Die ancient-DNA-Forschung entwirft ein völlig neues und unerwartetes Bild vom Werden der europäischen Völker
Seit März 2017 ist es definitiv. Wir Europäer sind genetisch eine Mischung aus westeuropäischen Jäger-Sammler-Völkern, Bauern aus der Ägäis (die am ehesten den heutigen Bewohnern Sardiniens ähnelten) und Jäger-Sammler-Völkern aus dem Kaukasus. Vielleicht/vermutlich gibt es noch eine genetische Komponente der osteuropäischen Jäger-Sammler-Völker, aber am wenigsten scheinen die skandinavischen Jäger-Sammler-Völker genetisch auf uns Einfluß genommen zu haben. So jedenfalls der derzeitige Stand der Forschung, nachdem schlußendlich auch mindestens die Genome von drei Bauern, bzw. Bäuerinnen der Trichterbecherkultur sequenziert worden sind, zuletzt von Johannes Krause in Jena (1).
Seit 2009 haben wir hier auf dem Blog immer wieder intensiv nachgedacht gerade auch über die Entstehung des Volkes der Trichterbecherkultur im südlichen Ostseeraum (zu finden unter dem Label "-4.100 v. Ztr."). Es war schon klar, daß die dortige Vorgängerkultur, die Ertebolle-Kultur genetisch weitgehend ausgestorben ist. Aber woher kamen die neuen bäuerlichen Zuwanderer? Die Frage scheint deshalb so bedeutsam, weil wir Mittel- und Nordeuropäer zu nicht geringen Teilen Nachkommen dieser Trichterbecher-Kultur sind. Und diese Kultur war bis März 2017 der letzte verbliebene weiße Fleck auf dem Gebiet der ancient-DNA-Forschung über die Völker Europas. Und jetzt, seit März 2017 gibt es definitivere Ergebnisse der ancient-DNA-Forschung (1).
Und indem die zentralsten Fragen damit nun - sehr überraschend - geklärt sind, werfen sie zugleich wieder eine Fülle von neuen Fragen auf. Es bestätigt sich, was sich schon in früheren Arbeiten andeutete - und was wir anfangs absolut nicht hatten glauben wollen. Da die Hauptkomponenten-Analyse der aktuellen Arbeit zu den genetischen Verwandtschaftsverhältnissen zwischen den archäologischen Kulturen Europas und des Vorderen Orients seit der Eiszeit (1) gerade nicht als Bild hier hat eingefügt werden kann (sie kann aber ja in der Originalarbeit eingesehen werden), wird hier eine ganz ähnliche aus einer Arbeit des letzten Jahres gewählt (Grafik 1). Diese Grafik wird auch in dem Vortrag von David Reich im vorletzten Blogbeitrag gut erläutert. Und mit solchen Grafiken werden nun fast regelmäßig in den ancient-DNA-Forschungen die Ergebnisse veranschaulicht.
Eine Erläuterung derselben sei auch in dieser Stelle noch einmal gegeben: Grau unterlegt finden sich in dieser Grafik Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den heutigen Populationen in Europa und dem Vorderen Orient. Dabei sehen wir zwei graue "Streifen" (in der Art von "Milchstraßen"). In dem rechten Streifen finden sich die heutigen Populationen des Vorderen Orients wieder, in dem linken die heutigen Populationen Europas. Dort wo sich die heutigen Populationen des Vorderen Orients finden, finden sich auch die archäologischen Populationen des Vorderen Orients. Sie sind in dieser Grafik nicht eingetragen. Aber daraus wird erkennbar, daß es im Vorderen Orient seit 12.000 Jahren genetische Kontinuität gibt. Das ist nun in Europa ganz anders.
Die farbigen Eintragungen dieser Grafik stellen nun die archäologischen Kulturen Europas dar und wie sie sich dem grau unterlegten Verwandtschaftsmuster der heutigen Populationen zuordnen.
Da sehen wir als erstes, daß die Jäger-Sammler-Völker Europas in Westeuropa ("Western European hunter-gatherers"), in Skandinavien ("Scandinavian hunter-gatherers") und in Osteuropa ("Eastern European hunter-gatherers") ebenso herausfallen aus der heutigen Verwandtschaftsverteilung wie die ersten Indogermanen an der Wolga ("Yamnaya"). Alle diese Populationen weisen also - im Gegensatz zu den vorneolithischen Populationen des Vorderen Orients keine sozusagen "unverfälschte" genetische Kontinuität bis heute auf, viel mehr müssen diese vorneolithischen europäischen Jäger-Sammler-Völker - zumindest in der unverfälschten Version, in der sie zuvor existierten - als ausgestorben gelten. Was nicht heißen muß, daß nicht dennoch - über noch schwer nachvollziehbare Wege - genetische Eigenschaften und Merkmale dieser Populationen in Nachfolge-Populationen übernommen worden sein können. Allerdings unterlagen sie dabei mit Sicherheit starker Selektion was dann Populationsgenetiker auch als "genetic sweep" beobachten (daß also bestimmte genetische Merkmale plötzlich eine überraschend größere Häufigkeit in einer Population bekommen als zuvor.)
Auf diese ausgestorbenen Jäger-Sammler-Völker in Europa folgen nun jedenfalls "Mischvölker", deren Vorfahren sowohl aus den europäischen Jäger-Sammler-Völkern Europas stammen als auch aus den aus Kleinasien zugewanderten Bauern des Vorderen Orients. Da es immer wieder zu neuen Mischungen kam bei der Ethnogenese jedes einzelnen Volkes, gab es hier auch viele Möglichkeiten für Selektion während der Ethnogenese von Völkern und zwischen Völkern ("Gruppenselektion"). Das eine Mischungsverhältnis starb aus, andere Mischungsverhältnisse bestehen im wesentlichen weiter bis heute. Und innerhalb jedes Volkes, das bis heute weiter bestanden hat, scheint es zusätzlich auch noch nach der eigentlichen Ethnogenese überraschend viel Selektion gegeben zu haben.
Mit einem solchen Ergebnis hat vor fünf Jahren, ja, noch vor zwei Jahren niemand gerechnet und niemand rechnen können. Das ist etwas ganz Neues. Und das Bild ist für viele archäologische Bauernkulturen Europas ein sehr einheitliches. Und nun ordnet sich - quasi als letztes fehlendes Puzzelteil - in dieses Bild auch noch die früheste skandinavische Bauernkultur ein, nämlich die eindrucksvolle, weltgeschichtlich bedeutende Trichterbecher-Kultur.
Schon in der Grafik von vor einem Jahr fand sich ein erstes sequenzierte Genom eines mittelneolithischen schwedischen Ackerbauern verzeichnet ("Sweden/Skoglund_MN"), also eines Angehörigen der Trichterbecher-Kultur. Es war eben dort verzeichnet, wo sich nun auch die beiden neuen Genome aus diesem Jahr in der Verwandtschaftsverteilung wieder finden ("EN TRB" und "MN TRB"). Nämlich ganz in der verwandtschaftlichen Nähe zu den ersten mitteleuropäischen Bauern, den Bandkeramikern (hier "Early Neolithic") und noch näher zu den mitteleuropäischen Bauern des Mittelneolithikums, also der auf die Bandkeramiker folgenden Michelsberger Kultur ("Middle Neolithic"). Als wir die ersten leisen Hinweise auf solche Verwandtschaftsverhältnisse hier auf dem Blog referierten, schienen sie uns ganz abwegige "Artefakte", fehlerhafte Meßergebnisse zu sein. Pustekuchen! Die große Zahl der Ergebnisse über ganz Europa hinweg läßt das Bild nun unglaublich klar und eindeutig werden.
Damit liegen die ersten norddeutschen Ackerbauern verwandtschaftlich ebenso auf der Mitte zwischen den Extremen Jäger-Sammler im Vorderer Orient einerseits und Jäger-Sammler im vorneolithischen Europa andererseits wie schon die anderen erforschten früh- und mittelneolithischen Kulturen Europas. Es war definitiv etwas Neues, was sich da - auch mit den Trichterbecher-Leuten - in Norddeutschland, Dänemark und Schweden ausgebreitet hat. Es waren nicht einfach genetisch "Einheimische", die eine neue Kultur und Lebensweise angenommen haben.
Damit wird nun das Bild - zumindest in groben Umrissen - überraschend klar.
Und künftig wird es darum gehen, den Einzelheiten dieses Bildes genauer nachzugehen. Wie kam es dazu, daß sich gerade im Gebiet der Trichterbecher-Kultur bis heute die großen, blonden, blauäugigen Rohmilchverdauer mit hoher angeborener Intelligenz, mit ADHS und großen thymotischen Energien ansammelten, obwohl doch ihre Vorfahren zu nicht geringen Teilen von einem Volk aus Kleinasien abstammen, das dort - in Kleinasien - heute auch nicht mehr lebt? Aber warum dann nicht auch dort? Hier werden einerseits die vorneolithischen europäischen Vorfahren eine Rolle spielen. Aber es wird auch - so darf man annehmen - nach der Ethnogenese der Trichterbecherkultur noch viel Selektion stattgefunden haben. Auch wird erst die nachherige Eroberung durch die Indogermanen dieses sehr eindeutige körperliche und seelische Erscheinungsbild der Skandinavier und Nordeuropäer hervorgebracht haben.
Dennoch ist es unter all den genannten Umständen dann doch erstaunlich, daß wir heute - und schon seit vielen hundert Jahren - so gar kein rechtes Verwandtschaftsgefühl zu Bauern aus Anatolien oder zu Jägern und Sammlern aus dem Kaukasus (von denen die Indogermanen zum Teil abstammen) empfinden. Liegt das wirklich nur an der sehr anderen Religion des Islam? Oder haben sich Kleinasien und Nordeuropa auch genetisch über die Jahrtausende eher auseinander entwickelt als aufeinander hin? (Zum Beispiel eben über die genannten "genetic sweeps"?) (Siehe dazu auch den ersten Kommentar zu diesem Blogbeitrag.)
Jedenfalls nimmt damit eine Forschungs-Diskussion ein sicherlich außergewöhnliches unerwartetes Ende, die in den letzten hundert Jahren intensiv geführt worden ist. Und da macht es Sinn, den heutigen Erkenntnisstand noch einmal mit dem letzten Kenntnisstand der traditionellen Physischen Anthropologie zu diesen Fragen zu vergleichen. Also: Was ist in den zuletzt von meinem Professor Wolfram Bernhard (RLP-Forschung) in Mainz bearbeiteten Bänden (2) im Gegensatz dazu an Vermutungen geäußert worden über die Ethnogenese der europäischen Völker, der Bandkeramiker, der Indogermanen, der Trichterbecherkultur, der bronzezeitlichen Völker? Auch alle Erörterungen über die genetischen Ursprünge der europäischen Völker anhand der Ergebnisse der Sequenzierung der Genome heutiger Menschen wie sie in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren geführt wurden, kann man damit zu aller größten Teilen zu den Akten legen.
Am meisten Informationen über den heutigen neuen Kenntnisstand hatten wir, wie schon im letzten Beitrag erwähnt, Vorträgen von David Reich entnommen, die er im letzten Jahr gehalten hat und die auf Youtube eingestellt sind (siehe St.gen. 2017). Obwohl der letzte davon im Mai in Israel gehalten wurde, war in ihm noch nicht ausdrücklich auf die für uns Deutsche und Nordeuropäer so wichtige Trichterbecherkultur hingewiesen worden und den ganz neuen Kenntnisstand zu ihr.
Jetzt müssen natürlich vor allem einmal die Kaukasus-Kulturen interessieren, die Einfluß genommen haben auf die Ethnogenese der Indogermanen, und die - soweit übersehbar - bislang kaum jemand im Blick hatte, was die Ethnogenese der Indogermanen betrifft. Die Indogermanen hatten eine Hautfarbe wie die heutigen Spanier.
Das Spannende ist, daß durch die vielen genetischen Komponenten, aus denen sich die europäischen Völker heraus entwickelt haben und durch die mehrfachen Aussterbe-Ereignisse und Neuentstehung von Völkern in Europa scheinbar viel mehr genetisch geschehen ist als in den letzten 12.000 Jahren im Vorderen Orient, wo es weitgehend genetische Kontinutität gegeben hat bis heute. Es wird dieser Umstand nicht zum wenigsten sein, aus dem heraus die Einmaligkeit der Kulturentwicklung der "westlichen Welt" erklärt werden kann, also die von ihr hervor gebrachten kulturellen Errungenschaften ("Human Accomplishment") nach Charles Murray.
Aber was jetzt in ersten Andeutungen sichtbar wird, aber auch schon ausgesprochen worden ist, ist der Umstand: Auch nach der jeweiligen Ethnogenese eines europäischen Volkes hat es bis heute immer noch sehr viel Selektion in diesem Volk gegeben ("genetic sweeps"). Über diese wird in näherer Zukunft noch ein genaueres Bild zu geben und zu erarbeiten sein. Es ist ja die Frage zu stellen: Warum hat kein traditionell arbeitender Physischer Anthropologe etwas von der mediterranen Herkunft der heutigen Europäer gesehen? Warum fühlen wir so überhaupt keine genetische Verwandtschaft mit den heutigen anatolischen Bauern oder Kaukasus-Bewohnern? Hier ist wohl noch vieles ungeklärt und neu zu überdenken und weiter zu erforschen.
Seit März 2017 ist es definitiv. Wir Europäer sind genetisch eine Mischung aus westeuropäischen Jäger-Sammler-Völkern, Bauern aus der Ägäis (die am ehesten den heutigen Bewohnern Sardiniens ähnelten) und Jäger-Sammler-Völkern aus dem Kaukasus. Vielleicht/vermutlich gibt es noch eine genetische Komponente der osteuropäischen Jäger-Sammler-Völker, aber am wenigsten scheinen die skandinavischen Jäger-Sammler-Völker genetisch auf uns Einfluß genommen zu haben. So jedenfalls der derzeitige Stand der Forschung, nachdem schlußendlich auch mindestens die Genome von drei Bauern, bzw. Bäuerinnen der Trichterbecherkultur sequenziert worden sind, zuletzt von Johannes Krause in Jena (1).
Seit 2009 haben wir hier auf dem Blog immer wieder intensiv nachgedacht gerade auch über die Entstehung des Volkes der Trichterbecherkultur im südlichen Ostseeraum (zu finden unter dem Label "-4.100 v. Ztr."). Es war schon klar, daß die dortige Vorgängerkultur, die Ertebolle-Kultur genetisch weitgehend ausgestorben ist. Aber woher kamen die neuen bäuerlichen Zuwanderer? Die Frage scheint deshalb so bedeutsam, weil wir Mittel- und Nordeuropäer zu nicht geringen Teilen Nachkommen dieser Trichterbecher-Kultur sind. Und diese Kultur war bis März 2017 der letzte verbliebene weiße Fleck auf dem Gebiet der ancient-DNA-Forschung über die Völker Europas. Und jetzt, seit März 2017 gibt es definitivere Ergebnisse der ancient-DNA-Forschung (1).
Mehr genetische Veränderungen als im Vorderen Orient
Und indem die zentralsten Fragen damit nun - sehr überraschend - geklärt sind, werfen sie zugleich wieder eine Fülle von neuen Fragen auf. Es bestätigt sich, was sich schon in früheren Arbeiten andeutete - und was wir anfangs absolut nicht hatten glauben wollen. Da die Hauptkomponenten-Analyse der aktuellen Arbeit zu den genetischen Verwandtschaftsverhältnissen zwischen den archäologischen Kulturen Europas und des Vorderen Orients seit der Eiszeit (1) gerade nicht als Bild hier hat eingefügt werden kann (sie kann aber ja in der Originalarbeit eingesehen werden), wird hier eine ganz ähnliche aus einer Arbeit des letzten Jahres gewählt (Grafik 1). Diese Grafik wird auch in dem Vortrag von David Reich im vorletzten Blogbeitrag gut erläutert. Und mit solchen Grafiken werden nun fast regelmäßig in den ancient-DNA-Forschungen die Ergebnisse veranschaulicht.
Eine Erläuterung derselben sei auch in dieser Stelle noch einmal gegeben: Grau unterlegt finden sich in dieser Grafik Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den heutigen Populationen in Europa und dem Vorderen Orient. Dabei sehen wir zwei graue "Streifen" (in der Art von "Milchstraßen"). In dem rechten Streifen finden sich die heutigen Populationen des Vorderen Orients wieder, in dem linken die heutigen Populationen Europas. Dort wo sich die heutigen Populationen des Vorderen Orients finden, finden sich auch die archäologischen Populationen des Vorderen Orients. Sie sind in dieser Grafik nicht eingetragen. Aber daraus wird erkennbar, daß es im Vorderen Orient seit 12.000 Jahren genetische Kontinuität gibt. Das ist nun in Europa ganz anders.
Die farbigen Eintragungen dieser Grafik stellen nun die archäologischen Kulturen Europas dar und wie sie sich dem grau unterlegten Verwandtschaftsmuster der heutigen Populationen zuordnen.
Da sehen wir als erstes, daß die Jäger-Sammler-Völker Europas in Westeuropa ("Western European hunter-gatherers"), in Skandinavien ("Scandinavian hunter-gatherers") und in Osteuropa ("Eastern European hunter-gatherers") ebenso herausfallen aus der heutigen Verwandtschaftsverteilung wie die ersten Indogermanen an der Wolga ("Yamnaya"). Alle diese Populationen weisen also - im Gegensatz zu den vorneolithischen Populationen des Vorderen Orients keine sozusagen "unverfälschte" genetische Kontinuität bis heute auf, viel mehr müssen diese vorneolithischen europäischen Jäger-Sammler-Völker - zumindest in der unverfälschten Version, in der sie zuvor existierten - als ausgestorben gelten. Was nicht heißen muß, daß nicht dennoch - über noch schwer nachvollziehbare Wege - genetische Eigenschaften und Merkmale dieser Populationen in Nachfolge-Populationen übernommen worden sein können. Allerdings unterlagen sie dabei mit Sicherheit starker Selektion was dann Populationsgenetiker auch als "genetic sweep" beobachten (daß also bestimmte genetische Merkmale plötzlich eine überraschend größere Häufigkeit in einer Population bekommen als zuvor.)
Sind die starken Veränderungen der Grund für die Besonderheiten der europäischen Genetik, Geschichte und Kultur?
Auf diese ausgestorbenen Jäger-Sammler-Völker in Europa folgen nun jedenfalls "Mischvölker", deren Vorfahren sowohl aus den europäischen Jäger-Sammler-Völkern Europas stammen als auch aus den aus Kleinasien zugewanderten Bauern des Vorderen Orients. Da es immer wieder zu neuen Mischungen kam bei der Ethnogenese jedes einzelnen Volkes, gab es hier auch viele Möglichkeiten für Selektion während der Ethnogenese von Völkern und zwischen Völkern ("Gruppenselektion"). Das eine Mischungsverhältnis starb aus, andere Mischungsverhältnisse bestehen im wesentlichen weiter bis heute. Und innerhalb jedes Volkes, das bis heute weiter bestanden hat, scheint es zusätzlich auch noch nach der eigentlichen Ethnogenese überraschend viel Selektion gegeben zu haben.
Mit einem solchen Ergebnis hat vor fünf Jahren, ja, noch vor zwei Jahren niemand gerechnet und niemand rechnen können. Das ist etwas ganz Neues. Und das Bild ist für viele archäologische Bauernkulturen Europas ein sehr einheitliches. Und nun ordnet sich - quasi als letztes fehlendes Puzzelteil - in dieses Bild auch noch die früheste skandinavische Bauernkultur ein, nämlich die eindrucksvolle, weltgeschichtlich bedeutende Trichterbecher-Kultur.
Schon in der Grafik von vor einem Jahr fand sich ein erstes sequenzierte Genom eines mittelneolithischen schwedischen Ackerbauern verzeichnet ("Sweden/Skoglund_MN"), also eines Angehörigen der Trichterbecher-Kultur. Es war eben dort verzeichnet, wo sich nun auch die beiden neuen Genome aus diesem Jahr in der Verwandtschaftsverteilung wieder finden ("EN TRB" und "MN TRB"). Nämlich ganz in der verwandtschaftlichen Nähe zu den ersten mitteleuropäischen Bauern, den Bandkeramikern (hier "Early Neolithic") und noch näher zu den mitteleuropäischen Bauern des Mittelneolithikums, also der auf die Bandkeramiker folgenden Michelsberger Kultur ("Middle Neolithic"). Als wir die ersten leisen Hinweise auf solche Verwandtschaftsverhältnisse hier auf dem Blog referierten, schienen sie uns ganz abwegige "Artefakte", fehlerhafte Meßergebnisse zu sein. Pustekuchen! Die große Zahl der Ergebnisse über ganz Europa hinweg läßt das Bild nun unglaublich klar und eindeutig werden.
Damit liegen die ersten norddeutschen Ackerbauern verwandtschaftlich ebenso auf der Mitte zwischen den Extremen Jäger-Sammler im Vorderer Orient einerseits und Jäger-Sammler im vorneolithischen Europa andererseits wie schon die anderen erforschten früh- und mittelneolithischen Kulturen Europas. Es war definitiv etwas Neues, was sich da - auch mit den Trichterbecher-Leuten - in Norddeutschland, Dänemark und Schweden ausgebreitet hat. Es waren nicht einfach genetisch "Einheimische", die eine neue Kultur und Lebensweise angenommen haben.
Damit wird nun das Bild - zumindest in groben Umrissen - überraschend klar.
Und künftig wird es darum gehen, den Einzelheiten dieses Bildes genauer nachzugehen. Wie kam es dazu, daß sich gerade im Gebiet der Trichterbecher-Kultur bis heute die großen, blonden, blauäugigen Rohmilchverdauer mit hoher angeborener Intelligenz, mit ADHS und großen thymotischen Energien ansammelten, obwohl doch ihre Vorfahren zu nicht geringen Teilen von einem Volk aus Kleinasien abstammen, das dort - in Kleinasien - heute auch nicht mehr lebt? Aber warum dann nicht auch dort? Hier werden einerseits die vorneolithischen europäischen Vorfahren eine Rolle spielen. Aber es wird auch - so darf man annehmen - nach der Ethnogenese der Trichterbecherkultur noch viel Selektion stattgefunden haben. Auch wird erst die nachherige Eroberung durch die Indogermanen dieses sehr eindeutige körperliche und seelische Erscheinungsbild der Skandinavier und Nordeuropäer hervorgebracht haben.
Dennoch ist es unter all den genannten Umständen dann doch erstaunlich, daß wir heute - und schon seit vielen hundert Jahren - so gar kein rechtes Verwandtschaftsgefühl zu Bauern aus Anatolien oder zu Jägern und Sammlern aus dem Kaukasus (von denen die Indogermanen zum Teil abstammen) empfinden. Liegt das wirklich nur an der sehr anderen Religion des Islam? Oder haben sich Kleinasien und Nordeuropa auch genetisch über die Jahrtausende eher auseinander entwickelt als aufeinander hin? (Zum Beispiel eben über die genannten "genetic sweeps"?) (Siehe dazu auch den ersten Kommentar zu diesem Blogbeitrag.)
Die Trichterbecher-Kultur stand genetisch der Michelsberg-Kultur und ihren Vorgängerkulturen nahe
Jedenfalls nimmt damit eine Forschungs-Diskussion ein sicherlich außergewöhnliches unerwartetes Ende, die in den letzten hundert Jahren intensiv geführt worden ist. Und da macht es Sinn, den heutigen Erkenntnisstand noch einmal mit dem letzten Kenntnisstand der traditionellen Physischen Anthropologie zu diesen Fragen zu vergleichen. Also: Was ist in den zuletzt von meinem Professor Wolfram Bernhard (RLP-Forschung) in Mainz bearbeiteten Bänden (2) im Gegensatz dazu an Vermutungen geäußert worden über die Ethnogenese der europäischen Völker, der Bandkeramiker, der Indogermanen, der Trichterbecherkultur, der bronzezeitlichen Völker? Auch alle Erörterungen über die genetischen Ursprünge der europäischen Völker anhand der Ergebnisse der Sequenzierung der Genome heutiger Menschen wie sie in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren geführt wurden, kann man damit zu aller größten Teilen zu den Akten legen.
Am meisten Informationen über den heutigen neuen Kenntnisstand hatten wir, wie schon im letzten Beitrag erwähnt, Vorträgen von David Reich entnommen, die er im letzten Jahr gehalten hat und die auf Youtube eingestellt sind (siehe St.gen. 2017). Obwohl der letzte davon im Mai in Israel gehalten wurde, war in ihm noch nicht ausdrücklich auf die für uns Deutsche und Nordeuropäer so wichtige Trichterbecherkultur hingewiesen worden und den ganz neuen Kenntnisstand zu ihr.
Jetzt müssen natürlich vor allem einmal die Kaukasus-Kulturen interessieren, die Einfluß genommen haben auf die Ethnogenese der Indogermanen, und die - soweit übersehbar - bislang kaum jemand im Blick hatte, was die Ethnogenese der Indogermanen betrifft. Die Indogermanen hatten eine Hautfarbe wie die heutigen Spanier.
Das Spannende ist, daß durch die vielen genetischen Komponenten, aus denen sich die europäischen Völker heraus entwickelt haben und durch die mehrfachen Aussterbe-Ereignisse und Neuentstehung von Völkern in Europa scheinbar viel mehr genetisch geschehen ist als in den letzten 12.000 Jahren im Vorderen Orient, wo es weitgehend genetische Kontinutität gegeben hat bis heute. Es wird dieser Umstand nicht zum wenigsten sein, aus dem heraus die Einmaligkeit der Kulturentwicklung der "westlichen Welt" erklärt werden kann, also die von ihr hervor gebrachten kulturellen Errungenschaften ("Human Accomplishment") nach Charles Murray.
Aber was jetzt in ersten Andeutungen sichtbar wird, aber auch schon ausgesprochen worden ist, ist der Umstand: Auch nach der jeweiligen Ethnogenese eines europäischen Volkes hat es bis heute immer noch sehr viel Selektion in diesem Volk gegeben ("genetic sweeps"). Über diese wird in näherer Zukunft noch ein genaueres Bild zu geben und zu erarbeiten sein. Es ist ja die Frage zu stellen: Warum hat kein traditionell arbeitender Physischer Anthropologe etwas von der mediterranen Herkunft der heutigen Europäer gesehen? Warum fühlen wir so überhaupt keine genetische Verwandtschaft mit den heutigen anatolischen Bauern oder Kaukasus-Bewohnern? Hier ist wohl noch vieles ungeklärt und neu zu überdenken und weiter zu erforschen.
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- Alissa Mittnik, Chuan-Chao Wang, Saskia Pfrengle, Mantas Daubaras, Gunita Zariņa, Fredrik Hallgren, Raili Allmäe, Valery Khartanovich, Vyacheslav Moiseyev, Anja Furtwängler, Aida Andrades Valtueña, Michal Feldman, Christos Economou, Markku Oinonen, Andrejs Vasks, Mari Tõrv, Oleg Balanovsky, David Reich, Rimantas Jankauskas, Wolfgang Haak, Stephan Schiffels, Johannes Krause: The Genetic History of Northern Europe. BioRxiv, 3.3.2017, http://www.biorxiv.org/content/early/2017/03/03/113241
- Schwidetzky, Ilse (Hrsg.): Rassengeschichte der Menschheit. 14 Bände. Begr. v. Karl Saller. Oldenbourg Wissenschaftsverlag. 1968 bis 1993, https://www.degruyter.com/view/serial/234692
- Quiles, Carlos (2017). Indo-European demic diffusion model (2nd ed.). Badajoz, Spain: Universidad de Extremadura. https://indo-european.info/wiki/index.php/Chalcolithic
- Eppie R. Jones; Gunita Zarina; Vyacheslav Moiseyev; Emma Lightfoot; Philip R. Nigst; Andrea Manica; Ron Pinhasi; Daniel G. Bradley: The Neolithic Transition in the Baltic Was Not Driven by Admixture with Early European Farmers. In: Current Biology, 20. Februar 2017, http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960982216315421
Die ancient-DNA-Forschung macht darauf aufmerksam, daß die Vorfahren der ersten europäischen Bauernvölker bis Skandinavien hinauf im Wesentlichen aus dem Bereich der Ägäis und aus Anatolien stammen. Diese Erkenntnis ist auf den ersten Blick so neu, daß man zunächst gar nicht richtig realisiert, daß die neolithischen Populationen Anatoliens um 6.500 v. Ztr. sich genetisch von der heutigen Bevölkerung der Türkei erheblich unterscheiden. Das macht die eine Grafik zur Hauptkomponentenanalyse sehr gut deutlich (http://www.pnas.org/content/113/25/6886/F2.large.jpg), die schon letztes Jahr in einer Studie veröffentlicht wurde ("Early farmers from across Europe directly descended from Neolithic Aegeans", PNAS 2016; http://www.pnas.org/content/113/25/6886.full)
AntwortenLöschenDie roten Symbole im unteren Bereich der Grafik markieren die frühen europäischen Bauernvölker, viel weiter oben markieren die hellrot-braunen Symbole die heutige anatolische Bevölkerung. Die zugehörige Studie sagt deshalb mit Recht am Ende,
" that there was considerable structuring of forager populations in southwestern Asia before the transition to farming. The dissimilarity and lack of continuity of the Early Neolithic Aegean genomes to most modern Turkish and Levantine populations, in contrast to those of early central and southwestern European farmers and modern Mediterraneans, is best explained by subsequent gene flow into Anatolia from still unknown sources."
Also der genetische Ursprung der heutigen Türken ist bislang noch weniger gut aufgeklärt als der ersten Bauern in Europa und Anatolien.
Deutlich wird jedenfalls die starke genetische Kontinuität von Anatolien bis zum Nordrand der deutschen Mittelgebirge. Das war im wesentlichen eine einheitliche Völkergruppe, die sich da ausgebreitet hat. Andererseits muß man sagen, daß die Bandkeramiker am Plattensee eine sehr eigene Kultur ausgebildet haben (z.B. Langhäuser statt Tell-Dörfer) und man darf vermuten, daß es dabei doch auch noch einmal genetische Umstrukturierungen bei der Ethnogenese gegeben hat.
Aus der im ersten Kommentar erwähnten Studie und der dort angeführten Grafik ist eigentlich zu schließen, daß jene Vermischung, aus der die Vorfahren der ersten europäischen Bauernvölker entstanden, sich IN Anatolien vollzogen hat vermutlich während der dortigen Neolithisierung um 6.500 v. Ztr.
AntwortenLöschenVon dort aus haben sich die Nachfahren dieser Bauern schließlich bis nach Skandinavien ausgebreitet.
Und erst in nachfolgenden Jahrtausenden ist Anatolien dann von Menschen besiedelt worden, die genetisch dem LEVANTERAUM nahe stehen und Nachfahren der letzten Jäger und Sammler, sowie der ersten Bauern des Levanteraumes sind.
Das heißt: Die europäischen Völker haben zwar Vorfahren aus Anatolien. In Anatolien selbst sind aber die Nachkommen dieser Vorfahren ausgestorben.
"Warum hat kein traditionell arbeitender Physischer Anthropologe etwas von der vorderasiatischen Herkunft der heutigen Europäer gesehen? "
AntwortenLöschenStimmt so nicht, Ingo! Der Amerikaner Carleton Coon sprach 1939 schon davon ("The Races of Europe"): Mitteleuropa wäre im Neolithikum von sogenannten "Danubians" besiedelt worden, über Anatolien. Daneben kamen dann in der Bronze Zeit die "Corded" people aus der Ukraine (u.a. verwandt mit den iranischen Typen). Aus der Mischung dieser beiden Typen entstand der klassische "Nordic" type in Zentral- und Nordeuropa (eigentlich waren es nur die deutschen Anthropologen, die so eine scharfe Grenze zwischen den "Mediterranen" und den "Nordischen" gezogen haben)! Aber auch die mesolithische Vorbevölkerung spielt eine große Rolle. Außerdem wurde ja grundsätzlich die Herkunft der "Alpinen" und "Dinariden" oft in Vorderasien gesehen. Daraus kann man heutzutage machen was man will.
Das sind so die Kommentare, die ich liebe. Danke!
AntwortenLöschenDiese Vermutungen gab es also tatsächlich schon. Erstaunlich. Schreib doch mal gerne ein paar längere Ausführungen darüber. Die würde ich gleich hier veröffentlichen!
Hier wird noch einmal ein Überblick über die neuen Erkenntnisse gegeben:
AntwortenLöschenhttp://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/evan.21545/abstract
Demic and cultural diffusion in prehistoric Europe in the age of ancient genomes; Eugene E. Harris, Evolutionary Anthropology 2017
Mir war noch gar nicht bewußt, daß die Auswanderer aus dem Levanteraum sogar bis Ostafrika gekommen sind wie ausgeführt wird. Und an einer Stelle heißt es:
"Brandt et al. (1), citing various studies, indicated that HG mtDNA haplogroups in individuals from the Neolithic Funnel Beaker Culture (FBG) in Sweden had been detected at 30% frequency, compared to the 60% frequency of immigrant haplotypes from the Near East, Anatolia, and the Caucasus. This was interpreted as indicating that local HGs in the region had adopted farming."
1. Brandt G, Scecsenyi-Nagy A, Roth C, et al. 2015. Human palaeogenetics of Europe: the known knowns and the known unknowns J Hum Evol 79:73–92
Das macht noch einmal darauf aufmerksam, daß der einheimische Genanteil bei den Trichterbecherleuten des Ostseeraumes nicht vernachlässigt werden darf.
Auch wurde mir beim querlesen noch einmal bewußt, daß Auswanderergruppen - so wie jene frühneolithischen aus Anatolien - niemals den Gesamtgen-Bestand einer Population mitnehmen, sondern nur eine jeweilige Auswahl ("Gründerpopulation", Flaschenhals). So mögen die Auswanderer rund ums Mittelmeer einen leicht anderen Genbestand mitgenommen haben als die Auswanderer nach Mitteleuropa. Und diese Unterschiede sind ja offenbar auch durch ancient DNA feststellbar. (Vielleicht beruhen sie auch auf frühzeitige Vermischungen mit jeweils einheimischen mesolithischen Gruppen.)
Und in den Jahrhunderten danach findet ja jeweils - je nach örtlichen Bedingungen und unterschiedlich ausgeprägter Kultur - auch noch weiterhin Selektion statt.
Wenn zum Beispiel auf dem Balkan vorherrscht eine dörfliche Siedlungsweise und in Mitteleuropa dann die einzeln oder weilerartig angeordneten Langhäuser die Siedlungsweise bestimmen, mag sich schon hierin eine unterschiedliche Verhaltensgenetik widerspiegeln, wie sie in ihrer Unterschiedlichkeit ja noch heute zwischen Süd- und Nordeuropa bestehen mag.
Auch wenn ein Genanteil bei Vermischung nur ein kleiner ist, kann er doch womöglich größere Auswirkungen haben an der Ausgestaltung der Kultur und des Phänotyps als der rein quantitative Anteil würde erwarten lassen, da dieser kleine Anteil eben neue Selektionsbedingungen schafft auch für den größeren Anteil der Vermischung.
Übrigens dürfte der Ursprung jenes anatolischen Bauernvolkes von großem Interesse sein, von dem die frühesten mediterranen und mitteleuropäischen Bauernvölker abstammt (und das heute in Anatolien ja ebenso ausgestorben ist wie es in den anderen genannten Regionen ausgestorben ist). Dieses Volk war ein sehr begabtes Volk. Ich habe ja selbst über "Die weltgeschichtliche Bedeutung der bandkeramischen Kultur" geschrieben, ein Artikel, der schon seit mehreren Jahren auf Wikipedia zitiert ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Linearbandkeramische_Kultur).
AntwortenLöschenAuch dieses sehr begabte Volk liegt ja auf der Grafik der Hauptkomponentenanalyse schon auf der Mitte zwischen den europäischen Jäger-Sammler-Völkern und den Völkern des Vorderen Orients.
Diese selbst also waren schon keineswegs "klassische" Vorderorientalen. Sie waren eben ein Mischvolk, das entstanden ist aus der Vermischung von europäischen Jäger-Sammler-Völkern mit jenen klassischen Vorderorientalen, die seit 10.000 v. Ztr. in der Südtürkei die ersten weit entwickelten prekeramischen Bauernkulturen hervorgebracht haben (PPNA und PPNB).
Mir ist inzwischen klar geworden, daß diese Grafik
AntwortenLöschenhttps://twitter.com/iosif_lazaridis/status/743765741376147457
zur Hauptkomponentenanalyse der genetischen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen allen historischen und gegenwärtigen Völkern Europas und des Vorderen Orients (aus dieser letztjährigen Studie
https://www.biorxiv.org/content/early/2016/06/16/059311)
Informationen enthält, die womöglich noch zu wenig Beachtung gefunden haben, auch in der zugehörigen Studie selbst kaum ausführlich genug behandelt werden. Ich möchte diese als die folgenden benennen:
1.
Laut dieser Grafik weisen die heutigen Bewohner des Vorderen Orients - soweit ich das sehe - fast 100 % genetische Kontinuität auf mit den Natufiern, mit den Erntevölkern des Vorderen Orients, die dort vor 14.000 Jahren in Halbseßhaftigkeit vom Ernten wilden Getreides, sowie von der Gazellenjagd lebten. Verglichen mit allen anderen Völkern dieses Raumes ist das eine lange genetische Kontinuität, die es so nirgendwo sonst noch in Europa gibt.
2.
Ganz besonders auffällig finde ich aber, daß die ersten Bauern des Vorderen Orients ("Neolithic Levant") (archäologisch fachsprachlich PPNA und PPNB) genetisch schon den damaligen und heutigen Europäern näher stehen. Im Zusammenhang mit dem Übergang zum Ackerbau hatte es also genetische Einmischungen von Norden her gegeben. Sie waren nicht groß, aber sie sind doch erkennbar. Das PPNB, die unglaublich fortschrittliche zweite Phase des vorkeramischen Neolithikums im Vorderen Orient mit ihren stadtartigen Siedlungen von Häusern mit Terrazofußboden und rechteckigem Grundriß, sowie mit Stadtdespoten (plastered skulls) und ziemlich despotisch anmutenden Göttinnen (coffee bean figurines) ist vermutlich in Nordostanatolien entstanden und hat sich von dort in einer Bewegung von Norden nach Süden ausgebreitet (erkennbar an der Ausbreitung der sogenannten Helwan-Pfeilspitzen).
3.
Die Entstehung jenes Bauernvolkes in Nordwestanatolien um 6.500 v. Ztr., dessen genetische Nachkommen dann Ackerbau und Rinderhaltung rund um das ganze Mittelmeer und bis nach Mitteleuropa hinaus ausbreiteten, ging nochmal mit deutlich mehr genetischer Einmischung von Norden einher. Von den Abständen in der Grafik her darf man vermuten, daß sie zu etwa zwei Dritteln genetisch Natufier(-Nachkommen) und zu etwa einem Drittel genetische europäische Jäger-Sammler(-Nachkommen) waren. Vielleicht war der europäische genetische Anteil auch nur ein Viertel, er war aber vorhanden.
(Er ist womöglich vergleichbar mit dem europäischen genetischen Anteil bei den heutigen aschkenasischen Juden, die auch in dieser Hauptkomponentenanalyse genetisch ziemlich in der Mitte stehen zwischen Vorderem Orient und Europa.)(Auf anderen solchen Grafiken sind sie eingezeichnet [1].)
(Fortsetzung im nächsten Kommentar)
4.
AntwortenLöschenWenn also gesagt wird, daß die Bandkeramiker nur 7 % europäische Gene in sich trugen, dann sind dabei die genannten wohl etwa mindestens 25 % europäische Gene, die sie schon aus Nordwestanatolien mitbrachten, nicht mit eingerechnet. (Oder es gibt noch genetisch anders strukturierte europäische Mesolithiker - etwa auf dem Balkan - deren "alte DNA" bislang nicht sequenziert worden ist.) Man wird also wohl grob sagen dürfen, daß die Bandkeramiker zu einem Drittel europäische und zu zwei Dritteln vorderorientalische Gene nach Europa brachten. Wenn dann im Mittelneolithikum noch einmal 10 % bis 30 % europäische Gene dazu kamen, darf man von den Mittelneolithikern behaupten, daß sie zu etwa der Hälfte europäische Gene in sich trugen.
5.
Vermutlich liegen die anteilmäßigen Verhältnisse bei der Entstehung der Indogermanen aus frühneolitischen iranischen Bauern und osteuropäischen Jägern und Sammlern ähnlich.
6.
Und schließlich ist deutlich geworden, daß es unabhängig von solchen Vermischungen in den entstandenen Völkern hinsichtlich vieler genetischer Merkmale noch viel Selektion, bzw. Verschiebung der Genhäufigkeiten gegeben hat.
Ergebnis: Die Weltgeschichte der seßhaften Kulturen zwischen Nil und Yangtse dürfte - wie ab der Bronzezeit sowieso schon erkennbar war - immer schon durch die wechselseitige Anziehung zwischen Nord und Süd bei gleichzeitiger Gegensätzlichkeit - ihren Antrieb erhalten haben. Der Fortschritt der Weltgeschichte im Bewußtsein der Freiheit geht - wie Hölderlin und Hegel schon vorausgeahnt haben - von den orientalischen Despotien über verschiedene Zwischenstadien (wie dem heutigen) mit weiter existierenden despotischen Anteilen - zu der ECHT demokratischen Gesellschaftsform, die wohl in näherer Zukunft entstehen wird.
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1. https://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fwww.nature.com%2Fnature%2Fjournal%2Fv513%2Fn7518%2Fimages%2Fnature13673-f2.jpg&imgrefurl=http%3A%2F%2Fwww.nature.com%2Fnature%2Fjournal%2Fv513%2Fn7518%2Ffig_tab%2Fnature13673_F2.html&docid=MoXUXzumrb9xwM&tbnid=urAtxJIsBBUATM%3A&vet=10ahUKEwjfn4Su8sfXAhWKLsAKHTYdDDMQMwgnKAIwAg..i&w=946&h=941&bih=974&biw=1920&q=ancient%20dna%20main%20component%20analysis&ved=0ahUKEwjfn4Su8sfXAhWKLsAKHTYdDDMQMwgnKAIwAg&iact=mrc&uact=8)
Gregory Cochran scheint das neue, für Ende März angekündigte Buch von David Reich "Who we are and how we got here" schon gelesen zu haben und einige erste Schlüsse gezogen zu haben. Mit denen kann ich, soweit ich sehen kann, übereinstimmen:
AntwortenLöschenhttps://westhunt.wordpress.com/2018/03/01/la-raza/
Er wirft implizit die Frage auf, ob auch sonst Artbildung etwas mit solchen Vermischungs-Vorgängen zu tun haben kann wie sie für die Entstehung der heutigen Europäer von der Ancient-DNA-Forschung festgestellt ist. - Könnte doch aber auch sein, daß das einmal eine menschliche Einzigartigkeit ist, die sich aufgrund der Beschleunigung durch Gen-Kultur-Koevolution und gesellschaftliche Komplexität ergeben hat, bzw. in Anpassung an gesellschaftliche Komplexität notwendig wurde.
Von wegen, es gibt auch Beispiele aus dem Tierreich, etwa von den Kalifornischen Raben:
AntwortenLöschenVieweg, Martin: Erneut vereinigt - Artbildung umgekehrt. Spektrum der Wissenschaft, 6.3.18, https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/erneut-vereinigt-artbildung-umgekehrt
Allerdings ist hier noch nicht gezeigt, daß bei den Raben durch erneute Vermischung verbesserte Anpassungen möglich wurden, die es ohne diese Vermischung nicht gegeben hätte. Genau diesen Umstand kann man bei der Entstehung des Volkes der Urindogermanen und bei der Entstehung anderer menschlicher Völker und Rassen annehmen.
Also ich kann mir nicht helfen, irgendwie interpretierst du da etwas ganz anders als andere.
AntwortenLöschen1) Die Population im Kaukasus (speziell im Westkaukasus) kam doch aus der selben Quelle wie die Population in Anatolien und Nordsyrien die nach Europa wanderte. Beide sind Nachfahren der ersten Farmer in Anatolien.
2) Die Population in Sardinien stand der Population in Iberien und Frankreich nahe, die über die Alpen wanderte und dabei auch über Norditalien nach Sardinien gelangte.
Das entspricht in etwa den Pfahlbauten und Cardial-Kulturen die sich von Nordgriechenland über Italien nach Westeuropa bewegten. Von deren männlicher Genetik ist allerdings nicht viel übrig geblieben in Europa, deren weibliche Genetik ist aber noch vorhanden.
3) Die männliche Bevölkerung Europas besteht zum Großteil aus R1a und R1b sowie I, keine dieser Gruppen sind im neolithischen Anatolien anzutreffen, stattdessen kamen alle europäischen R1 aus dem Ural-Wolga-Samara Gebiet und dort sind sie schon im Paleolithikum nachweisbar. Also wieso behauptest du die Osteuropäischen Jäger und Sammler hätten keinen Einfluss auf den europäischen Genpool gehabt?
4) die Alteuropäische Bevölkerung des Paleolithikums setzt sich aus der weiblichen HV Haplogruppe sowie aus der Haplogruppe U zusammen. Von deren Männlichen Begleitern ist nur noch I1/I2 übrig, die anderen Haplogruppen C und F starben in Europa aus, fast vollständig aus. Also die in Sardinien verbreitete Haplogruppe G (mit Resten auf dem Kontinent) sowie die Haplogruppen C und F die im iberisch/französischem Refugium die Eiszeit (und in den Pyrenäen gut nachweisbar waren) überlebten sind durch die Haplogruppen I, R und die späteren aus der Levante stammenden (punisch/griechischen) Expansionen von J und E1b fast vollständig ersetzt worden.
Das widerspricht völlig deiner Interpretation.
Aber ok, wir werden sehen wie das weiter geht.
Noch ein Wort zu deiner Hoffnung auf eine "echte dmokratische Gesellschaftsform".
AntwortenLöschenIch halte das für ziemlich optimistisch aber auch für naiv.
Schon Spartakus glaubte wohl an "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" und ist gescheitert. Genauso wie spätere Versuche einschliesslich des Ostblocks. Ihnen allen ist gemein das sie von den Eliten erbarmungslos bekämpft, verunglimpft und verfolgt wurden und werden. Das zeigt sich momentan auch wieder an den Sanktionen gegen einige Staaten, deren Feindbild von der Elite und ihrer Hure vermittelt wird. Tatsächlich wissen sie eher wenig über das Leben in diesen Feindstaaten, unser Wissen beschränkt sich auf das was uns die Huren erzählen und die sind käuflich.
Viele wollen auch nicht sehen das es momentan weltweit mit der Demokratie bergab geht, auch hier in Deutschland, wo die Bürgerrechte immer weiter eingeschränkt werden. Auch die Wikipedia wird diesbezüglich zensiert und ist keineswegs neutral oder objektiv.
Und der einfache Mann?
Der wird heutzutage schon verurteilt wenn er zur Demo "Schutzbekleidung" trägt oder eine Karikatur hoch hält oder Schröder ein Toupet unterstellt. Jetzt wird von "Fakenews" geredet, ein echter Gummibegriff den man praktisch gegen alle Aktivisten anwenden kann. Und auch der Tatbestand der "Majestätsbeleidung" bekam einen neuen Namen (§ 185, 186, 187) ohne das es eine genaue Definition gibt.
Die Folge ist das der einfache Mann von der Elite tot prozessiert wird. Recht bekommt man also nicht, auch wenn man im Recht ist.
Aktivismus ist so gar nicht mehr möglich. Die demokratischen Mittel des Volkes sind nahezu komplett beseitigt worden, was sich mal gerade wieder deutlich im Abgas-Skandal zeigt.
Echter Widerstand der Bürger ist unmöglich und das obwohl jeden Tag in Deutschland irgendwo Demonstrationen stattfinden, die regelmässig nichts ändern oder erreichen.
So wie es jetzt aussieht, richten die Eliten den Planeten schneller zugrunde als Menschen aufstehen um ihn zu retten.
Insofern ist Demokratie nur noch ein Feigenblatt hinter der sich reinste Elitenwirtschaft versteckt, deren Blattgröße sich von Land zu Land unterscheidet.
Es fragt sich wie das zu einer demokratischen Gesellschaft führen soll? Und auch die Armutsrenten sind heute schon absehbar. Wir entfernen uns immer weiter von jeglicher Demokratie und so nebenbei geht der Planet zugrunde.
Wir haben also nur noch die Wahl was uns eher umbringt, Pest oder Cholera. Das ist unsere nähere Zukunft.
Hallo, Anonymer, danke für Deinen Kommentar.
AntwortenLöschenZu 3) Hm, ich bin mir nicht bewußt, geschrieben zu haben, daß die osteuropäischen Jäger und Sammler keinen Einfluß auf unsere heutige Genetik gehabt haben. Vielleicht liest Du auch mal meinen aktuellsten Artikel dazu,
http://studgendeutsch.blogspot.com/2017/11/kossinna-lacht-er-lacht-und-lacht-und.html ,
wo ich doch sagen, daß die BLONDE Haarfarbe schon von den Eiszeitjägern am Jennissei über die osteuropäischen Jäger und Sammler und die aus diesen hervorgegangenen Indogermanen auf uns gekommen sind.
Zu 4) verstehe ich grade nur Bahnhof. Ich habe die Haplotypen-Genetik nie sehr gründlich verfolgt, obwohl mir erst im letzten Jahr ihr Wert aufgegangen ist. Aber ich hoffe, Du bist Dir bewußt, daß HIER jetzt seit 2016 nicht mehr vor allem von Haplotypen-Genetik die Rede ist, sondern von Gesamt-Genom-Sequenzierung. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Und vielleicht erklärt sich daraus das eine oder andere Deiner Mißverständnisse. Wenn man durch die Haplotypen-Genetik der letzten 20 Jahre schon alles das hätte herausbekommen können, was wir seit 2016 erfahren haben, hätte man doch das, was wir 2016 erfahren HABEN, nicht als so sensationell empfunden. Womit ich sagen will: Das von der Haplotypen-Genetik entworfene Bild war - und ist für sich - noch sehr "unscharf", ließ oft einen großen Spielraum an Interpretation übrig. Das ist für die heutige Gesamt-Genom-Ancient-DNA-Forschung so - soweit ich sehe - nicht mehr möglich.
1) Kaukasus und Levante können durchaus als fast ähnlich unterschiedlich angesprochen werden wie west- und osteuropäische Jäger Sammler (?), jedenfalls sind sie nicht identisch. Aber auf die Einzelheiten diesbezüglich wird man vielleicht noch ein paar Monate warten müssen. Am spannendsten wird es ja immer dann, wenn Phänotyp beurteilt werden kann, wenn kodierende Gene in Augenschein genommen werden.
Was für eine Alternative siehst Du denn für die demokratische Gesellschaftsform?
AntwortenLöschenDiese wurde bislang, also von Anfang an: gehijackt, sie war sogar - in Teilen - leichter zu hijacken als die vorherige monarchische Regierungsform. Die monarchische ist ja auch eher mittelalterlich.
Ich sehe zu den modernen Formen und Prinzipien der Gesellschaftsgestaltung keine Alternativen. Es fehlen für sie nur die MENSCHEN, die FÄHIG werden, sie so zu leben, daß Täuschungen, Mißbrauch und Hijacking aller Art ausgeschlossen sind. Dazu müssen wir uns als MENSCHEN weiter entwickeln.
Seelisch starke, tief im Menschlichen wurzelnde Menschen LASSEN sich gar nicht so simpel übers Ohr hauen, wie das gegenwärtig gegenüber den tumben Massen möglich sind.
Also ich würde die gegenwärtige Gesellschaftsform nicht als demokratisch bezeichnen sondern sie haben den Kapitalismus den Marx anprangerte zum demokratischen Kapitalismus umgewandelt.
AntwortenLöschenDer Unterschied ist das sie das Feigenblatt mit dem sie sich früher zur Herrschaft legitimierten nicht mehr die göttliche Ordnung sondern durch Wahlen, wobei die Wahlen durch die Medien manipuliert und gesteuert werden. Und da ihnen die Medien gehören, steht der Sieger von vornherein fest.
Seelisch starke, tief im Menschlichen wurzelnde Menschen (was für ein Wortungetüm) gibt es offenbar nicht, das ist alles idiologische Traumtänzerei. Unsere Eliten halten uns doch davon ab Stärke zu zeigen, indem sie echten Widerstand jeder Art unter Strafe stellen und verfolgen.
Was wir wirklich brauchen, wäre eine wirksame Wehrhaftigkeit um jene die uns schaden und manipulieren vor Gericht verurteilen zu können. Aber da die Gerichte ja selbst von Eliten berufen werden, dienen sie auch nicht dem Volk. Selbst wenn wir da jemand vor Gericht bringen könnten, sind die Strafen lächerlich.
Aber bis wir überhaupt fähig sind uns wirksam zu wehren oder uns in der von dir gewünschten Form weiter entwickelt haben, wird dieser Planet völlig ruiniert sein.
Zu 3) also daß die BLONDE Haarfarbe schon von den Eiszeitjägern am Jennissei über die osteuropäischen Jäger und Sammler und die aus diesen hervorgegangenen Indogermanen stammen, das bezweifle ich mal.
AntwortenLöschenErstens setzt du unbewiesen die Yamnayakultur mit Indogermanischer Sprache gleich, aber dafür gibt es keinen Beweis. Und zweitens liegen die Gene der Farbpigmentation vermutlich auf dem X-Chromosom. Die Population die diese Mutation ausbildete, hat sich seit 24.000-18.000 Jahren vom Baikalsee bis nach Iberien verbreitet, sie ist also mit Sicherheit schon im Paleolithikum nach Europa gekommen.
zu 4) vielleicht definierst du mal was du unter Gesamt-Genom-Sequenzierung verstehst. Fakt ist das man das gesamte Genom uralter Fossilien nur selten hat und diese Sequenzierung extrem teuer ist. Deswegen benutzt man nur bestimmte Abschnitte des Genoms und sortiert sie in Haplogruppen, das ist günstiger und deshalb liegen von den meisten Fossilien nur die Haplogruppen-Ergebnisse vor um sie zu vergleichen.
Generell sind wir Menschen aber sehr eng verwandt, würde man also das gesamte Genom vergleichen dürfte die nahe Verwandtschaft eher für Verwirrung sorgen, weil man nun Gemeinsamkeiten zwischen Populationen entdeckt, die vor mehr als 12.000 Jahre stattfanden. Immerhin wandert die Menschheit ja schon mind. 100.000 Jahre umher und natürlich durchquerten viele von ihnen den Orient und den Kaukasus. Um aber einen Stammbaum zu erstellen brauchen wir irgendwo einen Anfang. Das dieser Anfang eventuell schon Mischungen zeigt muss also als Grundannahme gelten.
Haplogruppen haben den Vorteil das sie die Datenmenge verkleinern und direkt von den Eltern auf die Kinder über gehen. So erschaffen wir einen Stammbaum der letzten Jahrtausende und derzeit geht es uns mehr darum zu erfahren wie die Wanderungen der letzten 12.000 Jahre verliefen um zu verstehen wie die Sprachentwicklung verlief.
Zu 1) Es gab in Anatolien vor 12.000 Jahren drei unterschiedliche Populationen, eine Anatolisch-Kaukasische, eine Zagros-Elamische und eine Levantinisch-Ägyptische. Das die sich natürlich gegenseitig beeinflussten ist klar aber im Kern hatte sie wohl noch diese Dominanz und das gab sie den Farmern die nach Europa wanderten, mit auf dem Weg. Diese drei Populationen waren wohl alle relativ dunkel, wenn auch nicht mehr schwarzafrikanisch.
"vielleicht definierst du mal was du unter Gesamt-Genom-Sequenzierung verstehst"
AntwortenLöschenWie Du schon sagst, ist es weitaus kostengünstiger und war es vor 2010 auch gar nicht möglich, mehr als ganz kleine Ausschnitte aus dem Genom, noch dazu nicht kodierende Ausschnitte zu sequenzieren, nämlich die Haplotypen (mitochondrial, Y-Chromosomal, X-Chromosomal).
Deine Frage zeigt, daß da viel Entwicklung an Dir vorbei gegangen ist. 2010 ist es Svaante Pääbo in Leipzig gelungen, das vollständige Genom eines Neandertalers zu sequenzieren. Das war anfangs super teuer und aufwändig, inzwischen sind aber alle Prozesse wahnsinnig automatisiert worden, insbesondere im Labor von David Reich in Harvard. Auch hat man gefunden, daß im Felsenbein (petrous bone) des Menschen im inneren Schädel besonders viel Genmaterial sich erhält, wodurch es auch leichter geworden ist, Genmaterial zu gewinnen.
ERST aufgrund solcher Gesamtgenom-Sequenzierungen kann man sagen, wieviel Prozent unseres Genoms vom Neandertaler stammt. Das war vorher aufgrund von Haplotypen-Genetik gar nicht möglich.
Und das gleiche gilt nun auch für alle historischen Menschengruppen und ihre genetischen Unterschiede untereinander. Erst jetzt können genaue quantitative Angaben gemacht werden über ihre Verwandtschaften aufgrund von Gesamtgenom-Vergleichen, insbesondere eben auch des KODIERENDEN Genoms. (Die Haplotypen sind ja kein kodierendes Genom.)
Es macht wenig Sinn weiterzudiskutieren, wenn Du Dir diese ganzen Umstände nicht klar machst. Ich habe das meiste darüber aus den Youtube-Vorträgen von David Reich gelernt. Aber er hat ja inzwischen auch ein Buch herausgebracht.
Natürlich sind "allgemein" die Menschen NICHT so eng verwandt, wie Du vermutest. Vielmehr ist ja das Ergebnis, daß sich die vorneolithischen Europäer genetisch so weit voneinander entfernt waren wie wir heute von den Ostasiaten. Und das ist ja nicht wenig, sondern massiv und viel. Selbst unsere beidseitige helle Haut ist genetisch UNTERSCHIEDLICH verschaltet und so noch unzählige andere Dinge mehr.
Du hast scheinbar viel wertvolles Wissen. Aber solange Du es nicht in Abgleich bringst mit den Ergebnissen der modernen Ancient-DNA-Forschung seit 2016 scheint mir, daß Du doch unnötig und ohne daß es viel Sinn ergibt, im Nebel herumstocherst, Entschuldige!
Ich fürchte du überbewertest die Unterschiede im Menschen. Wieso glaubst du das Menschen "allgemein NICHT so eng verwandt sind"? Die genetische Vielfalt ist in 80% der Tiere sehr viel höher als die der Menschen (Stichwort Flaschenhals).
AntwortenLöschenDurch die Globalisierung tritt ein weiterer Verlust der Vielfalt ein, weil bestimmte Populationen viel schneller wachsen als andere (Diffusion).
Gerade die DNA-Tests werten ja nicht das ganze Genom ihrer Kunden aus sondern nur Genomabschnitte. Eine Gesamtgenom-Sequenzierung für private Ahnenforschung wird soweit mir bekannt wird von niemanden derzeit angeboten, oder?
Natürlich kann man anhand eines Gesamtgenoms mehr über die genetische Zusammensetzung heraus finden, aber es ist ziemlich schwierig vorherzusagen, wann
die jeweilige Mischung eintrat.
Erst kürzlich hat man z.B. heraus gefunden das die Asiaten noch von einer anderen Neandertaler-Population beeinflusst wurden wie die Europäer.
Vermutlich ist dieser die Fernost-Asiaten beeinflussende Neandertaler für die phänotypischen Veränderungen in Fernost verantwortlich. Es wundert mich das du das nicht erwähnst wo du doch so fit auf diesem Gebiet bist?
Wie ich schon sagte, ist der Vergleich des Gesamtgenoms dadurch schwierig, weil die erhöhte Datenlage erschwert die Bestimmung von Genpools, deren Grenzen generell nur unscharf sind weil sich Menschengruppen immer wieder vermischten.
Da die Wahrscheinlichkeit des Aufeinandertreffens von Gruppen aufgrund der weltweiten Population aber im Paleolithikum noch überwiegend überschaubar war, stabilisierte sich die Genetik einer Gruppe zu einem eigenem Typus (Genpool), der eventuell sogar besondere Fähigkeiten entwickelte (z.B. Laktosetoleranz ).
Analysiert man aber das Gesamtgenom mehrerer Individuen dieser Gruppe entdeckt man das sie Ähnlichkeiten zu vielen anderen älteren Gruppen aufweisen, mit denen Vorfahren der Gruppe sich im Laufe der Zeit mal vermischt haben. Wir können anhand einer Gesamtgenomsequenzierung jeden Genpool also mit ein Dutzend anderer Genpools verbinden von denen sie jeweils einige Prozente erbten.
Aber beantwortet das unsere Frage?
Das ist als würde man mit einer Makrolinse auf die Pyramiden schauen.
Dann sieht man die Quaderform der einzelnen Steine, aber die existierte auch an vielen Orten in der Welt. Es führt daher nicht zur Antwort wieso die Ägypter plötzlich Pyramiden bauten.
Ich denke du bist so begeistert von den neuen Möglichkeiten und ja die sind faszinierend. Aber man muss sie mit archäologischen und klimatischen Ereignissen verifizieren. Nur so werden die Fragen beantwortet. Wie Forschung ohne Verifizierung durch Archäologie in die Irre führt zeigt uns die Linguistik.
In Bild der Wissenschaft gibt es übrigens einen aktuellen Artikel der auf diese Kritik an der Genetik eingeht. Die Genpools haben "fließende Grenzen" und die Grenzen dieser Genpools können daher subjektiv verschieden interpretiert werden.
Genau das ist wohl das Problem warum wir aneinander vorbei reden, du hast andere Grenzen gesetzt als ich und offenbar verstehst du David Reich ganz anders. Aber genau deswegen spricht man ja miteinander um sich auszutauschen, die Sache von einem anderen Standpunkt zu betrachten und sich von anderen inspirieren zu lassen.
Irgendwie gleichen wir uns wohl auch, vielseitig interessiert aber leicht chaotischer Schreibstil.
Denn so wirklich verstehe ich nicht warum Kossina lacht und lacht. Das hat sich mir überhaupt nicht erschlossen. Und dieser hier erschliesst sich mir auch nicht.
Trotzdem finde ich deinen Blog recht interessant.
Was für Forschung betreibst du denn momentan, wenn man mal fragen darf?
Hallo! Alles sehr interessant. Ich gehöre zu den Laien und kann deshalb nicht viel dazu sagen. Dafür habe ich eine Frage. Zufälllig habe ich das hier im Internet gefunden. http://www.manfredhiebl.de/Anthropologie/Out_of_Africa_Theorie.pdf Mich würde interessieren wie sich das einordnen lässt, oder ob es absolut falsch ist was der Autor behauptet.
AntwortenLöschenLiebe Maria, das fragen viele, auch auf meinem Youtube-Kanal und in meinem Hinterkopf habe ich dazu längst lange Liste von Antworten auf "Häufig gestellte Fragen" ("FAQ"). Ich bin grade nicht in der Lage, darauf ausführlicher zu antworten (auf meinem Youtube-Kanal) hatte ich das irgendwo im Kommentarbereich schon gelegentlich getan. Ich sehe grade, daß die Argumente pro und kontra "Out of Africa" hier auf Wikipedia recht gut zusammen getragen sind:
AntwortenLöschenhttps://de.wikipedia.org/wiki/Multiregionaler_Ursprung_des_modernen_Menschen
Wenn Du mich selbst fragst: Ich habe NULL Zweifel an der Out of Africa-Theorie, auf den unterschiedlichsten Argumentations-Ebenen kommt man zu demselben Ergebnis (traditionelle Physische Anthropologie, insbesondere auch der deutschen Schwidetzky-Schule mit Günther Breuer, mitochondriale Eva des genialen Genetikers Allan Wilson, AncientDNA-Forschung des genialen Svaante Pääbo).
Und was auf Wikipedia natürlich noch nicht angeführt ist, sind die angeborenen Intelligenzunterschiede zwischen den Menschenrassen, die sich EBENFALLS gut entlang eines Nord-Süd-Gradienten aufreihen und sich gut mit Out of Africa erklären lassen, denn die Menschen mit der niedrigsten angeborenen Intelligenz leben heute in Afrika (Buschleute) und Australien (Ureinwohner) (wohin ja die früheste Auswanderung erfolgte) und um so weiter nördlich die Menschen kamen, um so höhere Intelligenz evoluierten sie.