Aufkommen der Evolutionstheorie durch Charles Darwin wird zusätzlich zu Klima und Kultur auch äußerlich unterscheidbaren Herkunftsgruppen, Vorfahrengruppen der Menschheit, früher "Rassen" genannt, Bedeutung im Zusammenhang mit dem Werden und Vergehen von Völkern zugemessen, sowie für ihr angeborenes Begabungsspektrum. 

Dabei ist schon sehr bald erkannt worden - was sich inzwischen durch die Archäogenetik bestätigt hat: daß in der europäischen Geschichte seit dem Neolithikum zwei unterschiedliche Herkunftsgruppen eine Rolle spielten, eine als mediterran umschriebene (oft auch "westisch" genannte) Herkunftsgruppe und eine als nordeuropäisch, indogermanisch oder "nordisch" benannte Herkunftsgruppe. Während es wohl unter einer größeren Zahl von Autoren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu diesen Themen sehr stark übereinstimmende Einschätzungen zum Wesen und zur Bedeutung der weltgeschichtlichen Rolle der indogermanischen Herkunftsgruppe gibt, unterscheiden sie sich schon auffallend deutlich in der Einschätzung zum Wesen und zur Bedeutung der weltgeschichtlichen Rolle der mediterranen Herkunftsgruppe.

Madison Grant und Hans F. K. Günther über das Werden Griechenlands

Dieser Umstand soll nur - vielleicht allzu willkürlich - an zwei viel gelesenen und auch einflußreichen Autoren der ersten Hälft des 20. Jahrhunderts aufgezeigt werden, an dem US-amerikanischen Autor Madison Grant (1865-1937) (Wiki) (1) und an dem deutschen Autor Hans F. K. Günther (1891-1968) (Wiki) (2). Während Grant die weltgeschichtliche Bedeutung und Rolle der neolithisch-mediterranen Herkunftsgruppe in groben Zügen schon genauso gekennzeichnet hatte wie es auch aus heutiger Sicht zu tun wäre angesichts der Erkenntnisse der Archäogenetik, finden wir solche klaren Einschätzungen bei Hans F. K. Günther keineswegs. Ebensowenig bei Gustaf Kossinna.

Wenn Grant und Günther aber dann zusätzlich auch noch glauben, europäische Herkunftsgruppen unterscheiden zu können, deren eine sie "alpin" oder "ostisch", deren andere sie "dinarisch" nennen, dann weiß man vom Forschungsstand der Archäogenetik her gesehen nicht so recht, wie diese "Typengruppen" heute erkannten Herkunftsgruppen zuzuordnen sein sollten. Vielmehr möchte man noch am ehesten vermuten, daß hier eher kulturell durch Jahrhunderte lange Lebensweise und Sprache geformte Menschentypen beschrieben worden sind, ggfs. auch später "selektierte" Typenformen. Gewiß aber keine als ursprünglicher zu umreißende europäische Herkunftsgruppen. Denn wenn Grant "Alpine" im Alpenraum beschreibt (1, S. 90, 160f), beschreibt er - vom heutigen Kenntnisstand her gesehen - das anteilmäßig größere Vorherrschen derselben Herkunftsgruppe, deren Bedeutung er auch sonst so klar heraus gearbeitet hatte, nämlich schlicht der mediterranen. Dasselbe gilt auch für die "dinarische" Herkunftsgruppe des Hans F. K. Günther.

Die kulturellen Leistungen der mediterranen Herkunftsgruppe (1925)

Die für die Datierung archäologischer Kulturen so umwälzende C14-Methode war in den 1930er und 1940er Jahren noch nicht entdeckt worden. Man war sich deshalb der langen Zeiträume des Neolithikums - sowohl in Europa wie in Vorderasien - nicht bewußt. Die spätneolithischen Kulturen der Schnurkeramiker und der Glockenbecher-Kultur sah man deshalb bis dahin mehr oder weniger "direkt" folgen auf die früh- und mittelneolithischen Kulturen der Bandkeramiker und der Megalithkeramiker. Dabei hatte man auch gar keine Vorstellung von Unterschieden zwischen Früh- und Mittelneolithikum in Mitteleuropa. So konnte man sich auch der großen zivilisatorischen und kulturellen Bedeutung der früh- und mittelneolithischen Kulturen in Europa nicht wirklich mit Nachdruck bewußt werden. Und es konnte ihre Bedeutung zugunsten der Bedeutung der Herkunftsgruppe der Indogermanen stark zurück gesetzt behandelt werden. 

Interessanterweise war aber insbesondere der Autor Madison Grant durchaus in der Lage, eine gar zu herabwertende Sichtweise auf die mediterrane Herkunftsgruppe zu vermeiden (1). Denn er war der Meinung, daß das englische Volk sehr stark von der "Mittelmeerrasse" mitgeformt war. Darin wurde auch von den damaligen Autoren - auch von Günther - ein Unterschied zum deutschen Volk gesehen, das im Gegensatz dazu viel mehr von der "alpinen" Herkunftsgruppe mitgeprägt gewesen sei. Daß es sich bei beiden um diesselbe große Herkunftsgrupe handelte, wissen wir sicher erst seit etwa 2017.

Gerade aber weil diese mediterrane Herkunftsgruppe zur Ethnogenese der Engländer beigetragen hatte - nach der Einschätzung von Grant - hatte er diese auch keineswegs abwertend beurteilt (1, S. 97-107). Er hat sie zumindest nicht so stark abwertend beurteilt wie das anderwärts in Teilen der damaligen wissenschaftlichen Literatur der Fall gewesen ist, nicht zuletzt auch in der deutschsprachigen, nicht zuletzt auch bei "Altmeister" Gustaf Kossinna selbst, der diesbezüglich ziemlich poltrig und bramarbasierend daher kam, um so mehr, als in der emotional aufgewühlten Zeit des Ersten Weltkrieges des Bündnispartner Italien so schmählich "Verrat" an Deutschland begangen hatte. Grant hingegen kann 1925 deutlich emotionsloser von den fernen USA aus schreiben (1, S. 98):

Alles, was die Engländer, Schotten und Amerikaner an brünetten Merkmalen besitzen, ist auf den Einfluß der mittelländischen Rasse auf den britischen Inseln zurückzuführen.

Auch wenn die Archäogenetik derzeit die Herkunftsgruppe der Indogermanen keineswegs als einheitlich blond erkannt hat, sondern durchaus auch als überwiegend "brünett", so hat sie doch zugleich auch bestätigt, daß die anatolisch-neolithische Herkunftsgruppe, die zum Zustandekommen aller heutigen europäischer Völker beigetragen hat, zu nicht geringen Teilen brünette bis dunkle Haarfarbe aufgewiesen hat. Grant schreibt - ebenfalls im Einklang noch mit dem heutigen Forschungsstand - weiter über die mediterrane Herkunftsgruppe (1, S. 98):

Tatsächlich stellt diese Rasse wohl überall (...) die ältere Bevölkerungsschicht dar.

Sehr treffend schrieb er schon im Jahr 1925 (1, S. 69):

Heute bildet die Mittelmeerrasse in Europa einen wesentlichen Bestandteil der Bevölkerung der britischen Inseln, den Hauptstock der Bevölkerung der iberischen Halbinsel, nahezu ein Drittel der Bevölkerung von Frankreich, Ligurien, Italien südlich der Apenninen und aller Küsten und Inseln des Mittelmeeres; auf einigen derselben wie auf Sardinien kommt sie in großer Reinheit vor. Sie bildet die Unterlage der Bevölkerung von Griechenland und der Ostküsten der Balkanhalbinsel.

In den Grundzügen sieht das auch die Archäogenetik von heute so, insbesondere auch, was die Ausnahmesituation auf Sardinien betrifft. Aber Grant schreibt dann insbesondere weiter über die mediterrane Herkunftsgruppe (1, S. 100):

Diese Rasse ist es, die der Welt die großen Kulturen von Ägypten, Kreta, Phönizien einschließlich Karthago, von Etrurien, des mykenischen Griechenlands, von Assyrien und großenteils von Babylonien gebracht hat. Sie übergab uns, gemischt und gekräftigt durch nordische Bestandteile, die in den oberen und herrschenden Klassen wahrscheinlich vorherrschten und den Massen ihre Führung aufzwangen, die glänzendste aller Kulturen, die des alten Hellas, und die dauerhafteste aller politischen Formen, den römischen Staat.

In diesen Worten möcht man doch manche Hochachtung und Hochwertung mitschwingen hören. Und an anderer Stelle (1, S. 166):

Was das heutige Europa nördlich der Alpen betrifft (....), die Grundlagen unserer Rasse sind der mittelländischen Kultur zu danken. Die alte Mittelmeerwelt gehörte zum größten Teil dieser Rasse an; die lange erhalten gebliebene Kuktur Ägyptens, die in fast ununterbrochener Folge Jahrtausende lang bestand; das glänzende minoische Reich auf Kreta, das zwischen 3000 und 1200 v. Chr. in Blüte stand und der Ahne der mykenischen Kultur von Griechenland, Zypern, Italien und Sardinien war; das geheimnisvolle Reich der Etrusker, der Vorläufer und Lehrer Roms; die hellenischen Staaten und Siedlungen am Mittelmeer und am Schwarzen Meer; die See- und Handelnsmacht Phöniziens und seiner mächtigen Tochterstadt, das seebeherrschende Karthago; das alles war Schöpfung dieser Rasse. (...) Die frühe Entwicklung der Kunst der Seefahrt muß dieser Rasse zugeschrieben werden, und von ihnen lernte der Norde Jahrhunderte später seine Schiffbautechnik. (...) Sie hat das Hauptverdienst an der klassischen Kultur Europas in Wissenschaft, Kunst, Dichtkunst, Literatur und Philosophie, sowie am größten Teil der griechischen Kultur und einem großen Teil an der des römischen Reiches. Im oströmischen Reiche waren die Mittelländer in Gestalt der byzantinischen Griechen der ausschlaggebende Bestandteil. (...) Byzanz hielt als Hauptstadt dieses Reiches fast 1000 Jahre lang das mohammedanische Asien in Schach.

Uns ist dieses Zitat von Grant deshalb so auffällig, weil wir eine solche Hochwertung des mediterranen Menschen - beispielsweise - bei Gustaf Kossinna keineswegs finden.*) Kossinna erklärte die Mediterranen - sehr gegen sie bramarbasierend - für unfähig zur Schaffnung von Hochkulturen. Und in solchem "Furor" war natürlich sehr viel von jenem Unheil mit eingeschlossen, das dann in den 1930er Jahren - unter tatkräftiger Unterstützung durch ariosophische Okkultlogen - in Deutschland und insbesondere auch in der SS an Rasseverachtung zur Entfaltung kam (wenigstens dann nicht - allerdings auch wieder absurderweise - gegen das von Mussolini beherrschte Italien). Grant hingegen schreibt weiter sehr respektvoll über die mediterrane Herkunftsgruppe (1, S. 101):

Ihre Besiedelung der Nordküste Afrikas und der Westküste Europas kann überall mit Hilfe der wunderschön geglätteten Steinwaffen und Werkzeuge verfolgt werden. Auch die Megalithdenkmäler, die man in Verbindung mit dieser Rasse findet, können ihre Vorrückungslinie in Westeuropa bezeichnen (...). Diese gewaltigen Steinbauwerke waren hauptsächlich Grabdenkmäler und erinnern stark an die ägyptischen Grabmäler.

Grant schreibt dann sogar weiter - und steht damit in Grundzügen wieder im Einklang mit der heutigen Forschung (1, S. 100):

Die nordischen Eigenschaften Roms stehen in scharfem Gegensatz zu den weniger europäischen Zügen der klassischen Griechen, deren beweglicher und zersetzender Geist, Mangel an Zusammenhalt und staatsbildenden Fähigkeiten und stete Bereitschaft zum Verrat, ganz deutlich auf südliche und östliche Verwandtschaftsbeziehungen hinweisen.

Freilich hat Grant diese - womöglich sehr treffende Erkenntnis - wiederum mit abwertenden Eigenschaften verbunden, die nun wahrlich nicht nötig wären angesichts dessen, daß er gerade zuvor erst noch das alte Hellas als "die glänzendste aller Kulturen" gekennzeichnet hatte. Aber es stimmt: 20 % Steppengenetik bei den republikanischen Römern stehen acht % Steppengenetik bei den klassischen Griechen gegenüber. Später schreibt Grant (1, S. 164):

Die pelasgische Schicht scheint sich am besten in Attika und den ionischen Staaten erhalten zu haben. (...) Die herrliche Kultur von Hellas war das Ergebnis der Vermischung der beiden Bestandteile, des achäischen und hellenischen der nordischen und des pelasgischen der mittelländischen Rasse.

Keine Indogermanen vor dem europäischen Spätneolithikum

Eine fehlerhafte Folge der als viel zu kurz angenommenen Chronologie des Neolithikums war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, daß viele Forscher die Urheimat der Indogermanen in Deutschland vermuteten: Der Archäologe Gustaf Kossinna etwa, ebenso sein Schüler Hans Reinerth. Um nur wenige zu nennen. Und in ihrer Tradition auch Autoren wie Hans F. K. Günther (2). 

Man war sich allerdings uneinig über der Frage, ob auch schon die damals noch wenig erforschte Bandkeramische Kultur im Donauraum und die Megalithkeramische Kultur im Nord- und Ostseeraum Indogermanen waren. Kossinna und Reinerth sprachen sich dafür aus. Sie machten sich mit dieser These aber schon in den 1930er Jahren wissenschaftlich angreifbar, weil dazu eben doch schon damals sehr gute Gegenargumente vorgebracht werden konnten. Diese sind dann auch genüßlich vorgebracht worden. Und sie sind - abgesehen von der rein sachlichen, wissenschaftlichen Fragestellung - auch im Zusammenhang mit den damaligen, sehr polemisch ausgefochtenen wissenschaftspolitischen Frontstellungen ausgenutzt worden. (Aber die wissenschaftspolitischen Auseinandersetzungen in der deutschen Archäologie der 1930er Jahre sollen an dieser Stelle nicht weiter interessieren.) In der Forschung seit den 1960er Jahren hat sich dann sehr bald die Sichtweise durchgesetzt, daß es vor dem Spätneolithikum keine indogermanischen Einflüsse in Mitteleuropa gab.

Der Autor Hans F. K. Günther sprach sich 1956 in einer durchaus noch heute nachvollziehbaren Argumentation ebenfalls schon dagegen aus, daß auch schon Bandkeramiker und Megalithkeramiker Indogermanen gewesen seien. Und damit formulierte er Sichtweisen, die sich mit der Archäogenetik seit 2017 bestätigt haben. Er wich damit aber wohl von der Hauptlinie der damaligen "deutsch-völkischen" Position ab, der er sich ansonsten zugehörig fühlte. Er argumentierte aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Seine Argumente haben bis heute ihre Gültigkeit behalten und bestehen auch vor dem heutigen Wissensstand (2, S. 36):

Es läßt sich nicht annehmen, daß ein Sprachstamm (gemeint: die Urinodgermanen) über ein so weites und nach seinen Gesittungsformen doch unverkennbar in sich getrenntes Gebiet sich bis gegen das Ende der Jungsteinzeit nahezu ungetrennt bewahrt hätte. Auch wären bei solcher Verteilung manche der engeren Beziehungen einzelner indogermanischer Sprachen zueinander nicht erklärbar.

Diesen Gedanken erläutert er dann noch ausführlicher und auch aus heutiger Sicht vollständig nachvollziehbar. Die Archäogenetik seit 2017 hat ihn in diesem Punkt also vollständig bestätigt: Die Bandkeramiker und die Megalithkeramiker trugen keine indogermanische Steppengenetik in sich, sondern nur anatolisch-neolithische Genetik mit geringeren (im Mittelneolithikum anwachsenden) Anteilen einheimischer westeuropäischer Jäger-Sammler-Genetik. Die indogermanische Steppengenetik kam erst mit der Zuwanderung der Schnurkeramik- und Glockenbecher-Kulturen dazu.

Daß Hans F. K. Günther die Urheimat der Indogermanen dennoch im mittleren Deutschland suchte, wird man für den Zeitpunkt seiner Veröffentlichungen - nämlich vor denen von Marija Gimbutas - noch nicht als besonders "rückständig" charakterisieren können. Wenngleich es zu dieser Frage freilich schon seit dem 19. Jahrhundert sehr viele andere Meinungen gab.

Auf jeden Fall spricht Günther die Schnurkeramiker aufgrund ihrer ausgeprägten "Langschädel" dann sehr klar und eindeutig als Indogermanen an. Das ist heute auch durch die Archäogenetik bestätigt. Interessanterweise sprach er die Glockenbecher-Kultur keineswegs aufgrund der vorgefundenen Schädelformen als eindeutig indogermanisch an. (Er rechnete sie grob der hypothetischen "dinarischen" Herkunftsgruppe zu.) Auch dieser Umstand ist sehr interessant, zumal die Glockenbecher-Kultur von der Archäogenetik inzwischen als ebenso eindeutig "steppengenetisch" angesprochen wird wie die Schnurkeramik.

Indogermanische Einwanderung in Griechenland ab 2.200 v. Ztr.

Jedenfalls hat Günther entsprechend der fehlenden C14-Datierungen auch noch überhaupt keinen Begriff von der neolithischen Geschichtsepoche Griechenlands. Für ihn reicht die frühneolithische Sesklo-Kultur (6.300 bis 5.300 v. Ztr.) in Griechenland bis ins Spätneolithikum (2, S. 47). Sie endete aber schon mehrere tausend Jahre früher, nämlich um 5.300 v. Ztr.. Sie hatte also nie etwas mit Indogermanen zu tun. Günther sieht die Aichbühler Kultur (4.200 bis 4.000 v. Ztr.) im südlichen Württemberg von Schnurkeramikern beeinflußt (2, S. 48), während wir heute wissen, daß diese ebenfalls schon mehr als tausend Jahre vor dem ersten Auftreten von Schnurkeramikern endete. 

Günther referiert (2, S. 69):

Die Sprachwissenschaft hat drei Schichten griechischer Mundarten voneinander unterschieden: die ionische Schicht als die älteste, die ihr folgende achaiisch-aiolische Schicht und die dorische Schicht als die jüngste. Eine solche Folge entspricht den Ergebnissen der Vorgeschichtsforschung.
Wir lassen es an dieser Stelle dahin gestellt, ob das exakt so auch noch von der heutigen Forschung gesehen wird. Denn wir finden dazu bei grober Durchsicht auf Wikipedia nichts. Dann aber stoßen wir - unabhängig von einer solchen angenommenen "Abfolge" von Zuwanderungen - unvermittelt auf Ausführungen, die - zumindest in ihren Grundzügen - bis heute ihre Gültigkeit bewahrt zu haben scheinen, insbesondere was die Datierungen betrifft (2, S. 48f):

Von der unteren Donau aus müssen Schnurkeramiker (ok, heute spricht man von Jamnaja) von 2.200 v. Ztr. ab in zunehmender Zahl nach Griechenland vorgedrungen sein, nicht-hellenische Herrenschichten über bandkeramischen Stämmen und schließlich nicht-hellenische Indogermanenstämme selbst. (...) Noch sind durch diese indogermanische Völkerwanderung nicht die Hellenen angekündigt; die Hellenisierung Griechenlands beginnt erst um 2.000 v. Ztr.. Zwischen 2.200 und 2.000 v. Ztr. sind aber immer neue Wellen vorhellenischer Indogermanen gegen Griechenland, die griechischen Inseln und Kleinasien vorgedrungen. In Griechenland haben diese Zuwanderungen die Gesittungen der sogenannten Frühhelladischen Zeit beeinflußt und die Durchdringung des Landes erst durch die hellenischen Ionier und etwa 500 Jahre später durch die hellenischen Achaier vorbereitet, eine Durchdringung, mit der die Mittelhelladische Zeit, zuerst das Mittelhelladikum I (2.000 bis 1.900 v. Ztr.) begonnen hat.

Weiter lesen wir (2, S. 50):

Einzelne Vorstöße indogermanischer Stämme sind der hellenischen Wanderung voraus gegangen, so die der Thraker und Phryger, der Troer, der Myser, Bithynier und Armenier und so auch die der Philister und der Hethiter.

Und weiter (2, S. 51):

Wilhelm Sieglin hat Zeugnisse über die Blondheit der phyrgischen Herrenschicht angeführt und Belege dafür, daß die Phryger sich ihre Gottheiten als Blonde vorgestellt haben: von fünf phrygischen Gottheiten wir nur eine als dunkel bezeichnet. (...) Bei Siegelin finden sich die Zeugnisse für die Blondheit der thrakischen Herrenschicht verzeichnet: "Von acht Thrakern des Altertums, deren Haarfarbe uns zufällig geschildert wird, sind sieben blond." (...) Die Thraker müssen als nahe Verwandte der Hellenen angesehen werden.

Solche Zeugnisse für die Hochwertung der Blondheit auch in der griechischen Kultur führt Günther über viele Seiten hinweg an. Wir wissen heute mit der Archäogenetik, daß Blondheit in Griechenland mehr ein kulturelles Ideal dargestellt hat denn als Erbmerkmal auch wirklich in der Bevölkerung vorgeherrscht hätte.

War der Orpheus-Mythos eine "Fremdlehre" innerhalb der antik-griechischen Kultur?

Die deutsche, völkische Wissenschaft der 1930er und 1940er Jahre ist tief durchtränkt von der Abwertung nicht-"nordischer" nicht-germanischer Völker und der Hochwertung nordischer und germanischer Völker. So ständig und durchgehend auch bei Hans F. K. Günther. Mit Bezug auf den Religionshistoriker Otto Gruppe (1851-1921) (Wiki) schreibt Günther etwa (2, S. 91):

Man hat die hellenischen Glaubensvorstellungen und gottesdienstlichen Gebräuche in ihrer geschichtlichen Abwandlung gewöhnlich als "Entwicklung" angesehen: die "Entwicklung" von einem rohen Dämonenglauben zum geläuterten Glauben an die edlen Gestalten der Olympischen Götter und endlich den "Zerfall" dieses Glaubens in vorhellenische und morgenländische Vorstellungen und Bräuche. So hat noch Otto Gruppe die Wandlungen dieser Formen gedeutet, und so ist oft übersehen worden, daß nicht von "Entwicklung" oder "Zerfall" eines Glaubens zu sprechen ist, sondern von den Vorgängen und Folgen einer Rasseüberschichtung und vom Schwinden einer übergeschichteten Rasse, der nordischen Rasse des bronzezeitlichen Indogermanentums. Schwand diese Rasse dahin, so mußte das verbleibende, nun hellenisch sprechende Volk sein ererbtes Glaubensempfinden wieder in vorhellenisch anmutender Weise ausdrücken. Die Geistesgeschichte der Hellenen läßt sich in solcher Weise aus dem Ringen der Rassenseelen im Hellenentum erklären.

Daß die mediterrane, vorindogermanische Bevölkerung sich für indogermanische Geistesart begeistert haben könnte und sie sogar besonders ausgeprägt und entschieden, sozusagen bewußt kulturell durchgestaltet gelebt haben könnte (durchgestaltet insbesondere durch die Hochwertung der Ilias), und daß das der tragende Zug der antik-griechischen Kultur überhaupt gewesen sein könnte, ein Zug, der dann in der Spätantike sogar gegenläufig zum Anwachsen der indogermanischen Herkunftskomponente in Griechenland (durch slawische Zuwanderung) geschwunden ist, auf einen solchen verwegenen Gedanken scheinen bis 2022 nur die wenigsten Forscher gekommen zu sein. Er scheint jedenfalls für einen Günther geradezu "unerreichbar" gewesen zu sein.

Womöglich ist das Hellenentum ja - sozusagen - aus einem "Ringen der Rassenseelen" entstanden, und zwar dann aus einer sehr bewußt durchgestalteten Begeisterung für eine Religion und Lebensweise, die in dieser Form gar nicht die eigene war. Aber dieses "Ringen", diese "Kontrastwertung" wäre sicherlich noch völlig anders zu charakterisieren als das bei dem größten Teil der Autoren der Wissenschaftsgeschichte zu diesem Thema geschehen sein wird.

Religionsgeschichtliche Deutungen zu den antiken Griechen

Worauf im übrigen Günther im letzten Zitat angespielt hatte, wird 70 Seiten später genauer ausgeführt. Es ist da die Rede vom (2, S. 159) ...

.... absinkenden Kleinbauerntum, das nach und nach im Adel den gemeinsamen Gegner der Theten  und Kleinbauern erblickte. So entstand ein Riß, der das Hellenentum trennte, und in diesen Riß drang von unten her der nichtindogermanische Geist der vorhellenischen Schicht ein. Das läßt sich besonders an Wandlungen im Glaubensleben erkennen, denn eben von dem absinkenden Bauerntum, das der Rassenkreuzung verfiel, wurden zu dieser Zeit die Lehren und Bräuche der Orphischen Bewegung und der Dionysosverehrung aufgegriffen, Gottesdienste der rauschartigen Ergriffenheit, der Einweihungen und Verzückungen, die im wesentlichen aus Einwirkungen der vorderasiatischen Rassenseele verstanden werden müssen.

Diesen Gedanken führt er noch weiter aus. Heute geht die Forschung - soweit wir das überblicken - davon aus, daß diese Orphische Bewegung und die Dionysosverehrung sehr weit zurück reichende Wurzeln haben, also so ähnlich alt sind wie die indogermanische, antik-griechische Kultur überhaupt, daß diese also nicht ein "Spätstadium" ihrer Entwicklung darstellen, sondern einen festen Bestandteil über ihre ganze Geschichte hinweg bilden. 

So geht die Forschung ja auch davon aus, daß die Mysterien von Eleusis auf eine Zeit bis 1500 v. Ztr. zurück gehen (Wiki) .

Uns scheinen diese Ausführungen der antik-griechischen Kultur als einer Gesamtheit nicht gerecht zu werden. Soweit uns erkennbar, wird hier die Geschichte der antik-griechischen Kultur viel zu sehr in ein "Schema" gepreßt, das der Vielfalt der Ausprägungen dieser Kultur nicht gerecht werden kann.

Wenn man vorindogermanische und indogermanische Seelenhaltung unterscheiden will, so wird man bei genauerem Hinsehen und unter Berücksichtigung der heute bekannten Konstanz der acht Prozent Steppengenetik von mykenischer Zeit bis in die Spätzeit und der Gleichverteilung derselben auf alle soziale Schichten sagen müssen, daß die antik-griechische Kultur als Ganzes eine große Spannbreite kultureller Ausprägungen hervorgebracht hat, von denen man nicht einzelne Anteile gar zu willkürlich dieser oder jener Herkunftsgruppe wird zuordnen können. Alles ist unter dem gemeinsamen Dach der Begeisterung für das Große, Edle, Wahre und Schöne vereinigt über viele Jahrhunderte hinweg, unter der Begeisterung für die aristotelische Unterscheidung zwischen Wahr und Falsch, so daß ggfs. unterschiedliche Seelenhaltungen eine Symbiose eingegangen sind, die schlichtweg einzigartig in der Weltgeschichte dasteht. Günther selbst bringt das zum Ausdruck wenn er über die orphischen Gesänge, die noch ein oder zwei Generationen früher entstanden sind als die "Ilias", schreibt (2, S. 160):

Aufzeichnungen orphischen Geistesgutes stammen erst aus späterer Zeit, die meisten erst aus der Zeit nach 300 v. Ztr.. Manche von den orphischen Hymnen lassen sich nach J. O. Plaßmann als Gegenstücke zu den Psalmen der Hebräer, andere als Gegensätze (sic!) zur altgermanischen Dichtung ansehen.

Nein, die Verwendung des Wortes "Gegensätze" mutet hier falsch an und verwirrt. Und tatsächlich spricht das Zitat selbst, auf das Günther sich hier bezieht, auch keineswegs von "Gegensätzen". Es lautet vielmehr (3, S. 8):

Gerade in der Darstellung des kosmischen Empfindens, des Ahnungsvollen und der Naturbeseelung mit dionysischem Pathos ist der poetische Grundton gar nicht zu verkennen, der übrigens häufig genug merkbar an die Poesie der Psalmen und altgermanische Dichtungen anklingt.

Es wäre also zu lesen: "... andere als Gegenstücke zur altgermanischen Dichtung anzusehen". Die Gesänge erinnern also an Psalmen ebenso wie an altgermanische Dichtung. Sie tragen also beide Seelenhaltungen zugleich in einer gelungenen Symbiose in sich, sozusagen vorderorientalische Seelenhaltung und germanische Seelenhaltung. So zumindest in der Auffassung des Übersetzers Plaßmann aus dem Jahr 1928.

Da die Christen die Orphiker ja bekämpft haben, wird man auch nicht gar zu simpel sagen können, daß die orphische Bewegung dem Christentum vorgearbeitet hätte oder wie es Günther ausdrückt (2, S. 160):

Mit allem dem ist erwiesen, daß in der orphischen Bewegung unter den Kleinbauern des 7. Jahrunderts schon nicht-indogermanischer Geist sich ankündet, der später das Glaubensleben der Hellenen oder derer, die sich als Hellenen erschienen, immer mehr durchfremdet hat.

Wenn etwas fremd für die antik-griechische Kultur war, dann gewiß das Christentum. Aber ebenso gewiß nicht der Orpheus-Mythos, der die gesamte uns bekannte antik-griechische Kultur von ihrem Anfang bis zu ihrem Ende als eine Konstante durchzieht, als eine Konstante, die so wie alles übrige in ihr enthaltene Heidentum von Christen bekämpft werden mußte, um gegenüber seiner Wirkungsmächtigkeit siegreich zu bleiben. 

Am ehesten wäre noch der Mithras-Kult als Vorläufer-Religion des Christentums zu nennen, der bezeichnenderweise ja auch den Stier beinhaltet, der über weite Bereiche des Mittelmeers hinweg vermutlich schon vor Ankunft der Indogermanen eine große Rolle in der Kultur gespielt hat, dessen kulturelle Bedeutung aber in der indogermanisierten antik-griechischen nicht eine vorherrschende wird genannt werden dürfen.

Eine Durchfremdung hat es also vor dem Siegeszug des Christentums gar nicht gegeben, vielmehr muß umgekehrt gesagt werden, daß die ganze indogermanische Kultur für die vorindogermanischen Völkerschaften Griechenlands eine "Fremdkultur" war, die sie sich aber in offenbar außerordentlich heller Begeisterung angeeignet haben und zu ihrer eigenen gemacht haben, die sie so intensiv und glaubwürdig gelebt haben, daß wir heute die antiken Griechen als die wichtigsten weltgeschichtlichen Vertreter indogermanischer Kultur überhaupt ansehen!

Ein gutes Verständnis zum Entstehen und zum inneren Wesen der antik-griechischen Kultur so wie wir sie erst seit 2022 gezwungen sind zu sehen und zu deuten, hat es also bei viel gelesenen anthropologischen Autoren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht gegeben. Und wenn es ein gutes Verständnis gegeben hat, dann eher bei dem US-Amerikaner Grant als bei dem Deutschen Günther.**)

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*) Es ist übrigens sehr auffallend, daß insbesondere die Sichtweise von sogenannten "nordischen Herrenschichten" sich selten durch die Archäogenetik bislang in der Völkergeschichte bestätigt hat, insbesondere auch was das antike Griechenland betrifft. Schon in der frühesten Zeit der Einflußnahme der indogermanischen Steppengenetik in Griechenland ist ihr - sehr geringer Anteil - gleichmäßig auf alle Bevölkerungsschichten verteilt. Auch in diesem Punkt sind wohl fast alle "Rasseforscher" der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch die Archäogenetik ziemlich eindeutig widerlegt worden.  
**) Grundlegendere Anmerkung: Aus Sicht der Wissenschaftsgeschichte sind die Gegenwärtigen immer "Zwerge auf den Schultern von Riesen". Sie sehen weiter als alle Generationen vor ihnen. Das heißt, uns fällt es viel leichter als den jeweils behandelten vergangenen Generationen, die weiterführenden Erkenntnisse derselben von den völlig falschen Annahmen derselben zu unterscheiden. Auch können wir klarer übersehen, wo vergangene Wissenschaftler-Generationen in ihren Schlußfolgerungen vom Sein zum Sollen angemessener geurteilt haben und wo unangemessener, und wo unangemessene Schlußfolgerungen auch einfach nur auf falscher oder ungenügender Kenntnis der Seinsebene beruht hatten. In dem vorliegenden Beitrag sind wir allerdings durchgehend nur mit der Seinsebene befaßt, nicht mit angemessenen oder unangemessenen Schlußfolgerungen in Richtung auf die Sollensebene. Um zu letzterer aber das Mindeste zu sagen, so mag angemerkt werden, daß der gegenwärtige wachsende und so folgenreiche Fachkräftemangel in den Gesellschaften der Nordhalbkugel mehr und mehr Menschen darauf aufmerksam macht und machen wird, daß diese Gesellschaften gegenwärtig unangemessene Schlußfolgerungen von den Seinsebene in Richtung Sollensebene ziehen - auf Kosten des Weiterbestandes der Kulturen auf der Nordhalbkugel. Oder um es klarer zu sagen: Man sollte aufhören, so zu tun, als sei der sogenannte "demographische Wandel" ein unabwendbares Naturgesetz. Er ist menschengemacht. Er entspringt den Entscheidungen jedes einzelnen lebenden Menschen.

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  1. Madison, Grant: Der Untergang der großen Rasse. Die Rassen als Grundlage der Geschichte Europas. Julius Friedrich Lehmann, München 1925
  2. Günther, Hans F. K.: Lebensgeschichte des hellenischen Volkes. Verlag Hohe Warte, Pähl 1956
  3. Plaßmann, J. O.: Orpheus. Altgriechische Mysteriengesänge. Aus dem Urtext übertragen und erläutert. Diederichs, Jena 1928, S. IV; 2. Auflage: Diederichs, München 1992 (Scribd)

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