Montag, 24. Mai 2021

Nofretete - "Schön sind die Schönheiten der Sonne"

Ein gotterfülltes Ehepaar regierte Ägypten um 1345 v. Ztr.
Die Frage, ob Nofretete eine indogermanische Prinzessin war, ist dafür zweitrangig ...
Aber ihr Leben und ihre Zeit waren in jedem Fall unglaublich faszinierend

Harald Haarmann bezeichnete Nofretete in einem recht sehenswerten Interview über die Geschichte der Indogermanen vor fünf Jahren als eine mitannische - und damit ihrer Herkunft nach indogermanische - Prinzessin (1; Minute 27:30). Die Feststellung überrascht nicht nur den Interviewer.*) Auf Wikipedia wird diese Vermutung derzeit eher verneint. Dennoch erhält man durch diesen überraschenden Hinweis Anregung, sich einmal - - - mit Nofretete zu beschäftigen. 

Alles, was Massenpublikum anzieht, versucht man ja zu vermeiden. Deshalb haben wir uns selbst noch nie mit Nofretete beschäftigt. Aber: Was für ein Mißstand. Was für ein Skandal. Sich nicht mit Nofretete zu beschäftigen. 

Und das nur, weil sie Publikumsmagnet ist. So kann man die Dinge nicht angehen. Das ist nicht der richtige Weg.

Abb. 1: Nofretete (Neues Museum, Berlin) (Wiki)

Und auf was für ein hinreißendes Leben stößt man hier. 

Auf was für eine hinreißende Zeit.

Nofretete war mit Echnaton (Amenophis IV.) (Wiki) verheiratet. Seine Regierungszeit lag grob zwischen den Jahren 1351 und 1321 v. Ztr.. Das ist die Zeit als es Großreiche nicht nur im Mittelmeer-Raum, sondern auch in Mitteleuropa und Skandinavien gab (2). Es ist das Heldenzeitalter von Mykene und Troja, das Heldenzeitalter der Hethiter und der Mitanni.

Und ebenso hinreißend und von Gott erfüllt scheint sich das Leben im damaligen Ägypten gestaltet zu haben. Auf Wikipedia ist über Echnaton das folgende sehr Erstaunliche verzeichnet (Wiki):

Schon sein Vater Amenophis III. hatte den Sonnengott Aton stärker verehrt, zumal innere Kontakte zum Königreich Mitanni (und zum Hethiterreich) bestanden, wo ebenfalls die Sonne die Hauptgottheit darstellte. Sein Sohn und Nachfolger ging jedoch noch einen Schritt weiter: Er baute in seinem 6. Regierungsjahr eine neue Stadt als Hauptkultzentrum des Aton, die er auch zu seinem Regierungssitz machte. Im selben Regierungsjahr ließ Echnaton auch im Bereich des Karnak-Tempels östlich des Amun-Bezirkes ein Aton-Heiligtum erbauen.

Die Sonne zur Hauptgottheit in Ägypten zu erklären, ging also tatsächlich auf den indogermanischen Einfluß der Hethiter und der Mitanni zurück. Da braucht es nicht mehr so besonders fernliegend erscheinen, der These von Haarmann zu folgen, daß Nofretete mit ihrer Schwester zum Harem des Vaters von Echnaton gehörte und von Echnaton selbst zur Hauptfrau auserkoren wurde. 

Ein gotterfülltes Ehepaar regiert Ägypten

Aber noch erstaunlicher ist, wie reif, wie weise sich damals die Kultur gestaltete. Diese Reife und - sozusagen - "Modernität" des Geistes der damaligen Zeit findet sich auch in den Bildwerken wieder, die damals geschaffen wurden, und die die Menschen bis heute begeistern. Nofretete wird beispielsweise in der "Standfigur der Nofretete" (Abb. 1-3; weitere Abbildungen: 3-5) außerordentlich realistisch dargestellt. Dieses Bildwerk wurde noch zu ihren Lebzeiten um etwa 1345 v. Ztr. (Wiki) geschaffen wurde und es wurde offenbar nach dem Leben geschaffen. Ihr körperlicher Verfall nach der Geburt mehrerer Töchter wird nicht vertuscht und nicht beschönigt. Man darf sich gerne fragen, ob das geschieht, obwohl oder weil sie das Schönheitsideal ihrer Zeit darstellte. 

Diese Reife und "Modernität" zeigt sich aber auch noch in vielen anderen Aspekten ihrer Regierungszeit. Das Paar hatte insgesamt sechs Töchter (Wiki):

Nofretete und Echnaton waren das erste Königspaar, das sein Privatleben in der Öffentlichkeit abbilden ließ, wovon zahlreiche intime Familienszenen mit den Töchtern zeugen. Die gesamte Königsfamilie wird auf diesen Darstellungen stets durch die Strahlen der Sonnenscheibe des Aton beschützt.

Privatleben und öffentliches Leben gingen ineinander über. Keine Pharaonin in Ägypten hatte bis dahin eine so herausgehobene Stellung inne gehabt wie Nofretete. Es kann das ja nur darauf zurück zu führen sein, daß sie von ihrem Ehemann in außerordentlichem Maße verehrt worden ist (Wiki):

Die berühmte blaue Krone auf der Büste ist die eigens für Nofretete entwickelte Hohe Krone und bildet ein Gegenstück zum Chepresch ab, einen Kriegshelm. Normalerweise vom König allein ausgeführte symbolische oder rituelle Handlungen wurden nun auch von der Königin vollzogen. So wurde sie mehrfach in pharaotypischen Szenen, wie Kriegsführung oder dem Niederschlagen der Feinde, dargestellt. Auch wird sie auf dem Streitwagen gezeigt oder bei der Verleihung des Ehrengoldes mit einbezogen, die sonst nur vom König allein durchgeführt wird.

Es dürfte sehr viel Hochachtung vor der Frau dazu gehören, daß solches geschah. 

Abb. 2: Nofretete (Neues Museum, Berlin) (Wiki)

 Wir lesen (Wiki):

Als "Große königliche Gemahlin" nahm Nofretete in der Geschichte des Alten Ägyptens eine Sonderrolle ein. Deshalb sind von ihr auch diverse rund- und flachplastische Darstellungen erhalten.

Die hier vorgestellte Standfigur ist in der Bildhauer-Werkstatt selbst gefunden worden und stellte offenbar nur einen unvollendeten Vorentwurf dar.

Abb. 3: Nofretete (Neues Museum, Berlin) (Wiki)

Ob Nofretete nun indogermanischer Herkunft war oder nicht - sich mit den vielfältigen Aspekten der Regierungszeit ihrer selbst und ihres Gemahles zu beschäftigen - mit der Religion, der Kunst und der Kultur ihrer Zeit - sollte sich als außerordentlich lohnend erweisen. Von hier aus erhält man sicherlich auch einen guten Zugang zur alt-ägyptischen Geschichte und Kultur sonst.

Spannend ist zum Beispiel auch, daß Nofretete sich nach dem Tod ihres Ehemannes von dem sie angreifenden Hethiterkönig einen Sohn als Gemahl ausbat, um Frieden zu schließen (Wiki). Nach den hethitischen Berichten im Tontafel-Archiv der Königsstadt Hattusa hatte sie geschrieben:

"Mein Gatte ist gestorben. Einen eigenen Sohn aber habe ich nicht. Von Dir aber sagt man, daß Du viele Söhne besitzt. Wenn Du mir einen Sohn von Dir gibst, soll er mein Gatte werden. Niemals aber werde ich einen meiner Diener nehmen und ihn zu meinem Gatten machen. Eine (solche) Befleckung fürchte ich!"

Den hethitischen König machte ein solches Angebot mißtrauisch. Er vermutete dahinter einen Täuschungsversuch. Was er ihr auch schrieb. Aber die Pharaonenwitwe von Ägpyten schrieb ihm ein zweites mal in dem genannten Sinne. 

Schließlich wurde ihr auch ein Sohn geschickt. Dieser aber verstarb - aus unbekannten Gründen. Der hethitische König vermutete hinter seinem Tod einen Mordanschlag und begann einen Rachefeldzug. Bei diesem kam er jedcoh - durch die Pest - ums Leben.

- - - Leg dich niemals mit den Schönheiten der Sonne an. Niemals. Diese Schönheiten besiegen alles. So lautet die Moral von dieser Geschichte.

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*) Harald Haarmann ist ein wichtiger deutschsprachiger Autor, um sich dem heutigen Forschungsstand zur Geschichte der Indogermanen und der von ihnen unterworfenen alteuropäischen Bauernkulturen anzunähern. Er beherrscht die russische Sprache und kann sich darum leichter zu diesem Forschungsstand einen umfassenderen Überblick verschaffen als alle, die diese Sprache nicht beherrschen. Man erhält durch ihn viele Anregungen. Dennoch muß man viele seiner Thesen noch einmal für sich selbst überprüfen, denn manches wird von ihm auch eigenwillig interpretiert. - Seine Ausführungen über Genetik im Jahr 2016 (47:39-52:07) waren schon damals - 2016 - nicht mehr ganz aktuell und sind heute vollständig über den Haufen geworfen. Das muß man also übergehen.

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  1. Haarmann, Harald: Indoeuropäer. Interviewt von Jonas Hopf, Auf Zeitreise mit Jonas Hopf 19.04.2016, https://youtu.be/3nVXEbctrzM
  2. Bading, Ingo: Der große europäische Krieg, der zum Seevölkersturm führte, Oktober 2019, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/10/volker-und-groreiche-in-bewegung-europa.html
  3. Standfigur der Nofretete, aufgenommen 2011, https://www.flickr.com/photos/hen-magonza/6163543688
  4. Standfigur der Nofretete, https://twitter.com/OsamaSMAmin/status/1157372832399155200/photo/1
  5. Standfigur der Nofretete, https://blog.smb.museum/ludwig-borchardt-der-bauforscher-unter-den-aegyptologen/

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