Sonntag, 31. Mai 2009

Das Altruismus-Gen von Volvox gefunden

Viele Kritiker der Soziobiologie bemängeln, daß die Soziobiologie nur "schöne Geschichten" erzählen würde, und daß der Weg vom ("egoistischen" oder "Altruismus"-) Gen zum Phänotyp (dem Verhalten) viel zu komplex wäre, als daß dieses "Geschichten-Erzählen" als wesentlich mehr denn als "Ideologie" angesehen werden könnte. Nun, ob dieser Einwand schon bisher wirklich treffend war, bleibe an dieser Stelle einmal dahin gestellt. Auf jeden Fall wird ihm durch eine neue Studie in "Molecular Biology and Evolution" aus dem Jahr 2006 (1, im Netz frei zugänglich) eindeutig der Boden entzogen. *)

Titel: "Der evolutionäre Ursprung eines Altruismus-Gens". Und der Aufsatz scheint exakt das zu halten, was sein Titel verspricht. In der Zusammenfassung heißt es:
"So weit es uns bekannt ist, ist dies das erste Beispiel eines spezifisch sozialen, mit Fortpflanzungs-Altruismus gekoppelten Gens, dessen Ursprung zurückgeführt werden kann auf einen einzelligen Vorfahren."
Es wird nämlich ein sehr urtümlicher Organismus untersucht, der schon in den berühmten "Vorträgen über Deszendenztheorie" von August Weismann eine wichtige Rolle spielte als Repräsentant einer wesentlichen Stufe der Evolution. Damit bekam dieser "Modellorganismus" auch in der Philosophie der Biologie des 20. Jahrhunderts eine nicht unbedeutende Rolle. Es handelt sich um einen der ursprünglichsten Mehrzeller, um die Grünalge "Volvox". (Später trat an ihre Seite der Schleimpilz Dictyostelium als Modellorganismus.)

Volvox stellt einen der ursprünglichsten Mehrzeller dar, der arbeitsteilig strukturiert ist und damit den zwangsläufigen Alterstod kennt. Arbeisteilig heißt hier: Die Zellen teilen sich auf in Keimbahn (Fortpflanzungszellen) und Soma (sterbliche Körperzellen). Einzeller (z.B. Bakterien, einzellige Algen etc.) gelten in der Regel als "potentiell unsterblich", sie kennen höchstwahrscheinlich den gesetzmäßigen Alterstod nicht, ebensowenig wie die Fortpflanzungszellen aller Vielzeller (also die "Keimbahn"). Der gesetzmäßige, programmäßige Alterstod kommt mit dem Absterben der Zellhülle des Vielzellers Volvox erstmals in die Welt. Diese Zellhülle (das Soma), die die Fortpflanzungszellen (die Keimbahn) schützt, und die eine koordinierte Fortbewegung der "Zellkolonie", des Gesamtorganismus ermöglicht, stirbt nämlich dann, wenn sie platzt und die herangewachsenen Fortpflanzungszellen aus der Zellhülle heraus "ausschwärmen", um zu neuen Volvox-Individuen heranzuwachsen.

Diese Zellen der Zellhülle verhalten sich also außerordentlich altruistisch. Sie verzichten auf Weiterleben, auf Unsterblichkeit zugunsten der Fortpflanzungszellen, die sie schützen und in nahrungsreiche Umwelt befördern, zugunsten also einer arbeitsteiligen Strukturierung eines neu entstehenden, komplexeren Gesamtorganismus. Die Trennung, das heißt Differenzierung zwischen Keimbahn- und Somazellen während des Heranwachsens der Zellkolonie durch Zellteilungen wird schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der "Individual-Entwicklung" der jungen Zellkolonie durch das Entwicklungs-Gen "regA" gesteuert. In der Arbeit heißt es:
"... regA—a master regulatory gene that encodes a transcriptional repressor (Kirk et al. 1999) thought to suppress several nuclear genes coding for chloroplast proteins (Meissner et al. 1999). Consequently, the cell growth (dependent on photosynthesis) and division (dependent on cell growth) of somatic cells are suppressed. Because they cannot divide, they do not participate directly in the offspring but contribute to the survival and reproduction of the colony (Kirk 1998, p 62–4; Solari, Kessler, and Michod 2006; Solari et al. 2006)—in the same way that sterile workers do in a social insect colony. In other words, the somatic cells express an altruistic behavior , and regA (whose expression is necessary and sufficient for this behavior; Kirk et al. 1999) is an altruistic gene."
Also dieses Gen schaltet offenbar die Bildung von Proteinen ab, die zur Photosynthese in den Grünalgen-Zellen notwendig sind. Diese Zellen verzichten dadurch auf eigenes Fortleben als unsterbliche, einzellige, unabhängige, selbstgenügsame Grünalgen-Zellen, um durch die dadurch gewonnene Spezialisierung einem Gesamtorganismus dienlich sein zu können.
"Which cells do not express regA and differentiate into germ cells" (also Keimzellen) "is determined early during embryonic development through a series of asymmetric cell divisions."
Hier ein Foto mit mehreren Volvox-Kolonien (= einzelnen Volvox-Organismen). Eine Volvox enthält bis zu 16 Chlamydomonas-ähnliche (unsterbliche) Einzeller als Fortpflanzungszellen in seiner (sterblichen) Hülle. (Die Hülle besteht aus bis zu 2000 Einzelzellen.) Und die Forscher haben nun geschaut, ob schon der evolutionäre Vorgänger-Organismus, die einzellige Grünalge Chlamydomonas reinhardtii (siehe zweites Foto) (ebenfalls ein Modellorganismus) das genannte Gen besitzt.

Sie stellten fest, daß dieses Gen überraschenderweise auch hier schon vorliegt! Aber die Gen-Sequenzen unterscheiden sich sehr stark zu denen von Volvox. Dennoch stellte sich natürlich die Frage:
"The presence of regA-like sequences in C. reinhardtii is puzzling at first; why would a unicellular individual suppress its own reproduction?"
Also warum sollte ein einzelliges Individuum (durch dieses Gen) seine eigene Fortpflanzung unterdrücken? Sie stellten dann fest: In der normalen Entwicklung wird dieses Gen bei Chlamydomonas gar nicht abgelesen. Dann machten sie aber den entscheidenden Versuch, indem sie sie bei Dunkelheit leben ließen. Leben diese einzelligen Grünalgen bei Dunkelheit, so stellten sie nun fest, dann wird dieses Gen auch bei ihnen abgelesen, um die Bildung von Chloroplasten zu verhindern. Chloroplasten sind ja jene Zellorganellen, in denen die Photosynthese stattfindet. Sie sind ja bei Dunkelheit nutzlos und überflüssig.

Um es also allgemeiner auszudrücken: Altruismus heißt bei Volvox, auch dann auf Photosynthese zu verzichten, wenn Licht da ist. Das ist ein ganz erstaunliches Ergebnis. Insbesondere vor dem Hintergrund, daß offenbar schon vorhergehende Forschungen es haben klar werden lassen, daß dieses Gen allein ausreichend ist, um die Zelldifferenzierung bei Volvox in Gang zu setzen. Natürlich muß Volvox dann noch zahlreiche andere Gene ablesen, um die koordinierte Bewegung seines Zellverbandes zu steuern.

Aber dennoch: Es scheint, als wäre dies das erste mal, daß ein so grundlegender pflanzen-physiologischer Vorgang wie die Photosynthese mit einem so grundlegenden verhaltensbiologischen Konzept wie dem des Altruismus in einen so unmittelbaren und engen Zusammenhang hat gebracht werden können.

Erstaunlich, daß die allgemeinere Wissenschafts-Berichterstattung es (wieder einmal?) versäumt hat, auf dieses Forschungsergebnis aufmerksam zu machen. Außerdem findet sich am Ende des Aufsatzes der Hinweis auf eine neue Fachrichtung, die sich "Soziogenetik" nennt (Sociogenomics) (Untertitel: "Sozialverhalten aus molekularer Sicht").


ResearchBlogging.org1. Nedelcu, A. (2006). The Evolutionary Origin of an Altruistic Gene Molecular Biology and Evolution, 23 (8), 1460-1464 DOI: 10.1093/molbev/msl016


*) Dieser Beitrag ist schon vor zwei Jahren, am 2.7.2007, auf diesem Blog veröffentlicht worden. Er erhält aber aktuelle Relevanz durch den vorigen Beitrag, weshalb er hier noch einmal im Rahmen von "Research Blogging" veröffentlicht werden soll.

Sonntag, 17. Mai 2009

Joachim Bauer hat recht (II): Wie Altruismus evoluiert

Die neue Wissenschaft der Soziogenetik (Sociogenomics)

Zu den spannendsten Ausführungen in dem neuen Buch "The Superorganism" von Bert Hölldobler und Edward O. Wilson (2009) gehören fraglos Unterkapitel in Kapitel 4, die sich mit der neuen Wissenschaft der "Sociogenomics" beschäftigen. Sie ist entstanden aus der vollständigen Sequenzierung des Genoms der Honigbiene und dem Vergleich dieses Genoms mit den inzwischen vollständig sequenzierten Genomen so vieler anderer Arten im Artenstammbaum, seien es nun solitär oder eusozial lebender Arten. Und es geht nun unter anderem darum, "jene Gene zu identifizieren, die die Arbeitsteilung hervorrufen" (bei sozialen Insekten) (S. 75), die also den hochgradigen Altruismus erzeugen, der gerade (auch) bei ihnen beobachtet werden kann.

Das Suchen nach den Genen, die Arbeitsteilung hervorrufen

Hölldobler und Wilson schreiben (- unter anderem unter Berufung auf eine spannende PNAS-Studie aus dem Jahr 2006 zu Honigbienen) (in eigener Übersetzung):
Ein Prinzip, das aus der genetischen Analyse sozialer Insekten hervorscheint, wenn auch bisher nur schwach, ist, daß viel des Kolonieverhaltens von Genen hervorgerufen wird, die von solitärem Verhalten her konserviert sind und in ihrer Ablesung modifiziert wurden, um einen sozialen Phänotyp hervorzubringen. Mit anderen Worten: es mag nur relativ wenige wirklich neue "soziale Gene" geben.
"Bloß in der Ablesung modifiziert." Diese Sätze machen einmal aufs Neue auf den Paradigmenwechsel aufmerksam, in dem wir derzeit stehen. In jedem Fall erhält durch solche Erkenntnisse das bisherige, in vielen Teilen noch recht "schlichte" Theoriegebäude, Paradigma, das Bild, das die Soziobiologie von der Evolution des Altruismus entwirft, erheblich mehr Farbe, Tiefenschärfe und Detailgenauigkeit.

Die Soziobiologie sieht langsam "alt" aus

Die Vergleiche der Genome von allein und in Kolonien lebenden Arten werden Wesentliches über die Evolution von Altruismus zu Tage bringen, daran kann kein Zweifel bestehen. - Hölldobler und Wilson schreiben weiter:
Dieses Prinzip könnte, wenn es wahr ist, erklären, warum Honigbienen mit etwa einer Millionen Nervenzellen und hochkomplexem Verhalten in ihrer Zahl vergleichbare Gene haben wie die dezidiert solitär lebende Fruchtfliege Drosophila melanogaster, die nur etwa ein Viertel so viele Nervenzellen besitzt und ein viel einfacheres Erwachsenenverhalten aufweist.
Und in der Anmerkung dazu:
Das gleiche Mißverhältnis besteht zwischen Drosophila und dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans; der letztere hat ein vergleichbar komplexes Genom aber nur 302 Nervenzellen.
Ist hier tatsächlich das Bild von einem konservativen sogenannten "egoistischen Gen" das richtige, das als leitendes Prinzip der Evolution genannt werden kann oder muß? Oder muß nicht viel eher, um der Wahrheit wenigstens näher zu kommen, von der "egoistischen SNP" geredet werden, der "egoistischen Steuerungs-Sequenz" eines Gens? Aber verliert damit das Bild vom angeblich "egoistischen Gen" nicht schrittweise jeden Sinngehalt? Oder wäre es nicht noch richtiger, von der "egoistischen Mutation" zu reden?

Jedenfalls: Wie kann ein ganzes Gen für sich genommen etwas so ganz und gar Unterschiedliches wie solitäre und eusoziale Lebensweise hervorbringen? Genau solche Fragen waren es, die auch Joachim Bauer bewegten, als er das "Das kooperative Gen" schrieb.

Die Ebene der Gen-Ablesung

Der abstrakte Begriff "Gen", mit dem die Soziobiologen bisher arbeiteten, bekommt also allmählich wirklich Farbe und Anschaulichkeit, sehr viel Farbe und Anschaulichkeit, sogar: "Zustände", nämlich Ablese-Zustände. Und das muß sicherlich so allerhand Modifizierungen, Präzisierungen im bisherigen Denken der Soziobiologie mit sich bringen.

Die Ausführungen und Beispiele, die Hölldobler und Wilson auf den weiteren Seiten bringen, sind da schon voll der Implikationen. Sie behandeln das "Wanderer-" bzw. "Seßhaften-"Gen der solitär lebenden Fruchtfliegen ("for"), das in gleicher Weise an-, bzw. abgeschalten wird während der Kastenbildung der Honigbienen, nämlich dann, wenn sie vom Nestleben zum Sammler-Leben übergehen. Sie behandeln ein Tag-Nacht-Rhythmus-Gen, das bei der solitär lebenden Drosophila erforscht worden ist, und das ebenfalls nur bei jenen Honigbienen-Kasten angeschalten wird, die außerhalb des Bienenstockes arbeiten und leben. Das Gen selbst haben beide Arten. Sie behandeln jene Gruppe von Genen, die abgeschalten werden müssen - aber bei jeder sozial lebenden Insektenart offenbar genetisch ganz unterschiedlich verschaltet -, wenn die Flügelbildung unterdrückt werden soll. Letzteres ist ja ebenfalls eine wichtige Voraussetzung zur Kastenbildung und damit zu Arbeitsteilung und Altruismus bei sozialen Insekten.

Im Prinzp genauso wie bei Volvox

Wie kann man all diese Gene "soziale Gene" nennen, wo sie doch ganz ebenso für solitäre Lebensweisen gebraucht werden? Und wo ist es nun eigentlich, das Gen - "für" Altruismus? Werden wir hier noch etwas finden, das besser zum traditionellen Denken der Soziobiologie paßt? Schon vor zwei Jahren berichtete "Studium generale" über "das" (angebliche) "Altruismus-Gen" der Grünalge Volvox (Stud. gen.). Und Hölldobler und Wilson hätten gut auf die damals behandelte Studie ebenfalls eingehen und sie unter ihre Beispiele aufnehmen können. Denn da ist exakt das gleiche zu beobachten. Ein Gen, das solitär lebende Zellen (genannt Eudorina) zur Abschaltung der Chlorophyll-Produktion benutzen, reicht aus, um das Kolonieverhalten der Körperzellen von Volvox hervorzurufen.

Altruismus, so könnte man allgemeiner sagen, heißt also einfach, den Ablesezustand von Genen zu ändern, die jeweils auch schon weniger altruistische Organismen, Tiere, Menschen besitzen. - Ablesezustände von Genen lassen sich auch sehr bewußt im Menschenleben ändern - sagen wir: durch Veränderung des hormonellen Zustandes eines Menschen.
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Anmerkung: Dieser Artikel wurde überarbeitet und ergänzt am 31.5.2009.

Samstag, 16. Mai 2009

Artenzahl und morphologische Vielfalt

Der Stammbaum der Arten muß in der Evolution nicht unbedingt nach allen Richtungen gleichmäßig gewachsen sein und muß sich nicht ausgebreitet haben wie die Krone eines gut gewachsenen Baumes. Er könnte insgesamt auch mehr einer knorrigen, schief gewachsenen Eiche oder einer zotteligen Bergkiefer gleichen. Zumal wenn man all die Massenaussterbe-Ereignisse in der Erdgeschichte mitberücksichtigt, die viele Äste des Artenstammbaums - wie durch einen Wirbelsturm - richtiggehend herausgebrochen haben könnten.

Und tatsächlich ist es so, daß an manchen Ästen und Zweigen des Artenstammbaumes viele weitere Äste und Zweige abzweigen, an anderen aber nur wenige. Die Evolutionsforscher sagen dann, die eine Artengruppe weist eine hohe Artenzahl auf ("viele Zweige und Ästchen"), die andere Artengruppe weist nur eine geringe Artenzahl auf (oft nur noch ein einziges "lebendes Fossil"). Normalerweise weisen jüngere Äste des Artenstammbaums erheblich mehr Äste und Zweige auf, als ältere.

Aber bedeutet Zahl der Arten einer Artengruppe zugleich auch "Vielfalt" der Arten im Sinne von einer hohen Zahl morphologisch sehr unterschiedlicher Arten?

Die Buntbarsche und die Salamander

Wir kennen manche eng verwandte Artengruppen, die eine hohe Artenzahl aufweisen und zugleich eine vergleichsweise große morphologische Vielfalt. Etwa die ostafrikanischen Buntbarsche. Aber es gibt auch eng verwandte Artengruppen, die eine hohe Zahl von Arten aufweisen, ohne daß die morphologische Vielfalt besonders groß sein muß. Das heißt, in diesen Artengruppen hat sich die Evolution, was die morphologische Veränderung der Körper betrifft, trotz des Schaffens vieler neuer Arten nur wenig wirklich Neues einfallen lassen, sie hatte wenig "Einfallsreichtum".

Und auf einen solchen letzteren Fall weist eine neue Forschungsstudie hin (1). Sie untersucht die Stammesgeschichte der Salamander auf das Verhältnis zwischen Artenzahl und morphologische Vielfalt zwischen den Arten. Und sie findet, daß zwischen beiden keineswegs ein sehr direkter Zusammenhang besteht.

Zweige, die von dem allgemeinen morphologischen Spektrum der Salamander deutlicher abweichen, weisen nur wenige Ästchen, also eine geringe Artenzahl auf. Das heißt, große morphologische Veränderung in der Evolution muß nicht zwangsläufig eine große neue Artenzahl mit sich bringen. Und umgekehrt.

In the traits we examined, most plethodontid clades show surprisingly similar patterns of morphological variation; most clades exhibit similar body shape and even a similar range of body sizes, and differences between species within clades seem to mostly involve sliding up and down this range of body sizes. Only a few clades have deviated from this pattern. The most obvious exception is Oedipina, which shows little overlap with other clades in morphological space (due to an elongate tail and short limbs). However, despite its unusual morphology, Oedipina shows only moderate rates of species diversification.

"Trotz ungewöhnlicher Morphologie nur moderate Artenzahl."

The Pseudoeurycea clade has also invaded a portion of morphospace similar to Oedipina, and has high rates of species diversification, size change and shape change. However, only three species of the Pseudoeurycea clade have this worm-like morphology (i.e. the three species of Lineatriton), and most species diversification has instead involved species with more typical body forms. In summary, most species diversification in plethodontids has occurred in a relatively small region of morphospace, a region that is shared by most clades.

Die Forscher fordern ihre Kollegen auf, vergleichende Studien für andere Artengruppen vorzunehmen. Natürlich gibt es sehr viele Faktoren, die auf Artenzahl und morphologische Veränderung Einfluß nehmen.

Wissenschaft heißt, viele unterschiedliche Erscheinungen auf wenige grundlegende Gesetze zurückzuführen. Wissenschaft heißt also, diese Gesetze zu finden. Und da hat die Wissenschaft von der Evolution wohl noch so manches zu tun. (Nicht jeder heutige Evolutionsforscher führt sich wirklich vor Augen, was er alles noch nicht weiß.)

ResearchBlogging.org1. Adams, D., Berns, C., Kozak, K., & Wiens, J. (2009). Are rates of species diversification correlated with rates of morphological evolution? Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences DOI: 10.1098/rspb.2009.0543

Donnerstag, 14. Mai 2009

Von der Geschlechtlichkeit des Menschen überwältigt

Die "Venus vom Hohen Fels"

Natürlich ist der Fund heute überall in der Presse: die neue Mammutzahn-Figurine aus der Höhle am Hohen Fels in der Schwäbischen Alp (BdW, Spektrum). Dennoch aber sei er auch auch hier noch einmal dokumentiert (1-3).

Unsere Vorfahren. Sie waren an Fleisch und Beute interessiert - auch in ihrer Kunst. Man sehe sich dazu die Höhlenmalereien in Frankreich und Spanien an. Und bei Menschen waren sie auch - oder sogar vor allem - an den primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen interessiert, also offenbar von der Geschlechtlichkeit des Menschen "überwältigt". Das ist auch noch in den ersten Ackerbauern-Gesellschaften im Vorderen Orient und in Europa und in deren Kunst sichtbar.

Abb. 1: Körperschmuck aus Nordafrika, 110.000 Jahre alt

Aber Körperschmuck ist nach allem, was wir bisher wissen, noch älter. Schon vor einigen Wochen wurde der Fund dieser neu entdeckten Teile einer Kette veröffentlicht, die jüngst in Nordafrika gefunden worden sind und 110.000 Jahre alt sein sollen.

Abb. 2: Aus Frankreich

Auch dieser Fund ist der Forschung schon länger bekannt und stammt aus Frankreich.

Abb. 3: Die neue Venus vom Hohen Fels

Hier nun die neue "Venus" vom Hohen Fels in der Schwäbischen Alp.

Abb. 4: Die neue Venus vom Hohen Fels

Ergänzung 30.6.2019: Heute, zehn Jahre später, wissen wir sehr viel besser, daß es ganz richtig nicht ist, wie oben geschehen, so ganz undifferenziert von "unseren Vorfahren" in Bezug auf die Eiszeitjäger der Kultur des "Gravettien" zu sprechen. Über die Ancient-DNA-Forschung haben wir inzwischen besser verstanden, wie viel genetische Veränderung es seither noch in Europa gegeben hat, und daß das Volk der Eiszeit- und Mammutjäger des Gravettien längst als ausgestorben gelten muß. So wie die Neandertaler, so wie der ersten Ackerbauern Europas und so weiter. In nächster Zeit wird es sicher genetische Tests geben, die jedem von uns nicht nur - wie bisher - ihren individuellen Anteil Neandertaler-Gene im Genom anzeigen, sondern auch ihren individuellen Anteil Gravettien-Gene und so weiter.

Die eindrucksvolle Darstellung von "kräftigen" Körpern und auch von Geschlechtlichkeit findet man heute am ehesten noch in ursprünglicher Kunst in Afrika. Und so wird erahnbar, daß auch die Eiszeitjäger Europas im äußeren Erscheinungsbild (Haut- und Harfarbe) noch viel afrikanisches genetisches Erbe in sich trugen.

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leicht überarbeitet: 30.6.2019,
ursprünglicher Beitrag: hier.
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Literatur: 
  1. Conrad, Nicholas J.: A female figurine from the basal Aurignacian of Hohle Fels Cave in southwestern Germany. In: Nature Volume 459, pages 248–252 (14 May 2009), https://www.nature.com/articles/nature07995
  2. Mellars, Paul: Origins of the female image. In: Nature, April 2009, https://www.nature.com/articles/459176a.pdf
  3. https://de.wikipedia.org/wiki/Venus_vom_Hohlefels
  4. Bading, Ingo: 10.000 Jahre lang lebte ein großes Volk in Europa Das Volk der west- und mitteleuropäischen mesolithischen Fischer, Jäger und Sammler, 14.4.2019, https://studgendeutsch.blogspot.com/2019/04/10000-jahre-lang-lebte-ein-groes-volk.html