Freitag, 26. September 2014

Helle Haut und Augen evoluierten in Nordeuropa schon vor dem Ackerbau

Die Gene von neun vorgeschichtlichen europäischen Skeletten sind neu sequenziert und ausgewertet worden

In der "Nature"-Folge vom 18. September findet sich ein neuer Forschungsartikel zur genetischen Geschichte von uns Europäern (1). Die Genetiker haben die erhaltene Gene von neun Skeletten sequenziert: Aus einem männlichen Jäger-Sammler-Skelett aus einer Höhle bei Loschbour in der Luxemburger Gegend aus der Zeit um 6.000 v. Ztr., aus sieben zumeist männlichen Fischer-Jäger-Sammler-Skeletten (vermutlich) der Ertebolle-Kultur in Motala in Schweden um 6.000 v. Ztr. und aus einem weiblichen Skelett der bäuerlichen Linearbandkeramik um 5.000 v. Ztr. aus der Stuttgarter Gegend. In der Auswertung bezieht sich die Studie auch auf die schon zuvor erforschten Gene eines Jäger-Sammler-Skelettes aus La Brana in Spanien etwa derselben Zeitstellung.

Abb. 1: Grafik aus der Studie(1)  - Erläuterung: Onge (Andamanen), Karitiana (brasilianische Ureinwohner), ANE (früheste Nordeurasier), WHG (westeuropäische Jäger-Sammler), EEF (frühe europäische Bauern), MA1 (schwedische Jäger-Sammler) (Nature)
Die Studie hält fest, dass die Fischer, Jäger und Sammler um 6.000 v. Ztr. in Schweden - ebenso wie die mitteleuropäischen Bauern tausend Jahre später - schon jene Gene für helle Haut hatten, wie wir sie auch heute noch in Europa haben - nicht aber die anderen erforschten Skelette.

Die Studie hält außerdem fest, dass die Besitzer der schwedischen Skelette - ebenso wie die Jäger-Sammler in Luxemburg und in Spanien - hellfarbige Augen hatten. Während die Bauern in der Stuttgarter Gegend tausend Jahre später braune Augen hatten. Die Jäger-Sammler in der Luxemburger Gegend hatten dunkle Haare wie die auf sie folgenden Bauern tausend Jahre später. Schon aus diesen wenigen Forschungsergebnissen wird deutlich, welche historische Bevölkerungsvielfalt es im historischen Längs- und Querschnitt allein in Europa in der Humanevolution innerhalb von etwa 2000 Jahren gegeben hat!

Die Forscher weisen auch auf volksspezifische Gene zur Stärke-Verdauung in den von ihnen erforschten Skeletten, bzw. Völkern hin.

Was die Studie nicht ausreichend herausstellt, was aber schon in früheren Studien dargelegt wurde und auch hier auf dem Blog behandelt wurde, ist der Umstand, dass alle hier erforschten Völker - die Mesolithiker Luxemburgs und Schwedens (Ertebolle-Kultur) wie auch die Bandkeramiker - im wesentlichen als ausgestorben angesehen werden müssen. Wenn wir Europäer heute ähnliche Gene wie sie haben, dann aufgrund von Selektions-Ereignissen in Flaschenhals-Populationen während der Ethnogenese der nachfolgenden Völker während und nach dem Aussterben der vorhergehenden und in Vermischung mit diesen. Selektions-Ereignissen, die dazu führten, dass kulturell oder sonstig vorteilhafte Gene ausgestorbener Völker in nachfolgenden Völkern beibehalten wurden, während kulturell oder sonstig unvorteilhafte Gene verloren gingen. (Zum Verständnis der dabei stattfindenden Selektionsprozesse sei an das Konzept der Gen-Kultur-Koevolution erinnert.)

Deshalb scheint uns der Forschungsansatz dieser Studie, den "Anteil" der Gene von Vorgänger-Bevölkerungen in unseren eigenen Genen benennen zu wollen, nicht besonders weiterführend zu sein. Vielmehr wäre doch herauszuarbeiten, was eigentlich das Neue zum Beispiel an der Genetik jener Trichterbecher-Kultur darstellte, von der wir zu nicht geringen Teilen abstammen im Vergleich zu den hier erforschten Völkern und was dann weiterhin die Schnurkeramiker dem noch hinzugefügt haben, die ja, wie schon früher hier auf dem Blog behandelt, einen nicht geringen Einfluss auf unsere heutige Genetik in Europa genommen haben.

Wie die Grafik in Abbildung 1 zeigt, geht es der Studie aber auch darum, die Genetik der späten Mesolithiker und frühen Neolithiker Mittel- und Nordeuropas in Bezug zu setzen zur neu erkannten Genetik der sibirischen Eiszeit-Jäger am Baikalsee ("Ancient north Eurasien"), die schon im vorletzten Beitrag Thema war. Die Gene der letzteren finden sich sowohl bei den südamerikanischen Ureinwohnern wie den Karitiana, wie auch in der Ertebolle-Kultur an der Ostsee, wie auch in uns, nicht aber in Luxemburger Jäger-Sammlern und in den Linearbandkeramikern. Auch trugen die ausgestorbenen Linearbandkeramiker noch Gene der ersten europäischen Eiszeitjäger in sich ("basal Eurasien"), die die Luxemburger Jäger-Sammler nicht in sich trugen. Nun, die Ethnogenese der Bandkeramiker vollzog sich ja auch am Plattensee durch Vermischung einheimischer Jäger-Sammler mit aus dem Balkanraum zugewanderten Bauern.

Aber ich glaube wie gesagt, dass man die in dieser Grafik aufgezeigten Zusammenhänge nicht zu wichtig nehmen sollte, da unser Kenntnisstand was das Aussterben von Völkern und nachfolgende Ethnogenese betrifft, eigentlich schon viel weiter ist.

Abb. 2: Titelblatt von "Nature", 18.9.2014
Dass nun dieser Artikel auf der Titelseite der "Nature"-Ausgabe beworben wird mit dem Wort "Melting Pot" (s. Abb. 2) ist natürlich wieder einmal mehr den ideologischen Vorgaben des Zeitgeistes als den Forschungsergebnissen der Wissenschaft geschuldet. Wie hätten denn diese ganzen in der Studie benannten genetischen Unterschiede zwischen den Völkern entstehen können, wenn es immer nur genetische "Einschmelzungen" und keinerlei geographische und kulturelle genetische Abgrenzungen gegeben hätte (z.B. auch Heiratsgrenzen)? Und was hätten denn letztere bitteschön mit "Melting Pot" zu tun? Die Humanevolution kennt doch allzu offensichtlich immer beide Tendenzen: Kurzzeitige Vermischungen durch vorheriges Aussterben und Neuzuwanderung bei der Ethnogenese einerseits und längerfristigere genetische Bevölkerungs-Stabilität ohne großartige neue Vermischungen andererseits. (Das Volk der Bandkeramiker etwa lebte in Mitteleuropa 800 Jahre lang ungestört und ganz ohne weitere Vermischungen.) All das ist etwa auch gut aufzeigbar an der Ethnogenese der aschkenasischen Juden vor etwa tausend oder fünfzehnhundert Jahren im deutschsprachigen Europa an der Grenze von der Antike zum Mittelalter und seitherige ziemlich strikte rein kulturelle Heiratsgrenzen nicht nur gegenüber den europäischen "Wirtsvölkern", sondern sogar gegenüber dem Ausgangsvolk, den sephardischen Juden.

Die Sarrazin-Debatte geht weiter ....

In der gleichen "Nature"-Ausgabe findet sich übrigens auch eine Rezension zu drei neuen Büchern zum Thema Rassen, Völker und Genetik in der menschlichen Humanevolution und Geschichte (18. September 2014) (2). 

- Einmal wieder ein Blick gefällig, ob sich seit dem Jahr 2000, seit der "Mondlandung" in der modernen Humangenetik und der damit verbundenen vielen Neuerkenntnisse hinsichtlich der evoluierten genetischen (Begabungs-)Unterschiede zwischen Völkern und Rassen etwas geändert hat in der Wissenschafts-Berichterstattung über diese?

Aber nicht doch! Bitte schrauben Sie die Erwartungen nicht zu hoch, lieber Leser. Das bedeutendste besprochene Buch stammt von dem verdienten Leiter der Wissenschaftsredaktion der "New York Times" Nicholas Wade. Wade berichtet schon seit Jahren - spätestens seit seinem hervorragenden und empfehlenswerten Buch "Before the Dawn" - über dieses Thema, vor allem auch immer wieder in seiner Zeitung, der größten Tageszeitung der Welt.

Aber Vorsicht. Mit diesem Thema und seiner "angemessenen" Aufarbeitung in der Wissenschafts-Berichterstattung sind viele Machtinteressen verbunden, gewaltige Machtinteressen. Sich weltweit erstreckende. Denn: Wenn Menschenrassen "real" sind, biologisch zu erforschende Phänomene sind, oh Gott, oh Gott, muss dann nicht unser ganzes Denken über Menschen, Völker und Rassen auf eine neue Grundlage gestellt werden? Stehen dann nicht mehr als hundert Jahre Zeitgeschichte, "making the world safe for democracy" infrage? Rüttelt das nicht an den weltanschaulichen Grundlagen des derzeitigen "Systems", das - zum Beispiel - bedingt, wie jüngst auf unserem Parallelblog ausgeführt, dass Kinderschänder-Ringe in demokratisch gewählten Parlamenten der westlichen Welt Jahrzehnte lang nicht verfolgt werden?

Und dementsprechend: Was für ein Hauen und Stechen einmal erneut nur in dieser kleinen Besprechung in der bedeutendsten Wissenschaftszeitschrift der Welt. Wer menschliche Rasse als biologische Realität ansieht (die sogenannten "Rasse-Realisten"), dem werden hier - das ist, glaube ich neu! - ideologische Scheuklappen unterstellt!!! Wer das nicht tut, der wird als "Ideologie-frei" beschrieben! Dabei war es doch bislang umgekehrt! Einmal eine ganz neue Masche, wie es scheint, eine Masche nur, die dann gar nicht konsequent durchgehalten wird ...

Wie sehr da die Verhältnisse auf den Kopf gestellt werden, gibt der Rezensent im Grunde genommen selbst zu, wenn er über - - - "Optimisten" (!!!) Sätze schreibt wie die folgenden (3; Hervorheb. n. i. Orig.):
The completion of the draft human­ genome sequence in 2000 led some opti­mists to forecast the end of race (one of them, Craig Venter, wrote the foreword to Yudell’s book), but use of the term in the biomedical literature has actually increased since then. For clinicians, race is a matter of pragma­tism. Although each of us is genetically and epigenetically unique, our ancestry leaves footprints in our genomes. Consequently, clinicians use familiar racial categories such as ‘black’ or ‘Ashkenazi Jewish’ as crude mark­ers of genotypes, in a step towards individual­ized medicine. For them, the reality of race is immaterial; diagnosis and treatment are what count.
Die Biomedizin benutzt zwar ständig die Kategorien Rasse und genetische Herkunft, Abstammung in ihren Untersuchungen, um den Menschen helfen zu können, weil eben menschlichen Gruppen - wie schon oben einmal erneut gesehen - seit vielen hundert, tausend oder zehntausend Jahren nicht mehr miteinander geheiratet haben - aufgrund kultureller und/oder geographischer Entfernung, weshalb sie in diesen hunderten, tausenden und zehntausenden Jahren - jeweils ganz unterschiedlich genetisch evoluiert sind, wodurch die so wertvolle genetische Vielfalt weltweit entstanden ist. Aber trotzdem sind Rasse und Herkunft, so diese Rezension - "immateriell"!!!! Man lasse sich dieses Wort einmal auf der Zunge zergehen! "Immateriell". Gene, die helle oder dunkle Haut hervorrufen, die Erwachsenen-Rohmilchverdauung hervorrufen, die Intelligenz-Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Zwillingspaaren, Geschwistern, Völkern und Rassen hervorrufen, sogar solche, die erst tausend Jahre alt sind (nämlich zum Beispiel die zwischen aschkenasischen und sephardischen Juden) sind - immateriell. Bravo! Ganz hervorragende Wissenschaftsberichterstattung in der bedeutendsten Wissenschaftszeitschrift der Welt.

Völker und Rassen - Die "immateriellen" genetischen Unterschiede zwischen ihnen

Aber warum erklären wir dann menschliche Rassen und Völker nicht gleich zu "übernatürlichen Akteuren"?! So wie es ja die Okkultgläubigen schon lange gemacht haben. Oder etwa zu Bewohnern von Alpha Centauri!? - Nein, Scherz beiseite: Hier gibt wieder einmal ein (nur "immaterieller"?) "Genosse Stalin" die ideologische Linie vor. Weiter nichts. Ideologie und Streben nach Machterhalt - andere Gründe gibt es nicht für diese leicht durchschaubare Schizophrenie.

Während nun Wade - laut dieser Rezension und wie man es aus vielen seiner Publikationen kennt - über Wissenschaft schreibt, schreiben die beiden anderen besprochenen Autoren über - Wissenschaftsgeschichte! Das macht sich doch hübsch. Einmal erneut werden breit Eugenik und Nationalsozialismus ausgebreitet. Unbedingt notwendig. - Ich betrachte dieses Schwarz-Weiß-Malen allmählich als verbrecherisch. Es ist doch offensichtlich, dass derjenige, der so in Schwarz-Weiß malt wie hier einmal wieder geschehen, eigentlich die heutige Generation von Menschen auf dieser Erde unfähig machen will, sich mit dem Thema der genetischen Völker- und Rassenunterschiede human und differenziert auseinander zu setzen auf der Augenhöhe des Menschlichen unserer Zeit. Er tut so, als gäbe es nur zwei Alternativen: Entweder "Rasse-Realismus" konsequenterweise verbunden mit Völkermord (!) (und - selbstredend - Krieg) ODER die "schöne neue Welt" der bloß "immateriellen" Rassen, dieser bloßen "sozialen Konstrukte", deren Überwindung erforderlich ist, damit die Menschen endlich alle soooo friedlich zusammen leben können, wie sie es ja heute schon weltweit tun - nicht wahr, lieber Leser? Wenn nur nicht ständig diese Ewiggestrigen in die Naturwissenschaft etwas hineininterpretieren wollten, was sich doch so gaaaaaar nicht in ihr findet.

Die Leute sollen auch auf diesem Gebiet für so blöd und entmoralisiert verkauft werden, wie sie auch sonst von unserer Unterhaltungsindustrie für dummblöd und entmoralisiert verkauft werden. Was hier der Tiefstand ist, ist eben der Umstand, dass es sich um eine hoch anerkannte und sonst auch hoch anzuerkennenden Naturwissenschafts-Zeitschrift handelt. Nun gut, in den letzten Worten der Rezension scheint dem dann doch wieder etwas Tribut gezollt worden zu sein, denn schließlich klingen sie dann wohl doch wieder etwas differenzierter (2; Hervorh. n. i. O.):
A full-throated, intellectually rigorous anti-racism must critically assess both biological and cultural evidence about race. It must acknowledge that no work on race science can be free of ideology — and, precisely for that reason, it must not place historical actors before a moral green screen showing an image of contemporary values. Rather, it must set the stage for each scene with meticulous, empathetic historical detail. Such work would allow the scientific study of 'racial superiority' — inherently grounded in subjectivity and bias — to fall on its own sword.
Dem ist nun hinwiederum vollständig zuzustimmen. Denn die heutige Wissenschaft weiß längst, dass jedes Volk und jede Rasse seine eigene "rassische Überlegenheit" aufweist gegenüber allen anderen Rassen und Völkern. Jedes hat in seiner Einzigartigkeit seine eigenen hervorragenden Begabungen, kulturell und/oder genetisch weitergegeben. Keines ist mehr- oder minderwertig. Und jetzt? Geht jetzt die Welt unter, wenn wir uns auf diese Linie einigen? Natürlich nicht.

Das wichtigste Fachbuch erschien letztes Jahr in überarbeiteter Neuauflage

Von noch größerem Interesse aber dürfte sein, dass das grundlegendste humangenetische Fachbuch, das 2003 erstmals die "kopernikanische Wende" auf dem Gebiet der Humangenetik in Bezug auf das Thema "Völker und Genetik" in breitester Form zur Darstellung gebracht hatte, schon letztes Jahr eine gründlich überarbeitete Neuauflage erfahren hat (3), die angesichts des raschen Fortschritts in der Forschung auch dringend notwendig geworden war. Darauf werden wir hier auf dem Blog noch zurückkommen, heißt es doch schon im Klappentext:
.... The only textbook to integrate genetic, archaeological, and linguistic perspectives on human evolution, and to offer a genomic perspective, reflecting the shift from studies of specific regions of the genome towards comprehensive genomewide analyses of human genetic diversity ...
Dieses Buch vor allem wohl sollte auch Thilo Sarrazin gründlich studieren für seinen kommenden Bestseller auf der Linie von "Deutschland schafft sich ab".
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  1. Iosif Lazaridis u.a.: Ancient human genomes suggest three ancestral populations for present-day Europeans. Nature, 18.9.14
  2. Nathaniel Comfort: Under the skin. The enduring trend of misrepresenting race. Nature, 18.9.14, S. 306f
  3. Mark Jobling, Edward Hollox u.a.: Human Evolutionary Genetics. Origins, Peoples and Disease. Taylor & Francis Ltd., 2nd edition, revised, 3. Juli 2013

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