Mittwoch, 28. Mai 2008

Masern-Epidemie und Anthroposophen

Gerade entdeckt: der meistgelesene und meistkommentierte Artikel auf dem Wissenschafts-Blog-Portal "Scienceblogs" lautet derzeit:


Sehr lesenswert. Es geht um die Frage, ob anthroposophische Impf-Gegner die Verursacher einer gegenwärtigen Masern-Epidemie in Österreich (Raum Salzburg) gewesen sind, einer Epidemie, die offenbar zuerst in der Rudolf-Steiner-Schule in Salzburg ausgebrochen ist, und die sich von Waldorf-Schule zu Waldorf-Schule weiter zu verbreiten scheint.

Nur als Zwischenbemerkung: Ich hatte als Kind auch Masern und es war nicht schlimm. Aber heute werden Kinder normalerweise gegen Masern geimpft, damit auch die außerordentlich wenigen Todesfälle, die es eben früher durch Masern doch gegeben hat, vermieden werden.

Die Presse-Mitteilung der Salzburger Rudolf-Steiner-Schule findet sich in den Kommentaren eines vorausgegangen Beitrages "Masernepidemie durch Anthroposophie". - Oh, und in diesen Kommentaren geht es heiß her:

Sie meinen also, es sei ein "haltloses Gerücht", dass Antroposophen ihre Kinder kaum impfen lassen? Es freut mich, dass laut den von Ihnen hier eingestellten Beiträgen die Impfverweigerung nicht zur offiziellen Politik der Steiner-Anhänger zählt. Leider ist die Realität eine andere. Die Medien berichten, dass kaum jedes fünfte Kind an Ihrer Schule gegen Masern geimpft war. Von böswilligen Journalisten frei erfunden? Dann empfehle ich einen Blick in die Fachliteratur. Dort finden sich folgende Zahlen etwa zur MMR-Durchimpfungsrate an schwedischen Schulen:

"normale" Schulen: 93%, Steiner-Schulen: 18%

(Alm JS, Swartz J, Lilja G, Scheynius A, Pershagen G., 1999. Atopy in children of families with an anthroposophic lifestyle. Lancet 353 (9163):1485-1488)

Da wird der gleiche Artikel zitiert, den ich auch für meine Anthroposophen-Studie eingesehen habe (siehe frühere Beiträge). Es ist gut, daß hier jetzt überall die sogenannte Wissenschaftlichkeit und die sogenannte Wissenschaftsnähe der Steiner'schen Philosophie erneut aufgerollt und diskutiert wird.

Ich betone: In dem zitierten Artikel wird - soweit mir ersichtlich - ganz wissenschaftlich eine z.T. pseudo-wissenschaftliche Medizin oder auch nur ein Lebensstil untersucht, wobei diesen auch gesundheits-fördernde Aspekte abgewonnen werden.

Ich habe in der eigenen Familie und Bekanntschaft einige, die zwar nix größer mit Steiner und Waldorf zu tun haben, die aber den staatlichen Impf-Programmen sehr kritisch gegenüber stehen, und die auch ihre Kinder in Waldorf-Institutionen schicken. Deshalb will ich hier inhaltlich gar keine endlose Diskussionen anzetteln. Dafür habe ich keine Zeit. Ich lehne das alles ab. Sondern ich wollte nur auf diese, wie ich meine, doch recht wichtigen Diskussionen hinweisen ...

Die Christen haben ihre Kreationisten und die Anthroposophen offenbar neuerdings ihre Impf-Gegner, durch die sie vor der Öffentlichkeit diskreditiert dastehen. Nur recht so.

"Glaubenssache" ist eben doch nicht nur "Glaubenssache", sondern meistens noch eine ganze Menge mehr. Und all das entspringt zu oft einem zu großen Mißtrauen gegenüber der heutigen Naturwissenschaft und einem "bloß"-naturalistischen Weltbild, denen man keine religiösen Sinngebungs-Kompetenzen mehr zuspricht oder abgewinnt. Da suchen sich dann viele "Ersatz-Weltbilder" und "Ersatz-Feinde", in diesem Fall wird als Feind oft die gängige Medizin gewählt. Ja, ihr werden "Verschwörungen" angedichtet. Das ist schade, weil nicht nötig.

Hier handelt es sich überall um Restbestände monotheistischen und/oder mythischen Denkens.

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